„Fürstpropstei Berchtesgaden“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|erläutert die Fürstpropstei Berchtesgaden bzw. das historische ''Land Berchtesgaden'', zu anderen Bedeutungen siehe [[Berchtesgaden (Begriffsklärung)]].}}
{{Infobox Territorium im Heiligen Römischen Reich
|Wappen = [[Datei:Wappen Fürstpropstei Berchtesgaden.svg|100px|Wappen des „Landes Berchtesgaden“ ab 17. Jahrhundert bis 1803, dem die Fürstpröpste jeweils ihr Wappen als Mittelschild anfügten.]]
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|Konfession/Religion = [[römisch-katholisch]]
|Sprache/n = [[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Lateinisch]]
|Fläche=
|Einwohner = 10.000<ref name="Sternfeld83">[[Joseph Ernst von Koch-Sternfeld]]: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 3, S.&nbsp;83; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=83bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn84}}).</ref>
|Währung =
|Nachfolger = 1803 im [[Herzogtum Salzburg|Kurfürstentum Salzburg]], 1805 im [[Kaisertum Österreich|Kaiserreich Österreich]], 1809 im [[Erstes Kaiserreich|Ersten Kaiserreich (Napoleon)]], ab 1810 im [[Königreich Bayern]]
|Siehe auch =
|Lage =
}}
 
Das erstmals im Jahr 1102 urkundlich erwähnte '''Klosterstift Berchtesgaden''' ''(berthercatmen)'' im äußersten Südosten des heutigen [[Bayern]] wurde 1380 als ''[[Zepterlehen]]'' zur '''Reichsprälatur Berchtesgaden''' und schließlich 1559 zur '''Fürstpropstei Berchtesgaden''' erhoben. Schon die [[Propst|Stiftspröpste]] des alten [[Augustiner-Chorherren]]-[[Regularkanoniker|Stiftes]] hatten ab 1194 geistliche und weltliche Macht inne. Ab 1380 waren sie als [[Reichsprälat]]en im [[Reichstag (Heiliges Römisches Reich)|Reichstag]] mit Sitz und Stimme vertreten. Als Fürstpropstei bildete das '''Land Berchtesgaden'''<ref name="Sternfeld134">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke'', Band 1. Salzburg 1815; S.&nbsp;134 unten bis S.&nbsp;136 ({{Google Buch |BuchID=gHNBAAAAcAAJ |Seite=134 |Linktext=Volltext}}).</ref> bzw. ''[[Berchtesgadener Land]]'' bis 1803 ein eigenständiges, [[Reichsunmittelbarkeit|reichsunmittelbares]] [[Fürstentum]]. Die Residenz der Stifts- und [[Fürstpropst|Fürstpröpste]] war das mit den Jahren erweiterte Klosterstiftsgebäude im [[Hauptort|Haupt-]] und Ursprungsort [[Berchtesgaden]].
Die Landesherrschaft wurde vom Propst ausgeübt, daneben hatten auch die [[Regularkanoniker|Chorherren]] großen Einfluss. Dem [[Stift (Kirche)|Stift]] wurde 1156 die [[Forsthoheit]] und damit verbunden auch die Schürffreiheit auf Salz und Metall gewährt. Während die heimische Land- und Viehwirtschaft bis zuletzt nur wenig ertragreich blieb, sorgten Salz- und Metallgewinnung für wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze, die einem Teil der „Nebenerwerbsbauern“ das Auskommen sicherte. Das Salz bildete allerdings auch Anlass für politische Ränke und sogar kriegerische Auseinandersetzungen. So versuchte insbesondere das sein Kerngebiet nahezu vollkommen umschließende [[Erzstift Salzburg]] die Unabhängigkeit des Klosterstifts stets aufs Neue einzuschränken.
 
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=== Geschlossener Waldbezirk als Kerngebiet ===
[[Datei:Fürstpropstei Berchtesgaden.svg|mini|hochkant=1.6|Geschlossener Waldbezirk des Klosterstifts bzw. ''Land Berchtesgaden'' der Fürstpropstei Berchtesgaden mit heutigen Grenzen der Gemeinden [[Berchtesgaden]], [[Bischofswiesen]], [[Marktschellenberg]], [[Ramsau bei Berchtesgaden]] und [[Schönau am Königssee]] sowie den zwei [[Gemeindefreies Gebiet|gemeindefreien Gebieten]] bzw. Forsten ''[[Schellenberger Forst]]'' im Norden und ''[[Eck (Berchtesgaden)|Eck]]'' im Osten. Wasserflächen: (li.) [[Hintersee (Ramsauer Ache)|Hintersee]], (re.) [[Königssee]] und [[Obersee (Königssee)|Obersee]]]]
 
Seit dem 10.&nbsp;Jahrhundert als [[Bannwald]] der [[Sieghardinger]] Grafen erstmals grundherrschaftlich erfasst, war das von [[Irmgard von Rott|Irmgard von Sulzbach]] kurz vor ihrem Tod (†&nbsp;1101) für ein Klosterstift ausersehene Gebiet nur sehr dünn besiedelt. Die nach erster Ehe mit einem Sieghardinger verwitwete Irmgard hatte diesen von ihm ererbten Besitz in die Ehe mit [[Sulzbach (Adelsgeschlecht)|Gebhard&nbsp;II. von Sulzbach]] (†&nbsp;1085) als [[Morgengabe]] eingebracht.<ref name="Albrecht287" />
 
Bereits in seinen Anfängen um 1101 wurde das Klosterstift und dessen erster [[Propst]] [[Eberwin (Berchtesgaden)|Eberwin]] von Irmgards Sohn Graf [[Berengar I. von Sulzbach|Berengar&nbsp;I.]] mit dem in sich geschlossenen Land um Berchtesgaden sowie u.&nbsp;a. den Besitzungen in [[Schloss Heuberg|Niederheim im Pinzgau]] ausgestattet. 1125 gab Berengar&nbsp;I. auch noch ''„omnem silvam ad locum Grauingaden dictum pertinentem“'', d.&nbsp;h. das vollständige Waldgebiet des seinerzeit noch ''Grafengaden'' genannten Ortes St.&nbsp;Leonhard bei [[Grödig]] dazu. Die Grenze dieses Waldes wurde wie folgt von den Historikern festgestellt: Sie führte über den ''Diezzenbach'' (Dießbach; vermutlich benannt nach derer [[Grafschaft Dießen|von Dießen]] mit Sitz in [[Bad Reichenhall|Reichenhall]]) der ''Sala'' ([[Saalach]]) entlang zum Dorf ''Waliwes'' ([[Wals-Siezenheim|Wals]]), dann zum Sumpfland ''Uilzmos'' (Viehausermoos) und nach ''Anava'' ([[Anif]]), von da [[Salzach]] aufwärts zum oberen ''Scrainpach'' (Schrainbach) weiter zum ''Farmignekke'' (Fahreneck ?) und zur ''Swalwen'' (Ecker Sattel ?), dann hinauf zum ''Gelichen'' ([[Hoher Göll]]), zum Ursprung des ''Cuonispach'' (Königsbach), weiter ''Ouzinsperch'' und ''Pochisrukke'' (Grat am [[Schneibstein]] &nbsp;?), zum See am ''Phafinsperch'' ([[Seeleinsee]]), durch das Langtal zur ''Viscuncula'' ([[Fischunkelalm|Fischunkel]]) hinab; damit lag vieles auf dem Gebiet des [[Erzstift Salzburg|Erzstifts Salzburg]], so dass Auseinandersetzungen vorprogrammiert waren.<ref name="Feulner20">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;20.</ref>
 
Am 8.&nbsp;Mai 1155 kam es zu einem Gütertausch zwischen Erzbischof [[Eberhard von Biburg|Eberhard&nbsp;I.]] von Salzburg und [[Propst]] [[Heinrich I. (Berchtesgaden)|Heinrich&nbsp;I.]]; für einen Hof in Landersdorf bei [[Wölbling]] erweiterte sich das Gebiet des Klosterstifts um das „pratum Bisvolfeswisen“ ([[Bischofswiesen]]).<ref>Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke'', Band 1. Salzburg 1815; S.&nbsp;62–63 ({{Google Buch |BuchID=gHNBAAAAcAAJ |Seite=62 |Linktext=Volltext}}).</ref>
 
Das Kerngebiet des ''[[Berchtesgadener Land|Landes Berchtesgaden]]'' umfasste damit den „geschlossenen ursprünglichen Waldbezirk“<ref name="Sternfeld145" /> innerhalb des [[Berchtesgadener Talkessel]]s. Darüber hinaus war das Klosterstift mit „größeren und kleineren Herrschaften“ in [[Grödig]], [[Bad Reichenhall|Reichenhall]], am [[Schönberg (Bayerische Voralpen)|Schönberg]] und im Gebirge durch die „Grafen von [[Kuno I. von Rott|Rot]], Wasserburg und [[Grafen von Plain|Plaien]]“ sowie aus „dem Hause [[Andechs (Adelsgeschlecht)|Andechs]] und [[Grafschaft Dießen|Dießen]]“ ausgestattet.<ref name="Sternfeld134" /> Bis zum 13.&nbsp;Jahrhundert kamen weitere Liegenschaften wie Weinberge, Mühlen und Landgüter hinzu, unter anderem in [[Niederbayern]], im nördlichen [[Oberbayern]], in der [[Oberpfalz]], in [[Mittelfranken]], [[Schwaben]] und [[Österreich]], dazu Residenzen („Höfe“) in Salzburg, München, Regensburg und [[Klosterneuburg]].<ref name="HdBG" /><ref name="HelmA108" />
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{{Hauptartikel|Gnotschaft}}
 
Um die Hauptorte des Berchtesgadener Kernlandes, den zentralen Markt [[Berchtesgaden]] und den Markt [[Marktschellenberg|Schellenberg]], gruppierten sich vermutlich schon kurz nach Propst [[Ulrich I. Wulp|Ulrich Wulps]] ''[[Landbrief (Stiftspropstei Berchtesgaden)|Landbrief]]'' von 1377 die acht ''Urgnotschaften'' [[Au (Berchtesgaden)|Au]], [[Salzberg (Berchtesgaden)|Salzberg]], [[Bischofswiesen]], [[Ettenberg (Marktschellenberg)|Ettenberg]], [[Maria Gern (Berchtesgaden)|Gern]], [[Ramsau bei Berchtesgaden|Ramsau]], [[Scheffau (Marktschellenberg)|Scheffau]] und [[Schönau am Königssee|Schönau]], die im ersten Steuerbuch des Berchtesgadener Landes von 1456 namentlich beurkundet sind. Diese waren in eine variierende Anzahl von ''Gnotschaftsbezirken'' unterteilt, in denen sich die dort lebenden Bauern jeweils für ein oder zwei Jahre einen ''Gnotschafter'' (andere Schreibweise ''Gnotschäfter'') wählten. 1802, ein Jahr vor der [[Säkularisation in Bayern|Säkularisation]], waren die acht Gnotschaften in 32 ''Gnotschafterbezirke'' unterteilt.<ref name="FeulnerGern">[[Manfred Feulner]]: {{Webarchiv | url=http://www.berchtesgadeninfo.de/de/urlaubsland-berchtesgaden-bayern/maria-gern.html berchtesgadeninfo.de]| Manfredwayback=20211028073558 Feulner:| text= ''Maria Gern – Gnotschaft und Gemeinde''}} im Auftrag der ''Blaskapelle Maria Gern''. Literatur und Quellen: berchtesgadeninfo.de, Marktarchiv Berchtesgaden, Abt. Maria Gern.</ref>
 
=== Herrschaftsbereiche als Fürstpropstei ===
Das 1559 zur Fürstpropstei erhobene ''Berchtesgadener Land''<ref name="Albrecht286Land">Mehrfacher Gebrauch des Begriffs ''Berchtesgadener Land'' als ''eigenständiges Territorium'' eines ''Landesfürsten'' – Dieter Albrecht: ''Die Fürstpropstei Berchtesgaden.'' In: Max Spindler, Andreas Kraus (Hrsg.): ''Handbuch der bayerischen Geschichte'', S.&nbsp;286–301 ({{Google Buch |BuchID=qapdkLDD2vkC |Seite=286 |Hervorhebung=Albrecht+zu+Berchtesgaden}}).</ref><ref name="Kampfhammer">Dito: Gebrauch des Begriffs ''Berchtesgadener Land'' – „Das Berchtesgadener Land (lassen wir uns durch die irritierende Landkreisbezeichnung im Zug der Gebietsreform nicht verunsichern!) ist die Bezeichnung des Territoriums des ehemaligen Hochstiftes Berchtesgaden. Der Gebietsumfang des Territoriums ist deshalb exakt zu bestimmen.“ – Günter Kapfhammer: ''Gebietsnamen in Bayern.'' In: Dieter Harmening, Erich Wimmer, Wolfgang Brückner (Hrsg.): ''Volkskultur, Geschichte, Region: Festschrift für Wolfgang Brückner zum 60''. Königshausen & Neumann, Würzburg 1990, S. 618–628, hier: S. 621 ({{Google Buch |BuchID=dF0p64E0yHkC |Seite=621 |Hervorhebung=Die+Orts-,+Wasser-+und+Bergnamen+des+Berchtesgadener+Landes}}).</ref> war als einziges und kleinstes Fürstentum innerhalb des [[Bayerischer Reichskreis|Bayerischen Reichskreises]] mit eigener [[Virilstimme]] vertreten. Einige Besitzungen mussten wegen der stetig steigenden Schulden zum Teil verpfändet oder verkauft werden oder wurden im Rahmen eines Interessenausgleichs getauscht.<ref name="Sternfeld145">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 2, S.&nbsp;145–146; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=inNBAAAAcAAJbub_gb_inNBAAAAcAAJ |Seite=145|LinktextBlatt=Volltextn146}}).</ref>
 
So zählten am Ende des 16.&nbsp;Jahrhunderts neben dem Kernland beziehungsweise dem „geschlossenen Bezirk“ mit seinen [[Gnotschaft]]en noch Besitztümer in folgenden Regionen zum Einfluss- und Herrschaftsbereich der Fürstpropstei:<ref name="Sternfeld145" />
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== Geschichte ==
=== Frühgeschichte, Namensgebung und Ersterwähnung ===
[[Datei:Berengar II von Sulzbach.jpg|mini|hochkant=0.5|[[Berengar&nbsp; I. von Sulzbach]] († &nbsp;1125) mit Jagdfalke und Wappen im [[Kloster Kastl]]]]
 
Zur Früh- beziehungsweise Vorgeschichte der Region um Berchtesgaden existieren lediglich Streufunde (vorwiegend [[Axt|Lochäxte]]) aus der [[Jungsteinzeit]], die den Aufenthalt von Fischern und Jägern vor 4000 Jahren belegen.<ref>[http://www.gemeinde.berchtesgaden.de/pages/rathaus/ortsgeschichte.php ''Ortsgeschichte''] zur Jungsteinzeit, online unter ''gemeinde.berchtesgaden.de''.</ref> Ein Münzfund aus der [[Latènezeit]] (5. bis 1.&nbsp;Jahrhundert vor v.&nbsp;Chr.) könnte auch durch Verschleppung erklärt werden, da bislang keine Siedlungsreste aus dieser Zeit nachgewiesen werden konnten.<ref>Sigmund Riezler: ''Die Orts-, Wasser- und Bergnamen des Berchtesgadener Landes.'' inIn: ''Festgabe für Gerold Meyer von Knonau'', 1913, S.&nbsp;93.</ref>
 
Im Frühmittelalter gehörte das Gebiet des Berchtesgadener Landes zum [[Stammesherzogtum Baiern|baierischen Stammesherzogtum]]. Dem ersten Bischof von [[Erzdiözese Salzburg|Salzburg]] und „Apostel Bayerns“ [[Rupert von Salzburg|Rupert]] schenkte Herzog [[Theodo&nbsp;II.]] im Jahr 700 die Almen ''Gauzo (Götschen)'' und ''Ladusa (Larosbach)'' im heutigen [[Marktschellenberg]]. Der einstige [[Salzburggau]] war in mehrere Grafschaften unterteilt, von denen eine ''Grafengaden'' war. Zu ihr gehörte das Berchtesgadener Waldgebiet, in dem im 10. und 11.&nbsp;Jahrhundert das [[edelfrei]]e Geschlecht der [[Aribonen]] lebte.<ref name="HelmA106">[[Eugen Fischer (Historiker)|A. Helm]]: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit'', Stichwort: Geschichte des Landes, S.&nbsp;106.</ref>
 
Der erste Teil des Namens könnte sich entweder von der [[Perchta]] oder einem Siedler mit dem Namen ''Perther'' ableiten, der zweite Teil von ''[[Gaden]]'', einem umzäunten Wohnsitz. Nach [[Eugen Fischer (Historiker)|Helm]] und [[Manfred Feulner|Feulner]] könnte dieser ''Perther'' auch ein Aribone gewesen sein, der dort ein einstöckiges Haus beziehungsweise eine Jagdhütte unterhielt, in deren Nähe auch einige Hütten für Dienstleute standen.<ref name="HelmA106" /><ref>[[Eugen Fischer (Historiker)|A. Helm]]: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit'', S.&nbsp;31 – darin heißt es: „Der Name stammt sicher von einem gewissen Perther, einem Vertreter aus dem Geschlecht der Aribonen, der in dem waldbestandenen Gebirgskessel zu Jagdzwecken einen so genannten Gaden, ein einräumiges Gebäude, errichtete.“</ref><ref>[[Manfred Feulner]]: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;9.</ref><ref>{{Deutsches Wörterbuch |TitelLemma=gadem, gaden |Band=4 |Sp=1131–1134 |lemid=GG00124}}</ref> Ab Ende des 12. Jahrhunderts ist in den Urkunden häufig von ''„berhtersgaden“'' die Rede.<ref>''Monumentorum boicorum collectio nova'', Band 31, S.&nbsp;456.</ref> Eine andere Quelle nennt die Schreibweisen ''„Berchtersgadmen“'' für 1106 (im Gegensatz zur fehlerhaften Schreibweise ''„Berthercatmen“'' einer päpstlichen Kanzlei), für 1121 ''„Perehtgeresgadem“''; weitere Schreibweisen im 12. Jahrhundert seien ''„Perhtersgadem“'', ''„Perthersgadem“'' und ''„Berhtersgadem“'' gewesen.<ref name="Reitzenstein" /> In der 1456 gefertigten Kopie einer Urkunde von 1266 ist zum ersten Mal die heutige Schreibweise ''„Berchtesgaden“'' enthalten.<ref name="Reitzenstein">Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein: ''Lexikon bayerischer Ortsnamen: Herkunft und Bedeutung. Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz.'' C. H. Beck, 2006, S.&nbsp;36–37 ({{Google Buch |BuchID=hqkukOD_qU0C |Seite=36 |Hervorhebung=Berchtesgaden}}).</ref> Spätestens ab dem 18. Jahrhundert ist (auch) von ''Brechtolsgaden''<ref>[http://bvbm1.bib-bvb.de/webclient/DeliveryManager?custom_att_2=simple_viewer&pid=234216 Karte des Königreich Bayerns von 1806], abrufbar in der Bayerischen Staatsbibliothek online unter ''bvbm1.bib-bvb.de''</ref> die Rede, in ''Historische abhandlungen der königlich-baierischen Akademie'' aus dem Jahr 1807 vom „vormaligen Stift Bertholdsgaden“. Und in ''[[Herders Conversations-Lexikon]]'' von 1854 gibt es, korrespondierend mit einer [[Berchtesgaden#Kulturelle Traditionen|Berchtesgadener Sage]], die alternierenden Stichwörter ''„Berchtesgaden“'' und ''„Berchtoldsgaden“''.<ref>[http://www.zeno.org/{{Herder-1854/A/Berchtesgaden zeno.org] Zum Namen ''|Lemma=Berchtesgaden'': [[Herders Conversations-Lexikon]]. Freiburg im Breisgau 1854, |Band =1, S.&nbsp;|Seite=488. |zenoID=20003231224}}</ref><ref>[http://books.google.de/books?id=kxlPAAAAIAAJ&pg=PT388&dq=Bertholdsgaden&hl=de&ei=K4izTNHHOIeW4gaC0ryGAQ&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCsQ6AEwAA#v=onepage&q=Bertholdsgaden&f=false ''Historische abhandlungen der königlich-baierischen Akademie der …,Wissenschaften'']. Band 1. München 1807, S.&nbsp;389; (Archiv{{archive.org der|bub_gb_kxlPAAAAIAAJ [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]])Blatt=n400}}.</ref>
 
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Berchtesgaden im Jahre 1102. Seiner Gründung war vermutlich im Frühjahr 1101,<ref name="Albrecht287" /> womöglich aber auch schon weit früher ein Gelübde der Gräfin [[Irmgard von Rott|Irmgard von Sulzbach]] vorangegangen, das sie zur Initiative gebenden Mitstifterin des [[Augustiner-Chorherren]]stifts Berchtesgaden werden ließ. Der Legende nach wollte sie als Dank für die Errettung ihres Ehemannes Graf Gebhard&nbsp;II. von [[Sulzbach (Adelsgeschlecht)|Sulzbach]] nach einem Jagdunfall bei dem Felsen, auf dem jetzt die [[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Berchtesgadener Stiftskirche]] steht, ein Kloster stiften.
 
Den Berchtesgadener Besitz hatte Irmgard aus ihrer ersten Ehe mit dem [[Sieghardinger]] Grafen Engelbert&nbsp;V. im Chiemgau als ''Witwengabe'' eingebracht und hierzu in ihrem Gelübde verfügt, dass dort eine Klerikergemeinschaft nach der Idee des „gemeinschaftlichen Lebens“ ''(„congregatiocongregatio clericorum communis vite“vite)'' entstehen soll. „Durch verschiedene weltliche Angelegenheiten aufgehalten“, vermochte Irmingard die Gründung des Stifts nicht mehr selber in die Wege zu leiten. Deshalb beauftragte sie kurz vor ihrem Tod ihren Sohn Berengar&nbsp;I. von Sulzbach, die Stiftsgründung zu „ihrem und seinem Seelenheil“ voranzutreiben.<ref>[[Stefan Weinfurter]]: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P.&nbsp;F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 233f.</ref>
 
=== Gründung als Stiftspropstei ===
 
[[Datei:Privileg von Papst Paschalis II. für Berchtesgaden vom 7. April 1102 (-1105).jpg|mini|hochkant=0.6|Privileg von Papst [[Paschalis II.]] für Berchtesgaden]]
[[Datei:Gründungsbericht (Fundatio) im Traditionscodex des Stifts Berchtesgaden.jpg|mini|hochkant=0.6|Gründungsbericht des Stifts Berchtesgaden]]
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{{Siehe auch|Hirsauer Reform}}
 
[[Berengar&nbsp;I. von Sulzbach]], ein enger Vertrauter Kaiser [[Heinrich V. (HRR)|Heinrichs&nbsp;V.]] und Anhänger eines [[Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts|kirchlichen Reformkreises]],<ref>Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P.&nbsp;F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 230.</ref> begann schon bald nach dem Tod seiner Mutter [[Irmgard von Rott|Irmgard]] am 14. Juni 1101 ihr Gelübde in die Tat umzusetzen. Er gründete das Berchtesgadener Klosterstift und ernannte den Kanoniker [[Eberwin (Berchtesgaden)|Eberwin]] zum [[Propst|Stiftspropst]]. Unter dessen Führung entsandte er drei [[Augustiner-Chorherren]] und vier Laienbrüder aus dem [[Kloster Rottenbuch]], das seinerzeit als Mutterstift der Augustiner in [[Altbayern]] wegweisend in der ''Kanonikerreform'' war, nach Berchtesgaden. Gemeinsam mit seinem Halbbruder Kuno von Horburg-[[Lechsgemünd]] setzte sich Berengar&nbsp;I. anschließend für die päpstliche Bestätigung der Klostergründung ein. Vermutlich 1102 (spätestens 1105) reiste Kuno von Horburg im Auftrag Berengars&nbsp;II. zusammen mit Eberwin nach Rom.<ref>Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: [http://books.google.com/books?hl=de&id=6CMFAQAAIAAJ&dq=Brugger+Griesstetter+H%C3%B6glw%C3%B6rth&q=%22Kuno+ging+in+Berengars+Auftrag+nach+Rom%22 ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594)'']. Plenk, 1991, S.&nbsp;228.</ref> [[Papst]] [[Paschalis&nbsp;II.]] hatte „sehr wahrscheinlich“ am 7.&nbsp;April 1102 das gräfliche [[Eigenkirche|Eigenkloster]] ''berthercatmen''<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;8.</ref> unter seinen Schutz gestellt<ref name="Albrecht287">[[Dieter Albrecht]]: ''Die Fürstpropstei Berchtesgaden''. In: Max Spindler, Andreas Kraus (Hrsg.): ''Handbuch der bayerischen Geschichte'',. 3., neu bearb. AuflAuflage., München 1995, S.&nbsp;286–287 ({{Google Buch |BuchID=qapdkLDD2vkC |Seite=286 |Hervorhebung=Albrecht+zu+Berchtesgaden}}).</ref><ref>Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P.&nbsp;F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 240f. Weinfurter zitiert dort auf Seite 240 (Anm. 45) auch den Originaltext aus dem Hauptstaatsarchiv München, (Klosterurkunden Berchtesgaden&nbsp;l) wie folgt nach den kopialen Überlieferungen in MGH SS XV/II, S. 1066, und bei [[Karl August Muffat]], Schenkungsbuch, München 1856: {{" |langSprache=la |Text=Paschalis episcopus, servus servorum dei, dilectis filiis Berengano et Cononi comitibus salutem et apostolicam benedictionem. Pie postulatio voluntatis effectu debet prosequente compleri, quatinus el devotionis sinceritas laudabiliter enitescat, et utilitas postulata vires indubitanter assumat. Proinde filii in Christo karissimi, vestris iustis postulationibus annuentes, alodia vestra, villam scilicet Berthercatmen et Nideraim, cum omnibus suis pertinenitiis, que pro remedio animarum vestrarum et matris vestre deo et beato Petro sub annuo censu obtulisti[s], sub tuitione apostoisce sedis suscipimus. Statuimus itaque, ut nulli omnino liceat predicta alodia beato Petro subtrahere, minuere vel temerariis vexationibus fatigare, sed omnia integra conserventur pro utilitate et sustenlatione monasterii, quod, largiente domino in eisdem alodiis edificare vovistis. Si quis vero hanc nostre constitutionis paginam sciens contra eam temere venire temptaverit, secundo terciove commonit[us], si non satisfactione congrua emendaverit, sciat se omnipotentis des indignatione et terribili sancti Spiritus iudicico feriendum. Datum Laterani VII. Idus aprelis.}}</ref> und dieses „[[Privileg]]“ Berengar&nbsp;I. und Kuno von Horburg schriftlich bestätigt.<ref>{{" |langSprache=la |Text=Paschalis episcopus, servus servorum dei, dilectis filiis ''Berengano et Cononi'' comitibus salutem et apostolicam benedictionem. |Quelle= (Anm. 45) in Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 239, 240.}}</ref>
 
Berengar&nbsp;I. gründete 1102/03 auch noch das [[Kloster Kastl|Reformkloster Kastl]]; das Berchtesgadener Stift kam nicht über eine [[Klosterzelle|Zelle]] hinaus.
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Doch sowohl Berengar<ref name="Albrecht288" /> als auch Eberwin gaben Berchtesgaden nicht auf – ungesichert ist laut Weinfurter jedoch, wer von beiden, „im religiösen Eifer ohnehin zusammenwirkend“, den ersten Anstoß zur Rückkehr gab.<ref>Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 248.</ref>
 
Eberwin kehrte ca. 1116 (lt. Helm zwischen 1106 und 1112,<ref name="HelmA108" /> lt. Feulner vermutlich um 1116,<ref name="Feulner11">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;11.</ref> laut Albrecht und Weinfurter zwischen 1116 und Mitte 1119<ref name="Albrecht288" /><ref name="Weinfurter250">Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 250.</ref>) nach Berchtesgaden zurück, das nun besser ausgestattet war und womöglich auch bereits auf erste [[Solequelle]]n Zugriff hatte. Der Stiftspropst veranlasste die ersten größeren [[Rodung]]en und die Augustiner-Chorherren ließen sich endgültig dort nieder.<ref name="Albrecht288">Dieter Albrecht: ''Die Fürstpropstei Berchtesgaden''. In: Max Spindler, Andreas Kraus (Hrsg.): ''Handbuch der bayerischen Geschichte'', S.&nbsp;288 ({{Google Buch |BuchID=qapdkLDD2vkC |Seite=288 |Hervorhebung=Albrecht+zu+Berchtesgaden}}).</ref> Wie eine Inschrift anzeigt, wurde 1122 zumindest ein erster Bauteil der [[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stiftskirche St.&nbsp;Peter und Johannes der Täufer]] von dem [[Erzdiözese Salzburg|Salzburger]] [[Konrad I. von Abensberg|Erzbischof Konrad&nbsp;I.]] geweiht.<ref>A. Helm: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit'', Stichwort: Geschichte des Landes, S.&nbsp;106–111, S.&nbsp;107–108.</ref><ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;18.</ref>
 
Zeitgleich wurde im ''Nonntal'' unterhalb des ''Locksteins'', wie nach dem Verständnis der Augustiner im frühen 12.&nbsp;Jahrhundert üblich,<ref>Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 239: „Unter dem Kreuz Christi, so finden wir in den Schriften der Augustiner-Chorherren, hätten die Frauen, im Unterschied zu den kleinmütigen Jüngern, bis zum Schluß ausgeharrt. Deshalb dürften sie in der christlichen Gemeinschaft nicht geringer geachtet werden als die Männer. Außerdem verlangte die Nachahmung der urchristlichen Gemeinschaft auch die Berücksichtigung und Miteinbeziehung der Frauen. Konsequenterweise waren die Gebäudeanlagen der Regularkanoniker in der Frühzeit fast ausnahmslos als Doppelstifte konzipiert, vereinten also sowohl ein Männer- wie ein Frauen-‚Kloster‘, wie dies auch bei Berchtesgaden der Fall war.“</ref> ein [[Augustinerinnen]]-Frauenkloster eingerichtet, das bis zu seiner Umsiedelung etwa im Jahr 1400 genutzt wurde. Anschließend hatte das Frauenkloster in dem neuen Gebäude ''Am Anger'' noch bis 1564 Bestand und wurde dann, bedeutungslos geworden und bereits nahezu verwaist, von Fürstpropst [[Wolfgang&nbsp;II. Griesstätter zu Haslach]] aufgelöst.<ref name="HdBG" /> Seine Räumlichkeiten wurden ab 1694 zu einem [[Franziskanerkloster Berchtesgaden|Franziskanerkloster]] mit eigener Kirche ausgebaut.<ref name>{{Webarchiv|url="stiftskirche">[http://www.stiftskirche-berchtesgaden.de/franziskanerkirche.php |wayback=20161228071200 |text=''Die Franziskanerkirche in Berchtesgaden''}}, online unter ''stiftskirche-berchtesgaden.de] Zur Franziskanerkirche''</ref><ref name="Albrecht290">Dieter Albrecht: ''Die Fürstpropstei Berchtesgaden''. inIn: Max Spindler, Andreas Kraus (Hrsg.): ''Handbuch der bayerischen Geschichte'', S.&nbsp;290 ({{Google Buch |BuchID=qapdkLDD2vkC |Seite=290 |Hervorhebung=Albrecht+zu+Berchtesgaden}}).</ref>
 
Doch die wiedererlangte „frühere Freiheit“ Berchtesgadens war noch nicht gesichert. Der neue und „erste“ Propst von Baumburg Gottschalk (ca. 1120–1163), der Eberwin als „Abtrünnigen“ betrachtete und aus der Propstliste tilgte, war nicht bereit, den Verlust der Berchtesgadener Ausstattungsgüter hinzunehmen. Nach dem Tod Berengars (3. Dezember 1125) hatte er die Rechtmäßigkeit der Trennung angefochten und sich an den zuständigen Bischof, Erzbischof Konrad&nbsp;I. von Salzburg (1106–1147), für eine Verfügung zur erneuten Zusammenlegung gewandt.<ref name="Weinfurter250" /> Erst nach einem Schiedsspruch Konrads im Jahr 1136 wurde das Nebeneinander beider Stifte im Sinne Berengars bekräftigt und 1142 von Papst [[Innozenz&nbsp;II.]] erneut bestätigt. Die Baumburger Forderungen hingegen wurden als „Meinung gewisser einfältiger Brüder“ abgewiesen.<ref name="Weinfurter251">Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 251.</ref>
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Zwischen 1125 und 1136 wurde der erste Gründungsbericht des Klosterstifts Berchtesgaden in der ''Fundatio monasterii Berchtesgadensis'' niedergelegt, die Historiker als [[Primärquelle und Sekundärquelle|Primärquelle]] für den in diesem Artikelabschnitt behandelten Zeitraum nutzen.<ref>Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 235.</ref>
 
Am 8.&nbsp;Mai 1155 kam es zu einem Gütertausch zwischen Erzbischof [[Eberhard von Biburg|Eberhard&nbsp;I.]] von Salzburg und dem [[Propst]] des Klosterstifts Berchtesgaden [[Heinrich I. (Berchtesgaden)|Heinrich&nbsp;I.]] Der Erzbischof erhielt für das „[[Bischofswiesen|pratum Bisvolfeswisen]]“ einen Hof in Landersdorf bei [[Oberwölbling]].<ref name="KochS62">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke'', Band 1. Salzburg 1815, S.&nbsp;62–63 ({{Google Buch |BuchID=gHNBAAAAcAAJ |Seite=62 |Linktext=Volltext}}).</ref> Das Kerngebiet des [[Berchtesgadener Land]]es bzw. die Ländereien im direkten Umfeld des Klosterstifts umfassten nach diesem Gütertausch den „geschlossenen ursprünglichen Waldbezirk“<ref name="Sternfeld145" /> innerhalb des Berchtesgadener Talkessels.
 
==== Regalien und erster wirtschaftlicher Aufschwung ====
[[Datei:Emperor Frederick I, charter of 1156.jpg|mini|Die Urkunde Friedrich Barbarossas für das Stift Berchtesgaden vom 13. Juni 1156. München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kaiserselekt 490]]
Bezeugt und angebahnt durch Graf [[Gebhard&nbsp;III. von Sulzbach]],<ref name="Weinfurter254">Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 254.</ref> dem Sohn und Nachfolger [[Berengar I. von Sulzbach|Berengars&nbsp;I.]], und von Propst [[Heinrich I. (Berchtesgaden)|Heinrich&nbsp;I.]] (1151–1174) mit ausgehandelt, bestätigte Kaiser [[Friedrich I. (HRR)|Friedrich Barbarossa]] im ''Freiheitsbrief'' von 1156 dem Klosterstift das Recht, seine [[Vogt|Vögte]] zu wählen und ggf. auch abzuwählen<ref name="Weinfurter253" /> sowie Bestandsschutz für die Gebietsgröße des [[Stift (Kirche)|Stifts]],<ref name="Weinfurter253" /> das inzwischen als kleines geistliches [[Territorium]] in das [[Stammesherzogtum Baiern|baierische Stammesherzogtum]] eingebunden war. Ferner gewährte er dem Klosterstift mit dieser ''Goldenen [[Bulle (Urkunde)|Bulle]]'' die [[Forsthoheit]]. Die in dem kaiserlichen Privileg enthaltenen Garantien und der zunehmende Salzabbau – vorerst noch für den Eigenbedarf – sorgten für einen ersten wirtschaftlichen Aufschwung.
 
Bezeugt und angebahnt durch Graf [[Gebhard&nbsp;III. von Sulzbach]],<ref name="Weinfurter254">Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 254.</ref> dem Sohn und Nachfolger [[Berengar I. von Sulzbach|Berengars&nbsp;I.]], und von Propst [[Heinrich I. (Berchtesgaden)|Heinrich&nbsp;I.]] (1151–1174) mit ausgehandelt, bestätigte Kaiser [[Friedrich I. (HRR)|Friedrich Barbarossa]] im ''Freiheitsbrief'' von 1156 dem Klosterstift das Recht, seine [[Vogt|Vögte]] zu wählen und ggf. auch abzuwählen<ref name="Weinfurter253" /> sowie Bestandsschutz für die Gebietsgröße des [[Stift (Kirche)|Stifts]],<ref name="Weinfurter253" /> das inzwischen als kleines geistliches [[Territorium]] in das [[Stammesherzogtum Baiern|baierische Stammesherzogtum]] eingebunden war. Ferner gewährte er dem Klosterstift mit dieser ''Goldenen [[Bulle (Urkunde)|Bulle]]'' die [[Forsthoheit]]. Die in dem kaiserlichen Privileg enthaltenen Garantien und der zunehmende Salzabbau – &nbsp;vorerst noch für den Eigenbedarf &nbsp;– sorgten für einen ersten wirtschaftlichen Aufschwung.
Propst [[Dietrich (Berchtesgaden)|Dietrich]] (1174–1178) ließ als Erster das Salz nicht nur abbauen, sondern begann auch Handel damit zu treiben.<ref>''Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände'', Band 3, S.&nbsp;65. Brockhaus, Leipzig 1864 ({{Google Buch|BuchID=R88UAAAAQAAJ|Seite=65|Hervorhebung=propst+Dietrich+berchtesgaden}}).</ref> Unter [[Friedrich I. (Berchtesgaden)|Friedrich&nbsp;I.]] (1178–1188) „strebte“ der von seinem Vorgänger Dietrich begonnene Salzhandel schließlich „reich empor“.<ref>Zu Salzabbau in Pleickard Stumpf: [http://books.google.com/books?id=iac_AAAAYAAJ&pg=PA95&dq=pfarrei+berchtesgaden+1201&hl=de&ei=Vjo1TtWCHY_Isgb3-8C6Ag&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CDQQ6AEwAg#v=onepage&q=pfarrei%20berchtesgaden%201201&f=false ''Bayern: ein geographisch-statistisch-historisches handbuch des königreiches''], S. 95</ref> Nicht zuletzt auch deshalb, weil Friedrich nach Ansicht der jüngeren Geschichtsforschung im Jahr 1180<ref name="Weinfurter253">Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 253.</ref> die ''Goldene Bulle'' auch noch um die Schürffreiheit auf Salz und Metall ([[Salzregal]]) ergänzen ließ – ein in jener Zeit keineswegs unübliches [[Interpolation (Literatur)|Interpolieren]] beziehungsweise nachträglich erweiterndes Verfälschen ([[Verunechtung]]) einer solchen Urkunde.<ref>''„So hatte man in Berchtesgaden (..) auf der Grundlage einer echten Vorurkunde eine neue Urkunde, eine erweiterte Neuausfertigung, erstellt mit dem Zweck, das Salzregal sicherzustellen.''“ in Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;37.</ref><ref>Ulli Kastner: ''Das Salz gehört seit 900 Jahren zur Berchtesgadener Geschichte'' in [[Berchtesgadener Anzeiger]], nicht mehr abrufbare Meldung vom 22.&nbsp;Mai 2002 bzw. 3.&nbsp;Juni 2002 in berchtesgadener-anzeiger.de.</ref>
 
Propst [[Dietrich (Berchtesgaden)|Dietrich]] (1174–1178) ließ als Erster das Salz nicht nur abbauen, sondern begann auch Handel damit zu treiben.<ref>''Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände'', Band 3, S.&nbsp;65. Brockhaus, Leipzig 1864; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=R88UAAAAQAAJbub_gb_R88UAAAAQAAJ |SeiteBlatt=65|Hervorhebung=propst+Dietrich+berchtesgaden}}).</ref> Unter [[Friedrich I. (Berchtesgaden)|Friedrich&nbsp;I.]] (1178–1188) „strebte“ der von seinem Vorgänger Dietrich begonnene Salzhandel schließlich „reich empor“.<ref>Zu Salzabbau in Pleickard Stumpf: [http://books.google.com/books?id=iac_AAAAYAAJ&pg=PA95&dq=pfarrei+berchtesgaden+1201&hl=de&ei=Vjo1TtWCHY_Isgb3-8C6Ag&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CDQQ6AEwAg#v=onepage&q=pfarrei%20berchtesgaden%201201&f=false ''Bayern: ein geographisch-statistisch-historisches handbuch des königreiches''],. S. 95; {{archive.org |bub_gb_iac_AAAAYAAJ |Blatt=95}}.</ref> Nicht zuletzt auch deshalb, weil Friedrich nach Ansicht der jüngeren Geschichtsforschung im Jahr 1180<ref name="Weinfurter253">Stefan Weinfurter: ''Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden.'' In: W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml (Hrsg.): ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Band 1, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 253.</ref> die ''Goldene Bulle'' auch noch um die Schürffreiheit auf Salz und Metall ([[Salzregal]]) ergänzen ließ – ein in jener Zeit keineswegs unübliches [[Interpolation (Literatur)|Interpolieren]] beziehungsweise nachträglich erweiterndes Verfälschen ([[Verunechtung]]) einer solchen Urkunde.<ref>''„So hatte man in Berchtesgaden (..)[…] auf der Grundlage einer echten Vorurkunde eine neue Urkunde, eine erweiterte Neuausfertigung, erstellt mit dem Zweck, das Salzregal sicherzustellensicherzustellen“.''“ inIn: Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;37.</ref><ref>Ulli Kastner: ''Das Salz gehört seit 900 Jahren zur Berchtesgadener Geschichte'' in [[Berchtesgadener Anzeiger]], nicht mehr abrufbare Meldung vom 22.&nbsp;Mai 2002 bzw. 3.&nbsp;Juni 2002 in berchtesgadener-anzeiger.de.</ref>
 
==== Die ersten Salzirrungen ====
[[Datei:Hallthurm.jpg|mini|hochkant=0.8|[[Hallthurm]] ([[Wehrturm]]), Rest der 1194 errichteten Passbefestigung nach den Angriffen von 1193]]
 
Als Kaiser Friedrich Barbarossa 1190 gestorben war, kam es noch im selben Jahr zu Überfällen auf das Berchtesgadener Land. Es war der Beginn der „Salzirrungen“, die sich über Jahrzehnte hinzogen. Sie hatten ihre Ursache in dem durch den Kaiser sanktionierten Salzabbau, den „zweifellos“<ref name="HelmA108" /> schon weit früher prähistorische Siedler am so genannten [[Tuval]] bei Schellenberg sowie am Gollenbach betrieben. Er war in Vergessenheit geraten und wurde erst durch das Stift wiederbelebt. Der Salzburger Erzbischof [[Adalbert III. von Böhmen|Adalbert&nbsp;III.]] sah darin eine Konkurrenz zum Salzbergwerk in [[Dürrnberg]] und zu der seinerzeit noch salzburgischen [[Saline]] in [[Bad Reichenhall|Reichenhall]]. Kurz nach dem Tod des Kaisers fielen Einwohner aus [[Kuchl]] im [[Salzach]]<nowiki />tal ein, um die Bergbauanlagen zu zerstören und die Salzlager am ''Tuval'' zu besetzen. Friedrichs Nachfolger [[Heinrich VI. (HRR)|Heinrich&nbsp;VI.]] drohte Salzburg zwar mit harten Strafen; aber schon 1193 drangen über den Pass, der im Jahr darauf mit dem [[Hallthurm]] als Teil einer [[Befestigung]]s<nowiki />anlage gesichert wurde, bewaffnete Reichenhaller ins Gebiet des Klosterstifts ein, vermauerten die Bergstollen am Gollenbach und zerstörten die Salzpfannen. Darüber hinaus verweigerte Reichenhall dem Stift den Zins für seine Brunnenanteile. Nahezu zeitgleich mit dem ''Hallthurm'' wurde am [[Hangendensteinpass]] an der Grenze zu Salzburg der 1252 erstmals urkundlich erwähnte ''[[Schellenberger Turm]]'' als weiterer [[Wehrturm|Wehr-]] bzw. Passturm zum Schutz der Salzlieferungen errichtet.<ref name="MSPassturm">{{Webarchiv | url=http://www.marktschellenberg.de/urlaub-berchtesgaden-bayern/Article/ID/223/Session/1-b9EsWx8i-0-IP/Pa%C3%9Fturm-_Wehrturm.htm | wayback=20190307183940 | text=''Geschichte des Schellenberger Turms'' |wayback=20190307183940}}, online unter ''marktschellenberg.de''</ref>
 
Erneut intervenierte der Kaiser, und der Salzburger Erzbischof ließ daraufhin eine Urkunde fälschen, mit der ein Vorgänger von ihm 1123 dem [[Salzburger Domkapitel|salzburgischen Domkapitel]] den ''Tuval'' angeblich geschenkt hatte. Diese List hatte Erfolg und der ''Tuval'' schien für das Stift endgültig verloren. Doch Propst [[Wernher I. (Berchtesgaden)|Wernher&nbsp;I.]] erwirkte in Rom bei [[Papst]] [[Coelestin&nbsp;III.]] einen strengen Verweis gegen den Erzbischof mit der Forderung nach völliger Genugtuung.<ref>{{Monasterium|pfad=AT-HHStA/SbgE/AUR_1196_XII_11/charter?q=Berchtesgaden|titel=Urkunde: Salzburg, Erzstift (798–1806) AUR 1196 XII 11}} Urkunde vom 1. Dezember 1196, Lateran – ''„Papst Cölestin&nbsp;III. befiehlt dem Eb von Salzburg und den Äbten von St.&nbsp;Peter und Raitenhaslach (Raitenhaselac) auf Bitte des Domkapitels den Streit desselben mit dem Stift Berchtesgaden wegen Beeinträchtigung bei der ihm von Eb Konrad&nbsp;I. geschenkten Saline am Tuval zu entscheiden.“''; Quelle Regest: Salzburger Urkundenbuch, II. Band, Urkunden von 790 bis 1199. Willibald Hauthaler und Franz Martin. S.&nbsp;683.</ref> 1198 kam es schließlich zu einem für die Salzburger vorteilhaften Vergleich, mit dem die Anteile am Salzlager ''Tuval'' zu drei gleichen Teilen an den Erzbischof, das Salzburger Domstift und Berchtesgaden gingen.<ref>{{Monasterium|pfad=AT-HHStA/SbgE/AUR_1198/charter?q=Berchtesgaden|titel=Urkunde: Salzburg, Erzstift (798–1806) AUR 1198}} Urkunde von 1198, Salzburg – ''„Eb Adalbert III. verfügt, dass aller Ertrag von neuentdeckten Salzwerk am Tuval, vom Barmstein (Pabensteine) bis (Nieder-) Alm (Alben) und Grafengaden (Grauengadamen), zwischen dem Erzbischof, dem Domkapitel und dem Stift Berchtesgaden gleichmäßig geteilt werden soll, ebenso auch der Ertrag eines von einer der Parteien unternommenen neuen Baues.“''; Quelle Regest: Salzburger Urkundenbuch, II. Band, Urkunden von 790 bis 1199. Willibald Hauthaler und Franz Martin. S.&nbsp;706.</ref> Dennoch gab es in dieser Angelegenheit zwischen den beiden Kontrahenten noch jahrhundertelang Streit.<ref name="HelmA108">[[Eugen Fischer (Historiker)|A. Helm]]: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit'', Stichwort: Geschichte des Landes, S.&nbsp;108–109.</ref>
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[[Datei:Watzmann Berchtesgaden.jpg|mini|Blick auf [[Berchtesgaden]] mit [[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stifts-]] und [[St. Andreas (Berchtesgaden)|St.-Andreas-Kirche]], dahinter das [[Watzmann]]massiv]]
[[Berchtesgaden]] als zentraler [[Hauptort]] der Propstei war bereits 1201 zur [[Pfarrei]] erhoben, die alsbald mit [[Filialkirche|Filialen]] in ''[[Ramsau bei Berchtesgaden|Ramsau]]'', ''Grafengaden'' und ''[[Marktschellenberg|Schellenberg]]'' erweitert wurde. Einige Jahrzehnte später war es ein ''[[Marktrecht|Markt]]'', wenn auch stets unter enger Anlehnung an das Klosterstift.<ref>Zu Pfarrei in: Pleickard Stumpf: ''Bayern: ein geographisch-statistisch-historisches Handbuch des Königreiches'',. S.&nbsp;95; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=iac_AAAAYAAJbub_gb_iac_AAAAYAAJ |SeiteBlatt=95 |Hervorhebung=pfarrei+ berchtesgaden+ 1201}}).</ref><ref>Zum eingeschränkten [[Marktrecht]] in Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;119.</ref> Nachdem dort ebenfalls eine [[Saline]] und 1292 ein von einem „[[Hallinger (Berchtesgadener Land)|Hallinger]]“ ''(salinarius)'' geleitetes [[Salzamt]] eingerichtet worden war, entwickelte sich Schellenberg zum zweiten Hauptort und erhielt vermutlich ebenfalls bald die Marktrechte; ein erster fürstlich ernannter [[Marktrichter]] ist jedoch erst für 1334 nachweisbar. Die ersten „Hallinger“ waren noch Laien, im ausgehenden Mittelalter jedoch hatte sich dieses Salzamt als wichtigster Verwaltungsposten der Propstei entwickelt und wurde aus den Reihen der Chorherren besetzt.<ref>Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594)''. Plenk, 1991, S.&nbsp;360 ([http://books.google.com/books?hl=de&id=6CMFAQAAIAAJ&dq=Brugger+Griesstetter+H%C3%B6glw%C3%B6rth&q=schellenberg+1286 eingeschränkte Vorschau]).</ref><ref>Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594)''. Plenk, 1991, S.&nbsp;711 ([http://books.google.com/books?hl=de&id=6CMFAQAAIAAJ&dq=Brugger+Griesstetter+H%C3%B6glw%C3%B6rth&q=marktrecht+1292 eingeschränkte Vorschau]).</ref>
 
1294 manifestierte sich unter Propst [[Johann Sax von Saxenau]], später [[Bischof]] von [[Diözese Bozen-Brixen|Brixen]], die weltliche Eigenständigkeit der Stiftspropstei durch die Erlangung der [[Blutgerichtsbarkeit]] für schwere Vergehen. Mit dieser „Ausbildung der Landesherrlichkeit“ wurde wenig später im Jahr 1306 das Gebiet der Stiftspropstei Berchtesgaden auch als „lant ze berthersgadem“ bezeichnet.<ref name="Brugger391">Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594).'' Plenk, 1991, S.&nbsp;391 ([http://books.google.com/books?hl=de&id=6CMFAQAAIAAJ&dq=Brugger+Griesstetter+H%C3%B6glw%C3%B6rth&q=Landesherrlichkeit eingeschränkte Vorschau]).</ref> Ein Kaufvertrag mit Propst Johann von 1295, in dem auch ein „Heinrich von Ramsau (im Hinterberchtesgaden)“ als Zeuge aufgezählt wird, ist laut [[Joseph Ernst von Koch-Sternfeld|von Koch-Sternfeld]] „die erste teutsche Urkunde von Berchtesgaden“.<ref>Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke'', Band 1. Salzburg 1815; S.&nbsp;128 u., 129 ({{Google Buch |BuchID=gHNBAAAAcAAJ |Seite=128 |Linktext=Volltext}}).<br />
Hier heißt es: ''„Im J. 1295 am [[Markustag]] verkaufen Friedrich von Rupolding und seine Hausfrau Benedikta, und deren von Megenwarth und von Teisenheim erworbene Söhne Rapoto und Ortolf ihr freyes Eigenthum zu Niedertiesbach (in den Hohlwesen, südwestlich von Berchtesgaden an den Propst [[Johann Sax von Saxenau|Johann]]. Heinrich von Taufkirchen siegelt den Brief auf des Propsten Haus.*)“''<br />
Und in der Fußnote auf Seite 129: ''„*) S. und B. II. 58. Soviel bekannt ist dieses die erste teutsche Urkunde von Berchtesgaden. Als Zeugen waren anwesend: (…) Heinrich von Ramsau (im Hinterberchtesgaden), und andere getreue Leute.“''</ref>
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1382 kam es zum [[Schisma]]. Die Chorherren Heinrich Rordorfer und Johann Steinsberger standen in enger Verbindung zum Erzbistum Salzburg. Sie beschuldigten Wulp, mehr auf der Jagd als in der Kirche zu sein und das Lateinische nicht ausreichend zu beherrschen. Im Auftrag des Erzbischofs untersuchte der [[Bistum Chiemsee|Bischof von Chiemsee]], [[Friedrich (Chiemsee)|Friedrich]], diese Vorwürfe, kam jedoch zu einem anderen Ergebnis und tadelte stattdessen die Beschuldiger. Diese überfielen Wulp daraufhin und warfen ihn in den Kloster[[kerker]]. Der Erzbischof [[Pilgrim&nbsp;II. von Puchheim]] erwirkte zwar seine Freilassung, nötigte Wulp aber wegen neuer Anklagen zur Aufgabe seines Amtes und ließ den Konvent seinen Vertrauensmann [[Sieghard Waller]] als neuen Propst wählen. Dieser wurde aber von Wulp nicht anerkannt; das „kleine“ Schisma in Berchtesgaden währte zwei Jahre.<ref name="Feulner72">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;72–73.</ref>
 
Der von Wulp um Unterstützung gebetene [[Herzogtum Bayern (HRR)|Bayernherzog]] [[Friedrich (Bayern)|Friedrich]] fiel mit seinen Kriegsknechten am 16.&nbsp;April 1382 über [[Hallthurm]] und das [[Wachterl]] in das Berchtesgadener Land ein und gab es zur [[Plünderung]] frei. Aber auch der Salzburger Erzbischof blieb nicht untätig und besetzte nach schweren und für beide Seiten verlustreichen Kämpfen erst den Turm vor [[Marktschellenberg|Schellenberg]] und schließlich auch Berchtesgaden.<ref>{{Monasterium|pfad=AT-HHStA/SbgE/AUR_1382_XI_27/charter?q=berchtesgaden|titel=Urkunde: Salzburg, Erzstift (798–1806) AUR 1382 XI 27}} Urkunde vom 27. November 1382, Reichenhall – ''„Hintergangsbrief von den Brüdern Stephan, Friedrich und Johann, Herzogen in Bayern, auf Herzog Leopold zu Österreich und Stephan, Herzog in Bayern, in den Streitigkeiten zwischen ihnen, dann den Herzogen Albrecht und Leopold von Österreich und Pilgrim, Eb zu Salzburg, wegen Berchtesgaden.“'' Signatur: AUR 1382 XI 27.</ref> Nach Vermittlung des [[Hochstift Freising|Bischofs von Freising]], [[Berthold von Wehingen]], endeten diese Kämpfe und das Schisma 1384 in einem Kompromiss, nach dem Ulrich&nbsp;I. Wulp und [[Sieghard Waller]] als Pröpste bestätigt und dann gleichzeitig abgesetzt wurden.<ref>{{Monasterium|pfad=AT-HHStA/SbgE/AUR_1384_X_24/charter?q=Ulrich|titel=Urkunde: Salzburg, Erzstift (798–1806) AUR 1384 X 24}} Urkunde vom 24. Oktober 1384, Perwang im Attergau – ''„Schiedsspruch des Bischofs Berthold von Freising (ze freysingen) zwischen den Herzogen von Bayern und dem Eb Pilgrim von Salzburg um alle Irrungen, die zwischen ihnen wegen des abgesetzten Propstes Ulrich von Berchtesgaden (Berchtersgaden) aus der Familie Wulp und des an seiner Stelle zum Propst gewählten Sieghard Waller entstanden sind. Bischof Berthold entschied, daß weder Ulrich noch Sieghard die Propstei beibehalten sollten, sondern er ernannte einen dritten, Konrad Torer von Torlein, Domherr zu Salzburg, zum Propst, welchen auch der Eb von Salzburg, so wie es ihm von Rechtswegen zusteht, bestätigen soll. Der neue Propst Torer soll dem Waller und Wulp auf Lebenszeit, jedem jährlichen 100 Pfund Wiener Pfennig geben. (..)&nbsp;[…]''; Aufbewahrungsort: Archiv: HHStA Wien, AUR ([http://www.oesta.gv.at/]).</ref> Der Nachfolger [[Konrad Torer von Törlein]] war offiziell bis 1393 für die Reichsprälatur Berchtesgaden zuständig, aber ab 1391 auch schon Verweser des verwaisten Bistums [[Diözese Lavant|Lavant]]. Bereits seit der Einsetzung des ersten Stiftspropsts [[Eberwin (Berchtesgaden)|Eberwin]] wegen gegenseitiger Gebietsansprüche im Konflikt,<ref name="Feulner20" /> vermochte das nahe [[Erzstift Salzburg]] sich als [[Gläubiger]] der Stiftspropstei erst die Schellenberger [[Saline]] als Pfand und von 1393 bis 1404 die lukrativen Ländereien der Stiftspropstei schließlich ganz zu ''inkorporieren''. Der Salzburger Erzbischof sicherte Konrad jedoch die Einkünfte aus der Propstei bis zur endgültigen Erlangung der Bischofswürde von Lavant zu, die ihm 1397 zuteilwurde.<ref name="HelmA108" />
 
==== Wiederherstellung der Eigenständigkeit ====
[[Datei:Ausschnitt Propst Peter Pinzenauer (Stiftskirche Berchtesgaden).jpg|mini|hochkant=0.5|Propst [[Peter II. Pienzenauer|Peter&nbsp;II. Pienzenauer]] ([[Epitaph]])]]
 
Mit dem Amtsantritt von [[Peter&nbsp;II. Pienzenauer]] war 1404 trotz des Protestes des Salzburger Erzbischofs [[Eberhard&nbsp;III. von Neuhaus]] die Eigenständigkeit der Berchtesgadener Reichsprälatur wiederhergestellt. Allerdings sollte deren Souveränität Grenzen haben: So hatte Pienzenauer „dem Erzbischof von Salzburg gehorsam und gewärtig zu sein“ und durfte „ohne dessen Rat und Willen keine Güter, Kleinodien oder Bücher, die zum Gotteshaus Berchtesgaden gehörten“ veräußern. Zudem sollte bis zur Tilgung seiner hohen Schulden von 44.000 [[Dukat (Münze)|Golddukaten]] das zur Propstei gehörende Schellenberg samt [[Saline]] an das Erzstift verpfändet bleiben. Dennoch fand Pienzenauer „Mittel und Wege, sein Stift wieder in die Höhe zu bringen.“<ref name="Feulner78">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;78.</ref>
 
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==== Zweiter wirtschaftlicher Aufschwung ====
[[Datei:Pfnür005.jpg|mini|hochkant=0.5|Propst [[Gregor Rainer]] (Grabdenkmal)]]
In die Regierungszeiten [[Balthasar Hirschauer]]s und [[Gregor Rainer]]s fiel der Höhepunkt eines wirtschaftlichen Aufschwungs des ''Berchtesgadener Landes''.<ref name="Sternfeld98">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 2, S.&nbsp;98–99 ({{Google Buch|BuchID=inNBAAAAcAAJ|Seite=98|Linktext=Volltext}}).</ref>
 
DieIn Vertriebszahlendie derRegierungszeiten [[BerchtesgadenerBalthasar WarHirschauer]]s hattenund ihren[[Gregor höchstenRainer]]s Standfiel erreicht;der BerchtesgadenerHöhepunkt Holzwarenverlegereines gabwirtschaftlichen esAufschwungs indes [[Antwerpen]],''Berchtesgadener [[Cádiz]], [[Genua]], [[Venedig]] und [[Nürnberg]]Landes''.<ref name="Sternfeld143Sternfeld98">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 2, S.&nbsp;14398–99; unten f. ({{Google Buch|BuchID=inNBAAAAcAAJ|Seite=143|Linktext=Volltext}})archive.</ref><ref>{{Webarchivorg |url=http://www.alpen-info.de/html/body_schonau_a__konigssee.htmlbub_gb_inNBAAAAc |waybackBlatt=20151126052225 |text=alpen-info.den99}} – Geschichtlicher Abriss ohne zuordenbare Quellenbenennung.</ref>
 
Die Vertriebszahlen der [[Berchtesgadener War]] hatten ihren höchsten Stand erreicht; Berchtesgadener Holzwarenverleger gab es in [[Antwerpen]], [[Cádiz]], [[Genua]], [[Venedig]] und [[Nürnberg]].<ref name="Sternfeld143">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 2, S.&nbsp;143 unten f.; {{archive.org |bub_gb_inNBAAAAc |Blatt=n144}}.</ref><ref>{{Webarchiv |url=http://www.alpen-info.de/html/body_schonau_a__konigssee.html |text=alpen-info.de |wayback=20151126052225}} – Geschichtlicher Abriss ohne zuordenbare Quellenbenennung.</ref>
 
Gregor Rainer erteilte 1508 den Auftrag für die [[Sakristei]] der ''[[St. Andreas (Berchtesgaden)|Pfarrkirche St.&nbsp;Andreas]]'' und 1510 für die der ''[[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stiftskirche St.&nbsp;Peter und Johannes der Täufer]]''.<ref>Walter Brugger: ''Geschichte von Berchtesgaden: Stift – Markt – Land.'' Band 2: ''Vom Beginn der Wittelsbachischen Administration bis zum Übergang an Bayern 1810.'' Plenk, Berchtesgaden 1995, ISBN 978-3-922590-94-1.</ref><!-- sowie ebenfalls 1510 für den Umbau und die damit verbundene Erweiterung des zuvor romanischen Langhauses der Stiftskirche in ein [[Kirchenschiff]] spätgotischen Stils<ref>Michael Petzet: ''Denkmäler in Bayern. Band I Teil 2: Oberbayern.'' Oldenbourg, München 1986, ISBN 978-3-486-52392-8.</ref> | siehe http://www.stiftskirche-berchtesgaden.de/stiftskirche.php wonach Umbau bereits im 13. und 15. Jahrhundert erfolgte--> 1512 ließ er für die [[Ramsau bei Berchtesgaden|Ramsauer]] [[Gnotschaft]]sbezirke die ''[[St. Sebastian (Ramsau)|Kirche St.&nbsp;Sebastian]]'' errichten und sie von Berchtesgaden aus seelsorgerisch betreuen. (Erst ab 1657 wurde ein eigens für die Ramsauer Gnotschaften zuständiger Chorherr als [[Vikar]] abgestellt.)<ref>Michael Petzet: [http://books.google.de/books?id=x_-f1H2NAYYC&pg=RA2-PA141&lpg=RA2-PA141&dq=ramsau+%22gregor+rainer%22&source=bl&ots=bruDP3OYrm&sig=eZxLMa_XRKWD6_78U0dBqWY0sGA&hl=de&ei=zrsnTMTCGpefOKbS-PUC&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=4&ved=0CCAQ6AEwAw#v=onepage&q=ramsau%20%22gregor%20rainer%22&f=false ''Denkmäler in Bayern''], Band 1–2; S.&nbsp;141.</ref> Nach Feulner wurde aufgrund der Jahreszahl am Seitenportal auch die ''[[Franziskanerkloster Berchtesgaden|Franziskanerkirche]]'' während der Regentschaft Rainers im Jahr 1519 fertig gestellt.<ref name="Feulner_50" />
 
Wirtschaftlich am bedeutendsten waren jedoch Rainers Erkundungen einer Salzabbaumöglichkeit in unmittelbarer Nähe seines Regierungssitzes. Sie fanden 1517 mit dem Anschlagen des ''Petersberg-Stollens'' und der Gründung des bis heute ertragreichen [[Salzbergwerk Berchtesgaden|Salzbergwerks Berchtesgaden]] ihren erfolgreichen Abschluss.<ref name="Sternfeld98" /><ref>[http://www.salzbergwerk.de/de/salzbergwerk/geschichte ''Geschichte – Die Anfänge des Salzbergbaus in Berchtesgaden''] – Chronik des Salzabbaus im [[Salzbergwerk Berchtesgaden]]; geschichtlicher Abriss ohne zuordenbare Quellenbenennung, online unter ''salzbergwerk.de''.</ref>
 
Mit Beginn seiner Regentschaft wurden ihm auch als erstem Berchtesgadener Stiftspropst die „Ausschreibungen“ zu Kreis- und Reichstagen zugestellt.<ref name="Sternfeld98" /> Demgegenüber standen aber auch kostenintensive Verpflichtungen wegen seines Ranges als Reichsprälat. Nach dem [[Reichsmatrikel]] des [[Reichstag zu Worms (1521)|Reichstags zu Worms 1521]] hatte er als erster Berchtesgadener Regent zwei Mann zu Pferd und 34 Mann zu Fuß bereitzustellen. (Zum Vergleich: Die Aufgebote Bayerns und Salzburgs umfassten jeweils 60 Ritter und 272 Fußsoldaten.)<ref name="Feulner_110">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;100–101.</ref><ref>[[s:Reichsmatrikel von 1521|wikisource.org]] Reichsmatrikel von 1521.</ref> Zehn Jahre später waren schon doppelt so viele Landsknechte vorzuhalten.<ref>[[s:Hernach volgend die zehen Krayss|wikisource.org]] Alte Buchaufstellung von 1532 zu Reichsmatrikel.</ref> Dennoch war es Rainer gelungen, viele Schulden des Klosterstifts zu tilgen.<ref name="Sternfeld98" />
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==== Bauernkrieg und erste Handwerksordnungen mit Gesetzeskraft ====
[[Datei:Wolfgang Lenberger.jpg|mini|hochkant=0.5|Propst [[Wolfgang I. Lenberger|Wolfgang Lenberger]] (Grabdenkmal)]]
 
Die Amtszeit von [[Wolfgang&nbsp;I. Lenberger]] (1523 bis 1541) war bestimmt vom [[Geschichte des Landes Salzburg#Vom Bauernkrieg zu ersten Protestantenausweisungen|Großen Salzburger]] bzw. [[Deutscher Bauernkrieg|Deutschen Bauernkrieg]].<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;96–97.</ref>
 
Im Zuge dieses Bauernaufstandes kam es auch im Klosterstift zu Plünderungen. Urkunden und Schriften wurden zerfetzt und die im ''Graf-Wicka-[[Weiher (Gewässer)|Weiher]]'' auf Anweisung Lenbergers in Fässern versteckten Kostbarkeiten wurden zur willkommenen Beute der Aufrührer. Eine größere Anzahl Berchtesgadener Bauern folgte den Aufständischen und zog mit ihnen zum Belagerungsheer nach Salzburg. Am Ende mussten sie jedoch Propst Lenberger – wie alle anderen ihre Regenten – um Verzeihung bitten und Schadenersatz leisten, wofür sie vertraglich Begnadigung und Straffreiheit zugesichert bekamen. Für das Klosterstift hielten sich die mit dem Salzburger Erzbischof ausgehandelten Ersatzansprüche in Grenzen und es überstand damit im Gegensatz zu Salzburg den Bauernkrieg einigermaßen glimpflich.<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;98–99.</ref>
 
Nach dem Bauernkrieg widmete sich Lenberger der inneren Verwaltung der Stiftspropstei und erließ 1529 eine schriftliche Waldordnung und für die Holzhandwerker-[[Zunft]] ''([[Sebastian (Heiliger)|Sebastiani]]-Bruderschaft)'' eine Handwerksordnung mit Gesetzeskraft.<ref name="Albrecht298">Näheres zur Holzverarbeitung u.&nbsp;a. für die Versiedung in den Salinen siehe Dieter Albrecht: ''Die Fürstpropstei Berchtesgaden.'' In: Max Spindler, Andreas Kraus (Hrsg.): ''Handbuch der bayerischen Geschichte'', S.&nbsp;298 ({{Google Buch |BuchID=qapdkLDD2vkC |Seite=298 |Hervorhebung=Albrecht+zu+Berchtesgaden}}).</ref> Wer dieser Zunft beitreten wollte, bedurfte der Zustimmung des Propstes und des Zunftmeisters. Den Verlegern beziehungsweise den Aufkäufern der [[Berchtesgadener War]] war es verboten, Fertigwaren mit Rohmaterial oder Naturalien zu bezahlen.<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;99–100.</ref>
 
=== Erhebung zur Fürstpropstei ===
[[Datei:Fürstpropstei Berchtesgaden 1568 .jpg|mini|hochkant=1|Fürstpropstei Berchtesgaden und Umgebung (Nord-Ost), zusammengesetzt aus zwei Kartenausschnitten bzw. Holzschnitten von [[Philipp Apian]] aus dem Jahr 1568]]
 
Im Jahr 1559 wurde unter der Regentschaft von Kaiser [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand&nbsp;I.]] [[Wolfgang II. Griesstätter zu Haslach|Wolfgang Griesstätter zu Haslach]] zum [[Fürstpropst]] und das Stift zur Fürstpropstei erhoben. Griesstätter und seine Nachfolger saßen nunmehr als ''[[Fürstung#Sonderformen|gefürstete]]'' Vertreter des kleinsten Fürstentums und der einzigen Fürstpropstei des [[Bayerischer Reichskreis|Bayerischen Reichskreises]] in den [[Reichstag (Heiliges Römisches Reich)|Reichstagen]] und nahmen bis in das 17. Jahrhundert auch an den Salzburger Landtagen teil.
 
Als Wolfgang II. stand Griestätter ab 1541 einem Kapitel von elf bayerischen und salzburgischen Edelleuten vor.<ref name="Feulner101">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;101.</ref> Die Jahreseinkünfte des Klosterlandes umfassten seinerzeit 900 [[Gulden]] aus Zinszahlungen der Bauern sowie deren [[Zehnt|Zehent]] von ihren Ernteerträgen mit 90 [[Scheffel (Maßeinheit)|Schäffeln]] Getreide und 7000 großen Käselaiben, die für den eigenen Haushalt des Klosterstifts und für Almosen verwendet wurden. Nach Verlust ertragreicher Gebiete in der [[Oberpfalz]] und in [[Franken (Region)|Franken]] blieben darüber hinaus nur noch die Einnahmen aus weiteren Besitzungen im Bayerischen und Österreichischen mit insgesamt 550 Gulden und 340 Schäffeln Getreide.<ref name="Feulner101" /> Nach einer ersten Beschwerde von 1540 war Griesstätter, noch als „einfacher“ Stiftspropst, gemeinsam mit den anderen Fürsten aus Bamberg, Freising, Passau, Regensburg und Salzburg mit der Klage gegen eine Doppelveranlagung ihrer österreichischen Besitzungen für die [[Reichstürkenhilfe|Türkenhilfe]] erfolgreich. Am 26. Mai verpflichtete sich Ferdinand&nbsp;I., ihre Besitzungen in den Erblanden für jenes Jahr von dieser Steuer zu befreien.<ref>[[Dieter J. Weiß]]: ''Das Exemte Bistum Bamberg: [[Germania Sacra]]'', Band 3. [[Verlag Walter de Gruyter]], Berlin 2000. [[Max-Planck-Institut für Geschichte]], S.&nbsp;67–69 ({{Google Buch |BuchID=L7KXSJFlF2EC |Seite=67 |Hervorhebung=Albrecht+zu+Berchtesgaden}}).</ref>
 
Nachdem in Bischofswiesen ''an der Tann'' eine Salzquelle und an der ''Gmündbrücke'' Steinsalz entdeckt worden war, schloss Griesstätter mit [[Herzog]] [[Albrecht V. (Bayern)|Albrecht von Bayern]] im Jahr 1555 einen für das Berchtesgadener Land vorteilhaften Vertrag. Danach sollte alles dort abgebaute Salz zu einem festen Preis, der ''[[Ohm (Flüssigkeitsmaß)|Saum]]'' zu 14 [[Kreuzer (Münze)|Kreuzern]] sowie Zollgebühren von einem [[Weißpfennig]], ausschließlich an Bayern gehen. Damit war der Absatz des Salzes auf lange Zeit gesichert. Für die Transportwege und die dafür nötigen Brücken hatte allein die Berchtesgadener Propstei zu sorgen und sie instand zu halten, Bayern hatte im Gegenzug diese Salzvorkommen gegen das [[Erzstift Salzburg]] zu schützen. Der Transport des Salzes und die Einnahmen daraus waren allein den Einwohnern des Berchtesgadener Landes vorbehalten.<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;87–88.</ref> In der Folge wurde 1556 im Ort [[Berchtesgaden]] auf dem Gut ''Frauenreut'' (auch ''Fronreut''; heute ''Salinenplatz'', zuvor ''Am Güterbahnhof'') eine Saline erbaut, die ebenfalls dem Zugriff Salzburgs entzogen war und durch die neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Die beiden Bischofswieser Salzstätten hatten sich allerdings als nicht lohnend erwiesen. Stattdessen brachte Griesstätter den 1517 von [[Gregor Rainer]] aufgeschlagenen ''Petersberg'' und den 1558 im [[Salzbergwerk Berchtesgaden|Salzbergwerk]] neu aufgeschlagenen ''Frauenberg'' in den Vertrag mit dem Herzogtum Bayern ein.<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;88.</ref>
 
1556 war auch das Jahr, in dem Griesstätter den Rest der seit 167 Jahren bestehenden Schuldenlast an Salzburg zu tilgen und damit [[Markt Schellenberg|Schellenberg]] aus der Salzburger Pfandschaft zu lösen vermochte. Der Vertrag unter Mitwirkung des [[Liste der Bischöfe von Eichstätt|Bischofs von Eichstätt]] ist als ''Eichstätter Kompromiss'' bekannt und war auch als Friedensvertrag mit Salzburg zu verstehen.<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;92. (''Siehe hierzu unter anderem auch seine Vorgänger:'' [[Konrad Torer von Törlein]] und [[Eberhard III. von Neuhaus]].)</ref>
Dennoch hatte Griesstätter finanzielle Sorgen, war er doch als Reichsfürst nach wie vor verpflichtet, einen nicht geringen Beitrag zur Rüstung und zur ''[[Reichstürkenhilfe|Türkensteuer]]'' zu leisten.<ref name="Feulner_110" />
 
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Im 16.&nbsp;Jahrhundert fand die Lehre [[Martin Luther]]s auch im Berchtesgadener Land eine wachsende Anhängerschaft, deren Schicksal sehr eng mit Ereignissen im [[Erzstift Salzburg]] verknüpft war.<ref name="FeulnerProtestanten168" /> Um 1521 trat [[Jacob Strauß]] als evangelischer Prediger in Berchtesgaden auf, begleitet von Christoph Söll, einem „Gesellpriester“ und späteren [[Straßburg]]er Prediger, der dem Stift Berchtesgaden angehört hatte.<ref>{{ADB|36|535|538|Strauß, Jakob|Gustav Bossert|ADB:Strauß, Jakob}}</ref>
 
Einheimische Salz- und Holzhändler verbreiteten reformatorische Gedanken und Schriften, mit denen sie auf ihren Reisen in die protestantischen Städte Augsburg, Nürnberg und Regensburg in Berührung gekommen waren. Eine bedeutende Keimzelle des Protestantismus war vor allem das benachbarte [[Dürrnberg]] im Salzburgischen.<ref name="spiegelschmidt">{{Webarchiv |url=http://www.berchtesgaden-evangelisch.de/geschichte/geschichte.php |wayback=20111121031216 |text=berchtesgaden-evangelisch.de |wayback=20111121031216}} Alfred Spiegel-Schmidt: ''Reformation und Emigration im Berchtesgadener Land.'' Text zur Emigration der Protestanten aus der Fürstpropstei Berchtesgaden.</ref> Dort trafen Berchtesgadener Bergleute aus den [[Gnotschaft]]en [[Au (Berchtesgaden)|Au]] und [[Scheffau (Marktschellenberg)|Scheffau]] auf eingewanderte Bergknappen aus dem lutherischen [[Sachsen]] und zeigten sich offen für deren religiöse Unterweisung und Angebote zur Erbauung. Die sächsischen Bergleute trafen sich zu Gebet, Gesang und Bibellesungen heimlich in der Nacht, insbesondere wenn ihnen durchreisende Prediger die Schrift auslegten.<ref name="spiegelschmidt" /> Die mehr mit Verwaltungsaufgaben beschäftigten und von privaten Interessen geleiteten Chorherren übten die Seelsorge nur in geringem Maße aus und hatten sie für die in der Fürstpropstei verstreut lebenden Einwohner an zwei Kapläne delegiert.<ref name="FeulnerProtestanten168">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' Siehe Kap. ''Die Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden.'' S.&nbsp;168–169.</ref>
 
Während im Erzbistum Salzburg bereits zu Beginn der [[Reformation]]szeit unter dem Erzbischof [[Matthäus Lang von Wellenburg|Matthäus Lang]] die Verfolgungen der Protestanten eingesetzt hatten, setzte die Fürstpropstei diesen Entwicklungen auf ihrem Herrschaftsgebiet vorerst nichts oder nur wenig entgegen.<ref name="FeulnerProtestanten168" /> Der nach „Visitationen“ des Öfteren mit Geldstrafen belegte Besitz lutherischer Schriften und die 1572 durch Fürstpropst [[Jakob II. Pütrich|Jakob Pütrich]] veranlasste erste Vertreibung von Protestanten am [[Dürrnberg]] vermochte der Ausbreitung der neuen Lehre keinen Abbruch zu tun. Sie fand zuerst in den [[Gnotschaft]]en Au, Scheffau, [[Markt Schellenberg|Schellenberg]] und [[Maria Gern (Berchtesgaden)|Gern]], etwas später auch in [[Bischofswiesen]] und vereinzelt „sogar“ in [[Schönau am Königssee|Schönau]] und [[Ramsau bei Berchtesgaden|Ramsau]] ihre Anhänger.<ref name="spiegelschmidt" /><ref name="Sternfeld131">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 2, S.&nbsp;131–132; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=inNBAAAAcAAJ|Seite=131bub_gb_inNBAAAAc |LinktextBlatt=Volltextn132}}).</ref>
 
==== Salzburgs erneuter Einverleibungsversuch ====
[[Datei:FBPB 19 Ferdinand I. von Bayern (1618–1650) 2 Kapitelsaal Kölner Dom.jpg|mini|hochkant=0.6|[[Ferdinand von Bayern (1577–1650)|Ferdinand von Bayern]] als Erzbischof von Köln]]
 
1587 machte der neu gewählte Erzbischof [[Wolf Dietrich von Raitenau]] einen neuen Versuch, dem Erzbistum Salzburg das Berchtesgadener Land samt seinen Pfründen einzuverleiben. Dazu erhöhte er erst die Salzpreise und lud dann den Fürstpropst [[Jakob II. Pütrich|Jakob Pütrich]] (1567–1594) zu „Verhandlungen“ ein. Gefangen genommen, sollte er in Dreitagesfrist darüber „nachdenken“, ob er den Preiserhöhungen zustimmt oder die Einstellung des Salztransports aus [[Markt Schellenberg|Schellenberg]] hinnimmt. Nach Unterzeichnung des abgepressten Vertrages widerrief ihn Pütrich in Berchtesgaden sofort und fand Unterstützung bei dem noch jungen Prinzen [[Ferdinand von Bayern (1577–1650)|Ferdinand von Bayern]]. Gegen den Willen eines Teils der Bevölkerung und der Kapitulare, die als neu gewonnene Anhänger des Erzbischofs bereits nach Salzburg umgesiedelt waren und später auch nicht mehr zurückkehren durften, setzte er 1591 den zwölfjährigen Ferdinand als [[Koadjutor]] durch. Als der Erzbischof mit seinen Truppen in Berchtesgaden einfiel, um es in Besitz zu nehmen, war Pütrich bereits nach München geflohen. Der Vater Ferdinands, [[Herzog]] [[Wilhelm V. (Bayern)|Wilhelm&nbsp;V.]], vertrieb 1591 die Salzburger aus dem zukünftigen Besitz seines Sohnes, denn nach dem Tode Pütrichs fiel die Fürstpropstei Berchtesgaden vereinbarungsgemäß unter dessen [[Administrator (Katholische Kirche)|Administration]].<ref name="Feulner107">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;106–108.</ref><ref name="Lori-345">''Kaiserl. Decret, in salzburgischen und berchtesgadischen Salzirrungen – Prag, den 20. November 1591''. In: [[Johann Georg von Lori]]: ''Sammlung des baierischen Bergrechts: mit einer Einleitung in die baierische Bergrechtsgeschichte.'' Franz Lorenz Richter, München 1764, S.&nbsp;345 ([https://books.google.de/books?id=OhZs8mr9wJQC&pg=PR123&lpg=PR123&dq=%22Salzirrungen%22+reichenhall+-wikipedia&source=bl&ots=Xl-4GxPMJD&sig=sQBP5BRWSGyPxzBTydy8El26tdk&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=snippet&q=%22Salzirrungen%22&f=false online über Google Books]).</ref>
 
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===== Ochsenkrieg und Dreißigjähriger Krieg =====
[[Datei:Stift und Markt Berchtesgaden-1643 (B).jpg|mini|hochkant=1.6|„Stift und Markt Berchtesgaden“ – Stich von [[Matthäus Merian]], 1643]]
 
Der Versuch des [[Erzstift Salzburg|Erzstifts Salzburg]], sich die Fürstpropstei einzuverleiben, eskalierte im [[Ochsenkrieg 1611]]. Erzbischof [[Wolf Dietrich von Raitenau]] war in Konflikt mit Bayern geraten, einerseits wegen der Erträge aus dem Bergwerk Hallein, andererseits weil [[Maximilian I. (Bayern)|Maximilian&nbsp;I.]] eine Verdoppelung der Zölle auf Salzburger Waren durchsetzen wollte. Daraufhin besetzte Wolf Dietrich in der Nacht vom siebten auf den achten Oktober 1611 Berchtesgaden. Nach einem kurzen Kriegszug Bayerns flüchtete Wolf Dietrich, wurde jedoch bald gefasst, musste abdanken und blieb bis zu seinem Tode auf der [[Festung Hohensalzburg]] inhaftiert.
 
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===== Besetzung während des Spanischen Erbfolgekriegs =====
[[Datei:Berchtesgaden, c. 1715.jpg|mini|hochkant=1|„Stift Berchtolsgaden“ und angrenzende Territorien, Auszug einer Karte von [[Johann Baptist Homann]] (c. &nbsp;1715) im Salzburger Archiv<!-- Welchem? -->]]
 
Im [[Spanischer Erbfolgekrieg|Spanischen Erbfolgekrieg]] besetzten österreichische Truppen 1704 die von [[Joseph Clemens von Bayern]] regierte Fürstpropstei. Joseph Clemens hatte sich auf die Seite seines Bruders [[Maximilian&nbsp;II. Emanuel]] gestellt, der mit Hilfe Frankreichs ein bayerisches Königreich errichten wollte. Infolge des dadurch ausgelösten [[Bayerische Diversion im Spanischen Erbfolgekrieg|Krieges]] gegen das [[Heiliges Römisches Reich|Heilige Römische Reich Deutscher Nation]] wurden beide 1706 auf dem [[Immerwährender Reichstag|Reichstag]] in Regensburg [[Reichsacht|geächtet]]. In dieser Zeit verlieh Kaiser Karl&nbsp;VI. dem „lieben andächtigen Dekan und Kapitel zu Berchtesgaden“ das Land als [[Reichslehen]]. Mit dem [[Rastatter Friede]]n von 1714 erhielten die begnadigten Kurfürsten ihre Besitzungen zurück.<ref>Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;160–163.</ref>
 
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Während der Amts- und Regierungszeit von Rehlingens als Fürstpropst wurden im Zuge der [[Gegenreformation]] drei [[Wallfahrtskirche]]n im Stil des [[Rokoko]] errichtet: 1725 im jetzigen [[Marktschellenberg]]er Ortsteil ''[[Ettenberg (Marktschellenberg)|Ettenberg]]'' die [[Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung (Ettenberg)|Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung]] und am nordöstlichen Hang des Locksteins auf der Berchtesgadener Seite die [[Hilgerkapelle]], früher auch ''Maria Dorfen'' genannt. 1731 wurde der Bau der Kirche [[Maria Himmelfahrt (Ramsau)|Maria Himmelfahrt]] (auch bekannt als ''Maria Kunterweg'') in [[Ramsau bei Berchtesgaden|Ramsau]] begonnen und unter [[Cajetan Anton Notthafft von Weißenstein]] 1733 vollendet.<ref name="Feulner176">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;176–179.</ref>
 
Nach einem Vergleich vom 8. August 1730 zwischen [[Erzstift Salzburg|Salzburg]] und Berchtesgaden über die [[Herrschertitel|Titulatur]] der beiden ''Landesstellen'' durfte sich Berchtesgaden offiziell nur noch als ''fürstlich'' und ''[[Reichsstift]]'' und nicht mehr als ''hochfürstlich'' und ''[[Hochstift]]'' bezeichnen.<ref name="Sternfeld61">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 3, S.&nbsp;61–62; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=61bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn62}}).</ref>
 
==== Gegenreformation, Vertreibungen und Emigration ====
[[Datei:CretiusEmpfang.jpg|mini|Empfang der ein Jahr vor den Berchtesgadenern vertriebenen Salzburger Protestanten in Berlin am 30. April 1732]]
 
Nachdem 1686 rund 70 Männer und Frauen um [[Joseph Schaitberger]] aus Dürrnberg vertrieben und deren Kinder auf katholische Familien verteilt worden waren, kam es ein Jahr später auch im Berchtesgadener Land verstärkt zu Hausdurchsuchungen. 1687 sahen sich allein in der ''[[Au (Berchtesgaden)|Au]]'' 156 Personen strengen Verhören ausgesetzt. Den des „falschen“ Glaubens Überführten wurden Geldstrafen auferlegt und sie mussten wieder auf das „richtige“ Glaubensbekenntnis schwören. Von einem ist bekannt, dass er wegen eines verbotenen Buches mehrere Tage bei Wasser und Brot eingesperrt, nach dem sonntäglichen Gottesdienst an den [[Pranger]] gestellt und anschließend zu einer Wallfahrt „verurteilt“ wurde.<ref name="FeulnerProtestanten168" />
 
Nach der brutalen, sehr kurzfristig anberaumten Vertreibung von etwa 21.000 Salzburger und Dürrnberger Protestanten in den Jahren 1731/32<ref name="FeulnerProtestanten168" /> bemühten sich die Berchtesgadener Protestanten um Aufnahme in ein protestantisch regiertes Land. Gestützt durch das innerhalb des [[Immerwährender Reichstag|Regensburger Reichstags]] anerkannte [[Corpus Evangelicorum]] hatten 2000 Berchtesgadener den Mut, sich öffentlich zur protestantischen Konfession zu bekennen und im September 1732 um ihre Ausreise zu bitten.<ref name="Sternfeld68">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 3, S.&nbsp;68–69; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=68bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn69}}).</ref> Ein Schreiben des Corpus Evangelicorum verschaffte ihnen zwar Gehör beim Kanzler, doch es wurden den Ausreisewilligen Bedingungen gestellt, die einem kompletten Verlust von [[Hab und Gut]] gleichkamen.<ref name="FeulnerProtestanten170">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' siehe ''Die Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden.'' S.&nbsp;170.</ref>
 
[[Datei:Cajetan Anton Notthafft von Weissenstein-Portrait.jpg|mini|hochkant=0.6|[[Cajetan Anton Notthafft von Weißenstein|Cajetan Anton Notthafft]] als [[Kapitular|Stiftskapitular]]]]
 
Damit die Protestanten nicht heimlich ausreisen konnten, wurden die Alpenpässe besetzt. Gleichzeitig wurde ihnen ein Versammlungs- und Berufsverbot auferlegt. Da forderten die derart Bedrängten freie Religionsausübung, die Umwidmung der ''[[Wallfahrtskirche Maria Gern|Kirche Maria Gern]]'' und die Anstellung eines Geistlichen ihres Bekenntnisses, was die Fürstpropstei ablehnte. Die Protestanten forderten daraufhin offen die freie Ausreise.<ref name="spiegelschmidt" /> Der gerade erst zum Fürstpropst gewählte [[Cajetan Anton Notthafft von Weißenstein]] sah sich noch vor seiner Amtseinsetzung von einem Aufstand bedroht und erließ deshalb – wie schon ein Jahr zuvor der Salzburger Erzbischof [[Leopold Anton von Firmian]] – am 26.&nbsp;Oktober 1732 ein [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)#Peuplierung und Wiederaufbau Preußens|Emigrationspatent]]. Danach mussten binnen dreier Monate – eine Frist, die jedoch aufgrund des herannahenden Winters bis in den April verlängert wurde – alle Protestanten Berchtesgaden verlassen.<ref name="spiegelschmidt" /> Gekoppelt wurde dieses Dekret an die Bezahlung von fünf Gulden für den Freikauf aus der Leibeigenschaft sowie an die Forderung, nach Ungarn zu ziehen. Letzteres sollte verhindern, dass die Holzhandwerker in ihrer neuen Heimat eine Konkurrenz bildeten. Diese Forderung wurde aber nach heftigen Protesten der Ausreisewilligen auf ein Ansiedlungsverbot in Nürnberg geändert.<ref name="FeulnerProtestanten171">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' siehe ''Die Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden.'' S.&nbsp;171–174.</ref>
 
[[Kurhannover]] und [[Preußen]] entrichteten als Einzige bereitwillig die Gebühr von fünf Gulden für die Unvermögenden unter den Protestanten und bildeten so die Schwerpunkte für deren Neuansiedelung. Ab dem 18.&nbsp;April 1733 zogen zunächst 84 Bischofswieser über Land nach Preußen. Ein Kunstdrechsler wurde von Franziskanern zurückgehalten, und die anderen Holzhandwerker mussten schwören, sich nicht in Nürnberg niederzulassen. Am 1.&nbsp;Juni 1733 in Berlin angekommen, wurden sie dort von dem [[Geheimer Rat|Geheimen Rat]] und [[Staatsdomäne|Domänen]]-Direktor von Gerold gemustert und anschließend nach [[Ostpreußen]] weitergeschickt. Am 22.&nbsp;April machten sich 800 Auer, Scheffauer und Gerer (aus [[Maria Gern (Berchtesgaden)|Maria Gern]]) über [[Hallein]] per Schiff nach Regensburg auf und von dort zu Fuß nach Kurhannover.<ref name="Sternfeld68" /> Insgesamt verließen damals mehr als 1100 von etwa 9000 Einwohnern die Fürstpropstei.<ref name="FeulnerProtestanten171" /><ref name="Helm110">[[Eugen Fischer (Historiker)|A. Helm]]: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit'', Stichwort: Geschichte des Landes, S.&nbsp;110.</ref> Ihr Besitz wurde vom Stift eingezogen und verkauft, der Erlös floss in eine so genannte ''Emigrantenkasse''.<ref name="HelmA12">[[Eugen Fischer (Historiker)|A. Helm]]: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit'', Stichwort: Auswanderung, S.&nbsp;12.</ref> Nicht wenige der Emigranten, auch [[Exulant]]en genannt,<ref name="Helm114">[[Hellmut Schöner]]: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit''. Ergänzungsband I, 1982, S.&nbsp;114.</ref> kamen in der Fremde zu Wohlstand und Vermögen. Gerade auch dank den Fertigkeiten der einstigen Schnitzer und Drechsler der [[Berchtesgadener War]], die später meist doch trotz ihres geleisteten Schwurs dahin zogen, nahm die Nürnberger Spielwarenindustrie einen großen Aufschwung.<ref name="FeulnerProtestanten13">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' sieheSiehe ''Die Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden.'' S.&nbsp;173.</ref>
 
[[Datei:Maria Kunterweg Deckengemaelde.jpg|mini|hochkant=0.6|Deckenfresko in [[Maria Himmelfahrt (Ramsau)|Maria Kunterweg]]]]
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: Auf Fürbitte der unbefleckten Jungfrau und Mutter
: ist der verderbende Irrglaube hier von dieser
: Kirche ausgetrieben worden. (1733)<ref>[http://notthafft.de/personen/cajetan-anton-notthafft_archiv.htm notthafft.de] [[Harald Stark]]: ''Auf den Spuren des Berchtesgadener Fürstpropsts Cajetan Anton Notthafft.'', ([http://notthafft.de/personen/cajetan-anton-notthafft_archiv.htm notthafft.de] Siehe Ende des vorletzten Absatzes).</ref><ref name="spiegelschmidtALT">{{Webarchiv |url=http://www.berchtesgaden-evangelisch.de/Geschichte/Vertreibung/body_vertreibung.html |wayback=20060305142321 |text=berchtesgaden-evangelisch.de |wayback=20060305142321}} Alfred Spiegel-Schmidt: ''Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden.'' Über [[Internet Archive|WayBack Machine]] erhaltener Text vom 5.&nbsp;März 2006 mit Übersetzung der Kartusche.</ref>
 
Doch nach dem Aderlass von mehr als zehn Prozent der Bevölkerung, noch dazu von „tüchtigen und charakterstarken“ Bauern und Handwerkern, verhinderte der Fürstpropst jede weitere Auswanderung.<ref name="FeulnerProtestanten174">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' siehe ''Die Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden.'' S.&nbsp;174.</ref> Bei der [[Gegenreformation]] taten sich besonders die Berchtesgadener [[Franziskaner-Reformaten]] als Re-Missionare hervor. Als die noch verbliebenen Protestanten ebenfalls ausreisen wollten, wurden erneut die Pässe gesperrt. Im Jahr 1788 hieß es dann, dass „jeder Schatten von verdächtigem Glauben“ aus dem Fürstpropsttum verschwunden sei.<ref name="spiegelschmidt" /> Doch auch die Wirtschaftskraft war stark geschwächt, die Einkünfte, insbesondere im Holzhandwerk, gingen zurück.<ref name="FeulnerProtestanten174" />
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==== Aufgelaufene Schulden und Ende der Fürstpropstei ====
Während der Amts- und Regierungszeit seines Nachfolgers [[Michael Balthasar von Christalnigg]] (1752–1768) beliefen sich die Schulden des Stifts auf 250.000 [[Gulden]]. Als er weitere 69.000 Gulden aufnehmen musste, um die laufenden Ausgaben zu bestreiten, zählten zu seinen neuen Geldgebern Klöster, Privatiers und laut [[Joseph Ernst von Koch-Sternfeld|Koch-Sternfeld]] „auch das bairische Cabinet“.<ref name="Feulner188">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;188.</ref> Umso erstaunlicher, dass Christalnigg zu den Bauten seiner beiden Vorgänger in Berchtesgaden den „[[Kalvarienberg (Berchtesgaden)|Calvarienberg]]“ und auf halber Höhe des ''Kälbersteins'' 1758 das Schloss ''Fürstenstein'' errichtete, zu dem auch eine Schlosskapelle und andere Bauten wie ein [[Meierhof]] gehörten.<ref name="Feulner182">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;182.</ref> Christalnigg soll auch trotz des Geldmangels die Stiftsbibliothek, von deren Anfängen nur wenig bekannt ist, besonders erweitert haben. Am Ende des 18.&nbsp;Jahrhunderts könnte sie etwa 10.000 Bände umfasst haben.<ref>Zur Einrichtung der Bibliothek in Annemarie Spethmann: ''Historische Kataloge der Bayerischen Staatsbibliothek München'', S.&nbsp;169 ({{Google Buch |BuchID=Al2kI4TiL9YC |Seite=169 |Hervorhebung=Brugger+Michael+Balthasar+von+Christalnigg}}).</ref> Beim Nachfolger [[Franz Anton Josef von Hausen-Gleichenstorff]] (1768–1780) wuchsen die Schulden des Stifts noch auf 300.000, die Currentschulden auf 100.000 Gulden an.<ref name="Feulner188–194">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;188–194.</ref>
Umso erstaunlicher, dass Christalnigg zu den Bauten seiner beiden Vorgänger in Berchtesgaden den „[[Kalvarienberg (Berchtesgaden)|Calvarienberg]]“ und auf halber Höhe des ''Kälbersteins'' 1758 das Schloss ''Fürstenstein'' errichtete, zu dem auch eine Schlosskapelle und andere Bauten wie ein [[Meierhof]] gehörten.<ref name="Feulner182">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;182.</ref> Christalnigg soll auch trotz des Geldmangels die Stiftsbibliothek, von deren Anfängen nur wenig bekannt ist, besonders erweitert haben. Am Ende des 18.&nbsp;Jahrhunderts könnte sie etwa 10.000 Bände umfasst haben.<ref>Zur Einrichtung der Bibliothek in Annemarie Spethmann: ''Historische Kataloge der Bayerischen Staatsbibliothek München'', S.&nbsp;169 ({{Google Buch|BuchID=Al2kI4TiL9YC|Seite=169|Hervorhebung=Brugger+Michael+Balthasar+von+Christalnigg}}).</ref> Beim Nachfolger [[Franz Anton Josef von Hausen-Gleichenstorff]] (1768–1780) wuchsen die Schulden des Stifts noch auf 300.000, die Currentschulden auf 100.000 [[Gulden]] an.<ref name="Feulner188–194">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;188–194.</ref>
 
Erst [[Joseph Konrad von Schroffenberg-Mös]] suchte die hohe Schuldenlast abzutragen und die Wirtschaftskraft der Fürstpropstei zu erhöhen. Insbesondere seine Sparsamkeit am eigenen Hofe wurde von den Einwohnern des Berchtesgadener Landes sehr geschätzt. Seine Bemühungen wurden jedoch in den Jahren 1786 und 1787 durch Überschwemmungen der Salinen [[Marktschellenberg|Schellenberg]] und ''Frauenreut'' sowie den dadurch zum Teil gänzlich zerstörten Triftanlagen und Wasserklausen wieder nahezu zunichtegemacht.<ref name="Feulner188–194" /> Trotzdem nahm er sich erfolgreich des Bildungswesens mit seinen ''Winter''- und ''[[Winkelschule]]n'' an und ließ 1792 eine erste ''Hauptschule'' bzw. ''Normalschule'' und 1793 eine Baumwoll-Spinnschule einrichten.<ref name="Schoener99">Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S.&nbsp;99.</ref> Unter ihm verbesserten sich auch die Beziehungen zu Bayern wieder. Um das Land auf wirtschaftlich gesicherte Beine zu stellen, schloss er mit Bayern am 28. April 1795 einen Vertrag, wonach Bayern gegen Zahlung von jährlich 50.000 [[Gulden]] und 200 Gulden für jeden [[Kapitular]] alle Berchtesgadener Salinen überlassen wurden.<ref name="Feulner188–194" /> Im Vorfeld maßgeblich an diesem Vertrag beteiligt war [[Joseph von Utzschneider]], der im Anschluss daran zum ersten Administrator des im [[Schloss Adelsheim]] neu eingerichteten Kurfürstlichen Hauptsalzamts Berchtesgaden ernannt wurde.<ref>{{ADB|39|420|440|Utzschneider, Josef von|Karl Maximilian von Bauernfeind|ADB:Utzschneider, Josef von}}</ref>
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[[Datei:Schlossplatz 180 Grad-Tag.jpg|mini|hochkant=1.6|Chorherren-Stift, jetzt [[Königliches Schloss Berchtesgaden]] mit [[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stiftskirche]] und Schlossplatz]]
[[Datei:Berchtesgadener Land.svg|mini|Das ''[[Berchtesgadener Land]]'' (rot) innerhalb des ''[[Landkreis Berchtesgadener Land|Landkreises Berchtesgadener Land]]'']]
 
Mit der [[Säkularisation in Bayern|Säkularisation]] und dem damit verbundenen Ende der pröpstlichen Herrschaft im Jahre 1803 war das neugegründete [[Herzogtum Salzburg|Kurfürstentum Salzburg]] Herr über das Berchtesgadener Land, nach dem [[Friede von Pressburg|Frieden von Pressburg]] 1805 das [[Kaisertum Österreich|Kaiserreich Österreich]] und 1809 für kurze Zeit [[Erstes Kaiserreich|Frankreich]] unter Napoleon. Mit der Neuordnung Europas 1810 kam es zusammen mit Salzburg zum [[Königreich Bayern]] und verblieb dort, anders als Salzburg, das 1816 wieder zu Österreich überging.<ref name="Sternfeld116-3">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke.'' Band 3, ab S.&nbsp;116&nbsp;f.; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=116bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn117}}).</ref> Mit der Einbindung in das Königreich Bayern wurde das Berchtesgadener Land nun vom neu eingerichteten [[Landgericht Berchtesgaden]] verwaltet, das ab 1811 seinen Sitz in Berchtesgaden hatte. Zugleich war es ab 1810 erst dem [[Salzachkreis]] und ab 1817 dem neu geschaffenen [[Isarkreis]] zugeordnet, der 1838 in „[[Verwaltungsgliederung Bayerns#Verwaltungsgliederung 1817 bis 1862|Oberbayern]]“ umbenannt wurde. 1862 kam es in ganz Bayern zu einer [[Verwaltungsgliederung Bayerns#Verwaltungsgliederung 1862 bis 1972|Neugliederung der Verwaltung]] und das Berchtesgadener Land mit seinen heute fünf Gemeinden fiel zusammen mit den Gemeinden des ehemaligen [[Landgericht Reichenhall|Landgerichts Reichenhall]] unter die Zuständigkeit des [[Landkreis Berchtesgaden#Bezirksamt Berchtesgaden|Bezirksamts Berchtesgaden]], das seinen Sitz im gleichen Gebäude wie das ehemalige Landgericht Berchtesgaden hatte.
 
Kirchlich ist das Gebiet heute dem [[Erzbistum München und Freising]] und der [[Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern|Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern]] zugeordnet. 1818 wurde die nunmehr ''königliches Schloss'' genannte Anlage zur Sommerresidenz der [[Wittelsbach]]er. Nach dem Ende der Monarchie in Bayern kam das Schloss zum [[Wittelsbacher Ausgleichsfonds]]. Ein Teil seiner Räume kann besichtigt werden, andere dienen noch Angehörigen der Wittelsbacher als Wohnung für Aufenthalte in Berchtesgaden. Die [[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stiftskirche]] ist als Haupt- und [[Pfarrkirche]] Teil der Pfarrei St.&nbsp;Andreas.
 
Der Begriff ''[[Berchtesgadener Land]]'' bezeichnet noch heute eine Region in den historischen Grenzen des fürstpropstlichen Kernlandes, die sich [[Kulturgeschichte|kulturgeschichtlich]] und [[soziokulturell]] u.&nbsp;a. vom benachbarten [[Chiemgau]] und innerhalb des [[Landkreis Berchtesgadener Land|Landkreises Berchtesgadener Land]] vom vormals [[Herzogtum Bayern|herzoglich bayerischen]] [[Bad Reichenhall]] und vom einst zum [[Erzstift Salzburg]] gehörenden [[Rupertiwinkel]] abgrenzt.<ref name="Kampfhammer" /><ref name="BGLTourismus1">Berchtesgadener Land Tourismus GmbH: {{Webarchiv | url=http://www.berchtesgadener-land.com/de/geschichte/ | wayback=20160713104238 | text=''Die Geschichte des Landkreises Berchtesgadener Land'' |wayback=20160713104238}}: ''„Der Landkreis ‚Berchtesgadener Land‘ bildet sowohl geschichtlich und kulturell als auch wirtschaftlich eine Einheit; alle drei Teile – das eigentliche ‚Berchtesgadener Land‘ (im engeren Sinne der ehemaligen Landesherrschaft der Fürstpropstei Berchtesgaden), die Stadt Bad Reichenhall und das Land um Laufen – standen seit dem frühen Mittelalter über die Jahrhunderte hinweg bis hin zum Anfang des 19. Jahrhunderts im Spannungsfeld zwischen dem Fürsterzbistum Salzburg und dem Herzogtum Bayern, die den Salzreichtum des Gebietes beide für sich beanspruchten.“'' – online unter ''berchtesgadener-land.com''</ref><ref>[http://www.prangerschuetzen.de/rupertiwinkel.htm www.prangerschuetzen.de]: Der Rupertiwinkel</ref> Bezogen auf diese Region ''Berchtesgadener Land'' wurden u.&nbsp;a. 1925 die ''[[Berchtesgadener Weihnachtsschützen|Vereinigten Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes]]'' und 1928 die ''Vereinigten Trachtenvereine im Berchtesgadener Land'' gegründet.<ref>[http://www.berchtesgadener-land.com/kultur/handwerk-einkaufen/trachtenvereine ''Trachtenvereine im Berchtesgadener Land''], online unter ''berchtesgadener-land.com''</ref>
 
=== Einwohnerentwicklung ===
Laut [[Joseph Ernst von Koch-Sternfeld|Koch-Sternfeld]] könnten in dem „geschlossenen Bezirk von Berchtesgaden“, also dem Kernland der Fürstpropstei, Ende des 13.&nbsp;Jahrhunderts 3500,<ref name="Sternfeld135">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke.'' Band 1. Salzburg 1815; S. iii + 135 ({{Google Buch |BuchID=gHNBAAAAcAAJ |Seite=135 |Linktext=Volltext}}).</ref> Ende des 16.&nbsp;Jahrhunderts bereits etwa 7500<ref name="Sternfeld144">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 2, S.&nbsp;144; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=inNBAAAAcAAJbub_gb_inNBAAAAc |SeiteBlatt=144|Linktext=Volltextn145}}).</ref> und kurz nach dem Ende seiner Eigenständigkeit im Jahr 1803 etwa 10.000 „Seelen“ gelebt haben.<ref name="Sternfeld83" /> Zwischenzeitlich erlebte das Berchtesgadener Land jedoch einen Einbruch seiner Einwohnerentwicklung, als im April 1733 sich mehr als 1100 von seinerzeit etwa 9000 Einwohnern im Zuge der [[Gegenreformation]] gezwungen sahen, nahezu ohne Hab und Gut die Fürstpropstei zu verlassen.<ref name="FeulnerProtestanten171" /><ref name="Helm110" />
 
== Religion ==
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{{Hauptartikel|Liste der Fürstpröpste von Berchtesgaden}}
[[Datei:Joseph Conrad von Schroffenberg.jpg|mini|hochkant=0.6|[[Fürstpropst]] [[Joseph Konrad von Schroffenberg-Mös|Joseph Konrad von Schroffenberg]], um 1790]]
 
Insgesamt gab es 50 Stifts- bzw. Fürstpröpste in Berchtesgaden, die trotz ihrer erst nach und nach steigenden Machtbefugnisse und [[Autonomie]] in historischen Standardwerken allesamt als ''Fürstpröpste'' bezeichnet werden.<ref>[[Julius von Ficker]]: ''Vom Reichsfürstenstande''. Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, Innsbruck 1861, [[s:Page:Ficker Vom Reichsfürstenstande 395.jpg|S. 367]] und, [[s:Page:Ficker Vom Reichsfürstenstande 396.jpg|S. 368]] (auf [[Wikisource]]).</ref> Die Zählung beginnt Anfang des 12.&nbsp;Jahrhunderts mit [[Eberwin (Berchtesgaden)|Eberwin]] als erstem und endet mit [[Joseph Konrad von Schroffenberg-Mös]] als letztem ''Fürstpropst'', der 1803 im Zuge der [[Säkularisation in Bayern]] abdanken musste.
 
Die ersten 16 waren „einfache“ ''[[Propst|Stiftspröpste]]''. Doch bereits [[Heinrich I. (Berchtesgaden)|Heinrich&nbsp;I.]] als dritter Stiftspropst stand unter dem Schutz von Kaiser [[Friedrich I. (HRR)|Friedrich Barbarossa]], der 1156 in einer ''Goldenen Bulle'' die Gebietsgröße des [[Stift (Kirche)|Stifts]] bestätigt und ihm die [[Forsthoheit]] sowie die Schürffreiheit auf Salz und Metall gewährt hatte. 1194 erlangte [[Wernher I. (Berchtesgaden)|Wernher&nbsp;I.]] als sechster Stiftspropst für sich und seine Nachfolger einen weiteren „enormen Machtzuwachs“. In jenem Jahr verfügte Kaiser [[Heinrich VI. (HRR)|Heinrich&nbsp;VI.]], dass den Berchtesgadener Stiftspröpsten nun auch die hohe Gerichtsbarkeit zukam, die sie durch einen [[Vogt]] ausüben lassen konnten. Als Landes- und Gerichtsherren unterstanden damit allein ihnen alle Rodungsgebiete des Stifts und deren Bauern.<ref name="Feulner_47" />
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Abgesehen von den Salzburger und Kurkölnischen Administratoren residierten alle Stiftspröpste, Reichsprälaten und Fürstpröpste bis 1803 in Berchtesgaden und wurden meist aus den eigenen Reihen des Klosterstifts gewählt.
 
17 Stifts- bzw. Fürstpröpste wurden in [[Berchtesgaden]] bestattet und von 13 dieser Grabstätten sind noch Grabmäler in Form kleinerer Bodenplatten oder überlebensgroßer [[Relief|Hochrelief]]-[[Epitaph]]e erhalten. Eines davon, das von [[Wolfgang II. Griesstätter zu Haslach]] († 14.&nbsp;14. Juli 1567), ist in der [[Franziskanerkloster Berchtesgaden|Franziskanerkirche]], alle anderen befinden sich in der [[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stiftskirche]] beziehungsweise im [[Kreuzgang]] zwischen Stiftskirche und dem vormaligen [[Königliches Schloss Berchtesgaden|Augustiner-Chorherrenstift]]. Das älteste Grabmal eines Stiftspropstes ist das von [[Hartung von Lampoting]] († 18.&nbsp;18. August 1306),<ref>''Stiftskirche Berchtesgaden.''. Historischer Kirchenführer. (=&nbsp;Christliche Kunst in Bayern, Nr. &nbsp;9). Verlag St. Peter, Salzburg 2002., S.&nbsp;38.</ref> das jüngste das des letzten Fürstpropstes Joseph Konrad von Schroffenberg-Mös († &nbsp;4.&nbsp;April 1803).<ref>Helm''Pröpste.'' In: A. Helm: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit, Stichwort: Pröpste,.'' S.&nbsp;261.</ref>
 
{{NaviBlock
|Navigationsleiste Pröpste des Klosterstifts Berchtesgaden (1101–1380)
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==== Propst und Stiftsdekan ====
Außer während der Inkorporation durch Salzburg und der [[kurköln]]ischen Administration stand der von den ansässigen Chorherren auf Lebenszeit gewählte Propst an der Spitze des Augustiner-Chorherrenstifts Berchtesgaden. Er nahm alle landesherrlichen und ihm zustehenden geistlichen Kompetenzen wahr, war jedoch auch als regierender Fürstpropst in wesentlichen Entscheidungen von der Zustimmung der Stiftskapitulare abhängig. Den Vorsitz der Chorherren hatte der [[Stiftsdechant|Stiftsdekan]], der öfters auch zum Nachfolger des Propstes gewählt wurde.<ref name="Albrecht290" />
{{Hauptartikel|Liste der Stiftsdekane von Berchtesgaden}}
 
Wollte ein Chorherr Fürstpropst oder [[Stiftsdechant|Stiftsdekan]] und damit Nachfolger eines Fürstpropstes werden, hatte er mit den anderen Chorherren eine [[Wahlkapitulation]] auszuhandeln. Am 9. August 1732 wurden beispielsweise nachfolgende „Kapitulations-Punkte“ für den künftigen Fürstpropst [[Cajetan Anton Notthafft von Weißenstein]] festgelegt: Der Propst sollte nur noch 600 [[Gulden]] „Chatoullgeld“ erhalten und alles Übrige „zum Besten des Stifts“ verwenden. Die Kandidaten mussten 16 [[Ahn]]en nachweisen können, je acht auf väterlicher und mütterlicher Seite. Jedem Kapitularen sollten 200 Gulden Taschengeld, zwei „Maxdor’s“ zum Namenstag sowie täglich ein Viertel Wein und drei Kannen Bier, dazu noch jede Woche zwei Viertel Wein zugestanden werden. Im Krankheitsfall waren ihm zu jeder Mahlzeit zwei Viertel Wein und zwei Viertel Bier zu geben, mit denen er den Krankenwärter honorieren konnte. Bei [[Aderlass|Aderlässen]] gebührten jedem drei Viertel Wein und drei Viertel Bier. Das Viertel Wein wurde mit 15 Kreuzern abgelöst. Ferner sollten die Privilegien des Kapitels aufrechterhalten werden, wie z.&nbsp;B. die Bildung des „[[Konsistorium|Consistoriums]]“, die freie Wahl des Stiftsdekans, die Aufnahme der Novizen, die Zulage von 50 Gulden für Kleidung, abwechselnd Stiftsreisen nach Wasentegernbach, Heuberg und [[Krems an der Donau|Krems]] sowie Ferien in [[St. Bartholomä (Königssee)|St.&nbsp;Bartholomä]]. Bei der Anstellung und Besoldung der Beamten mussten die Kapitularen zustimmen und an wichtigen Verwaltungsentscheidungen teilnehmen. Der Hofmarschall sollte den Kapitularen untergeordnet und den [[Domherr|Domizellaren]] übergeordnet sein.<ref name="Sternfeld66">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 3, ab S.&nbsp;66–67; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=66bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn67}}).</ref> Obwohl vom Klosterstift mehr als gut versorgt, pflegten die Kapitularen eine Lebensweise, die den Anforderungen an [[Kleriker]], insbesondere nach Ansicht von Reformprälaten wie [[Ferdinand von Bayern (1577–1650)|Ferdinand von Bayern]], nicht entsprachen.<ref name="Albrecht290" />
 
==== Ämter und Verwaltung ====
Zu den Funktionen und Ämtern innerhalb der Fürstpropstei zählten laut Koch-Sternfeld Anfang des 18.&nbsp;Jahrhunderts: Regierung, [[Rentamt Berchtesgaden|Hofmeisterei]], [[Salzamt#Salzamt im Berchtesgadener Land|Salzämter]] (Schellenberg und Frauenreut), Brauamt, Bauamt, Mautamt, Jägerei und Fischerei.
 
In den Anfängen bis ins 14.&nbsp;Jahrhundert sind Laienbrüder ([[Konverse]]n) bezeugt. Von einem weiß man, dass er 1295 sogar zum „Hallinger“ bzw. zum Leiter des bedeutenden Salzamtes in [[Marktschellenberg|Schellenberg]] ernannt worden war.<ref>Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: [http://books.google.com/books?hl=de&id=6CMFAQAAIAAJ&dq=Brugger+Griesstetter+H%C3%B6glw%C3%B6rth&q=schellenberg+1286 ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594)'']. Plenk, 1991, S. 919.</ref> Doch in der Regel waren es die Chorherren, die neben ihren geistlichen Aufgaben innerhalb des Stifts wirtschaftliche Ämter wie das [[Salzamt]] oder das Bauamt ausübten.<ref name="Albrecht290" />
 
Am 11. Juli 1715 wurde folgende verwaltungsinterne Rangordnung festgeschrieben: Kanzler, Hofmeister, Hofrat (lt. Koch-Sternfeld ein neues Amt), Kammerrat, Titularrat, Landgerichtsverwalter, Regierungssekretär, Hofschreiber, Salzbeamter zu Frauenreut, Gerichtsschreiber, Oberjäger, Registrator, zwei „Salzgegenschreiber“, „Mautner“ und zwei „Kanzellisten“.<ref name="Sternfeld50">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 3, S.&nbsp;50–52; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=50bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn51}}).</ref>
 
==== Aufnahmebedingungen für Chorherren ====
In den ersten etwa 400 Jahren gab es sieben Chorherren, ab dem 16.&nbsp;Jahrhundert war die Zahl auf 10 bis 14 gestiegen.<ref name="Albrecht290" />
 
Was die Bedingungen für ihre Aufnahme und Ausstattung als Chorherren anging, so heißt es bei Koch-Sternfeld: Nach den Statuten des Kapitels von ca. 1750 waren Vorbedingungen für die zur Berchtesgadener „Stiftmaßigkeit“ acht Ahnen sowie wissenschaftliche Bildung und „sittliche Anlagen“ vorgeschrieben. Das Mindestalter für Novizen war auf 22 Lebensjahre festgesetzt. Das [[Noviziat]] dauerte ein Jahr, in dem der Novize die Ordensregel, einen [[Quarto (Papierformat)|Quartband]], eigenhändig abzuschreiben hatte. Während des Noviziats wurden ihm „Tafel und Chorkleidung gewährt“. Vor Ablegung des Gelübdes hatte der Novize inklusive aller Unkosten und Geschenke 2500 [[Rheinischer Gulden|Rheinische Gulden]] zu hinterlegen. Von seinem übrigen Vermögen konnte er sich eine Leibrente auszahlen lassen, jedoch pro Jahr nicht mehr als 300 [[Gulden]]. Wollte der Eintretende sein Vermögen dem Stift überlassen, wurden ihm bis zu einem Betrag von 300&nbsp;Gulden sechs Prozent Zinsen gewährt. Manche Kapitulare hatten als Novizen auch „merkwürdige Kostbarkeiten“ in das Stift eingebracht. Nach dem Probejahr wurde der Novize [[Domherr|Domizellar]] mit einem Jahresgehalt von 300 Gulden und erhielt Sitz und Stimme im Kapitel. Ein „wirklicher Kapitular“ bezog 500 Gulden Jahresgehalt sowie 50 am Wahltag eines Fürstpropstes und 50 bei Eintritt eines Kandidaten. Daneben erhielt er die nicht unbeträchtlichen „Mess- und Stolgebühren“ ausgezahlt. Vernachlässigter Chorbesuch, der „ohnehin sehr erträglich vorgeschrieben“ war, verkürzte das Einkommen. Ratsstellen erhöhten Zulagen und das Wahlgeschenk um das Doppelte. Ein „Senior“ erhielt 700, der „Subsenior“ 600 Gulden Gehalt, ein „zeitlicher Dekan“ die doppelten Pfründen. Alle drei Jahre gab das Stift jedem Kapitularen einen „Kirchentalar von feinem schwarzen Zeuge“, die Kosten für die übrige Kleidung hatten sie selbst zu bestreiten. Mittags und abends saß jeder Kapitular beim Fürstpropst an der Tafel. Die Wohnung wurde unentgeltlich mit dem „Nothwendigen“ ausgestattet und ggf. repariert, und er hatte das Anrecht auf eine Ferienreise pro Jahr. Auch Brennholz und Kerzen stellte das Stift sowie die Hofpferde, jedoch „bei weiteren Fahrten ohne [[Fourage]]“. Jedem Kapitular gebührten zudem 20&nbsp;Pfund Edelfische oder ersatzweise 36 „kr. vom Pfunde“. Im Krankheitsfalle sorgte das Stift für alles. Die Kapitularen konnten „[[Testament|testiren]]“, mit einem Drittel zu Gunsten der Stiftskirche und mit zwei Dritteln für „andere milde Zwecke“, auch zu Gunsten armer Verwandter. In dem von Kapitularen und Beamten „so reichlich genossenen Berchtesgaden“, so Koch-Sternfeld weiter, kannte man ein altes Sprichwort: „Wenn jemand vom Himmel wieder auf die Erde müsste, der würde sich Berchtesgaden wählen. Es werde aber auch eine Zeit kommen, da aus Berchtesgaden kriechen möchte, wer nicht gehen könnte.“<ref name="Sternfeld79">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 3, S.&nbsp;79–80; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=79bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn80}}).</ref>
 
=== Rechte der Bevölkerung ===
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Der 1377 vom [[Propst|Stiftspropst]] [[Ulrich I. Wulp|Ulrich Wulp]] erlassene ''[[Landbrief (Stiftspropstei Berchtesgaden)|Landbrief]]'' erweiterte erstmals die Rechte der Bauern. Sie konnten ihre [[Lehnswesen|Lehen]] gegen eine „Ablösungsschuld“ erwerben, allerdings mussten sie weiterhin ihren Verpflichtungen in Form von [[Frondienst]]en nachkommen. Die Rechteerweiterung sollte die hohen Schulden des Stifts abbauen helfen und auch „den wüsten Thälern Berchtesgadens die Bevölkerung erhalten und mehren“. Die Einführung eines „Erbrechts mit mäßigen unüberschreitbaren Gebühren“ war ein Schritt, der in anderen Ländern „noch in späten Jahrhunderten vermißt“ wurde und gab laut Koch-Sternfeld der „Kultur“, d.&nbsp;h. der Entwicklung des Landes den wirksamsten Vorschub. Nachdem Ulrich in den Seitentälern die Wälder „[[Rodung|ausgereutet]]“ hatte, wurde den Bauern zwar der [[Zehnt|Zehent]], aber kein „Getreidedienst“ auferlegt – die abzuliefernden Naturalien bestanden lediglich aus Käse und Hühnern.<ref name="Sternfeld28" /> In jene Zeit fiel vermutlich auch das seitens der Stiftsherrschaft ausgewiesene und den Berchtesgadener Bürgern zur eigenen Nutzung zugestandene Gebiet einer „Untertanenwaldung“, das Jahrhunderte später kurz vor der [[Säkularisation in Bayern|Säkularisation]] als [[Berchtesgadener Bürgerwald]] „tatsächliches“ Eigentum des Marktes Berchtesgaden wurde.<ref>[[Manfred Feulner]]: ''Unser Berchtesgadener Bürgerwald''. In: Berchtesgadener Heimatkalender 2001 (erschienen 2000), Seiten 122–131</ref>
 
Eine weitere Folge des ''Landbriefs'' war die Entwicklung und Ausgestaltung der „[[Gnotschaft|Urgnotschaften]]“ ([[Genossenschaft]]en) Berg ([[Salzberg (Berchtesgaden)|Salzberg]]), [[Au (Berchtesgaden)|Au]], [[Scheffau (Marktschellenberg)|Scheffau]], [[Bischofswiesen]], [[Ramsau bei Berchtesgaden|Ramsau]], [[Schönau am Königssee|Schönau]], [[Maria Gern (Berchtesgaden)|Gern]] und [[Ettenberg (Marktschellenberg)|Ettenberg]] „an Umfang und innerm Behalte“. Laut Koch-Sternfeld deutete die Bezeichnung „Genossenschaft“ bereits auf „mildere Unterthansverhältnisse“ hin oder zeugt zumindest „von dem eigenthümlichen Gange der Kultur in Berchtesgaden“, da sich die benachbarten Gemeinden in „[[Stadtviertel|Vierteln]], [[Zeche]]n, [[Hauptmannschaft]]en oder [[Rotte (Siedlung)|Rotten]]“ teilten.<ref name="Sternfeld28">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke'', Band 2. Salzburg 1815; S.&nbsp;28–29; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=inNBAAAAcAAJbub_gb_inNBAAAAc |SeiteBlatt=28|Linktext=Volltextn29}}).</ref><ref>Koch-Sternfeld hatte in dieser Reihung fälschlicherweise auch „Kreuztrachten“ aufgeführt, was jedoch keine Gemeindegliederung oder -zuordnung, sondern eine jährliche [[Prozession]] am [[Karfreitag]] wie z.&nbsp;B. in der [[Wiedenbrücker Kreuztracht]] meint.</ref> Jeder Gnotschaft stand ein ''Gnotschafter'' vor, den die Bauern ohne Einflussnahme der Landesherren jährlich neu wählten. Deren wissenschaftlich bislang kaum untersuchtes Aufgabenfeld lag unter anderem in der Mitwirkung bei der Besprechung von Wege- und Brückenbaumaßnahmen, Bachregulierungen, Nutzung der Gemeindewälder, aber auch beim Abfassen der Steuerrollen (Untertanenverzeichnisse) für das Landgericht und in der Weiterleitung regierungsamtlicher Anordnungen. Ab dem 17.&nbsp;Jahrhundert hatten sie zudem als „Armenpfleger“ bedürftige Personen zu unterstützen. Ihre Mitwirkung bildete sich also erst nach und nach heraus – als Leibeigene blieben aber auch die Gnotschafter über die Jahrhunderte hinweg zuallererst der Regentschaft des Stifts verpflichtet. Der Historiker [[Dieter Albrecht]] vermutet, dass zwischen ''Landschaftausschuss'' und Gnotschaftern ein Zusammenhang bestand und die Bildung der Gnotschaften zumindest „das genossenschaftlich-kooperative Bewusstsein der Bauernschaft befördert“ hatte.<ref name="Albrecht293" /> Die Zahl der Gnotschaften wuchs bis zur [[Säkularisation in Bayern|Säkularisation]] im Jahr 1803 auf 34 an, die anschließend zu Gemeinden zusammengefasst wurden oder als Ortsteile erhalten blieben.<ref name="FeulnerGern" />
 
Der 1506 nach Beschwerden beim [[Reichshofrat|kaiserlichen Hofgericht]] wegen der von Propst [[Balthasar Hirschauer]] verlangten hohen Abgaben formulierte [[Fuchsbrief (Stiftspropstei Berchtesgaden)|Fuchsbrief]] wurde nach dem ''Landbrief'' von Ulrich Wulp zum landes- und steuerrechtlichen „Grundgesetz“ der Stiftspropstei. Auch wenn die Beschwerden der Bauern in allen wesentlichen Punkten abgewiesen wurden und Hirschauer sich durchsetzte, ist bemerkenswert, dass bei diesem Rechtsstreit die „Untertanenschaft“ geschlossen auftrat und der Fuchsbrief ein erster verbindlicher Vertrag in Schriftform zwischen Herrschaft und „Landschaft“ war.<ref name="Feulner7985">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;79–85.</ref> Die Berchtesgadener „Landschaft“ bildete damit eine eigenständige Kraft, die sich von anderen ''[[Landstände]]n'' „charakteristisch“ unterschied, „aber mangels Quellen nur ansatzweise beschrieben werden kann.“<ref name="Albrecht290" />
 
''Landbrief'' und ''Fuchsbrief'' bildeten gemeinsam das für die Fürstpropstei geltende ''Berchtesgadener Landrecht'', da sie „angesichts der Homogenität des Untertanenverbands in grund- und leibherrschaftlicher Hinsicht für das ganze Land verbindlich“ waren. Daneben gab es die Ende des 15.&nbsp;Jahrhunderts erlassenen ''Handwerksordnungen'', die ''Marktordnungen'' von 1567 und 1691 für Berchtesgaden und Schellenberg sowie die 1629 erstmals kodifizierten ''Polizeiordnungen'', die das Alltagsleben regeln sollten und 1667 sowie 1682 revidiert wurden. Übergeordnet waren das bayerische [[Landrecht (Mittelalter)|Landrecht]] von 1616, die Kodifikationen Mitte des 18. Jahrhunderts und damit das [[Gemeines Recht|Gemeine Recht]].<ref name="Albrecht293">Dieter Albrecht: ''Die Fürstpropstei Berchtesgaden'' in Max Spindler, Andreas Kraus (Hrsg.): ''Handbuch der bayerischen Geschichte'', S.&nbsp;293 ({{Google Buch |BuchID=qapdkLDD2vkC |Seite=293 |Hervorhebung=Albrecht+zu+Berchtesgaden}}).</ref>
 
Jährlich am „Sonntag nach Martini“ (nach dem 11. November) fanden bis zur Säkularisation im ''Leithaus'' zu Berchtesgaden die so genannten „offenen Landrechten“ statt. Zu diesen ''Landrechtstagen'' waren sämtliche Männer des Landes geladen. Der Landrichter verlas Bestimmungen des ''Landrechts'' und gab neue [[Mandat (Diplomatik)|Einzelmandate]], d.&nbsp;h. Aufträge oder Befehle der Landesherrschaft bekannt, nahm aber auch Wünsche und Beschwerden entgegen.<ref name="Albrecht293" /> Laut Feulner wurde an diesen ''Landrechtstagen'' oder „Landgerichtstagen“ auch „von alters her“ [[Rechtsprechung|Recht gesprochen]].<ref name="Feulner7985" />
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=== Wappen ===
[[Datei:Cajetan Anton Notthafft von Weissenstein-Wappen.jpg|mini|hochkant=0.5|Wappen mit Mittelschild]]
 
{{Wappenbeschreibung
|Blasonierung = Geviert von Rot und Blau. In den roten Feldern jeweils schräg gekreuzt je ein goldener und ein silberner Schlüssel, in den blauen Feldern jeweils sechs silberne, drei zu zwei zu eins gestellte heraldische Lilien.
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=== Brauchtum ===
[[Datei:Der hl. Nikolaus, das Nikoloweibl und die Buttnmandl.JPG|mini|120px|Hl. Nikolaus, Nikoloweibl und [[Buttnmandl]] am 1.&nbsp;Advent in [[Loipl (Bischofswiesen)|Loipl]]]]
 
Bereits im [[Mittelalter]], schon zu Zeiten der ''Reichsprälatur Berchtesgaden'', zogen an den drei heiligen [[Rauhnacht|Rauhnächten]] (24. und 31.&nbsp;Dezember sowie 5.&nbsp;Januar) mit Glocken behängte [[Perchten]] durch die Straßen, um böse Geister und den Winter zu vertreiben. In der [[Gegenreformation]] als unchristlicher [[Aberglaube]] abgetan, wurde dieser Brauch mit dem ''[[Einkehrbrauch]]'' des Heiligen Nikolaus zusammengelegt und seit ca. 1730 in die Adventszeit verlegt. Seitdem ziehen vor allem am 5. und 6.&nbsp;Dezember, dem [[Nikolaus von Myra|Nikolaustag]], ''Bassen''<ref>bairisch: ''Bass, Bassen'' = Gruppe, Gruppen einer bestimmten Zusammensetzung; hier [[Buttnmandllauf|Buttnmandln]] oder [[Krampus|Kramperl]] jeweils zusammen mit einem Nikolaus.</ref> von Nikolausdarstellern mit [[Buttnmandllauf|Buttnmandln]] (Strohbassen) oder [[Krampus|Kramperl]] (Fellbass) durch die Gemeinden des Berchtesgadener Landes. Daneben gibt es noch „Buttnmandlläufe“ am ersten Adventssonntag in [[Loipl (Bischofswiesen)|Loipl]], am zweiten in [[Winkl (Bischofswiesen)|Winkl]] und am 24.&nbsp;Dezember in [[Maria Gern (Berchtesgaden)|Gern]].
 
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=== Sagenwelt ===
[[Datei:Familie Watzmann.jpg|mini|hochkant=1.2|Ansichtskarte [[Watzmann]]-Massiv als Königsfamilie, ca. 1880]]
 
Die das Berchtesgadener Land einrahmenden Berge bildeten bereits zu Zeiten der Fürstpröpste den Hintergrund für zahlreiche [[Sage]]n.<ref>Eine Quelle zur Sagenwelt: ''Sagen und Legenden um das Berchtesgadener Land'' von Gisela Schinzel-Penth, Ambro Lacus Verlag, Andechs 1982, ISBN 3-921445-27-2.</ref>
 
Allen voran ist das zum Wahrzeichen gewordene [[Watzmann]]-Massiv sagenumwoben. Seine neun Gipfel werden als Königsfamilie gedeutet, die wegen ihrer Grausamkeit versteinerte. Der aus drei Gipfeln (Hocheck, Mittelspitze, Südspitze) bestehende Hauptberg ist der König, der gegenüberliegende Gipfel die Königin (Watzmannfrau); die sieben dazwischen liegenden Gipfel symbolisieren die Kinder.
 
Es gibt mindestens drei Variationen dieser Sage: Bei [[Alexander Schöppner]] wird König Watzmann als Beherrscher des „Berchtesgadener Landes“ und als dessen später Stein gewordenes Wahrzeichen hervorgehoben.<ref>[[Alexander Schöppner]]: [https://web.archive.org/web/20150123043909/http://gutenberg.spiegel.de/buch/alexander-sch-2222/259 König Watzmann]. Nacherzählung in ''Bayrische Sagen'', Erster Band. Erstveröffentlichung 1852. Neuauflage: Verlag Lothar Borowsky, München 1979, ISBN 3-7917-0896-1 Online-Text, [[Projekt Gutenberg-DE]].</ref><ref>N.N.: [https://web.archive.org/web/20150123044309/http://gutenberg.spiegel.de/buch/sagen-aus-bayern-27/128 König Watzmann]. Überlieferung. In: ''Sagen aus Deutschland''. Carl Ueberreuter, 1953Online-Text1953, [[Projekt Gutenberg-DE]].</ref> [[Ludwig Bechstein]] deutet den Herrschaftsbereich des Königs Watzmann und sein Ebenbild in Stein nur knapp an und lässt ihn sich ohne Bezug zum Berchtesgadener Land „südöstlich von Salzburg erstrecken“.<ref>[[Ludwig Bechstein]]: [https://web.archive.org/web/20140812195118/http://gutenberg.spiegel.de/buch/5877/63 König Watzmann]. Nacherzählung, Erstveröffentlichung 1852. Neuausgabe in: ''Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen''. Loewes Verlag Ferdinand Carl. Online-Text, [[Projekt Gutenberg-DE]].</ref> In einer „Überlieferung“ der „schönsten Sagen aus Österreich“ herrschte ein mächtiger König „über Salzburg und das angrenzende Bayern“. Nach seiner steinernen Verwandlung am Ende heißt es: „Die Landwirte verließen bald darauf die Gegend, die ihnen zuwider war, und zogen in das nahe Tirol.“<ref>N.N.: [https://web.archive.org/web/20150123034014/http://gutenberg.spiegel.de/buch/sagen-aus-dem-salzburger-land-53/28 König Watzmann]. Überlieferung. ISBN 3-85001-573-4 Online-Text, [[Projekt Gutenberg-DE]].</ref>
 
Der [[Untersberg]] gegenüber, der sich bis ins benachbarte [[Salzburg]] erstreckt, dient der Sage nach einem Kaiser als Behausung. Dort harrt [[Karl der Große]] oder [[Friedrich I. (HRR)|Friedrich Barbarossa]] in todesähnlichem Schlaf, um beim [[Jüngstes Gericht|Jüngsten Gericht]] oder ''wenn Unglauben und Gewalt den höchsten Grad erreichen'' mit seinem Heer für das Gute den Sieg zu erringen. In einer anderen Version heißt es, der Kaiser schlafe dort, bis sein Bart siebenmal um den Tischfuß gewachsen sei.
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=== Kunsthandwerk ===
[[Datei:Berchtesgadener-War-3.JPG|mini|120px|Einige Beispiele von [[Berchtesgadener War]]]]
 
Eine bis ins 15.&nbsp;Jahrhundert zurückreichende [[kunsthandwerk]]liche Tradition ist das [[Schnitzen]] von [[Berchtesgadener War]], die für die ''Reichsprälatur Berchtesgaden'' einen wirtschaftlichen Aufschwung bedeutete.<ref name="sueddeutsche">E. E. Fischer: [http://www.sueddeutsche.de/reise/sz-serie-iv-souvenirs-souvenirs-arschpfeifenroessl-1.241661 ''Souvenirs, Souvenirs: Arschpfeifenrössl.''] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'' vom 26. Februar 2007.</ref>
 
=== Musik ===
Die vermutlich Mitte/Ende des 18.&nbsp;Jahrhunderts komponierte ''[[Kindersinfonie]]'' (Originaltitelursprüngliche Titel: ''Berchtoldsgaden-Musik Musick'', d.i.und Berchtesgaden-Musik''Sinphonia Berchtolgadensis'') ist alsneben [[Kammermusik|Kammerkomposition]]den nochklassischen demOrchesterinstrumenten mit [[BarockmusikSpielzeuginstrument|SpätbarockKindermusikinstrumenten]] (etwaaus 1710dem bis 1750) zuzuordnen. In ihr kommen neben der üblichen [[Orchester]]besetzung sieben typische [[Spielzeuginstrument|Kinderinstrumente]]Sortiment der ''[[Berchtesgadener War]]'' zum Einsatzbesetzt. Die Urheberschaft und der Auftraggeber für dieses Werk sind unklarunbekannt – als mögliche Komponisten galten bisher [[Leopold Mozart]], dessen Schüler [[Johann Rainprechter]], [[Joseph Haydn]] oder dessen Bruder [[Michael Haydn]].<ref name="Herrmann-Schneider">Hildegard Herrmann-Schneider: [https://www.musikland-tirol.at/html/html/musikedition/komponisten/angerer/kindersinfonie/edition.html ''Zur Edition''], Institut für Tiroler Musikforschung (Innsbruck), online unter ''musikland-tirol.at''</ref> Nach neueren Erkenntnissen war jedochkommen [[Edmund Angerer]]<ref name="Herrmann-Schneider" /> oder einer der KomponistBerchtesgadener Hofmusiker und Komponisten Mathias Fembacher (1673–1748), Franz Mathias Fembacher (1709–1773) und Johann Baptist Paul Fembacher (1756–1809) als Urheber des Werkes infrage.<ref name="HS345">Hellmut Schöner (Hrsg.): ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit.'' Ergänzungsband I, 1982, S. 345</ref><ref name="schoener352">Hellmut Schöner: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit''. Ergänzungsband I, 1982, S.&nbsp;352.</ref>
 
Auf dem ''Stiftskirchenchor'' werden ca. 150 [[Manuskript|Handschriften]], [[Autograph]]e und Kopien von 60 Komponisten verwahrt, darunter Werke aus dem 16. bis 18.&nbsp;Jahrhundert von [[Anton Cajetan Adlgasser]], [[Giovanni Francesco Anerio]], [[Giovanni Battista Casali (Komponist)|Giovanni Battista Casali]], [[Anton Diabelli]], [[Joseph Haydn|Josef]] und [[Michael Haydn]], [[Antonio Lotti]], [[Wolfgang Amadeus Mozart]] und den Berchtesgadener Komponisten Franz Mathias Fembacher und Johann Baptist Fembacher.<ref name="schoener352">Hellmut Schöner: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit''. Ergänzungsband I, 1982, S.&nbsp;352.</ref>
 
=== Bauwerke ===
==== Profangebäude ====
[[Datei:Lüftlmalerei Berchtesgaden Metzgerstraße - geograph.org.uk - 8009.jpg|mini|hochkant|[[Lüftlmalerei]] am ''Hirschenhaus'' in der Metzgergasse]]
 
Die Bürgerhäuser des Berchtesgadener Landes wurden im 16. und 17.&nbsp;Jahrhundert mit [[Lüftlmalerei]] geschmückt. Noch heute sind sie im 1978 mit zahlreichen Häusern aus jener Zeit zur Fußgängerzone umgewandelten Ortskern [[Berchtesgaden]]s an einigen Fassaden erhalten. Die ''Lüftlmalerei'' am ''Hirschenhaus'' in der Metzgergasse zum Beispiel stammt aus dem Jahr 1610 und spiegelt die menschlichen Laster durch Affen wider.
 
[[Fürstpropst]] [[Jakob II. Pütrich|Jakob Pütrich]] (1567–1594) ließ das ''Gasthaus Neuhaus'' sowie die [[Meierhof|Meierhöfe]] ''Dietfeld'' und ''Rosenhof'' erbauen, der letztere war zuerst ein [[Pfannhaus]].<ref name="Feulner105a">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;105.</ref> 1574 ließ er unweit des ''Rosenhofes'' im 1.&nbsp;Gnotschaftsbezirk der [[Gnotschaft]] ''[[Salzberg (Berchtesgaden)|Berg]]'' (heute: Gnotschaft bzw. Ortsteil [[Anzenbach (Berchtesgaden)|Anzenbach]] des [[Marktgemeinde|Marktes]] Berchtesgaden) das kleine Lustschloss ''Etzerschlössl'' errichten und mit kostbarer Zirbenholzvertäfelung und kunstvollen Öfen ausstatten. Mit seinen zehn Räumen stand das ''Etzerschlössl'' den Bürgern auch zeitweise als Zufluchtsort bei Epidemiegefahr offen; es ging später an verschiedene Besitzer über. Zuletzt diente es bis zum Abriss 1960 als Kinderheim. Die zum Ensemble gehörende und wegen ihrer Baufälligkeit ebenfalls abgerissene ''Etzermühle'', am Austritt des Gerer Baches gelegen, war eines der „altromantischsten Gebäude des Landes“.<ref name="Feulner181">Manfred Feulner: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner.'' S.&nbsp;181.</ref> Die neuere Ansiedlung ''[[Am Etzerschlössl]]'' ist jetzt ein Ortsteil der Gemeinde Berchtesgaden.
 
Das 1614 am nördlichen Rand des Berchtesgadener Ortskerns von [[Stiftsdekan]] [[Degenhart Neuchinger]] erbaute [[Schloss Adelsheim]] war erst nobler Bürgerwohnsitz, ab 1795 Sitz des [[Kurfürstentum Bayern|Kurfürstlich Bayerischen]] Hauptsalzamtes und in den letzten Lebenswochen bis zu seinem Tod am 4. April 1803 Residenz des letzten [[Fürstpropst]]es [[Joseph Konrad von Schroffenberg-Mös]]. Seit 1968 befinden sich in dem Gebäude die Ausstellungsräume des 1897 gegründeten [[Heimatmuseum]]s Berchtesgaden.<ref>[{{Webarchiv |url=http://www.heimatmuseum-berchtesgaden.de/das-museum-im-ueberblick/geschichte/ heimatmuseum-berchtesgaden.de] Seite zu|wayback=20121209083212 |text=''Die Geschichte des SchlösschenSchlösschens Adelsheim''}}, online unter ''heimatmuseum-berchtesgaden.de''</ref>
 
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Gedenktafel an Fürstpropst Pütrich am Neuhaus.jpg|Gedenktafel an [[Jakob II. Pütrich|Jakob Pütrich]] am Gasthaus Neuhaus
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Fürstpropst [[Michael Balthasar von Christalnigg]] (1752–1768) ließ 1758 auf halber Höhe des ''Kälbersteins'' das Schloss „Fürstenstein“ samt Schlosskapelle und anderen Bauten, wie z.&nbsp;B. einen [[Meierhof]] errichten.<ref name="Feulner182" />
 
Sein Nachfolger Fürstpropst [[Franz Anton Josef von Hausen-Gleichenstorff]] (1768–1780) baute sich auf dem ''Sulzberg'' in der [[Gnotschaft]] [[Schönau am Königssee|Oberschönau]] ein „niedliches“ Schloss mit dem Namen „Lustheim“, in dem er den größten Teil seines Lebens verbrachte und dort am 6.&nbsp;März 1780 verstarb.<ref name="Sternfeld82">Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke''. Band 3, S.&nbsp;82–83; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJ|Seite=82bub_gb_lXNBAAAAcAAJ |LinktextBlatt=Volltextn83}}).</ref> Während der [[Zeit des Nationalsozialismus]] wurde es für eine vorgesehene andere Bebauung abgetragen. Heute befindet sich auf dem Gelände des Schlosses der vom ''Friedhofsverband Berchtesgaden'' unterhaltene ''Bergfriedhof'' für die Bürger aus Berchtesgaden, [[Bischofswiesen]] und [[Schönau am Königssee]].<ref>[http://www.gemeinde.berchtesgaden.de/pages/einrichtungen/gemeindliche-einrichtungen/friedhoefe.php ''Friedhofsverband Berchtesgaden''.], online unter ''gemeinde.berchtesgaden.de''.</ref>
 
Das 1608 errichtete „Wildmeisterhaus“ war Wohnsitz des fürstpröpstlichen Oberjägers bzw. „Wildmeisters“<ref>{{Webarchiv |url=http://www.rfo.de/mediathek/42717/Bildhauer_und_Maler_Fritz_Schelle.html |wayback=20150924090727 |text=''Bildhauer und Maler Fritz Schelle'' |wayback=20150924090727}}, Fernsehbericht für das [[Regionalfernsehen Oberbayern]] (RFO) am 27. Februar 2015<br /> Fritz Schelle lebt in vierter Generation in dem „Wildmeisterhaus“ und berichtet darüber ab Minute 4:05.</ref> und findet auch Erwähnung in [[Ludwig Ganghofer]]s Roman ''Der Mann im Salz'' (1906).
 
Das 1608 errichtete „Wildmeisterhaus“ war Wohnsitz des fürstpröpstlichen Oberjägers bzw. „Wildmeisters“<ref>{{Webarchiv |url=http://www.rfo.de/mediathek/42717/Bildhauer_und_Maler_Fritz_Schelle.html |wayback=20150924090727 |text=''Bildhauer und Maler Fritz Schelle''}}, Fernsehbericht für das [[Regionalfernsehen Oberbayern]] (RFO) am 27. Februar 2015<br />Fritz Schelle lebt in vierter Generation in dem „Wildmeisterhaus“ und berichtet darüber ab Minute 4:05.</ref> und findet auch Erwähnung in [[Ludwig Ganghofer]]s Roman ''Der Mann im Salz'' (1906).
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Schloss Fuerstenstein (Seitenansicht).JPG|Schloss Fürstenstein, Seitenansicht
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==== Sakralgebäude ====
Die um 1122 errichtete ''[[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stiftskirche St.&nbsp;Peter und Johannes der Täufer]]'' war Teil des [[Königliches Schloss Berchtesgaden|Augustinerchorherrenstifts Berchtesgaden]] und ist seit 1803 [[Pfarrkirche]] der römisch-katholischen [[Pfarrei]] St.&nbsp;Andreas.
 
Die ''[[St. Andreas (Berchtesgaden)|Pfarrkirche St.&nbsp;Andreas]]'' am Rathausplatz neben der Stiftskirche wurde von den Bürgern des Marktes Berchtesgaden im Jahr 1397 errichtet. Sie erhielt beim Umbau ab 1480 ihr heutiges Äußeres, die Barockisierung und Erweiterung ihres Innenraums erfolgte 1698–1700. Die ''Pfarrkirche St.&nbsp;Andreas'' hatte bis 1803 ihre namensgebende Funktion und ist danach unter Beibehaltung des Namenszusatzes ''Pfarrkirche'' zu einer [[Filialkirche]] der römisch-katholischen [[Pfarrei]] St.&nbsp;Andreas geworden.
 
Die ''[[Franziskanerkloster Berchtesgaden|Franziskanerkirche]]'' (eigentlich: ''Unserer lieben Frau am Anger'') am Franziskanerplatz, erbaut in den Jahren 1480 bis 1488 (nach anderer Quelle erst unter Stiftspropst [[Gregor Rainer]] 1519 fertiggestellt), war bis 1575 Teil eines Frauenstifts der [[Augustinerinnen]], deren Anlagen ab 1695 von [[Franziskaner (OFM)|Franziskanern]] als [[Kloster]] übernommen wurden.
 
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Pfarrkirche Berchtesgaden.jpg|[[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Berchtesgadener Stiftskirche]]
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Pfarrkirche- St. Sebastian (Ramsau-bei-Berchtesgaden).JPGjpg|[[St. Sebastian (Ramsau)|Pfarrkirche St. Sebastian]]
Kirchemarktschellenberg.jpg|Pfarrkirche St.&nbsp;Nikolaus
Bartholomae-2005.jpg|[[St. Bartholomä (Königssee)|St.&nbsp;Bartholomä]]
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Fürstpropst [[Michael Balthasar von Christalnigg]] (1752–1768) legte 1760 den [[Kalvarienberg (Berchtesgaden)|Kalvarienberg]] mit vier Nebenkapellen und einer Hauptkapelle an.<ref name="Feulner182" />
 
Die ''[[Wallfahrtskirche Maria Hilf (Loipl)|Wallfahrtskirche Maria Hilf]]'' im [[Bischofswiesen]]er [[Gnotschaft]]sbezirk [[Loipl (Bischofswiesen)|Loipl]] wurde vermutlich 1798/99 von Loipler Bauern als [[Kapelle (Kirchenbau)|Kapelle]] gebaut. [[Kirchweihe|Eingeweiht]] („benediziert“) wurde sie laut Brugger im Jahr 1800 von Reichsstift-Kapitular Franz Xaver Graf von Berchem.<ref>Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: [http://books.google.com/books?ei=OzqfToeaIufg4QTh9tzICQ&ct=result&hl=de&id=YCUFAQAAIAAJ&dq=Loipl+Wallfahrtskirche+Maria+Hilf&q=Loipl ''Geschichte von Berchtesgaden: Stift, Markt, Land, Band 2'']. Plenk, Berchtesgaden 2002, S.&nbsp;1153, 1266, 1267.</ref> Dank eines [[Ablass]]es („Awers“) entwickelte sie sich 1805 zu einer Wallfahrtskirche, die im gesamten 19. und 20.&nbsp;Jahrhundert viele Pilger anzog.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.erzbistum-muenchen.de/Pfarrei/Page004559.aspx |wayback=20160414174145 |text=erzbistum-muenchen.de |wayback=20160414174145}} Seite des Pfarrverbandes Bischofswiesen zu ''Wallfahrtskirche Maria Hilf''</ref>
 
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=== Feste ===
[[Datei:Figuren beim Salzbergwerk - geograph.org.uk - 7980.jpg|mini|hochkant=0.6|Bergknappen im Festgewand, Figuren beim Salzbergwerk]]
 
Das ''Bergfest'' bzw. der ''Bergknappenjahrtag'' wird seit dem mit Privilegien verbundenen Freiheitsbrief der Knappen[[zunft]] des [[Salzbergwerk Berchtesgaden|Salzbergwerks Berchtesgaden]] gefeiert, bis 1627 nur als Lob- und Dankgottesdienst in der [[Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer (Berchtesgaden)|Stiftskirche]], nach der Verleihung einer Fahne im Jahr 1628 auch durch einen Umzug mit Trommlern und Pfeifern im Ort. Noch heute marschieren zu [[Pfingsten]] nach dem Gottesdienst die [[Knappe (Bergbau)|Bergknappen]] im Festzug durch die Straßen des Marktes.<ref>Hellmut Schöner (Hrsg.): ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit – Ergänzungsband I'', S.&nbsp;452–453.</ref>
 
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[[Datei:Anbetung der Könige Berchtesgaden um 1800 1 BNM.jpg|mini|hochkant=0.6|Holzschnitzkunst, Berchtesgaden um 1800]]
 
Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts wurden den Berchtesgadener [[Untertan]]en lediglich [[Lehen]] zugestanden, die sie als ''Leibgeding'' nutzen durften. Das änderte sich erst 1377 mit dem von [[Propst|Stiftspropst]] [[Ulrich I. Wulp|Ulrich&nbsp;I.]] erlassenen ''[[Landbrief (Stiftspropstei Berchtesgaden)|Landbrief]]''. Unter der Bedingung, dass sie als nach wie vor [[Leibeigenschaft|Leibeigene]] weiterhin ihren Lehensverpflichtungen nachkamen, konnten sie nun ihre Lehen gegen eine „Ablösungsschuld“ erwerben und auch Teile davon verkaufen. Das führte in der Folgezeit nicht selten zu Unterbenennungen der Anwesen in Ober-, Mitter- und Unterlehen. Reichten jedoch zuvor schon die ungeteilten Landgüter kaum zum Lebensunterhalt einer Familie aus, galt das für die zerstückelten erst recht. Die hohen Niederschläge und vielen Steilhänge erlaubten den kleinen bäuerlichen Betrieben in Berchtesgaden lediglich die Wiesen- und Weidewirtschaft zur Rinderhaltung – insbesondere von trittsicheren, aber kleinen ''[[Berchtesgadener Katze]]n'' – für die Milcherzeugung und Jungviehaufzucht. Da ihnenden Lehnbauern ein Verlassen der Fürstpropstei untersagt war, mussten die Lehnbauernsie nach einem Nebenverdienst Ausschau halten. Das [[Salzbergwerk Berchtesgaden|Salzbergwerk]], die Saline in Marktschellenberg, die [[Forst]]en und die kleinen Handwerksbetriebe konnten aber nicht so viele beschäftigen, deshalb verlegten sie sich immer mehr auf das Holzhandwerk.
 
Die in [[Heimarbeit]] hergestellte [[Berchtesgadener War]] bildete im Lauf der nächsten Jahrzehnte eine sichere zusätzliche Einnahmequelle. Das Holzspielzeug nach dem Vorbild [[Ammergau]]s gelangte über ''[[Zweigniederlassung|Niederlassungen]]'' in [[Antwerpen]], [[Cádiz]], [[Genua]], [[Venedig]] und [[Nürnberg]] in „die fernsten Theile der handelnden Welt“. Und es besteht „kein Zweifel“, dass zwischen 1492 und 1498 [[Christoph Kolumbus|Kolumbus]], [[Amerigo Vespucci]] und [[Vasco da Gama]] solches Spielzeug nach [[Westindische Inseln|West-]] und [[Malaiischer Archipel|Ostindien]] brachten.<ref name="Sternfeld143" /> Ab dem 17. Jahrhundert sank die Nachfrage jedoch, was u.&nbsp;a. an der „konservativen Machart“ der grob geschnitzten Berchtesgadener Waren lag, bei denen keine Verbesserungen und Erneuerungen angestrebt wurden. Die Emigration der protestantischen [[Exulant]]en beziehungsweise ihre Vertreibung aus dem Gebiet der Fürstpropstei in den Jahren 1732/33 betraf viele begabte Schnitzer und Drechsler des Holzkunsthandwerks.<ref name="FeulnerProtestanten174" /> 1783 untersagte ein kaiserlicher Erlass die Einfuhr nach Österreich und im 19.&nbsp;Jahrhundert unterband der bayerische Staat den bis dahin verbilligten Holzbezug.<ref>[[Eugen Fischer (Historiker)|A. Helm]]: ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit'', Stichwort: Geschichte des Landes, S.&nbsp;145, 147.</ref>
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== Historische Karten ==
* 1579: [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b72000983/f16.item.zoom ''Chorographia Bavariae ad illustriss et seneness principem&nbsp;…'' (lateinisch)], Berchtesgaden (Schreibweise auf Karte: „Berchtolsgaden“''Berchtolsgaden'') auf zoombarer Karte unten rechts zwischen Maßstab und Bavaria zu finden, Petrus Weinerus, 1579, Signatur: ark:/12148/btv1b72000983, Bibliothèque nationale de France, online unter ''gallica.bnf.fr''.
* 1644: [[Matthäus Merian]]: [http://biblio.unibe.ch/web-apps/maps/lightbox.php?col=ryh&pic=Ryh_4706_28&col=ryh&locale=de ''Taffel des Stiffts Berchtersgaden''<!--Schreibfehler = korrektes Zitat aus der Karte selbst!--> (Klosterstift bzw. Fürstpropstei Berchtesgaden)], zoombare Karte: Kupferdruck 28 × 34&nbsp;cm, [[Kartenausrichtung]] ''South up'' (Süden oben). Titelschreibung siehe Wappen unten rechts. Merian, Frankfurt a.&nbsp;M. (erstmals) 1644, In: Reihe Archiepiscopatus Salisburgensis, Falz 28, Topographia Bavariae, Standort: [[Zentralbibliothek Bern|Bern UB Speichermagazin]]. Sektor E4 | Signatur: MUE Ryh 4706 : 28, online unter ''biblio.unibe.ch''.
* 1706: [httphttps://geschichtewww.digitale-sammlungen.de/habde/kapitelview/bsb00007650_chapter_17bsb00007650?q=&page=46, Fürstpropstei Berchtesgaden – Stand von 1706] (skalierbar), in: [[Dieter Albrecht]]: [http://geschichte.digitale-sammlungen.de/hab/band/bsb00007650 ''Fürstpropstei Berchtesgaden. Text und Karte''] in [[Historischer Atlas von Bayern]]. Teil Altbayern Heft 7, Laßleben, Kallmünz 1954. Seite i.
* 1789: Thomas Höckmann: [http://www.hoeckmann.de/deutschland/bayern.htm Historische Karte von Bayern 1789] (inkl. Fürstpropstei), erstellt 2005, online unter ''hoeckmann.de''
 
== Literatur ==
* [[Dieter Albrecht]]: [http://geschichte.digitale-sammlungen.de/hab/band/bsb00007650 ''Fürstpropstei Berchtesgaden. Text und Karte''] in [[Historischer Atlas von Bayern]]. Teil Altbayern Heft 7, Laßleben, Kallmünz 1954.
* Dieter Albrecht: ''Die Fürstpropstei Berchtesgaden.'' In: Max Spindler (Hrsg.): ''Handbuch der bayerischen Geschichte.'' Neu herausgegeben von Andreas Kraus. 3. Auflage. Band 3, 3. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39453-1, S.&nbsp;286–301 ({{Google Buch |BuchID=qapdkLDD2vkC |Seite=286}}).
* [[Walter Brugger (Theologe)|Walter Brugger]] u.&nbsp;a.: ''Kunst und Kultur der Fürstpropstei Berchtesgaden.'' Katholisches Pfarramt, Berchtesgaden 1988, (Diözesanmuseum Freising: ''Kataloge und Schriften'' 8), (Ausstellung in der Pfarrkirche St. Andreas in Berchtesgaden, 7. Mai bis 2. Oktober 1988).
* Walter Brugger, [[Heinz Dopsch]], Peter F. Kramml: ''Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594)''. Plenk, Berchtesgaden 1991.
* [[Manfred Feulner]]: ''Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner''. Verlag [[Berchtesgadener Anzeiger]], Berchtesgaden 1985, ISBN 3-925647-00-7.
* [[Eugen Fischer (Historiker)|A. Helm]], [[Hellmut Schöner]] (Hrsg.): ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit''. Reprint von 1929. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1973.
* [[Joseph Ernst von Koch-Sternfeld]]: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke.'' Band 1. In Kommission der Mayer’schen Buchhandlung, Salzburg 1815 ({{Google Buch |BuchID=gHNBAAAAcAAJ |Seite=1 |Linktext=Volltext |Hervorhebung=Erstes Buch}}).
* Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke.'' Band 2. Joseph Lindauer, Salzburg 1815; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=inNBAAAAcAAJbub_gb_inNBAAAAc |SeiteBlatt=1|Linktext=Volltext|Hervorhebung=Zweytes Buchn2}}).
* Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: ''Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke.'' Band 3. Joseph Lindauer, Salzburg 1815; ({{Googlearchive.org Buch|BuchID=lXNBAAAAcAAJbub_gb_lXNBAAAAcAAJ |SeiteBlatt=1|Linktext=Volltext|Hervorhebung=Drittes Buchn2}}).
* Anton Linsenmayer: ''Die protestantische Bewegung in der Fürstpropstei Berchtesgaden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts.'' In: ''Historisches Jahrbuch.'' 22, 1901, {{ISSN|0018-2621}}, S.&nbsp;37–84.
* [[Franz Martin]]: ''Berchtesgaden. Die Fürstpropstei der regulierten Chorherren 1102–1803.'' Filser, Augsburg 1923, (''[[Germania sacra]].'' Ser. B 1 c).
* [[Hellmut Schöner]] (Hrsg.): ''Berchtesgaden im Wandel der Zeit – Ergänzungsband I.''. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1982, ISBN 3-87490-528-4.
 
== Weblinks ==
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<references />
 
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[[Kategorie:Fürstpropstei Berchtesgaden| ]]