„Drosophila melanogaster“ – Versionsunterschied

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<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. -->
{{Taxobox
| Taxon_Name = Schwarzbäuchige Taufliege
| Taxon_WissName = Drosophila melanogaster
| Taxon_Rang = Art
Zeile 19:
| Taxon6_WissName = Insecta
| Taxon6_Rang = Klasse
| Bild = Taufliege (Drosophila melanogaster) -20200607-RM-210232 side (aka).jpg
| Bildbeschreibung = ''Drosophila melanogaster'' (WeibchenMännchen)
}}
'''''Drosophila melanogaster''''' (von {{grcS|δρόσος|drososdrósos}} „Tau“, {{lang|grc|φίλος|philosphílos}} „liebend“, {{lang|grc|μέλας|melasmélas}} „schwarz“ und {{lang|grc|γαστήρ|gastergastḗr}} „Bauch“) ist eine von über 3000&nbsp;Arten aus der Familie der [[Taufliegen]] (Drosophilidae).
Sie ist einer der am besten untersuchten [[Lebewesen|Organismen]] der Welt. Die recht ungebräuchlichen deutschen Bezeichnungen ''Schwarzbäuchige Fruchtfliege'' oder ''Schwarzbäuchige Taufliege'' für dieses Tier sind relativ neu und tauchen in der deutschsprachigen Literatur erst nach 1960 auf. Als „Fruchtfliegen“ wurden im fachlichen deutschen Sprachgebrauch ursprünglich nicht die Vertreter der Familie der [[Taufliegen|Drosophilidae]], sondern nur der [[Bohrfliegen|Tephritidae]] bezeichnet.<ref>Stefan von Kéler: ''Entomologisches Wörterbuch''. Akademie-Verlag, Berlin 1963.</ref>
 
''Drosophila melanogaster'' (synonym unter anderem mit ''Drosophila ampelophila Loew''<ref>EPPO Global Database: [https://gd.eppo.int/taxon/DROSME Drosophila melanogaster(DROSME).]</ref>) wurde erstmals 1830 von [[Johann Wilhelm Meigen]] beschrieben. Als geeigneten Versuchsorganismus[[Modellorganismus]] nutzte sie 1901 zuerst der Zoologe und Vererbungsforscher [[William Ernest Castle]]. Er untersuchte an ''D.-melanogaster''-Stämmen die Wirkung von [[Inzucht]] über zahlreiche Generationen und die nach Kreuzung von Inzuchtlinien auftretenden Effekte. 1910 begann [[Thomas Hunt Morgan]] ebenfalls, die Fliegen im Labor zu züchten und systematisch zu untersuchen. Seitdem haben viele andere [[Genetik]]er an diesem [[Modellorganismus]] wesentliche Erkenntnisse zur Anordnung der [[Gen]]e in den [[Chromosom]]en des [[Genom]]s dieser [[Fliegen|Fliege]] gewonnen.
 
== Beschreibung ==
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== Phylogenie: Drosophila oder Sophophora? ==
Die Gattung ''Drosophila'' im klassischen Sinn umfasst 1450 valide Arten und ist das artenreichste Taxon der Drosophilidae. Neuere Arbeiten, die auf Phylogenomik (Untersuchung von Verwandtschaftsverhältnissen durch den Vergleich von [[Homologie (Genetik)|homologen]] DNA-Sequenzen), aber auch auf Morphologie, zum Beispiel der männlichen Genitalarmatur, aufbauen, haben gezeigt, dass die konventionelle Gattung ''Drosophila'' [[paraphyletisch]] ist.<ref>Kim van der Linde, David Houle, Greg S. Spicer, Scott J. Steppan: ''A supermatrix-based molecular phylogeny of the family Drosophilidae.'' In: ''Genetic Research.'' Band 92, 2010, S. 25–38. [[doi:10.1017/S001667231000008X]]</ref><ref>Amir Yassin: ''Phylogenetic classification of the Drosophilidae Rondani (Diptera): the role of morphology in the postgenomic era.'' In: ''Systematic Entomology.'' Band 38, 2013, S. 349–364. [[doi:10.1111/j.1365-3113.2012.00665.x]] (open access)</ref> Das bedeutet: Einige Arten, die bisher in mindestens acht, wahrscheinlich aber eher fünfzehn anderen Gattungen geführt werden, sind näher mit bestimmten Artengruppen innerhalb von ''Drosophila'' verwandt, als diese es untereinander sind. Die Untergattung ''Sophophora'' [[Alfred Sturtevant|Sturtevant]], 1939 steht dabei relativ basal, das heißt, spaltet sich früh von dem verbleibenden Artenkomplex ab (sie ist allerdings selbst ebenfalls paraphyletisch.).<ref>Jian-jun Gao, Yao-guang Hub, Masanori J. Toda, Toru Katoh, Koichiro Tamura: ''Phylogenetic relationships between Sophophora and Lordiphosa, with proposition of a hypothesis on the vicariant divergences of tropical lineages between the Old and New Worlds in the family Drosophilidae.'' In: ''Molecular Phylogenetics and Evolution.'' Band 60, 2011, S. 98–107. [[doi:10.1016/j.ympev.2011.04.012]]</ref>
 
Die normale Vorgehensweise in einem solchen Fall wäre, die Großgattung ''Drosophila'' aufzuspalten und die (Altwelt-Klade der) Untergattung ''Sophophora'' in den Gattungsrang zu erheben, was zu der Umkombination ''Sophophora melanogaster'' für unsere Art führen würde. Dies wäre für Fliegentaxonomen mehr oder weniger Alltag. Es hätte aber gravierende Auswirkungen auf die in diesem Fall extrem bedeutsame angewandte Forschung an der Art, wo sogar oft nur abgekürzt von ''Drosophila'' geredet wird. Die eingeschachtelten Gattungen einfach in ''Drosophila'' als Supergattung aufgehen zu lassen, hätte ebenfalls unerwünschte Konsequenzen: So hießen dann vier verschiedene Arten ''Drosophila serrata'' und vier andere ''Drosophila carinata''.<ref>Amir Yassin: ''A fly by any other name.'' In: ''New Scientist.'' June 2010, S. 24–25.</ref> Kim van der Linde versuchte, ''Drosophila melanogaster'' nachträglich zur [[Typusart]] der Gattung erklären zu lassen,<ref>Kim van der Linde: ''Case 3407: Drosophila Fallén, 1832 (Insecta, Diptera): proposed conservation of usage.'' In: ''Bulletin of Zoological Nomenclature.'' Band 64, Nr. 4, 2007, S. 238–242.</ref> was von der [[International Commission on Zoological Nomenclature|ICZN]] abgelehnt wurde.<ref>''Opinion 2245 (Case 3407) Drosophila Fallén, 1823 (Insecta, Diptera): Drosophila funebris Fabricius, 1787 is maintained as the type species.'' In: ''Bulletin of Zoological Nomenclature.'' Band 67, Nr. 1, S. 106–115.</ref> Andere schlugen vor, von den Regeln der [[Kladistik]] abzuweichen und paraphyletische Gattungen wieder zuzulassen.<ref>Jaroslav Flegr: ''Why Drosophila is not Drosophila any more, why it will be worse and what can be done about it?'' In: ''Zootaxa.'' Band 3741, Nr. 2, 2013, S. 295–300.</ref> Die formale Revision der Gattung ''Drosophila'' ist bisher, und zwar ausschließlich aus diesem Grund, unterblieben, so dass ''Drosophila melanogaster'' weiterhin der taxonomisch valide Name der Art ist, weil bisher kein Taxonom bereit war, die Konsequenzen der Umbenennung zu verantworten.
 
== Entwicklung ==
Die Weibchen legen insgesamt etwa 400&nbsp;weißlich-gelbliche, von einem [[Chorion]] und einer [[Vitellinmembran]] umhüllte [[Ei]]er, die etwa einen halben Millimeter groß sind, auf Obst und verfaulendem, gärendem organischen Material ab. Ihre Vorliebe für Zitrusduft schützt Taufliegen vor Parasiten.<ref>A. Overmeyer: [http://www.ice.mpg.de/ext/1052.html ''Vorliebe für Orangen schützt Fruchtfliegen vor Parasiten.''] MPI Pressemitteilung.<br />Hany KM Dweck u. a.: ''Olfactory Preference for Egg Laying on 'Citrus' Substrates in 'Drosophila'.'' In: ''Current Biology.'' 2013.</ref> Die Dauer der Entwicklungszeit hängt von der Umgebungstemperatur ab. Bei einer Temperatur von 25&nbsp;°C schlüpft aus jedem Ei nach etwa 22&nbsp;Stunden als [[Larve]] eine [[Made]], die sich sofort auf die Suche nach Futter macht. Die Nahrung besteht in erster Linie aus den Mikroorganismen, die das Obst zersetzen, wie zum Beispiel [[Hefen]] und [[Bakterien]], und erst in zweiter Linie aus dem zuckerhaltigen Obst selbst. Nach etwa 24&nbsp;Stunden häutet sich die Larve, die ständig wächst, zum ersten Mal und erreicht das zweite Larvenstadium. Nach dem Durchlaufen von drei Larvenstadien und einem viertägigen Puppenstadium schlüpft bei 25&nbsp;°C nach insgesamt neun Tagen Entwicklungszeit das flugfähige Insekt, das dann innerhalb von etwa 12 Stunden geschlechtsreif istwird.<ref>[http://www.ceolas.org/fly/intro.html ''Introduction to Drosophila'']</ref>
 
=== Embryonalentwicklung ===
[[Datei:Fruit flies mating.jpg|mini|Kopulierende Taufliegen]]
Nach der Befruchtung des ''D. melanogaster''-Eies und der Verschmelzung der [[Zellkern]]e erfolgen mehrere schnell aufeinander folgende synchrone Kernteilungen ([[Mitose]]n), bei denen eine Abgrenzung durch [[Zellmembran]]en unterbleibt. So entsteht ein Embryo, der aus einer Zelle mit vielen Zellkernen besteht, die nicht durch Membranen abgegrenzt werden. Dieser Zustand wird als [[Synzytium|synzytiales]] [[Blastoderm]] beziehungsweise als [[Energide|polyenergid]] bezeichnet. Bereits nach der siebten Kernteilung wandern die meisten Kerne an die Peripherie des Embryos, also unter die äußere Zellmembran. Zwischen der achten und neunten Kernteilung werden acht bis zehn Zellkerne in das [[posterior]]e Polplasma eingeschlossen und beginnen sich daraufhin unabhängig von den anderen Kernen zu teilen. Aus diesen so genannten [[Polzelle]]n entwickeln sich die [[Keimzelle]]n.
 
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[[Datei:Larve ZNS.PNG|mini|Immunfärbung chaGAL4. Zu erkennen sind die zwei Gehirnloben und das ventrale Ganglion der sich entwickelnden ''D. melanogaster'' Larve.]]
 
Das zentrale Nervensystem der ''D. melanogaster'' Larve ist aus den zwei Gehirnloben und dem ventralen [[Ganglion (Nervensystem)|Ganglion]] aufgebaut, welches das Bauchmark darstellt.<ref name="a">{{Literatur |Autor=[[Milislav Demerec|M. Demerec]] |Titel=Biology of Drosophila |Verlag=Hafner Publishing |Ort=New York / London |Datum=1965 |ISBN=0-02-843870-1}}</ref> Die zwei Gehirnloben sind ventral miteinander verbunden. Die Fusionsstelle der beiden wird durch den [[Oesophagus]] durchstoßen, welcher dorsal über dem Ventralganglion verläuft. Das Fenster, durch das der Oesophagus läuft, wird Foramen genannt.<ref name="a" />
 
==== Zentrales Nervensystem ====
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==== Ventralganglion ====
Das Ventralganglion befindet sich im dritten [[Thorax (Gliederfüßer)|Thorax]]<nowiki />segment und reicht bis hin zum ersten Abdominalsegment der Larve.<ref name="a" /> Das Ventralganglion besteht aus drei suboesophagialen Neuromeren, drei thorakalen Neuromeren (Pro-, Meso- und Metathorakalneuromeren) und acht abdominalen Neuromeren, die miteinander zu einem Ganglion fusioniert sind. Der strukturelle Aufbau des Nervensystems in der frühen Embryonalentwicklung von ''D. melanogaster'' ähnelt dem einer Strickleiter. In der späten Embryonalentwicklung kommt es zu einer Fusion der abdominalen und thorakalen Neuromeren. Einzelne Ganglien sind nach der Fusion nicht mehr zu erkennen. Aus den acht abdominalen Neuromeren geht je ein paariger Segmentalnerv ab, welcher die entsprechenden Segmente innerviert. Der Segmentalnerv leitet sensorische Informationen auf den afferenten Bahnen von der Peripherie ins zentrale Nervensystem. Zudem leitet der Segmentalnerv motorische Informationen auf [[efferent]]en Bahnen vom zentralen Nervensystem in die Peripherie.<ref>{{Literatur |Autor=Voker Hartenstein |Titel=Atlas of Drosophila Development |Verlag=Cold Spring Harbor Laboratory Press |Ort=Cold Spring Harbor / New York |Datum=1993 |ISBN=978-0-87969-472-2}}</ref>
 
=== Adultes Stadium ===
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=== Funktion des optischen Systems ===
Die Funktion des [[Visuelles System|visuellen Systems]] bei ''D. melanogaster'' ist die Wahrnehmung und Verarbeitung visueller Information, sowie die Unterscheidung von Lichtverhältnissen bei Tag und Nacht. ''D. melanogaster'' kann sehr schnell fliegen. Deshalb muss das visuelle System eine sehr hohe zeitliche Auflösung, sowie eine gut organisierte Weiterleitung der Information leisten. Außerdem kann die Fliege auf mögliche Gefahrenquellen rechtzeitig reagieren und so ihr Überleben sichern. Das [[Zeitliches Auflösungsvermögen|zeitliche Auflösungsvermögen]] liegt bei 265 Bildern pro Sekunde.
 
Die Fliege kann verschiedene Gegenstände anhand von unterschiedlichen Lichtspektren und Lichtintensitäten unterscheiden. Das spektrale Wahrnehmungsvermögen des Auges liegt zwischen 300 und 650&nbsp;nm. Die 8 verschiedenen [[Photorezeptor]]en unterscheiden sich in den Absorptionsmaxima ihrer Photopigmente, den [[Rhodopsin]]en.
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Am dorsalen Rand des Auges exprimieren R7 und R8 Rhodopsin 3, das ultraviolettes Licht absorbiert. Dieser Bereich der [[Retina]] dient der [[Sensor|Detektion]] des e-Vektors von polarisiertem Licht. Mit Hilfe des e-Vektors können die Fliegen sich an der Sonne orientieren. Im restlichen Teil der Retina befinden sich zwei Typen von Ommatidien, „pale (p)“ und „yellow (y)“. In der p-Typ Ommatide exprimiert R7 Rh3 und R8 blau-sensitives Rh5. Im y-Typ exprimiert R7 Rh4, das langwelliges UV-Licht absorbiert, und R8 das grün-sensitive Rh6.<ref>{{Literatur |Autor=Satako Yamaguchi, Claude Desplan, Martin Heisenberg |Titel=Contribution of photoreceptor subtypes to spectral wavelength preference in Drosophila |Sammelwerk=[[PNAS]] |Datum=2008 |DOI=10.1073/pnas.0809398107}}</ref>
 
Lange wurde angenommen, dass die Photorezeptoren 1-6 ausschließlich für das Bewegungssehen und die Rezeptoren 7 und 8 für das Farbensehen zuständig sind. Fliegen, bei denen die Photorezeptoren 1-6 ausgeschaltet werden, zeigen eine geringe Reaktion in Bezug auf die Bewegung. Jedoch sind alle Photorezeptoren 1-8 am Bewegungssehen beteiligt.<ref>{{Literatur |Autor=Trevor J. Wardill, Olivier List, Xiaofeng Li, Siedhartha Dongre, Marie McCulloch, Chun-Yuan Ting, Cahir J. O´KaneO’Kane, Shiming Tang, Chi-Hon Lee, Roger C. Hardie, Mikko Juusola |Titel=Multiple Spectral Inputs Improve Motion Discrimination in the Drosophila Visual System |Sammelwerk=Science |Datum=2012 |DOI=10.1126/science.1215317}}</ref>
Im frühen Larvenstadium ist das wichtigste Ziel der Larve das Fressen. Aus diesem Grund bleiben die Fresslarven innerhalb des Futters und weisen negative [[Phototaxis]] auf. Erst kurz vor der [[Metamorphose (Zoologie)|Metamorphose]] zeigen sie positive Phototaxis, die Wanderlarve verlässt die Nahrungsquelle, um sich außerhalb einen Platz zum Verpuppen zu suchen.
 
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=== Lokalisation und Aufbau ===
[[Datei:Montage groß.jpg|mini|Larvengehirn; links: exprimiertes PDF in den Hemisphären von ''D. melanogaster''. Rechts: exprimiertes PDF in den LN]]
Bei ''D. melanogaster'' liegt die zentrale Uhr im Gehirn und besteht aus zwei lateralen und einer dorsalen Neuronengruppe pro Hemisphäre. Diese Neuronengruppen sind Teil des Protocerebrums. Die erste laterale Neuronengruppe (LN) besteht aus 5-8 dorsal liegenden Neuronen (LNd), die zweite Gruppe liegt ventral (LNv) und wird weiter unterteilt in 4-6 große LNv (l-LNv) und fünf kleine LNv (s-LNv). Die dritte Gruppe bilden die im Gehirn dorsal liegenden Neuronen (DN). Die dorsale Gruppe wird nach der Morphologie und Lokalisation der einzelnen Neuronen weiter unterteilt in etwa 15 DN1 und 2 DN2, die mittelgroß sind und posterior im dorsalen superioren Gehirn liegen. Etwa 40 kleine DN3 Zellen liegen lateral im dorsalen Gehirn. In der Larve findet man vier PDF-exprimierende (siehe Äußere Regulation / circadiane Kontrolle von Verhalten) laterale Neuronen in jeder Hemisphäre (siehe Abb.1), die im adulten Tier den s-LNv entsprechen. Die l-LNv, LNd und DN entstehen während der Metamorphose.
Bis auf die l-LNv projizieren alle Neuronengruppen ins dorsale Protocerebrum. Außerdem senden s-LNv, l-LNv, DN1 und DN3 Projektionen an die akzessorische Medulla. Die l-LNv verbinden die beiden akzessorischen Medullae miteinander über den posterioren optischen Trakt.
Ein Ziel der Output-Bahnen der inneren Uhr könnten der Pilzkörper und der Zentralkomplex darstellen. Der Pilzkörper steht vermutlich unter rhythmischer Kontrolle der s-LNv Zellen, die einen circadianen Einfluss auf das Lernen und Gedächtnis haben könnten. Durch die LNd Zellen wird eine Innervation des Zentralkomplexes vermutet, der möglicherweise eine Umschaltstation für circadiane Signale bildet.
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=== Circadiane Kontrolle von Verhalten ===
Das Circadiane System kontrolliert unter anderem das Bewegungsverhalten, das im Tagesverlauf zwei Aktivitätshöhepunkte aufweist<ref name="e" /><ref name="f">{{Literatur |Autor=Dennis C. Chang |Titel=Neural circuits underlying circadian behavior in ''Drosophila melanogaster'' |Sammelwerk=Behav Processes |Datum=2005}}</ref><ref name="g">{{Literatur |Autor=D. Stoleru, Y. Peng u. a. |Titel=Coupled oscillators control morning and evening locomotor behaviour of Drosophila |Sammelwerk=letters to nature |Datum=2004}}</ref>. Unter Licht-Dunkel -Bedingungen (12 Stunden Licht und 12 Stunden Dunkelheit) sind bei ihr zwei lokomotorische Aktivitätshöhepunkte zum Morgen (ZT= 0) und zum Abend (ZT= 12) zu verzeichnen.<ref name="e" /><ref name="g" /> Diese Aktivitätshöhepunkte sind auch unter konstanten Bedingungen (z.&nbsp;B. Dunkel-Dunkel-Situation) zu beobachten. Der Tagesrhythmus bei Nullmutanten hingegen weist unter konstanten Bedingungen keine Rhythmik auf.<ref name="e" /> Werden sie Hell-Dunkel-Zyklen ausgesetzt, weisen sie jedoch eine Tagesrhythmik auf. Daraus lässt sich schließen, dass die Rhythmik in der lokomotorischen Aktivität auf die innere Uhr und auf das Tageslicht zurückzuführen ist.<ref name="f" />
Die circadiane Synchronisation erfolgt über zwei gekoppelte Oszillatoren, welche aus einem Netzwerk aus LNv und LNd bestehen.<ref name="e" /> Die LNv regulieren die Aktivität kurz vor der Morgendämmerung, die LNd hingegen die Aktivität vor der Abenddämmerung. Dabei spielt das Neuropeptid PDF, das in den s-LNv und l-LNv der beiden Hemisphären exprimiert wird, eine wichtige Rolle. PDF ist ein Outputsignal der inneren Uhr, das für eine rhythmische Aktivität bei einem 12-12h Licht-Dunkel-Zyklus notwendig ist. In Abwesenheit von PDF werden ''D. melanogaster'' bei dauerhafter Dunkelheit arhythmisch.<ref name="h">{{Literatur |Autor=Michael N. Nitabach, Paul H. Taghert |Titel=Organization of the Drosophila Circadian Control Circuit |Sammelwerk=Current Biology |Band=18 |Nummer=2 |Datum=2008-01 |Seiten=R84-R93}}</ref>
 
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==== Alterungsprozess ====
Je nach Lebensbedingungen lebt die Taufliege 2-82–8 Wochen. Die Lebensdauer bei Männchen beträgt allerdings nur ca. 10 Tage.<ref>Siehe [http://www.fruchtfliegen-info.de/fruchtfliegen-lebensdauer/ ''Wie lang ist die Fruchtfliegen Lebensdauer?'']</ref> Das Altern in ''D. melanogaster'' wird durch Hormone gesteuert. Darunter fallen besonders Ecdyson und Juvenilhormon, die die [[Altern|Seneszenz]] beeinflussen. Mutationen im Insulin-Signalweg verlängern die Lebensdauer in ''D. melanogaster'' und beeinflussen den Hormonspiegel anderer Hormone, darunter besonders Juvenilhormon und Ecdyson. Entfernt man das endokrine Gewebe des JH-produzierenden Corpus Allatum, verlängert sich das Überleben der Fliegen und die Sterblichkeit wird reduziert. Adulte Fliegen, die mit Juvenilhormon behandelt wurden, weisen eine erhöhte Sterblichkeit auf. Daraus folgt, dass das Alter, zumindest zum Teil, durch die neuroendokrine Kontrolle von Juvenilhormon reguliert wird. [[Dormanz|Diapause]] in adulten Fliegen verzögert eine Seneszenz und kann die Überlebensrate erhöhen. In Versuchen verlangsamten induzierte Diapausen das Altern. Alter und Sterblichkeit sind von der neuronalen Regulation des Juvenilhormons abhängig. Die neuroendokrine Antwort ist unter anderem abhängig von der Umwelt, die wiederum das Altern beeinflusst.<ref>{{Literatur |Autor=M. Tatar |Titel=The neuroendocrine regulation of drosophila aging |Sammelwerk=[[Experimental Gerontology]] |Band=39 |Ort=Rhode Island |Datum=2004 |Seiten=1745–1750 |PMID=15582291}}</ref>
 
== ''Drosophila melanogaster'' als Forschungsobjekt der Genetik ==
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=== Ergebnisse der Sequenzanalyse ===
Im Jahr 2000 wurde die [[Liste von sequenzierten eukaryontischen Genomen|Sequenzierung des Genoms]] abgeschlossen. Insgesamt 139.731.881 [[Basenpaar]]e und etwa 13.600 unterschiedliche Gene wurden dabei ermittelt. Diese erste Schätzung muss nach zehn Jahren revidiert werden, da man inzwischen 19.806 Gene kennt. Viele dieser Gene haben zum Teil erstaunliche Ähnlichkeit mit den Genen des [[Mensch]]en. Forscher haben herausgefunden, dass etwa 70 Prozent der menschlichen Gene, die im Zusammenhang mit Krebs beschrieben wurden und im Verdacht stehen, in mutiertem Zustand an der Krebsentstehung beteiligt zu sein, auch im Erbgut der Taufliege vorkommen.<ref>[http://www.ncbi.nlm.nih.gov/mapview/map_search.cgi?taxid=7227 MapViewer Eintrag]</ref><ref>[http{{Webarchiv |url=https://www.uniprot.org/uniprotuniprotkb/?query=organism:7227+keyword:181 |wayback=20150430012302 |text=Proteom bei UniProt]}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=M. D. Adams, S. E. Celniker, R. A. Holt u. a. |Titel=The genome sequence of Drosophila melanogaster |Sammelwerk=Science |Band=287 |Nummer=5461 |Datum=2000-03 |Seiten=2185–2195 |PMID=10731132}}</ref>
 
=== Entwicklungsbiologische Forschungen ===
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== Literatur ==
* [[Karl-Friedrich Fischbach]]: ''Funktionelle Differenzierung und Wechselwirkungen der Rezeptorsysteme im Komplexauge von Drosophila melanogaster''. Freiburg 1976, {{DNB|770769349}}.
* David B. Roberts: ''Drosophila: A practical Approach.'' IRL Press, Oxford / Washington DC, 1986, ISBN 0-947946-45-4.
* [[Peter Anthony Lawrence|Peter A. Lawrence]]: ''The making of a fly. The genetics of animal design''. Blackwell Science, 1992, ISBN 0-632-03048-8.
* Robert E. Kohler: ''Lords of the fly. Drosophila genetics and the experimental life''. University of Chicago Press, 1994, ISBN 0-226-45062-7.
* [[Gerald M. Rubin]], [[Edward B. Lewis]]: ''A brief history of Drosophila's contributions to genome research.'' In: ''[[Science]].'' Band 287, 2000, S. 2216–2218, {{doi|10.1126/science.287.5461.2216 }}.
* Martin Brookes: ''Drosophila – Die Erfolgsgeschichte der Fruchtfliege.'' Rowohlt Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-498-00622-3.
* Christian Dahmann (Hrsg.): ''Drosophila: methods and protocols.'' Humana Press / Springer, Berlin 2008, ISBN 978-1-4939-6369-0.
 
== Einzelnachweise ==