„Ethnologisches Museum (Berlin)“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Kleinkram
 
(13 dazwischenliegende Versionen von 11 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 2:
| Name = Ethnologisches Museum
| Bild = [[Datei:Humboldt Forum-9147.jpg|240px]]
| Bildbeschreibung = Das Ethnologische Museum befindet sich im wiederaufgebauten Berliner Schloss.
| Ort = [[Humboldt Forum]] im [[Berliner Schloss]]
| Breitengrad =
| Längengrad =
| ISO-Region = DE-BE
| Art = [[KunstmuseumEthnologisches Museum]]
| Architekt = [[Franco Stella]]
| Eröffnung = 1873
| Besucheranzahl =
Zeile 14 ⟶ 13:
| Leitung = [[Lars-Christian Koch]]
| ISIL = DE-MUS-019118
| Website = [https://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/ethnologisches-museum/home/ www.smb.museum]
}}
 
Zeile 30 ⟶ 29:
Im Jahr 1829 löste [[Leopold von Ledebur (Historiker)|Leopold Freiherr von Ledebur]], ein ehemaliger Hauptmann und Historiker, Jean Henry als Direktor der Kunstkammer ab. Unter seiner Leitung wuchs die Sammlung der ethnologischen Objekte weiter, da er unter anderem ganze Sammlungen erwarb. Dabei wurde Ledebur vom Generaldirektor der königlichen Sammlungen, [[Ignaz von Olfers]], unterstützt, der Gesandter in [[Brasilien]] gewesen war und deshalb gegenüber der [[Ethnologie]] aufgeschlossen war.<ref name="vorgeschichte" /> 1844 erschien der Führer ''Leitfaden für die Königliche Kunstkammer und das Ethnographische Cabinet'', in dem Ledebur die Ethnographische Sammlung als eigenständige Abteilung der königlichen Museen unter Leitung des Directorial-Assistenten Hofrat F. Förster führte. Förster verfasste in diesem Führer auch das Kapitel über die ethnologische Sammlung.
 
Nachdem ab 1830 bereits die [[Gemälde]] und [[Skulptur]]en aus der Kunstkammer ausgegliedert und im neugebauten [[Altes Museum|Alten Museum]] präsentiert wurden, befand sich das Konzept der Kunstkammer im Auslaufen, da es den wachsenden Sammlungen und deren zunehmender wissenschaftlichen Betrachtung nicht mehr gerecht wurde. Deshalb wurde zwischen 1843 und 1859 das [[Neues Museum (Berlin)|Neue Museum]] errichtet, in dessen Untergeschoss die ethnologische Sammlung neben den [[Altes Ägypten|ägyptischen]] und [[Urgeschichte |prähistorischen]] Sammlungen gezeigt wurde. Bereits 1856 war die Sammlung in das Neue Museum umgezogen. Die drei Räume mit insgesamt 750&nbsp;m², in denen sie gezeigt wurde, wurden in einem Führer 1865 bereits als „Ethnographisches Museum“ bezeichnet.<ref name="neuesmuseum">Viola König (Hrsg.): ''Ethnologisches Museum Berlin.'' Prestel, München 2003. S.&nbsp;15.</ref> Diese Etablierung als eigenständiger Teil der Königlichen Museen von Berlin ist im eigentlichen Sinne die Gründung des Ethnologischen Museums, wenn auch noch kein eigener Direktor berufen wurde. 1861 umfasste die Sammlung 5192 Objekte.
 
Im Jahr 1869 wurde [[Adolf Bastian]], der als Schiffsarzt weit gereist war, Directorial-Assistent der Ethnographischen Sammlung. Er baute die Bestände weiter aus und setzte sich für ein eigenes Museumsgebäude ein. Bastian beförderte auch das akademische Fach der Ethnologie in Berlin und gründete zusammen mit [[Rudolf Virchow]] und weiteren Gelehrten 1869 die [[Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte]].
 
=== Gründung des Museums und Aufbau der Sammlung ===
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1993-021-25, Berlin, Völkerkunde-Museum.jpg|mini|''Königliches Museum für Völkerkunde'' in [[Berlin-Kreuzberg]], 1900]]
 
Der Beschluss zur Gründung eines selbstständigen ethnologischen und anthropologischen Museums in Berlin durch Kaiser [[Wilhelm I. (Deutsches Reich)|Wilhelm&nbsp;I.]] fiel im Jahr 1873 auf Antrag der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Der Grundstein für das eigene Museumsgebäude an der ''Königgrätzer Straße'' 120 (heute: [[Stresemannstraße (Berlin)|Stresemannstraße]]) Ecke ''[[Niederkirchnerstraße#SWS|Prinz-Albrecht-Straße]]'' (heute: [[Niederkirchnerstraße]]) in [[Berlin-Kreuzberg]] konnte aber erst 1880 gelegt werden. Es war vom Berliner Hochschulprofessor [[Hermann Ende]] entworfen worden. Die Bauarbeiten für den monumentalen Prachtbau dauerten sechs Jahre, bis 1886 das „Königliche Museum für Völkerkunde“ eröffnet wurde, das neben der ethnologischen auch die prähistorischen und anthropologischen Sammlungen und die Geschäftsräume der Berliner Gesellschaft für Völkerkunde beherbergte. Das Gebäude war aber mehr auf Repräsentation ausgelegt als ein adäquater Ort für die Präsentation der Sammlung. Er war bereits bei der Eröffnung zu klein, um die 1880 bereits 40.000 ethnologischen Objekte vollständig zu beherbergen.<ref name="gründung">Viola König (Hrsg.): ''Ethnologisches Museum Berlin.'' Prestel, München 2003, S.&nbsp;16.</ref>
 
Adolf Bastian wurde 1876 zum Direktor des dreiteiligen Museumskomplexes ernannt. Er entwickelte das Konzept des Museums weiter, sodass sich der Stellenwert der Objekte von Kuriositäten zu Dokumenten der Kulturen außerhalb Europas veränderte. Unter Bastians Leitung setzte die organisierte Sammeltätigkeit ein, die zum Ziel hatte, die Kulturen außereuropäischer Völker so vollständig wie möglich zu dokumentieren. Die Arbeitsmethode Adolf Bastians war die komparativ-genetische, die eine möglichst große Zahl von Vergleichsobjekten benötigte.<ref name="gründung2">Viola König (Hrsg.): ''Ethnologisches Museum Berlin.'' Prestel, München 2003, S.&nbsp;17.</ref> Aus ihrer Reihung wollte er gemeinsame Ursprünge ableiten und eine naturgesetzliche und historische Perspektive in die Darstellung der menschlichen Entwicklung einbringen. Dies führte zu einem Fokus auf schriftlose, als geschichtslos und unzivilisiert verstandene Völker und auch dazu, dass etwa europäische Objekte, die sich auch in der Sammlung befanden, nicht ausgestellt wurden. Dies wiederum führte 1889 zur Gründung des Museums für deutsche Trachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes, der Vorgängerinstitution des [[Museum Europäischer Kulturen]], durch Virchow, in dem dieser versuchte, die im Zuge der Industrialisierung im Verschwinden begriffenen bäuerlich-ländlichen Sachgüter aus Deutschland zu bewahren.<ref name="gründung3">Gesellschaft für Ethnographie (Hrsg.): ''Berliner Blätter.'' LIT Verlag, Münster 1997, {{ISSN|1434-0542}}, S.&nbsp;76.</ref> Im Völkerkundemuseum selbst entstand noch vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] ein veritabler Rundgang durch die vergangenen Hochzivilisationen der Welt, darunter auch ein Schwerpunkt zu Asien mit Indien, [[Indonesien]] bis [[China]]. Wenig bekannt ist bis heute, dass das Völkerkundemuseum zu dieser Zeit&nbsp;in nachweislicher Konkurrenz zu ähnlichen Sammlungsinitiativen in Frankreich&nbsp;– auch die größte Gipsabguss-Sammlung der berühmten Bas-Reliefs des [[kambodscha]]nischen Tempels von [[Angkor Wat]] ausstellte.
 
Die Sammlungsreisen wurden ab 1881 von dem neugegründeten ''Hilfscomité für Vermehrung der Ethnologischen Sammlungen'' unterstützt. Ziel war es die fremden Kulturen, die vom Aussterben bedroht waren, so umfassend wie möglich zu dokumentieren. Dieser Zweck zeigte sich auch in der Konzeption des Museums, das ein Ort zur Aufbewahrung und wissenschaftlichen Erschließung der Sammlung war und keine [[Didaktik|didaktisch]] aufbereitete Präsentation für die Besucher bot.<ref name="gründung4">Viola König (Hrsg.): ''Ethnologisches Museum Berlin.'' Prestel, München 2003, S.&nbsp;19.</ref>
 
=== Entwicklung nach Dahlem ===
[[Datei:Arminallee 23-27 Berlin-Dahlem.JPG|mini|''Bruno-Paul-Bau'' in [[Berlin-Dahlem]], 2012]]
 
Aufgrund des immer größer werdenden Platzmangels und der überfüllten Vitrinen begann aber das Nachdenken darüber, die Sammlung in eine Schausammlung und Arbeitssammlung zu trennen. 1906 wurde auf dem Gelände der [[Domäne Dahlem]] ein Schuppen errichtet, der einen Teil der Sammlung aufnahm. Für die endgültige Lösung des Raumproblems sollte am projektierten Wissenschafts-Standort [[Berlin-Dahlem|Dahlem]] ein großer Museumskomplex entstehen, der aus vier Neubauten für die vier Erdteile Asien, Afrika, Ozeanien und Amerika bestehen sollte.<ref name="gründung4" /> Der Architekt [[Bruno Paul]] begann 1914 mit dem Bau des Gebäudes für die asiatische Sammlung, die Arbeiten wurden jedoch aufgrund des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] eingestellt. 1921 wurde der Bau dann endlich fertiggestellt, für die weiteren Gebäude fehlten aber die finanziellen Mittel. Der Bruno-Paul-Bau wurde in der Folge als Magazin der Sammlung genutzt, was nach der durch die Phase der großen Sammlungsexpeditionen&nbsp;– die mit Beginn des Ersten Weltkriegs endete&nbsp;– in den Grundzügen bereits auf die heutige Breite und Größe gewachsene Sammlung auch dringend nötig war.<ref name="dahlem1">Gesellschaft für Ethnographie (Hrsg.): ''Berliner Blätter.'' LIT Verlag, Münster 1997, S.&nbsp;77.</ref>
Zeile 51 ⟶ 50:
 
=== Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg ===
Das Museum für Völkerkunde diente sich in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] in seiner Präsentation der Sammlung im Gegensatz zu etwa dem Museum für deutsche Volkskunde nicht der herrschenden Ideologie an, sie wurde fast unverändert beibehalten.<ref name="dahlem3" /> 1935 wurde nach der Selbstständigkeit des Museums für deutsche Volkskunde im Museum für Völkerkunde unter der Leitung des Afrikanisten [[Hermann Baumann (Ethnologe)|Hermann Baumann]] eine eigene Sammlung für [[Eurasien|eurasische]] Objekte gegründet, womit eine Trennung der europäischen Ethnografika vollzogen wurde. Die Abteilung Eurasien setzte einen Schwerpunkt auf ländlich-bäuerliche Kulturen [[Osteuropa|Ost- und Südosteuropas]] und stand damit im Einklang mit der [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Suche nach „Lebensraum im Osten“. Dies hatte keine wissenschaftliche Begründung, sondern war eine kalkulierte politische Entscheidung.<ref name="dahlem3" />
 
Bis zum Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] war die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich. Dann wurde sie zusammen mit den magazinierten Beständen an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb Berlins eingelagert, um sie vor Schäden und Verlusten infolge des Kriegs zu schützen. Nach Kriegsende wurden die Sammlungen von den Siegermächten beschlagnahmt. Die westlichen Alliierten gaben sie in den 1950er Jahren an Berlin zurück, während die sowjetische Trophäen-Kommission sie als [[Beutekunst (Zweiter Weltkrieg) |Kriegsbeute]] nach [[Sankt Petersburg|Leningrad]] verbrachte.
 
=== Während der Teilung ===
[[Datei:Entrée du musée d'ethnographie de Berlin.jpg|mini|''Museumszentrum'' in Berlin-Dahlem, 2008]]
 
Im Dahlemer Altbau wurde 1946 die erste Sonderausstellung nach dem Krieg gezeigt.<ref name="dahlem3" /> Bis in die 1950er Jahre folgten die regionalen Abteilungen, nachdem viele Objekte wieder zurückgeführt worden waren. Die westlichen Siegermächte gaben die von ihnen beschlagnahmten Sammlungsteile in den 1950er Jahren an die Stadt Berlin zurück.<ref name="gründung4" /> Die Sowjetunion übergab der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] von 1977 bis 1979 45.000 Objekte, die aus der Sammlung des Museums für Völkerkunde stammten. Die DDR-Regierung ließ sie im [[Museum für Völkerkunde zu Leipzig]] einlagern.<ref>[{{Webarchiv|url=http://www.mvl-grassimuseum.de/museum/geschichte/ |wayback=20160106145116 |text=Information des] |archiv-bot=2023-12-20 02:46:20 InternetArchiveBot }} [[Museum für Völkerkunde zu Leipzig|Museums für Völkerkunde zu Leipzig]]</ref> Die [[Deutsche Teilung]] führte in vielen Fällen zur Entstehung von Parallelmuseen im [[Ost-Berlin|Ost-]] und [[West-Berlin|Westteil]] Berlins. Dies geschah jedoch nicht im Fall des Museums für Völkerkunde, das in Ost-Berlin keine Entsprechung fand.
 
Das alte Museumsgebäude in der Innenstadt war im Krieg beschädigt worden. Obwohl dort noch am 21. Mai 1955 in provisorisch hergerichteten Räumen die Wiedereröffnung gefeiert werden konnte,<ref>Heike Wegner: ''Gertrud Dorka (1893–1976) – Trümmerfrau und Museumsdirektorin.'' In: ''Ausgräberinnen, Forscherinnen, Pionierinnen: Ausgewählte Porträts früher Archäologinnen im Kontext ihrer Zeit (Frauen &nbsp;– Forschung &nbsp;– Archäologie)'', S.&nbsp;220; [httphttps://archiv.preussische-allgemeine.de/1958/1958_04_26_17.pdf archiv.preussische-allgemeine.de] (PDF; 9,8&nbsp;MB)</ref> wurde es im Jahr 1961 abgerissen. Ab 1964 ließ die 1957 gegründete [[Stiftung Preußischer Kulturbesitz]] auf dem Gelände in Dahlem einen großen Museumskomplex errichten, in dem neben der ethnologischen Sammlung, die im Neubau gezeigt wurde, auch die in [[West-Berlin]] verbliebenen Sammlungsbestände europäischer Gemälde und Skulpturen im Altbau gezeigt wurden. Diese Nutzung führte jedoch dazu, dass die ethnologische Sammlung nur eingeschränkt gezeigt werden konnte.<ref name="gründung4" />
 
Das Museum für Völkerkunde nahm auch die eigene Sammeltätigkeit wieder auf. Diese hatte meist einen thematischen Schwerpunkt, das wahllose Sammeln zur Dokumentation von als homogen angesehenen Völkern war wissenschaftlich nicht mehr der Stand der Dinge. Dennoch wurden nur Objekte gesammelt, die traditionell waren und nicht europäischen Einflüssen ausgesetzt waren, womit die Wissenschaftler immer noch in der Tradition Bastians standen.<ref name="teilung2">Gesellschaft für Ethnographie (Hrsg.): ''Berliner Blätter.'' LIT Verlag, Münster 1997, S.&nbsp;79.</ref> Die neueren Entwicklungen in diesen Kulturen blieben unberücksichtigt. Auch in den 1970er Jahren umkonzipierten Schausammlungen wurden die Ausstellungsstücke zwar in ihren sozialen und kulturellen Kontext eingeordnet, aber ohne jeglichen Bezug zur Gegenwart präsentiert, womit das Museum sich nicht auf dem Stand der [[Ethnologie]] als Universitätsdisziplin befand.<ref name="teilung2" />
 
=== Nach der Wiedervereinigung ===
Nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] konnte die bis dahin auf die [[Bundesrepublik Deutschland|Bundesrepublik]] und die DDR verteilte Sammlung wieder zusammengeführt werden. Damit weist die ethnologische Sammlung annähernd wieder ihre herausragende Qualität auf, die sie vor dem Krieg hatte, wobei jedoch weiterhin der Verbleib von 25.000 Objekten nicht geklärt ist und angenommen wird, dass zumindest einige von ihnen noch immer als Beutekunst in russischen GemeindepotsGeheimdepots lagern.<ref name="wiedervereinigung">Viola König (Hrsg.): ''Ethnologisches Museum Berlin.'' Prestel, München 2003, S.&nbsp;20.</ref> Da die europäischen Kunstsammlungen seit den 1990er Jahren aus dem Museumskomplex Dahlem zum [[Kulturforum Berlin|Kulturforum Tiergarten]] bzw. wieder auf die [[Museumsinsel (Berlin)|Museumsinsel]] verlegt wurden, wurden Um- und Ausbaupläne für das Museumsgebäude entwickelt, die letztendlich auch zu veränderten Ausstellungskonzepten der ethnologischen Sammlungen führten. Infolge des Wegzugs der europäischen Sammlungen verlor die Bevölkerung zunehmend das Interesse an den in Dahlem verbliebenen Museen, so dass das Ethnologische Museum einen dramatischen Rückgang der Besucherzahlen verzeichnen musste.<ref name="teilung2" /> Das Museum für deutsche Volkskunde wurde 1999 in der Folge mit den europäischen Teilen des Ethnologischen Museums vereinigt und bildete von nun an das [[Museum Europäischer Kulturen]]. Ebenfalls in diesem Jahr wurden die neuen Ausstellungen für Afrika und Nordamerika eröffnet. Im Jahr 2000 folgte dann auch die Umbenennung des Museums für Völkerkunde in Ethnologisches Museum. Diese Maßnahmen führten aber nicht wie erhofft zu steigender Attraktivität für Besucher.<ref name="wiedervereinigung2">Gesellschaft für Ethnographie (Hrsg.): ''Berliner Blätter.'' LIT Verlag, Münster 1997, S.&nbsp;80.</ref>
 
=== Neuer Standort im Humboldt Forum ===
Zeile 72 ⟶ 71:
In der ''[[Süddeutsche Zeitung|Süddeutschen Zeitung]]'' kritisierte Jörg Häntzschel die angesichts langjähriger Debatten über die [[Provenienzforschung|Provenienz]] vieler Objekte unzureichende Darstellung des kolonialen Kontexts der Sammlungen. Als Beispiel nannte er die Beschreibung, Ausstellungsstücke seien „durch Kauf, Tausch, Schenkung und Gewalt“ in deutsche Hände gekommen und kommt zu dem Urteil, „man tut alles, um das Wort ‚Raub‘ zu vermeiden“.<ref>{{Internetquelle |autor=Jörg Häntzschel |url=https://www.sueddeutsche.de/kultur/humboldt-forum-enthnologisches-museum-berlin-eroeffnung-museum-fuer-asiatische-kunst-1.5417159 |titel=Teileröffnung des Humboldt-Forums |werk=sueddeutsche.de |datum=2021-09-21 |sprache=de |abruf=2021-09-24}}</ref>
 
Ende August 2022 gab die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bekannt, dass sie mit der National Commission for Museums and Monuments (NCMM) in [[Nigeria]] einen Vertrag über die Eigentumsübertragung der [[Benin-Bronzen |Benin-Objekte]] aus der Sammlung des Ethnologischen Museums Berlin geschlossen habe. Damit seien die 512 Werke „wieder nigerianisches Eigentum“. Erste Objekte sollen noch 2022 zurückgeführt werden, wobei etwa ein Drittel der Werke für zunächst zehn Jahre als [[Leihvertrag (Deutschland)|Leihgabe]] Nigerias in Berlin verbleiben und im historischen Kontext im Humboldt Forum ausgestellt werden soll.<ref>{{Internetquelle |autor=Stiftung Preußischer Kulturbesitz |url=https://www.preussischer-kulturbesitz.de/news-detail/artikel/2022/08/25/512-berliner-benin-bronzen-wieder-nigerianisches-eigentum.html |titel=514 Berliner Benin-Bronzen wieder nigerianisches Eigentum |datum=2022-08-25 |sprache=de |abruf=2022-08-31}}</ref>
 
== Sammlung ==
Zeile 82 ⟶ 81:
 
Das Ethnologische Museum zeigt dauerhaft Ausstellungen zur Archäologie [[Amerika]]s, den [[Indianer]]n [[Nordamerika]]s, der [[Südsee]], [[Ostasien]]s und [[Afrika]]s. Es verfügt über ein Juniormuseum, das sich speziell an Kinder wendet. Ferner ist das Ethnologische Museum in Berlin das einzige Völkerkundemuseum in Deutschland, das über eine [[Musikethnologie|musikethnologische Abteilung]] verfügt. Zu dieser gehört das [[Berliner Phonogramm-Archiv]]. Die Bibliothek des Museums ist eine wissenschaftliche Spezialbibliothek zu allen Bereichen der Ethnologie.
 
Auch im Ethnologischen Museum Berlin wurden aus erhaltungstechnischen Gründen viele Objekte der Sammlung aus organischem Material wie Holz, [[Raphia]] oder Federn mit Hilfe von Chemikalien behandelt. Viele dieser Objekte sind daraufhin kontaminiert und für den Umgang mit Menschen lebensgefährlich.<ref>{{Literatur |Autor=Bénédicte Savoy |Titel=Im Namen der Wissenschaft. Zur Forschungsgeschichte der Kamerun-Bestände in Berlin im 20. Jahrhundert |Hrsg=Mikaél Assilkinga, Lindiwe Breuer, Fogha Mc. Cornilius Refem, Albert Gouaffo, Dieu Ly Hoang, Yann LeGall, Yrine Matchinda, Andrea Meyer, Prince Kum‘a Ndumbe III, Philippe Rekacewicz, Bénédicte Savoy, Sebastian-Manès Sprute, Richard Tsogang Fossi, Eyke Vonderau |Sammelwerk=Atlas der Abwesenheit. Kameruns Kulturerbe in Deutschland |Verlag=Reimer Verlag |Ort=Heidelberg |Datum=2023 |ISBN=978-3-496-01700-4 |Seiten=258-259}}</ref>
 
<gallery class="center" caption="Höhepunkte der Sammlung">
Datei: Humboldt Forum Highlights Federmadonna.jpg|Feder[[Marienbildnis|madonna]], [[Mexiko]], spätes 18.&nbsp;Jahrhundert
Datei: Kazike.jpg|[[Kazike]] der [[Quimbaya-Kultur|Quimbaya]], [[Kolumbien]],<br />500–700&nbsp;n.&nbsp;Chr.
Datei: Barrigon-2.jpg|Steinskulptur Barrigón, [[Guatemala]],<br />500–300&nbsp;v.&nbsp;Chr.
Datei: Afrikaabteilung in Ethnological Museum Berlin 29.JPG|Königinmutter [[Idia]], [[Königreich Benin]],<br />frühes 16.&nbsp;Jahrhundert
Datei: Sope-12.jpg|Gottheit Sope, [[Mikronesien]], vor&nbsp;1877
Datei: Cuauhcoatl-2.jpg|Adlerschlange der [[Azteken]], Mexiko,<br />1350–1521
</gallery>
 
== Direktoren ==
* [[Leopold von Ledebur (Historiker)|Leopold von Ledebur]] (1829–1873; Ethnographische Sammlung)
* [[Adolf Bastian]] (1873–1904)
* [[Felix von Luschan]] (1904–1910; Afrikanische und Ozeanische Abteilung)
* [[Albert Grünwedel]] (1904–1921; Indische Abteilung)
* [[Eduard Seler]] (1904–1922; Amerikanische Abteilung)
* [[Friedrich Wilhelm Karl Müller|F. W. K. Müller]] (1906–1928; Ostasiatische Abteilung)
* [[Carl Schuchhardt]] (1908–1925; Vorgeschichtliche Abteilung)
* [[Bernhard Ankermann]] (1921–1924; Afrikanische und Ozeanische Sammlung)
* [[Konrad Theodor Preuss]] (1921–1934; Amerikanische Abteilung)
* [[Albert von Le Coq]] (1923–1925; Indische Abteilung)
* [[Walter Lehmann (Altamerikanist)|Walter Lehmann]] (1927–1934; Abteilung der Afrikanischen, Ozeanischen und Amerikanischen Sammlung)
* [[Otto Kümmel]] (1933–1945)
* [[Walter Krickeberg]] (1945–1954)
* [[Hans-Dietrich Disselhoff]] (1954–1970)
* [[Kurt Krieger (Ethnologe)|Kurt Krieger]] (1970–1985)
Zeile 105 ⟶ 116:
* [[Liste von Museen für Völkerkunde]]
* [[Bericht über die Restitution afrikanischer Kulturgüter]]
* [[Rückgaben von Kulturgut kolonialer Herkunft]]
 
== Literatur ==
Zeile 113 ⟶ 125:
* [[Götz Aly]]: ''Das Prachtboot. Wie Deutsche Kunstschätze der Südsee raubten.'' S. Fischer, Frankfurt am Main 2021, ISBN 978-3-10-397036-4.
* Beatrix Hoffmann: ''Das Museumsobjekt als Tausch- und Handelsgegenstand. Zum Bedeutungswandel musealer Objekte im Kontext der Veräußerungen aus dem Sammlungsbestand des Museums für Völkerkunde Berlin.'' LIT Verlag, Kulturwissenschaft Bd. 33, Berlin 2012, ISBN 978-3-643-11313-9. Zugl. Berlin, FU, Diss., 2009.
* Bénédicte Savoy: ''Im Namen der Wissenschaft. Zur Forschungsgeschichte der Kamerun-Bestände im 20. Jahrhundert.'' In: ''Atlas der Abwesenheit. Kameruns Kulturerbe in Deutschland'' (Hrsg. kollektiv), Heidelberg, 2023, S.&nbsp;229–265. ISBN 978-3-496-01700-4
 
== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* [https://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/ethnologisches-museum/home/ Ethnologisches Museum] – Offizielle Website
* {{DDB|Institution|VFCOJS5WO2NGUS2EE5RFORXDF2PPEUW3}}
 
Zeile 126 ⟶ 139:
{{Normdaten|TYP=k|GND=10000578-0|LCCN=no00080000|VIAF=150002086}}
 
[[Kategorie:Ethnologisches Museum (Berlin)| ]]
[[Kategorie:Kunstmuseum in Berlin]]
[[Kategorie:Völkerkundemuseum in Deutschland]]
[[Kategorie:Ethnologisches Museum (Berlin)| ]]
[[Kategorie:Gegründet 1873]]