„Deutsches Theater-Institut“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Studiotheater Belvedere Weimar.jpg|mini|Studiotheater Belvedere Weimar]]
Das '''Deutsche Theater-Institut Weimar Schloß Belvedere''' (DTI) war eine [[Schauspielschule]] und Theaterhochschule, die von 1947 bis 1953 in [[Weimar]] bestand.
Das '''Deutsche Theater-Institut Schloss Belvedere''' (Haus Schloss Belvedere 14) ist auf [[Belvedere (Weimar)|Belvedere]] bei [[Weimar]] eine Einrichtung der [[Hochschule für Musik Franz Liszt]]. Es wird in Anlehnung an die anderen [[Kavaliershäuser (Belvedere)|Kavaliershäuser]], die nach Komponisten benannt werden, nach [[Richard Wagner]] ''Wagnerhaus'' genannt.<ref>https://www.hfm-weimar.de/besuchen/veranstaltungen/veranstaltungsorte</ref> Es ist etwas abseits der übrigen als Kavaliershäuser bezeichneten Gebäude gelegen. Hier befanden sich einst Gehege der [[Menagerie (Belvedere)|Menagerie]].
 
== GeschichteArchitekturgeschichte ==
Das eigentliche Gebäude des ehemaligen Theaterinstituts hat einen H-förmigen Grundriss. Über dem Portal des [[Mittelrisalit]]en sind ein großes Bogenfenster und Dreiecksgiebel. Seine Gestaltung ist [[Klassizismus (Architektur)|klassizistischen]] Charakters. Die Gebäudeteile haben [[Walmdach|Walmdächer]]. Das Gebäude entstand viel später als die übrigen. Das Studiotheater wird bei [[Hans-Joachim Leithner]] als ein „Henselmannbau“ bezeichnet, in Anlehnung an den Architekten [[Hermann Henselmann]]. Der Bezug von Henselmann zu diesem Bau wird bei Leithner jedoch nicht klar, da er auf entsprechende Erläuterungen verzichtete.<ref>[[Hans-Joachim Leithner]]: ''Gestaltete Landschaften'' (= ''WeimarWissen,'' 2: Teilband 2.1.: ''Parkanlagen in Weimar''). Hrsg. von Hans-Joachim Leithner. Weimar 2021, S. 82, 275 f. Anm. 26.</ref> Allerdings wird es dadurch klar, weil Henselmann erster Direktor der ''[[Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar]]'' ab 1946 war und in architekturpolitischer Beziehung die stalinistischen Vorgaben des sozialistischen Realismus umsetzte, die dann für die Theaterausbildung hier Gültigkeit hatten.<ref>Art. ''Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar.'' In: [[Gitta Günther]], [[Wolfram Huschke (Musikwissenschaftler)|Wolfram Huschke]], [[Walter Steiner (Geologe)|Walter Steiner]] (Hrsg.): ''[[Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte]].'' Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 207ff. Hier S. 208.</ref>
Der Befehl der [[Sowjetische Militäradministration in Deutschland|Sowjetischen Militäradministration in Deutschland]], die Schauspielschule als eigenständige Institution aus der [[Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar|Musikhochschule Weimar]] herauszulösen, erging am 28. Oktober 1947. Als Ausbildungsstätte mit angeschlossenem Internat wurde der neuen Schauspielschule das [[Belvedere (Weimar)|Schloss Belvedere]] zugewiesen, wo der Lehrbetrieb unter dem neuen Namen zum Beginn des Wintersemesters im November 1947 aufgenommen wurde. Das Institut stellte so in der Nachkriegszeit die erste selbständige Schauspielschule mit Hochschulcharakter nicht nur in der [[Sowjetische Besatzungszone|Sowjetischen Besatzungszone]] (SBZ), sondern auf deutschem Boden überhaupt dar; mit der Benennung als „Deutsches Theater-Institut“ unterstrichen die Gründer ihren Anspruch auf deutschlandweite Geltung.
 
Auf Befehl der [[SMAD]] wurde hier 1947 das Gebäude errichtet, besser um- und angebaut. Der Entwurf hierfür war von Henselmann. Zu dessen Vorgängerbauten an der Stelle ist ein Werkstattbau von 1855 zu nennen, der in den 1920er Jahren zu einer Turnhalle umgebaut wurde, als die Thüringer Polizei die Nachbargebäude (Gemeint sind die Kavaliershäuser. M.T.) des Schlosses nutzte. Der Turnhallenbau wiederum diente für den Umbau durch Henselmann als Grundlage.<ref>[[Gert-Dieter Ulferts]] u.&nbsp;a.: ''Schloß Belvedere: Schloß, Park und Sammlung.'' Deutscher Kunstverlag, München/Berlin/Weimar 1998, S. 20, 38.</ref> Von dem Vorgängerbau von 1855, der in die Regierungszeit von Großherzog [[Carl Friedrich (Sachsen-Weimar-Eisenach)|Carl Friedrich von Sachsen-Weimar Eisenach]] fällt, ist vermutlich der Bereich mit dem Portal übriggeblieben.
Zum Direktor des Instituts wurde [[Maxim Vallentin]] berufen, der bereits seit der Wiederaufnahme des Lehrbetriebs im Winter 1945/46 die noch der Musikhochschule angegliederte Schauspielschule geleitet hatte. Als weitere Lehrer wurden [[Ottofritz Gaillard]] und [[Otto Lang (Schauspieler)|Otto Lang]] gewonnen. In den ersten beiden Jahren führte das DTI noch den Beititel „Institut zur methodischen Erneuerung des deutschen Theaters.“ Mit dieser „methodischen Erneuerung“ war insbesondere die Orientierung am realistischen Programm [[Konstantin Sergejewitsch Stanislawski|Stanislawskis]] gemeint, die – analog zur Vorgabe des [[Sozialistischer Realismus|Sozialistischen Realismus]] in den bildenden Künsten – in der Sowjetunion als theaterpolitische Linie galt und nun auch in der SBZ durchgesetzt werden sollte. Ziel der Gründer war nicht nur die praktische Ausbildung von Ensembleschauspielern, sondern auch eine theoretische Weiterführung der Stanislawskischen Theorie, wozu eigens eine Theaterwissenschaftliche Abteilung (TWA) gegründet wurde, die im Mai 1949 den Betrieb aufnahm. Im Dezember 1950 wurde eine institutseigene Studiobühne eingeweiht.
 
== Geschichte des Instituts ==
Mit der dogmatischen Orientierung an Stanislawski setzte sich das DTI in Konkurrenz zum [[Episches Theater|epischen Theater]] [[Bertolt Brecht]]s, das mit der Gründung des [[Helene-Weigel-Ensemble]]s in Berlin 1949 eine dem DTI vollkommen konträre Theaterauffassung auf die Bühnen der SBZ brachte; so wurde den Studenten des DTI Besuchsverbot für Brechts Inszenierung der ''[[Mutter Courage und ihre Kinder|Mutter Courage]]'' erteilt, die 1949–50 als Gastspiel in mehreren Städten der SBZ/DDR, so auch in Weimar, zu sehen war.
Die erste Vorgängereinrichtung hieß '''Deutsches Theater-Institut Schloß Belvedere''' (DTI). Diese war ursprünglich eine Einrichtung der Staatlichen Musikhochschule „Franz Liszt“. Am 28. Oktober 1947 erließ die SMAD den Befehl, dieses Institut aus der Hochschule herauszulösen. Die von [[Ottofritz Gaillard]], [[Otto Lang (Schauspieler)|Otto Lang]] und [[Maxim Vallentin]] gegründete Schauspielabteilung an der Staatlichen Musikhochschule „Franz Liszt“ sollte zu einem Institut zur methodischen Erneuerung des deutschen Theaters ausgebaut werden, aus dem 1948 das Deutsche Theaterinstitut Weimar Schloß Belvedere hervorging. Es galten ähnliche Zweijahrespläne, welche die Institute auf die Ziele des „[[Marxismus-Leninismus]]“ einschwören und Überbleibsel faschistischen bzw. (klein)bürgerlichen Denkens beseitigen sollten.<ref>[[Annette Seemann]]: ''Weimar. Eine Kulturgeschichte.'' C. H. Beck Verlag, München 2012, ISBN 978-3-406-63030-9, S. 351.</ref> Es wurde dem Institut Schloss Belvedere als Standort zugewiesen. An der Ausbildungsstätte war ein [[Internat]] angeschlossen.
 
Das Institut bestand so mit dem Namen noch bis 1949. Es sollten nicht nur Ensembleschauspieler praktischen Unterricht erhalten, sondern auch die theoretische Weiterführung der [[Konstantin Sergejewitsch Stanislawski|Stanislawskischen]] Theorie weitergeführt werden, verbunden mit der Gründung einer [[Theaterwissenschaft]]lichen Abteilung, die 1949 ihren Betrieb aufnahm. Im Dezember wurde es als institutseigene [[Studiobühne]] eingeweiht. Die dogmatische Orientierung an Stanislawski ließ das Institut eine gänzlich konträre Grundauffassung und in Konkurrenz zum epischen Theater nach [[Bertolt Brecht]] verbunden mit der Gründung des [[Berliner Ensemble|Helene-Weigel-Ensembles]] in [[Berlin]] treten. Das ging so weit, dass Studenten dieser Einrichtung Besuchsverbot für Brechts Inszenierung der ''[[Mutter Courage]]'', die auch in Weimar bei einem Gastspiel 1949/50 zu sehen war, erteilt wurde.
1953 wurde das Institut mit der Theaterschule Leipzig zur [[Theaterhochschule Leipzig]] (ab 1967 Theaterhochschule „Hans Otto“) zusammengeschlossen, die im November des Jahres den Lehrbetrieb aufnahm.<ref>[http://www.leipzig-lexikon.de/HOCHUNIV/THEATER.HTM Leipzig-Lexikon: Die Theaterhochschule]</ref>
 
Im Jahre 1953 kam das Institut mit der [[Theaterhochschule Leipzig]] zum Zusammenschluss. Es hieß ab 1967 „Theaterhochschule Hans Otto“. Diese nahm November 1967 ihren Lehrbetrieb auf.<ref>Hans-Joachim Leithner: ''Gestaltete Landschaften'' (= ''WeimarWissen,'' 2: Teilband 2.1.: ''Parkanlagen in Weimar''). Hrsg. von Hans-Joachim Leithner. Weimar 2021, S. 80 ff.</ref><ref>Art. ''Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar.'' In: Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): ''Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte.'' Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 209 ff. Hier S. 210.</ref><ref>[https://www.leipzig-lexikon.de/HOCHUNIV/THEATER.HTM ''Die Theaterhochschule.''] in: ''Leipzig-Lexikon.''</ref> Dozent für [[Sprecherziehung]] am Deutschen Theater-Institut war der Altphilologe [[Oskar Werner (Philologe)|Oskar Werner]] (1885–1971).
 
Es ist das heutige ''Studiotheater Schloss Belvedere Weimar'' wieder in die Hochschule Franz Liszt eingebunden als ''Institut für Gesang|Musiktheater''.<ref>[https://www.hfm-weimar.de/institut-fuer-gesang-musiktheater/willkommen/ hfm-weimar.de]</ref> Das Institut selbst geht auf das Jahr 1886 zurück als es an der damaligen Orchesterschule gegründet wurde. Es finden am Studiotheater auch öffentliche Veranstaltungen statt. Es gab zudem Premieren unter Mitwirkung der Studierenden.
 
== Inszenierungen des Ensembles des DTI ==
Die Premieren des Institutsensembles („Das Junge Ensemble“) fanden zunächst im kleinen Saal der [[Weimarhalle]] statt;. Gastspiele gab es auf verschiedenen Thüringer Bühnen sowie in den neuen „[[Kulturhaus|Kulturhäusern]]“ von Industriebetrieben wie der [[Buna-Werke]] oder der [[Maxhütte (Unterwellenborn)|Maxhütte Unterwellenborn]].
* [[Carlo Goldoni]]: ''Mirandolina'', Premiere 14. Juli 1948, Regie O. Lang
* [[Molière]]: ''[[Der eingebildete Kranke]]'', 27. August 1948, Regie O. Lang
* Brodwin (d.&nbsp;i. [[SlátanSlatan Dudow]]): ''Der Feigling'', 3. Februar 1949, Regie M. Vallentin und [[Willy Semmelrogge]]
* [[Julius Hay]]: ''Kamerad Mimi'', 5. Juli 1949, Regie O. Lang
* [[Alfred de Musset]]: ''Man spielt nicht mit der Liebe'', 28. Oktober 1949, Regie O. Gaillard
Nach Fertigstellung der institutseigenen Studiobühne in einerder oben beschriebenen [[Remise]] des Schlosses Belvedere fanden die Premieren hier statt:
* ''[[Meister Pathelin]]'', 20. Dezember 1950
 
== Inszenierungen des Studiotheaters Belvedere Weimar (Auswahl) ==
* ''Der Vetter aus Dingsda'' [[Eduard Künneke]], 24. Oktober 2014, Regie: Elmar Fulda
* ''Global Players'' [[Giordano Bruno do Nascimento]], 19. Oktober 2018, Regie: Lisa Astrid Mayer
* ''Die weiße Rose'' [[Udo Zimmermann]], Oktober 2018, Regie: Lisa Astrid Mayer
* ''[[The Turn of the Screw (Oper)|The Turn of the Screw]]'' [[Benjamin Britten]], 19. Oktober 2016, Regie: Elmar Fulda
* ''[[Zauberflöte]]'' [[Wolfgang Amadeus Mozart]], 14. Februar 1919, Regie: Stephanie Koch
* ''[[Die schöne Galathée]]'' [[Franz von Suppè]], 27. Juni 2003, Regie: Sonja Trebes
* ''Così fan Tutte'', Wolfgang Amadeus Mozart, 2. April 2022, Regie: Michael Dissmeier
* ''[[Lulu (Oper)|Lulu]]'' [[Alban Berg]], 2. März 2024, Regie: Noam Damm
* ''[[Le nozze di Figaro|Figaro]]'', Johann Strauss/Wolfgang Amadeus Mozart, 26. April 2024, Regie: Andrea Raabe
 
== Literatur ==
* [[Otto Ludwig Sckell]]: ''Erinnerungen an Alt-Belvedere.'' ca. 1900.
*Reinhard Schau: ''Das Weimarer Belvedere: Eine Bildungsstätte zwischen Goethezeit und Gegenwart.'' Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2006, ISBN 3-412-31205-3.
* Otto Ludwig Sckell: ''200 Jahre Belvedere. Ein Rückblick auf seine Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung seiner Gartenkunst.'' Selbstverlag, Weimar 1928.
* [[Reinhard Schau]]: ''Das Weimarer Belvedere:. Eine Bildungsstätte zwischen Goethezeit und Gegenwart.'' Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2006, ISBN 3-412-31205-3.
* [[Wolfram Huschke (Musikwissenschaftler)|Wolfram Huschke]]: ''Zukunft Musik. Eine Geschichte der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar.'' Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2006.
* Christiane Weber: ''Musiktheater in Weimar: von den Anfängen bis 1959.'' Verlag René Burkhardt, 2008.
 
== Weblinks ==
{{Commonscat|Studiotheater Belvedere Weimar}}
 
== Einzelnachweise ==
<references responsive />
 
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[[Kategorie:TheaterhochschuleHochschule (Deutschland)für Musik Franz Liszt Weimar]]
[[Kategorie:Bauwerk in Weimar]]
[[Kategorie:Kulturdenkmal in Weimar]]
[[Kategorie:Theaterhochschule in Deutschland]]
[[Kategorie:Kultur (Weimar)]]
[[Kategorie:KulturKulturelle Organisation (DDR)]]
[[Kategorie:Organisation (Sowjetische Besatzungszone)]]
[[Kategorie:Bildungseinrichtung in der DDR|Weimar]]