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[[Datei:Sönke Neitzel Blaues Sofa 13. Oktober 2011.jpg|mini|hochkant|Sönke Neitzel (2011)]]
'''Sönke Neitzel''' (* [[26. Juni]] [[1968]] in [[Hamburg]]) ist ein deutscher [[Historiker]] mit dem Schwerpunkt [[Militärgeschichte]]. Von 2011 bis 2012 war er [[Professor]] für Modern History an der [[University of Glasgow]] und von 2012 bis 2015 für International History an der [[London School of Economics and Political Science|London School of Economics]]. Seit 2015 ist er [[Lehrstuhl]]-Inhaber für Militärgeschichte/[[Kulturgeschichte]] der [[Gewalt]] am Historischen [[Institut (Organisation)|Institut]] der [[Universität Potsdam]] und damit der derzeit einzige Professor für Militärgeschichte in Deutschland.
 
== LebenWerdegang ==
Neitzel wuchs im [[Rhein-Main-Gebiet]] auf und absolvierte das [[Abitur]] an der ''[[Claus Schenk Graf von Stauffenberg|Claus-von-Stauffenberg]]-Schule'' in [[Dudenhofen (Rodgau)|Rodgau-Dudenhofen]].<ref>Stadt Rodgau: {{Webarchiv|url=http://www.rodgau.de/index.phtml?La=1&sNavID=1889.41&mNavID=1888.41&object=tx%7C1888.113.1&kat=&kuo=1&sub=0 |wayback=20161205084646 |text=Jahressplitter 1999 |archiv-bot=2024-05-20 18:13:02 InternetArchiveBot }} auf rodgau.de, abgerufen am 16. Juni 2017.</ref>
 
In den Jahren 1987 und 1988 leistete er [[Wehrdienst|Grundwehrdienst]] im [[Hunsrück]], wo er nach seiner [[Grundausbildung (Bundeswehr)|allgemeinen Grundausbildung]] für eine Tankstelle („ortsfeste Unterflurtankanlage“) verantwortlich war.<ref>{{Internetquelle |url=https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr2/joerg-thadeusz/audio-soenke-neitzel-militaerhistoriker-104.html |titel=Sönke Neitzel, Militärhistoriker |werk=WDR 2 Jörg Thadeusz |datum=2023-02-02 |abruf=2023-11-23}}</ref><ref name="Vita">Persönliche Website von Sönke Neitzel: {{Webarchiv |url=http://www.soenke-neitzel.de/de/vita/ |text=''Vita'' |wayback=20100821225600}}.</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.deutschlandfunk.de/moerder-brunnenbauer-beschuetzer-unser-bild-vom-deutschen-soldaten-dlf-1fc70b6b-100.html |titel=Unser Bild vom deutschen Soldaten: Mörder, Brunnenbauer, Beschützer |werk=deutschlandfunk.de |datum=2023-03-02 |abruf=2023-11-03 |kommentar=Minute 12}}</ref>
 
Anschließend studierte er an der [[Johannes Gutenberg-Universität Mainz]] im Hauptfach Mittlere und [[Neuere Geschichte]] sowie Publizistik und [[Politikwissenschaft]] in den Nebenfächern. Er wurde 1994 bei [[Winfried Baumgart]] zum Dr. phil. [[Promotion (Doktor)|promoviert]]. Seine [[Dissertation]] trägt den Titel ''Der Einsatz der Luftwaffe über dem Atlantik und der Nordsee 1939–1945'' und wurde 1996 mit dem [[Förderpreis für Militärgeschichte und Militärtechnikgeschichte|Werner-Hahlweg-Preis]] für Militärgeschichte und Wehrwissenschaften (3. Preis) ausgezeichnet.
 
Ab Oktober 1994 war Neitzel als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar tätig. Neitzel [[Habilitation|habilitierte]] sich am 18. Dezember 1998 mit der Habilitationsschrift ''Die Weltreichslehre im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert'' und lehrte danach als [[Privatdozent]]. Ab Juli 1999 war Neitzel Hochschuldozent auf Zeit. In dieser Zeit war er von Oktober bis Dezember 2001 als ''Visiting Lecturer'' an der [[University of Glasgow|Universität Glasgow]] am ''Department of History'' tätig. Im Sommersemester 2002 vertrat Neitzel eine Professur für Zeitgeschichte sowie in den Wintersemestern 2003/04 und 2004/05 eine Professur für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Obwohl Sönke Neitzel im Oktober 2003 einen Ruf an die Universität Glasgow als ''Lecturer for British History and History of War'' erhalten hatte, blieb er in Mainz und wurde dort am 17. März 2005 außerplanmäßiger Professor. Im Wintersemester 2006/07 folgte er einem Lehrauftrag an die [[Karlsruher Institut für Technologie|Universität Karlsruhe]]. Seit März 2008 war Neitzel [[Akademischer Rat]] auf Zeit an der Universität Mainz.
 
Im Sommersemester 2008 nahm er einen Lehrauftrag an der [[Universität Bern]] an, wo er im Wintersemester desselben Jahres auch die Vertretung des Lehrstuhls für Neueste Geschichte übernahm (Ordinariat [[Stig Förster]]).<ref>{{Webarchiv |url=http://www.hist.unibe.ch/content/neuigkeiten/archiv/2008/index_ger.html |text=Historisches Institut Universität Bern 2008 |wayback=20140221165610}}.</ref><ref name="Vita" /> 2010 war er Senior Fellow am [[Kulturwissenschaftliches Institut Essen|Kulturwissenschaftlichen Institut Essen]] und Lehrstuhlvertreter der Professur für westeuropäische Geschichte an der [[Universität des Saarlandes]] in Saarbrücken. Zum Wintersemester 2011/12 folgte er einem Ruf an die [[University of Glasgow]] auf eine Professur für ''Modern History''.<ref>[[Universität des Saarlandes]]: ''[http://www.forschung-und-lehre.de/wordpress/?page_id=922 Forschung und Lehre – Habilitationen und Berufungen 09/2011].''</ref> 2012 nahm er einen Ruf an die [[London School of Economics and Political Science|London School of Economics]] auf einen Lehrstuhl für ''International History'' an.<ref>[http://www.lse.ac.uk/internationalHistory/whosWho/academicStaff/neitzel.aspx Homepage der LSE].</ref> Seit dem Wintersemester 2015/2016 ist Neitzel Nachfolger von [[Bernhard R. Kroener]] auf dem Lehrstuhl für Militärgeschichte/Kulturgeschichte der Gewalt am Historischen Institut der [[Universität Potsdam]]. Ebendort ist seit dem WS 2016/17 der [[Master|Masterstudiengang]] ''War and Conflict Studies'' (in der Nachfolge von ''Military Studies'') angesiedelt.
 
Neitzel ist Mitglied des [[Arbeitskreis Militärgeschichte|Arbeitskreises Militärgeschichte e. V.]] und saß von 2003 bis 2015 im Vorstand des Vereins, als dessen Zweiter Vorsitzender er von 2006 bis 2015 amtierte.<ref>Arbeitskreis Militärgeschichte:
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== Wirken ==
=== Autor, Gutachter, Fachberater ===
Neitzel ist Autor und Herausgeber zahlreicher wissenschaftlicher Beiträge über [[Geschichte Deutschlands|Deutsche Geschichte]], insbesondere [[Militärgeschichte]] der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.<ref>Persönliche Website von Sönke Neitzel: {{Webarchiv |url=http://www.soenke-neitzel.de/de/schriftenverzeichnis/ |text=''Schriftenverzeichnis'' |wayback=20121129124338}}, abgerufen am 16. Juni 2017.</ref> Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte des Hochimperialismus und das Zeitalter der Weltkriege.<ref>Persönliche Website von Sönke Neitzel: {{Webarchiv |url=http://www.soenke-neitzel.de/start |text=''Startseite'' |wayback=20080917212526}}.</ref>
 
Internationale Aufmerksamkeit erlangte Sönke Neitzels Buch ''Abgehört: Deutsche Generäle in britischer Kriegsgefangenschaft 1942–1945'' (2005, englische Ausgabe 2007: ''Tapping Hitler’s generals: transcripts of secret conversations, 1942–45''), in dem er Mitschnitte von Gesprächen hochrangiger deutscher Soldaten veröffentlichte, die als [[Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges|Kriegsgefangene]] in [[Trent Park]] bei London inhaftiert waren. Die Abhörbänder ermöglichen Einblicke in die Gedankenwelt der Wehrmachts-Offiziere.
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Beide Arbeiten werden als endgültige Widerlegung des Mythos der „[[Saubere Wehrmacht|sauberen Wehrmacht]]“ bewertet, da sie breites Mitwissen und Beteiligung auch hochrangiger deutscher Soldaten des Zweiten Weltkriegs an Kriegsverbrechen und [[Holocaust]] vor allem an den Kriegsschauplätzen der [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Ostfront]] durch authentische Selbstzeugnisse belegen. Auch Aussagen der Autoren zur [[Gewalt]] werden herausgestellt wie die Feststellung, dass sich Soldaten schnell an brutalste Gewalt gewöhnen, wobei Ideologien keine entscheidende Rolle spielen. So ähnelten Aussagen von Wehrmachtssoldaten, die Kinder als potentielle „Feinde“ töteten, denen von US-Soldaten im Vietnamkrieg.<ref name="ntv" /> Neitzel und Welzer schlussfolgern: „Gewalt wird, wenn die kulturellen und sozialen Situationen es als sinnvoll erscheinen lassen, von buchstäblich allen Personengruppen angewandt. […] Menschen töten aus den verschiedensten Gründen. Soldaten töten, weil das ihre Aufgabe ist.“<ref><!--Ohne Autorenangabe-->''[http://oe1.orf.at/artikel/276055 Soldaten]'', Buchbesprechung bei ORF, 4. Mai 2011, abgerufen am 16. Juni 2017.</ref><ref name="ntv" />
 
Im Zuge der Debatten im Vorfeld der zweiten Änderung des 1998 beschlossenen [[Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege#Zweites Änderungsgesetz vom 24. September 2009|Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege]], das bereits seit seiner ersten Änderung im Jahr 2002 grundsätzlich auch für wegen [[Fahnenflucht#Zeit des Nationalsozialismus|Fahnenflucht]] verurteilte Deserteure der [[Wehrmacht]] gilt, nahm Neitzel als Gutachter der [[CDU/CSU-BundestagsfraktionFraktion im Deutschen Bundestag|CDU/CSU]]- und [[FDP-Fraktion der Freien Demokraten|FDP-Bundestagsfraktionen]] zusammen mit [[Rolf-Dieter Müller]], dem damaligen Wissenschaftlichen Direktor am [[Militärgeschichtliches Forschungsamt|Militärgeschichtlichen Forschungsamt]], an der Anhörung vor dem [[Rechtsausschuss (Deutscher Bundestag)|Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages]] vom 5. Mai 2008 teil und sprach sich wie Müller gegen eine pauschale Rehabilitierung der im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wegen „Kriegsverrats“ nach §&nbsp;57 [[MilitärstrafgesetzbuchMilitär-Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich|Militärstrafgesetzbuch]] abgeurteilten [[DeserteurFahnenflucht#Fahnenflucht aus Streitkräften zur Zeit des Nationalsozialismus|Deserteure und Überläufer]] ohne Einzelfallprüfung aus, wie sie die [[Fraktion Die Linke im Bundestag|Linksfraktion]] 2006 beantragt hatte.<ref>[[Helmut Kramer]]: ''[http://kramerwf.de/fileadmin/user_upload/kriegsverrat/Rueckfall_in_Verdraengung_und_Schuldabwehr_121208.pdf Rückfall in Verdrängung und Schuldabwehr]'' (Stellungnahme zum Stand der Debatte im Dezember 2008), S. 2; abgerufen am 14. März 2016.</ref> Die Gutachter waren der Meinung, es sei nicht auszuschließen, dass noch unentdeckte Urteile wegen dieses Tatbestands existieren, die möglicherweise nicht als Unrechtsurteile zu bewerten seien. Im Jahr darauf wurde das Gesetz dennoch geändert, diesmal jedoch auf Antrag der [[Kabinett Merkel I|Regierungskoalition]]. Seitdem ist zur Aufhebung von Urteilen der NS-Militärjustiz wegen „Kriegsverrats“ keine Einzelfallprüfung mehr erforderlich.
 
Als Fachberater ist Neitzel seit 1996 auch regelmäßig für Redaktionen von historischen Fernsehdokumentationen tätig, vorwiegend für [[Guido Knopp]]s ZDF-Redaktion Zeitgeschichte bzw.bwziehungsweise die Sendungsreihe [[Terra X History|ZDF-History]], aber auch für [[ARD]] und [[n-tv]] sowie für die [[Hessische Landeszentrale für politische Bildung|Hessische]] und [[Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit]].<ref>Persönliche Website von Sönke Neitzel: {{Webarchiv |url=http://www.soenke-neitzel.de/de/fachberatung/ |text=''Fachberatungen'' |wayback=20100821224448}}.</ref> Er war als historischer Berater u.&nbsp;a. für die Filmproduktionen ''[[Stauffenberg – Die wahre Geschichte]]'' (2009), ''[[Rommel (Fernsehfilm)|Rommel]]'' (2012) und ''[[Unsere Mütter, unsere Väter]]'' (2013) tätig. Er war Gesprächspartner für die zwölfteilige Serie ''Der Zweite Weltkrieg'' (2018), bei der [[Nina Adler]] und [[Hendrik Behrendt]] Regie führten und die 2019 auf [[ZDFinfo]] ausgestrahlt wurde. Er ist außerdem Mitglied im ''Advisory Editorial Board'' der militärhistorischen Fachzeitschrift ''[[War in History]]''.
 
Sein Buch ''Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben'' (gemeinsam mit [[Harald Welzer]]) war im Mai 2011 auf Platz 1 und im Juli 2011 auf Platz 5 der [[Sachbücher des Monats]].