Byzantinisches Recht

Die Rechtsordnung des Byzantinischen Reiches
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Das byzantinische Recht ist die Rechtsordnung, die im Byzantinischen Reich von dessen Entstehung Ende des 4. Jahrhunderts nach Christus bis zu seinem Untergang galt.

Das byzantinische Recht beruhte auf dem antiken römischen Recht und dem Kirchenrecht der Orthodoxen Kirche. Nach dem Untergang des Byzantinischen Reiches mit dem Fall Konstantinopels im Jahr 1453 lebte das byzantinische Recht in der Rechtspraxis der griechischen Bevölkerung innerhalb des Osmanischen Reiches fort.

Forschungsgeschichte

Zachariae von Lingenthal

Wesentliche Beiträge zur Erforschung der byzantinischen Rechtsgeschichte hat im 19. Jahrhundert Karl Eduard Zachariae von Lingenthal geleistet.[1] Im Zentrum seiner Forschung stand 1856 das „Personenrecht“, das er systematisch, d. h. auf die juristische Institutionen- und Dogmengeschichte, analysierte (Genese, Wandel und Untergang – nach Gustav Hugos Terminologie im 19. Jahrhundert: innere Rechtsgeschichte). Später erweiterte er um die Rechtsgebiete „Erbrecht“ (1858) und „Obligationen- wie Sachenrecht“ (1864).

Das byzantinische Recht war in seiner Dogmengeschichte kein in sich geschlossener Wurf, Zachariae unterschied vielmehr vier rechtsgeschichtliche Perioden. Einleitend standen die justinianischen Kompilationen des Corpus iuris, gefolgt vom „mittelalterlichen Recht der Ecloga“ (vgl. Ekloge ton nomon). Im 9. Jahrhundert wirkte das von ihm so bezeichnete „Spätere Recht“, das als Wiederaufleben des justinianischen Rechts verstanden werden kann, und in der Folgezeit bis Eroberung von Konstantinopel (1453) das „Neueste Recht“, griechisch-römisches Recht unter der Oberhoheit der Osmanen in den Donaufürstentümern und im jungen griechischen Königreich.[2]

Bereits 1839 hatte Zachariae ein Verzeichnis für die äußere Rechtsgeschichte gefertigt. Sie umfasste begrifflich alle byzantinischen Rechtsquellen und literarischen Erzeugnisse. Darin unterschied er drei Epochen, die einerseits von Justinian I. (534–867) über Basileios I. bis zum Untergang Konstantinopels (867–1453) reichte und von der zeitgleichen Halosis der Stadt bis zu Otto von Griechenland (1453–1838).[2]

Spätere Forschung

Peter E. Pieler fasst die Dimension byzantinischer Rechtstexte in einen wesentlich kürzeren, heute gängigen Zeitstrahl. Dieser reicht von Diokletian bis zur Halosis, aber nicht darüber hinaus.[3] Der Maßstab einer konservativen Wertekonfession und Griechenlands Kodifikationsbestrebungen (dieses Bestreben prägte auch den Zeitgeist um Zachariae) reichten nicht aus, die Periodisierung künstlich zu verlängern.

Die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen unterhält eine Forschungsstelle Edition und Bearbeitung byzantinischer Rechtsquellen mit Sitz am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main.

Quellen

Die wichtigste Quelle des byzantinischen Rechts sind die Basiliken, eine im 9. Jahrhundert entstandene Rechtssammlung, die im Wesentlichen eine Übersetzung von Texten aus dem Codex Justinianus, den Institutiones Iustiniani und den Digesten darstellt, später Bestandteil des so genannten Corpus iuris civilis. Erwähnenswert ist außerdem die Hexabiblos, ein Rechtskompendium, das erst 1345 von dem Richter Konstantinos Harmenopoulos aus Thessaloniki verfasst wurde.

Weitere Quellen:

Literatur

  • Max Conrat (Cohn): Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts im früheren Mittelalter. Hinrichs, Leipzig 1891, S. 132–137 (Digitalisat); hierzu die Rezension von Ernst Landsberg. In: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Band 34 = N.F. Band 15, 1892.
  • Jan Dirk Harke: Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4 (Grundrisse des Rechts), § 2 Rnr. 1–4 (S. 20–22).
  • Wolfgang Kaiser: Authentizität und Geltung spätantiker Kaisergesetze (= Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte. Heft 96). Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55121-5.
  • Detlef Liebs: Die Jurisprudenz im spätantiken Italien (260-640 n.Chr.) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge, Band 8). Duncker & Humblot, Berlin 1987.
  • Ulrich Manthe: Geschichte des römischen Rechts (= Beck'sche Reihe. 2132). Beck, München 2000, ISBN 3-406-44732-5, S. 117–122.

Anmerkungen

  1. Ius graeco-romanum. Band 2. Weigel, Leipzig 1856 (Latein, beic.it).
  2. a b Dieter Simon: Die Epochen der byzantinischen Rechtsgeschichte. In: Ius Commune, hrsg. von Dieter Simon, Band 15. Vittorio Klostermann Frankfurt a. M. 1988. S. 73–106.
  3. Peter E. Pieler: Rechtsliteratur. (XIII. Kapitel). In: Herbert Hunger (Hrsg.): Byzantinisches Handbuch. Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. (Handbuch der Altertumswissenschaft, 12. Abteilung, 5. Teil, 2.Band. Beck, München 1978. ISBN 978-3-406-01428-4, S. 341–480 (345).