Die Maikäfer (Melolontha) sind eine Gattung von Käfern in der Familie der Blatthornkäfer (Scarabaeidae). Der am weitesten verbreitete Maikäfer Mitteleuropas ist der Feldmaikäfer (Melolontha melolontha). Im nördlichen und östlichen Europa sowie in einigen Regionen Deutschlands kommt der Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) auf sandigen Böden vor. Eine dritte, dem Feldmaikäfer sehr ähnliche Art ist Melolontha pectoralis, die jedoch in Mitteleuropa sehr selten geworden ist.
Maikäfer | ||||||||||||
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Feldmaikäfer (Melolontha melolontha), ♂ beim Abflug | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Melolontha | ||||||||||||
Fabricius, 1775 |
Merkmale
Die Maikäfer gehören zur Familie der Blatthornkäfer, deren Name sich von den typischen fächerartigen Fühlern ableitet. Die Fühler sind bei den Weibchen viel schwächer ausgeprägt als bei den männlichen Tieren. So finden sich bei den Männchen sieben Fühlerplättchen, die etwa 50.000 Geruchsnerven haben; bei den Weibchen hingegen weist der sechslappige Fühlerfächer ungefähr 9000 dieser Nerven auf. Imagines des Feldmaikäfers erreichen je nach Ernährungsbedingungen eine Körperlänge von 25 bis 30 mm; der Waldmaikäfer ist etwas kleiner (20–25 mm).
Die drei in Mitteleuropa vorkommenden Arten lassen sich am besten an ihrer Hinterleibsspitze (Pygidium) unterscheiden: Diese ist bei Melolontha hippocastani in beiden Geschlechtern schmal und in einen knotigen Fortsatz endend, der beim Weibchen manchmal fehlt. Bei Melolontha melolontha ist die Hinterleibsspitze in beiden Geschlechtern in einen lanzettartigen Fortsatz ohne Knoten verlängert und nur fein behaart, während sie bei Melolontha pectoralis in beiden Geschlechtern doppelt behaart ist und beim Männchen wenig und schmal verlängert, beim Weibchen dagegen abgestutzt bleibt.
Lebensweise
Nach Beendigung der Metamorphose gräbt sich der Maikäfer – seinem Namen entsprechend – in den Monaten April und Mai aus dem Erdboden, fliegt hauptsächlich im Mai und Juni und ernährt sich überwiegend von den Blättern von Laubbäumen. Die Käfer leben als Imago noch etwa vier bis sieben Wochen. Das Männchen stirbt nach der Begattung, das Weibchen nach der Eiablage, wobei bei günstigen Bedingungen zwei bis drei Gelege pro Weibchen möglich sind. Bei der Eiablage werden 10 bis 100 Eier in eher feuchte Humusböden 15 bis 20 cm unter der bewachsenen Oberfläche eingebracht. Nach vier bis sechs Wochen schlüpfen die Engerlinge.[1]
Maikäfer haben eine Zykluszeit von drei bis fünf, meist vier Jahren. Das heißt, die frischgeschlüpften Engerlinge benötigen vier Jahre, bis sie eine vollständige Metamorphose zum geschlechtsreifen Tier durchgemacht haben. Diese Zyklen sind regional synchronisiert. Bei einem vierjährlichen Zyklus etwa folgt auf drei Jahre mit niedrigem Aufkommen ein Jahr mit deutlich mehr Käfern (Maikäferjahr). Diesem Zyklus ist ein über 30- bis 45-jährlicher Rhythmus überlagert. Die Gründe dafür sind nicht im Detail bekannt.
Es wird jedoch vermutet, dass sich Krankheiten und Parasiten, die speziell Maikäfer befallen, in zusammenhängenden Beständen ungehindert epidemisch ausbreiten können. Erst wenn der Befall die Käfer stark dezimiert hat, haben die verbleibenden Käfer eine größere Chance, gesund zu bleiben. Auf diese Weise entstehen die längeren Zyklen, an deren Ende eine der berüchtigten Maikäferplagen steht.
Fressfeinde
Der Maikäfer hat zahlreiche Fressfeinde. Als Engerling wird er von Vögeln (Grünspecht, Amsel, Krähe, Star, Möwe), dem Igel, dem Maulwurf und der Spitzmaus gefressen. Auch Insekten wie der Steinkriecher, Laufkäfer und Raupenfliegen zählen zu seinen Feinden. Als Käfer vertilgen ihn Vögel (Eulen, Krähen, Greifvögel), Fledermäuse, Wildschweine und Dachse.[2]
Maikäfer und Mensch
Gerdt von Bassewitz’ Märchen Peterchens Mondfahrt erzählt von einem Maikäfer, der mit zwei Menschenkindern eine abenteuerliche Reise besteht. In Wilhelm Buschs Geschichte von Max und Moritz spielen die Maikäfer im fünften Kapitel eine wesentliche Rolle.
Die beiden Bataillone des Garde-Füsilier-Regiments vereinigten sich alljährlich im Mai in Potsdam zum Exerzieren. Das einrückende II. Bataillon wurde aufgrund der bunten Regimentsuniform (rote, mit weißen Litzen versehene schwedische Ärmelaufschläge, gelbe Schulterstücke und braune Paspelierung) von den Maikäfer suchenden Jungen mit dem Zuruf „Maikäfer“ begrüßt. Der Name übertrug sich schnell auf das ganze Regiment und wurde, nachdem Friedrich Wilhelm IV. als Kronprinz das Regiment einmal mit „Maikäfer“ angesprochen hatte, quasi offiziell. Daher wurde auch ihre Kaserne Maikäferkaserne genannt.
Bis in die 1960er Jahre wurden diese Käfer, sortiert nach Schornsteinfeger (dunkel, wenig behaart), Bäcker/Müller (weißlich, stärker behaart) oder Kaiser (rötlich), von Kindern gesammelt. Wegen ihrer Erscheinung und der Fluggeräusche ist eine Begegnung mit einem Maikäfer, besonders für Kinder, ein beeindruckendes Erlebnis. Maikäfer flieg ist ein bekanntes deutschsprachiges Volks- und Kinderlied.
Besonders ihre Larven (Engerlinge) gelten als Schädlinge. Während die Käfer bei Massenaufkommen ganze Laubwälder kahlfressen, wovon sich die Bäume jedoch erholen, fressen die Larven die Wurzeln ab, wodurch nachwachsende Laubbäume u. U. flächendeckend absterben. Ob man die Maikäfer bekämpfen muss, wird daher immer wieder kontrovers diskutiert.[3][4] Seit Anfang der 1950er Jahre wurde zur Bekämpfung das inzwischen verbotene Insektizid DDT eingesetzt. Allerdings ist auch in Gebieten, in denen der Maikäfer nicht aktiv bekämpft wurde, seine Population stark zurückgegangen. 1974 betrieben Frankreich und anschließend die Schweiz eine künstliche Verpilzung des Maikäfers.[5] In dem im selben Jahr erschienenen Lied Es gibt keine Maikäfer mehr besingt Reinhard Mey das Verschwinden des Käfers.
Aus Teilen Mitteleuropas werden wieder größere Bestände gemeldet. Zur Bekämpfung von Maikäfern wurden im Mai 2010 in der südhessischen Kommune Pfungstadt erstmals seit 55 Jahren in Hessen wieder mehrere Hundert Hektar Wald mit einem Insektizid gegen Maikäfer behandelt,[6] was zu massiven Protesten seitens der Naturschutzverbände führte.[7] Zur Bekämpfung in der Schweiz wird das Grünland gebietsweise mit dem Beauveria-Pilz geimpft, um eine künstliche Verpilzung herbeizuführen.[8]
Der Maikäferbund war ein literarischer Zirkel in den 1840er Jahren. Die Vereinszeitschrift Der Maikäfer: eine Zeitschrift für Nicht-Philister bot den Mitgliedern ein Forum für eigene Veröffentlichungen. Am Feiertag Peter und Paul wurde jährlich mit einem Treffen aller Mitglieder ein Stiftungsfest gefeiert. Im Vorfeld der Revolution 1848 wurde der Maikäferbund verboten.
Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Maikäfer nicht nur als Hühnerfutter genutzt, sondern fanden auch in der Küche Verwendung. In Frankreich und Teilen Deutschlands wurden sie geröstet und zu Maikäfersuppe verarbeitet. In Konditoreien waren sie verzuckert oder kandiert als Nachtisch zu haben.[9][10]
Literatur
- Wolfgang Schwenke (Hrsg.) u. a.: Die Forstschädlinge Europas. Ein Handbuch in 5 Bänden. Band 2 Käfer. Parey, Hamburg/Berlin 1974, ISBN 3-490-11016-1.
- Fritz Schwerdtfeger: Die Waldkrankheiten. Lehrbuch der Forstpathologie und des Forstschutzes. 4., neubearbeitete Auflage. Parey, Hamburg/Berlin 1981, ISBN 3-490-09116-7.
Weblinks
- Artikel von José Verkests und Maria Pfeifers Arthropoden-Website zum Maikäfer
- Melolontha hippocastani F. und M. melolontha L. – Waldmaikäfer und Feldmaikäfer ( vom 19. Juli 2008 im Internet Archive)
- Melolontha bei Fauna Europaea
- Positionspapier des NABU zur Waldmaikäferbekämpfung (PDF; 203 kB)
- Maikäfer, Engerlinge und Verwandte auf waldwissen.net
- Schäden durch den Maikäfer und Engerling an Weinreben – Rebschutzdienst NÖ
Einzelnachweise
- ↑ Bayrischer Rundfunk: Die Feldmaikäfer brummen wieder in Bayern. In: BR Wissen. 2021, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ Natürliche Feinde des Maikäfers In: umweltbundesamt.de
- ↑ Helga Keßler: Maikäfer stirb! In: Zeit Online, 6. Mai 1994.
- ↑ Werner Breunig: Vielbesungener Schädling. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 9. Mai 2006.
- ↑ Martin Illi: Schädlinge. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 14. Dezember 2011, abgerufen am 8. März 2020.
- ↑ Maikäfer stirb. In: Frankfurter Rundschau online. 3. Mai 2010, abgerufen am 25. August 2010.
- ↑ Johannes Litschel: Ein Problem – viele Ursachen – eine Lösung? Konfliktanalytische Betrachtungen der Maikäferproblematik im Hessischen Ried. Masterarbeit, Freiburg 2012. Online abrufbar unter FreiDok der Uni Freiburg.
- ↑ Maikäferbekämpfung in Thurgau, Graubünden und Bern lanciert. Agroscope, 16. April 2021, abgerufen am 5. Mai 2021.
- ↑ Artikel Maikäfersuppen, ein vortreffliches und kräftiges Nahrungsmittel aus dem Jahr 1844 in einer medizinischen Fachzeitschrift. Nachdruck in: Thomas Hauer (Hrsg.): Das Geheimnis des Geschmacks. Aspekte der Ess- und Lebenskunst (= Werkbund-Archiv; Band 29.) Anabas-Verlag, Frankfurt am Main 2005, S. 122 f.
- ↑ Siehe auch: J. A. Massard: Maikäfer in Luxemburg: Historisches und Kurioses (PDF; 5 Mo). In: Lëtzebuerger Journal. Nr. 88, 8. Mai 2007, S. 26–27 (Maikäfersuppe) [Text des Zeitungsartikels + erweiterte Online-Version].