Choriner Straße

Straße in Berlin-Mitte und Berlin-Prenzlauer-Berg
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Die Choriner Straße in Berlin-Mitte und Prenzlauer Berg ist eine Wohn-, Geschäfts- und Fahrradstraße. Ihr südlicher Teil gehört zu den ältesten Verkehrswegen im Norden Berlins. Sie ist vornehmlich bebaut mit Häusern aus der Gründerzeit, benannt wurde sie 1863 nach der Gemeinde Chorin im Landkreis Barnim.

Choriner Straße
Wappen
Wappen
Straße in Berlin
Choriner Straße
Choriner Straße
Nördlicher Teil, 2024
Basisdaten
Ort Berlin
Ortsteil Mitte
Prenzlauer Berg
Angelegt vor 1685 (Südteil)
1863 (Namensgebung)
1889 (Nordteil)
Hist. Namen Südteil:
Hinter dem Weinberg
Hinter Wollank’s Weinberg
Hohlweg
Verlorener Weg
Nordteil:
Straße 58, Abth. XI
Anschluss­straßen
Gormannstraße
Querstraßen Lottumstraße
Fehrbelliner Straße
Zionskirchstraße
Schwedter Straße
Nutzung
Nutzergruppen Straßenverkehr
Technische Daten
Straßenlänge 880 Meter
Straßenbreite 18,8 Meter (5 Ruthen)

Lage

Gut 800 Meter nördlich des Hackeschen Markts und 100 Meter nördlich der Torstraße beginnt die Choriner Straße an der Kreuzung mit der Zehdenicker Straße und verläuft zunächst in nördlicher Richtung stadtauswärts durch den Kiez am Teutoburger Platz. Sie passiert die Lottumstraße und schwenkt an der Kreuzung mit der Fehrbelliner Straße auf nordnordwestliche Richtung. In geradem Verlauf kreuzt sie Zionskirchstraße und Schwedter Straße und endet nach etwa 880 Metern an der Oderberger Straße, wenige Meter vor der Schönhauser Allee.[1]

Die Kreuzung mit der Schwedter Straße teilt die Choriner Straße in zwei gleich große Abschnitte, ihre südliche Hälfte verläuft entlang einer Ortsteil- und Bezirksgrenze: das Straßenland und die westlichen Hausnummern 65–85 liegen im Ortsteil Berlin-Mitte (Bezirk Mitte), die östlich gelegenen Hausnummern 1–18 liegen in Prenzlauer Berg (Bezirk Pankow). Nördlich der Schwedter Straße befindet sich die Choriner Straße vollständig in Prenzlauer Berg. Die Hausnummern wurden erstmalig 1872 geändert und erneut 1913 in die heutige Nummerierung, sie verlaufen in Hufeisenform, beginnend an der Zehdenicker Straße.

Die Choriner Straße beginnt wenige Schritte nördlich der Tal- und Dünensande des Berliner Urstromtals und erklimmt in nördlicher Richtung die aus Geschiebemergel bestehende Grundmoräne der Hochfläche des Barnim, entstanden vor gut 20 Tausend Jahren während der Weichsel-Kaltzeit. Der Höhenunterschied vom tiefsten Punkt an der Zehdenicker Straße (40 Meter NHN) bis zum höchsten an der Choriner Straße 33 (52 Meter NHN) beträgt rund 12 Meter.

Fahrbahn und Straßengrün

Im April 1968 wurde die Choriner Straße in nördlicher Richtung zur Einbahnstraße und zugleich zu einer Hauptstraße erklärt.[2] Auf der nun vom Kraftverkehr „stark befahrenen“ zweispurigen Straße kam es Anfang der 1970er Jahre zu mehreren schweren Unfällen, bei denen ein Kind starb.[3] 1973 wurde zum Schutz der Fußgänger an der Kreuzung Schwedter Straße eine Ampelanlage installiert.[4]

Die Einbahnstraßenregelung wurde aufgehoben, als die Choriner Straße Ende 1994 Teil des Sanierungsgebiets Teutoburger Platz wurde. Einige Gehwegvorstreckungen wurden angelegt und zunächst eine Tempo-30-Zone eingerichtet.[5] Seit 2012 ist die Choriner Straße in voller Länge eine Fahrradstraße.

Ab 1993 pflanzte die Stadt südlich der Zionskirchstraße zahlreiche Lindenbäume (Tilia euchlora), im nördlichen Teil blieb das Straßengrün etwas spärlicher, dort wurden 2004 neben einigen Buchen und Linden ein Paar Ginko biloba gesetzt sowie 2017 eine Baumreihe Apfeldorn (Crataegus lavallei).[6]

Geschichte

16. bis 18. Jahrhundert: „Hinter dem Weinberg“

 
Ort der Choriner Straße, 1685

Nördlich der mittelalterlichen Stadt Berlin, zwischen heutiger Choriner Straße und dem Weinbergsweg, lag seit dem 16. Jahrhundert ein Weinberg, 1685 erstmals kartiert als Blumenthals Weinberg. Der Eigentümer Freiherr von Blumenthal ließ im Nordosten des Grundstücks, nahe der heutigen Choriner- Ecke Fehrbelliner Straße, einen Aussichtsturm errichten,[7] einen dreigeschossigen Fachwerkbau mit kleiner Dachlaterne.[8]

Bis 1700 war der Weinberg mit der Stadt verbunden über einen Weg, der vom damaligen Stadttor Spandauer Tor nordwärts entlang der heutigen Rosenthaler- und Gormannstraße und weiter den Hang hinauf als Hohlweg entlang der heutigen Choriner Straße verlief.[9][10] Diese Verbindung wurde 1705 durch dem Bau der Circumvallation der Spandauer Vorstadt – der späteren Akzisemauer – abgeschnitten. Es entstanden zwei neue Wege zum Weinberg: westlich der heutige Weinbergsweg vor dem Rosenthaler Tor, östlich ein Feldweg, genannt: „Hinter dem Weinberg“, der vom Schönhauser Tor in einem Bogen entlang der heutigen Zehdenicker- und Choriner Straße bis zur Schwedter Straße führte, im oberen Verlauf später bekannt als Verlorener Weg.[11]

1780 wurde nördlich an den Weinberg angrenzend der langgezogene Acker Tractus des Vorwerks Niederschönhausen separiert, er verlief oberhalb der heutigen Fehrbelliner Straße in einem kilometerlangen, geraden Streifen nordostwärts.[12] Entlang der Ostgrenze des Ackers war 1809 ein erster Feldweg kartiert,[13] der gerade Verlauf der heutigen nördlichen Choriner Straße liegt parallel zur Grenze alten Acker Tractus, etwa 50 Meter ostwärts versetzt.

19. Jahrhundert: Ausbau der Straße

 
Ecke Fehrbelliner Straße, 1828
 
Ecke Fehrbelliner Straße, 2024

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts endete der Weg der heutigen Choriner Straße im Norden an einer damals neuanglegten Kreuzung mit dem Verlorenen Weg (Schwedter Straße), der mit vier Ruthen Breite (gut 15 Meter) als südliche Begrenzung des Berliner Hufelandes angelegt wurde. 1822 gehörte das Land entlang der heutigen Choriner Straße im Süden zu den Weinberg-Stücken, um den Verlorenen Weg war es von Erbpächtern des Königs bewirtschaftet, weiter nördlich gehörte das Feld dem Großgrundbesitzer Friedrich Wilhelm Bötzow.[12] Von den 1840er bis in die 1880er Jahre befanden sich zwischen der heutigen nördlichen Choriner Straße und der Kastanienallee größere Plantagen der Baumschule von Heinrich Lorberg.

 
Hohlweg (schwarz), Planstraße (weiß), 1863

Am 23. September 1863 bekam die Straße ihren Namen, per Kabinettsordre wurde „der von Süden nach Norden gerichtete Theil des sogenannten Hohlweges mit der an demselben sich anschließenden Straße Nr. 58, Abtheilung XI. des Bebauungsplanes“ als Chorinerstraße benannt.[14] Die Schreibweise in einem Wort blieb bis etwa 1906 üblich. Ein von Stadtplaner James Hobrecht zunächst vorgesehener Schmuckplatz zwischen Choriner Straße und Kastanienallee (Platz B, Abt. XI) wurde nicht realisiert.[15] Später wurde dort die 15. Gemeindeschule errichtet.

Ab 1889 wurde die Choriner Straße nordwärts verlängert, eine Kabinettsordre erteilte der Stadt Berlin das Recht zur Enteignung der Grundstücke zwischen Schwedter und der Oderberger Straße.[16] Der neue Straßenabschnitt lag auf der Grenze zweier Kanalisationssysteme, nördlich der Nummer 34 lief das Abwasser in das Radialsystem X, südlich in das Radialsystem IV.[17] 1892 wurde der Abschnitt gepflastert und ab der gleichen Zeit mit Mietskasernen bebaut. Da die nördlichsten Grundstücksparzellen weiterhin zur Schönhauser Allee ausgerichtet blieben, verlaufen die dortigen Grundstücksgrenzen schräg zur Choriner Straße, die Grundrisse zahlreicher Häuser sind rautenförmig, die Grundrisse vieler Loggien markant dreieckig.

Am südlichen Ende der Straße wurden 1893 neue Fluchtlinien festgesetzt und 1898 als Verlängerung der Choriner Straße die Gormanstraße über die Lothringerstraße hinweg Richtung Hackescher Markt durchgelegt.[18] Der Straßenzug folgt seitdem wieder dem alten Weg zum Weinberg, wie von La Vigne im 17. Jahrhundert kartiert.[9]

Bebauung

Überblick

Die Bebauung mit Mietshäusern erfolgte von Süden nach Norden, 1870 waren fünf Häuser an der Straße registriert, 1890 bereits 40 und 1900 gut 70 Häuser – um 1915 war die Bebauung mit mehr als 80 Gebäuden abgeschlossen.

Eines der ersten Gebäude an der Straße errichtete um 1845 der Kaufmann Franz Carl Heinrich Bohnhoff mit seiner Fischbein- und Stuhlrohrfabrik hinter Wollanks Weinberg am Verlorenen Weg.[19] Das Bohnhoff’sche Haus bekam später die Adresse Choriner Straße 86-90,[20] es stand etwa gegenüber der heutigen Ecke zur Lottumstraße. Ab 1853 hatte Zimmermeister Meyer ein Haus hinter dem Wollanks’schen Weinberge, gelegen an der heutigen Kreuzung zur Zehdenicker Straße.[21] Das älteste erhaltene Gebäude ist die heutige Choriner Straße 4, erbaut 1851/1875[22] hinter Wollanks Weinberg vom Ackerbürger Schindler,[23] genannt Schindler’sches Haus, später Wolff’sches Haus.[24]

Um die heutige Choriner Straße standen bereits ab etwa 1800 mehrere Windmühlen, darunter Herzens Lohmühle[25], später auch genannt: Siebertsche Mühle,[26] gelegen östlich, oberhalb der Lottumstraße.[27] Ab den 1820er Jahren standen weiter nördlich zwei weitere Mühlen vis-à-vis dem Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee,[28] eine am heutigen Hofspielplatz Choriner Straße 21, eine weitere, die Haubner’sche Mühle, am Ort des heutigen Hauses Choriner Straße 32.[29]

Brauereien

Ley (ca. 1845–1885)

 
Aussichtspavillon, 1861

Die Haubner’sche Mühle, gebaut auf eine kleine Anhöhe, war Teil eines langgestreckten Grundstücks, das von der Schönhauser Allee 162 westwärts bis über die heutige Choriner Straße hinaus reichte. 1845 eröffnete dort der Braumeister Johann M. Ley eine Kellerei samt Ausschanklokal. Auf einer Anhöhe – vermutlich dem alten Mühlenberg an der Choriner Straße 32 – errichtete er eine Terrasse mit Aussichtspavillon.[30] Ley war ein ehemaliger Arbeitskollege Joseph Pfeffers in der Brauerei Hopf in der Friedrichstraße, er galt als der erste Braumeister, der untergäriges Bier in Berlin braute.[31] Seine Nachfahren betrieben die Bairisch-Bierbrauerei J. M. Ley bis etwa 1885,[32] bevor die Choriner Straße quer durch ihr Grundstück verlängert wurde. Auf dem östlich zur Schönhauser Allee gelegenen Teil des alten Brauereigeländes ließ der Pädagoge Baruch Auerbach 1897 ein Waisenhaus errichten.

Gabriel & Jäger (ca. 1874–1913)

 
Brauerei-Ausschank, um 1910

Auf mehreren zusammengelegten heutigen Hofgrundstücken auf der Westseite zwischen Zehdenicker und Fehrbelliner Straße befand sich von etwa 1874 bis 1913 die Weißbierbrauerei Gabriel & Jäger,[33] sie gehörte um 1890 zu den größten Brauereien Berlins. Ihr erster Brauerei-Ausschank lag an der Zehdenicker Straße 10 und wurde 1884 nordwärts vergrößert zum angrenzenden Hofgrundstück der Choriner Straße 79.[34][35] Weitere Zugänge gab es von der Fehrbelliner Staße 82 und der Choriner Straße 85/86.

Bei einem Großfeuer am Sonntag, den 13. November 1910 brannte die Mälzerei, ein 25 mal 10 Meter großes, dreigeschossiges Gebäude vollständig ab. Das Kontorgebäude an der Zehdenicker Straße und das eigentliche Brauhaus blieben vom Feuer verschont.[36][37] Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude an der Zehdenicker Straße – damals in Besitz des Möbelhauses Feder – schwer beschädigt.[38]

Das Grundstück am ehemaligen Bier-Ausschank mit 35 Meter breiter Straßenfront zur Choriner Straße 79 war nie bebaut, bis dort 2008 ein großes Wohnhaus mit 23 Einheiten errichtet wurde.[39] 2011 folgte eine enge Bebauung der verzweigten südlichen Höfe mit einem Komplex von 120 Eigentumswohnungen, den sogenannten Choriner Höfen.

Schulhaus Choriner Straße 74

1871–1905: Gemeindeschule für Mädchen

Wegen Überfüllung der 15. Gemeindeschule in der Kastanienallee 82 mietete die Stadt im Januar 1870 in der damaligen Chorinerstraße 90 mehrere Räume für drei Filialklassen an.[40] Wenige Meter nördlich, an der heutigen Choriner Straße 74, wurde zur gleichen Zeit unter Stadtbaurat Adolf Gerstenberg die 55. Gemeindeschule errichtet, die als Mädchenschule mit 17 Klassen im April 1871 eröffnete und bis 1905 bestand.[41] Sie bot Platz für knapp 1000 Schülerinnen. 1877 wurde im Schulhaus zusätzlich die 19. Berliner Volksbibliothek eingerichtet, 1893 eine Turnhalle angebaut.

1906–1910: Königstädtische Oberrealschule

Auf Beschluss des Berliner Magistrats wurde im April 1906 die neugegründete 3. Oberrealschule provisorisch in der Choriner Straße 74 untergebracht, mit anfangs 105 Schülerinnen. Erster Schulleiter war Paul Mellmann. 1910 wurde die Schule in Königstädtische Oberrealschule umbenannt. Sie zog anschließend zunächst in ein neues Schulhaus in der Pasteurstraße, später in die Dunckerstraße und heißt seit 2013 Käthe-Kollwitz-Gymnasium.[42]

1911–1914: Luisenstädtisches Gymnasium

Der Schulbau in der Choriner Straße diente anschließend weiter als Provisorium, 1911 zog das Luisenstädtische Gymnasium aus der Brandenburgstraße (heute Lobeckstraße in Kreuzberg) in die Räume, bevor 1914 ihr Neubau an der Ystader Straße fertiggestellt wurde. 1928 benannte sich das Luisenstädtische Gymnasium in Heinrich-Schliemann-Gymnasium um, nach weiteren Umzügen befand es sich 2024 in der Dunckerstraße.

Ab 1915 war in der Choriner Straße 74 für gut 20 Jahre eine städtische Berufsschule ansässig, anfangs unter dem Namen 7. Pflichtfortbildungs- und Wahlfortbildungsschule für Jünglinge (1920), zuletzt genannt Kaufmännische Berufsschule (1937).

1938–1941: Schule der Jüdischen Gemeinde

1938 bezog die VI. Volksschule für Knaben und Mädchen der Berliner Jüdischen Gemeinde die Räume in der Choriner Straße 74.[43] Nach den Pogromen im November 1938, bei denen die Nationalsozialisten auch die jüdische Schule in der Oranienburger Straße zerstörten, wurde im Mai 1939 eine Jugend-Alijah-Schule in der Choriner Straße eingerichtet. Sie sollte Kinder und Jugendliche auf die Alija Bet genannte Emigration ins damalige Palästina vorbereiten. Unterrichtet wurde Hebräische Sprache sowie jüdische, palästinensische und zionistische Geschichte. Es gab etwa 160 Schülerinnen und Schüler, zum zehnköpfigen Lehrerkollegium gehörte die Sportlerin Lilli Henoch, Schulleiter war Jizchak Schwersenz.[44]

Die Turnhalle der Schule war im September 1941 eine der sieben Berliner Ausgabestellen für den Judenstern. Zum Tragen dieses gelben Stoffkennzeichens wurden alle Menschen im Alter von mehr als sechs Jahren, die als Juden galten, per Polizeiverordnung gezwungen. Gegen Zahlung von 10 Pfennig wurden die Judensterne am 17. und 18. September 1941 in der Turnhalle an die jüdische Bevölkerung aus den damaligen Bezirken Wedding, Reinickendorf, Pankow und Prenzlauer Berg ausgegeben.[45]

 
Schulruine (Bildmitte), 1954

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schulgebäude vermutlich 1941 erstmals beschädigt, die ausgebrannte Ruine stand bis Mitte der 1950er Jahre. Anschließend wurde das Gelände mit einem Wohnhaus bebaut, einem sechsgeschossigen DDR-Typenbau aus der Vorläuferserie des Wohnbautyps Q3A.[46]

Zerstörungen im Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg

Bei einem britischen Luftangriff am Morgen des 21. Dezember 1940 trafen zahlreiche Sprengbomben das Gebiet um die Kreuzung mit der Fehrbelliner Straße. In der Choriner Straße 78 durchschlug eine Fliegerbombe den Seitenflügel des Hauses bis zum Erdgeschoß. Eine Familie, bestehend aus Mutter und vier Kindern wurde verschüttet, drei Menschen starben, 75 wurden obdachlos. In der Nachbarschaft trafen weitere Bomben mehrere Wohn- und Fabrikgebäude in der Fehrbelliner Straße 11 bis 13 sowie 18/19 am Hof der Jüdischen Schule.[47]

Die schwersten Schäden während des Krieges gab es am nördlichen Straßenabschnitt, wo zwischen 1943 und 1945 mehr als zehn Gebäude zerstört wurden: Bei einem der größten Luftangriffe der Royal Air Force auf die Stadt vom 22. bis 26. November 1943 verursachten zahlreiche Sprengbomben und grosse Massen von Brandbomben mehrere Groß- und Flächenbrände in den Wohnvierteln um die Schwedter Straße, Oderberger Straße und am Senefelderplatz. Auch die Nutzholzhandlung mit Hobelwerk von Wilhelm Maier in der Choriner Straße 25 meldete „schwere Schäden“.[48] Auf dem gleichen Grundstück befand sich damals auch der Kulissenspeicher des Preußischen Staatstheaters.[49]

Das gegenüber liegende Haus in der Choriner Straße 58 wurde am 23. März 1945 bei einem Angriff mit Minen- und Sprengbomben getroffen,[50] beim Abriss der Ruine im Februar 1950 explodierte ein unbekannter Sprengkörper, dabei wurde ein Arbeiter getötet und drei schwer verletzt.[51] Das Haus Choriner Straße 67 wurde am 10. April 1945 von einer Luftmine zerstört.[52]

Weiter südlich waren bei Kriegsende auch die Eckhäuser Nr. 18 zur Schwedter Straße sowie Nr. 71 zur Zionskirchstraße durch Sprengeinwirkung zerstört, das Haus Nr. 84 und fast der gesamte Hof des ehemaligen Brauereigeländes waren ausgebrannt.[53] Für 50 Menschen, die von den Nationalsozialisten aus der Choriner Straße deportiert und ermordet wurden, waren 2024 Gedenksteine im Straßenpflaster verlegt.[54]

Wiederaufbau seit den 1950er Jahren

Eckhaus Nr. 85
Estradenhäuser
Choriner Straße 4, 2024

In der Bombenlücke Nr. 71 entstand Mitte der 50er Jahre zunächst eine kleine Grünanlage[55] und 1957 ein Kinderspielplatz. 1971 genehmigte der Magistrat von Berlin den Bau einer Kindertagesstätte in der Choriner Straße 24–28,[56] wegen Asbestbelastung wurde das Gebäude 2006 durch einen zweigeschossigen Kita-Neubau aus Ziegelmauerwerk ersetzt.[57]

In den 1970er Jahren wurden im Häuserblock zwischen Choriner, Schwedter und Templiner Straße zahlreiche Wohnhäuser abgerissen und mehr als als ein Dutzend Grundstücke beräumt.[58] Der VEB Wohnungsbaukombinat errichtete an der Ecke zur Schwedter Straße 1977 eine Turnhalle,[59] die als Typenbau zur Serie Kleine Turnhalle KT SK 72-Berlin gehört.[60] Sie war anfangs Teil des fast ein Hektar großen Geländes der 3. Polytechnischen Oberschule in der Templiner Straße, 2024 hieß der Komplex Grundschule am Teutoburger Platz.

Die Gebäude auf dem Grundstück Choriner Straße 47/48 wurden im zweiten Weltkrieg zerstört, das brachliegende Gelände erwarb in den 1990er Jahren die Grundstück-Entwicklungsgesellschaft der Landesbank Berlin; Eine dort zunächst geplante Schulsporthalle wurde nicht realisiert und stattdessen eine öffentliche Grünfläche eingerichtet.[61] An der Choriner Straße 55 und 56 errichtete der Architekt Wolfgang Popp 1998 und 2001 die sogenannten Estradenhäuser,[62] mit verschiebbaren Wänden und breiten, umlaufenden Estraden in den Wohnungen. Das erste Estradenhaus gewann im Jahr 2000 eine Auszeichnung des Berliner Architekturpreises.[63]

Persönlichkeiten

Wissenswertes

  • Auf dem Grundstück Choriner Straße 81 wurde 1878 eine römische Münze aus der Zeit des Kaiser Tetricus (271–274 n. Chr.) gefunden.[70]
  • 1912 vererbte die Millionärin Johanna E. Stuttmeister der Stadt Berlin das damalige Gartengrundstück Choriner Straße 21.[71] Dort entstand später ein größerer Kinderspielplatz, der 2021 saniert und erweitert wurde.[72]
  • In der Choriner Straße 26 betrieb die Berliner Jüdische Gemeinde um 1930 eine Kleiderkammer.
  • Vor dem Haus Choriner Straße 8 wurde im März 1932 Otto Ludwig, Mitglied der NSDAP, von Unbekannten erschossen.[73] Nach Ludwig war 1932 bis 1952 die heutige Topsstraße in Prenzlauer Berg benannt.
  • Bei einem Wintersturm im Januar 1955 stürzte in der Choriner Straße 19 Ecke Schwedter Straße ein Balkon auf den Gehweg.[74]
  • Der VEB Kombinat Hauswirtschaftliche Dienstleistungen eröffnete im März 1984 in der Choriner Straße 19 eine Annahmestelle.[75]
  • In der Choriner Straße 9, parterre links, traf sich Anfang der 1990er Jahre der Sonntags-Club.[76]
  • Seit 1995 findet im Sommer auf dem nördlichen Straßenabschnitt das Choriner Straßenfest statt.[77] Die anfangs nur zum Fest über die Straße gespannten, zahlreichen Wimpelketten waren 2024 ganzjähriger Schmuck des Straßenbildes.

Literatur

  • Planungsgruppe Werkstadt: Städtebauliches Gutachten für das Gebiet „Teutoburger Platz“. Berlin 2006, 37 Seiten, zahlreiche Karten. Bei: berlin.de PDF; 12,7 MB. (Detailliertes Portrait der Umgebung der Choriner Straße im Auftrag des Bezirksamtes Pankow von Berlin)

Präsentation in den Merdien

  • Tom Atkins Blues. Dokumentar-Spielfilm von Alex Ross, Deutschland 2010, 78 min. (Schauplatz ist ein Spätkauf in der Choriner Straße 12)[78]
  • Konrad Knebel (* 1932): Choriner Straße. (1983) Tempera/Öl auf Leinwand, 81 cm × 90 cm (Kunstsammlung Pankow)
Commons: Choriner Straße (Berlin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem: Karte Flurstücke im Geoportal Berlin
  2. Berliner Zeitung: Die Volkspolizei meldet – Rosenthaler Platz ohne Kreisverkehr. Nr. 107, Berlin 18. April 1968, S. 8.
  3. Neues Deutschland: Schwere Verkehrsunfälle. Berlin 07. Juli 1971 S. 8.
  4. Berliner Zeitung: Die Volkspolizei meldet. Berlin 4. November 1973, S. 8.
  5. Abgeordnetenhaus von Berlin: Drucksache 17/0846. Verordnungen über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten vom 12. Feb. 2013. Anlage 1: Bericht zur Begründung der Aufhebung des Gebietes. Ziele der Sanierung 1. 3. IV.
  6. Geoportal Berlin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Karte Baumbestand Berlin (Stand November 2024)
  7. Otto Behrendt: Wollanks Weinberg. In: Hans Brendicke (Hrsg.): Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins. 36. Jahrgang, Berlin 1919. S. 70.
  8. Anonym: Stadtansicht Berlins von Norden. Zeichnung, Berlin um 1700. Landesdenkmalamt Berlin / Bildarchiv Marburg, Bild-Nr. mi03478b08. Bei: bildindex.de
  9. a b Plan von Berlin mit Umgebung. Copirt in der städtischen Plankammer, nach dem im Jahre 1685 durch den Ingenieur la Vigne, aufgenommenen u. gezeichneten Plane, Berlin, im Jahre 1890 durch Rieck u. Beck. Im Landesarchiv Berlin: F Rep 270: A 2003.
  10. Anonym: Stadtbefestigung von Berlin 1698. Federzeichnung auf Transparentpapier. Digitalisat im stadtmuseum.de
  11. Samuel Graf von Schmettau: Plan de la Ville de Berlin. Berlin 1748. (korrigierte Fassung von 1750)
  12. a b Mencelius (Menzel): Plan der Berliner Hufen im Jahre 1822. Konig. Lith. Institut, Berlin 1823. Im: stadtmuseum.de.
  13. Jean Chrétien Selter: Plan de Berlin et de ses plus proches Environs par I.C. Selter. Schopp, Berlin 1809.
  14. Magistrat zu Berlin: Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin. Sittenfeld, Berlin 1863, S. 318. Bei: zlb.de
  15. Planungsgruppe Werkstadt: Städtebauliches Gutachten für das Gebiet „Teutoburger Platz.“ Berlin 2006, Karte 3: Hobrecht-Plan 1862 (Abteilung XI) eingetragen auf Sineck-Plan 1856.
  16. Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1889. Band Nr. 1, Berlin 1889, S. 138.
  17. Magistrat von Berlin: Übersicht der Radial-Systeme I bis XII nach den Stadtbezirken. In: ders.: Personalnachweisung der Berliner Gemeindeverwaltung. Stankiewicz, Berlin 1892, S. 174–75.
  18. Verwaltungs-Bericht des Magistrats zu Berlin 1898/1899: Bericht über die städtische Bau-Verwaltung. Berlin 1899, Nr. 31 S. 11.
  19. Winckler: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen. Berlin 1846, S. 44, bei: zlb.de sowie
    ders.: Berlin 1855, S. 51. Bei: zlb.de
  20. J. A. Bünger: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch. Berlin 1866, S. 35. Bei: zlb.de (Fabrikbesitzer Frick im alten Bohnhoff’schen Haus)
  21. Winckler: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Berlin und Umgebungen. Teil III, Berlin 1854, S. 301. Bei: zlb.de (spätere Adresse: Choriner Straße 91–94)
  22. Denkmaldatenbank des Landesdenkmalamtes Berlin: Mietshaus Choriner Straße 4
  23. Winckler: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Berlin und Umgebungen auf das Jahr 1852. Veit, Berlin 1852, Teil 1, S. 433.
  24. J. A. Bünger: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin auf das Jahr 1863. Hayn, Berlin 1863, Teil 2, S. 182.
  25. Salomo Sachs: Allgemeiner Strassen- und Wohnungs-Anzeiger für die Residenzstadt Berlin. Berlin 1812, S. 468. Bei: zlb.de
    (auch: Herzersche Lohmühle. C. F. W. Wegener: Immerwährender Strassen-Anzeiger. J. W. Boicke, Berlin 1820. S. 76.)
  26. Koen. Pr. Grosser Generalstab: Grundriss von Berlin mit nächster Umgegend. Winkler’sches Adressbuch, Berlin 1835
  27. J. F. Schneider: Plan von Berlin nebst denen umliegenden Gegenden im Jahr 1802. Berlin 1802.
  28. Dannhauer: Plan von der Gegend bei Berlin. Handzeichnung, koloriert. Blatt D7. Berlin 1827. Digitalisat im stadtmuseum.de
  29. C. Birk: Neuester Bebauungs-Plan von Berlin mit nächster Umgebung und Angabe des Weichbilds u. Polizei-Bezirksgrenzen. Simon Schropp, Berlin 1863.
  30. Robert Springer: Berlin. Ein Führer durch die Stadt und ihre Umgebungen. Mit 110 in den Text gedruckten Abbildungen, einem Grundriß der königlichen Museen und einem Plane von Berlin. J. J. Weber, Leipzig 1861, S. 86.
  31. H. Schulze-Besse: Aus der Geschichte des Berliner Brauwesens und seiner Braumeister. (Rezension von Richard Knoblauch) In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins. Heft 3, Berlin 1927, S. 130.
  32. Loewenthal (Hrsg.): Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1886. Teil I, Berlin 1886, S. 625.
  33. Berlinische Galerie - Museum für Moderne Kunst: Franz Skarbina: Weißbierausschank im Hinterhofgarten - Garten der Berliner Weißbierbrauerei Gabriel & Jäger. (Bildbeschreibung) berlinischegalerie.de
  34. Loewenthal (Hrsg.): Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1885. Erster Band, Berlin 1885, Teil II., S. 68.
  35. August Scherl: Berliner Adreßbuch 1913. Teil III. Berlin 1913, S. 142.
  36. Berliner Neueste Nachrichten: Großfeuer in einer Brauerei. 30. Jahrgang, Nr. 579, Berlin 14. November 1910, S. 3.
  37. Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen: Ein gewaltiges Schadenfeuer. Nr. 536, Berlin 14. November 1910, S. 3.
  38. Landesarchiv Berlin: A Rep. 005-07 Nr. 269 (Schadensmeldungen Zehdenicker Straße 10 und Choriner Straße 84, 1943 - 1945)
  39. Modersohn & Freiesleben Architekten: Mehrfamilienhaus Choriner Strasse, Berlin. zit. nach: baukobox.de (Abgerufen am 27. Oktober 2024)
  40. Vorlagen zu dem Stadtverordneten-Protokoll vom 20. Januar 1870. In: Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin. 45. Vorlage, Berlin 1870, S. 45. Bei: zlb.de
  41. Verwaltungs-Bericht des Magistrats zu Berlin pro 1871: Bericht der städtischen Schul-Deputation. Berlin, Dezember 1872, No. 2, S. 2. Bei: zlb.de
  42. Landesarchiv Berlin: A Rep. 020-40 Königstädtische Oberrealschule - Blücher-Schule. (Schulgeschichte im Vorwort)
  43. Schulverwaltung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin: Jüdische Schulen für jüdische Kinder. In: Jüdisches Nachrichtenblatt. 1. Jahrgang, Nr. 1, Berlin 23. November 1938. S. 2.
  44. Chana C. Schütz: Zionists in Berlin. In: Beate Meyer u. a. (Hrsg.): Jews in Nazi Berlin: from Kristallnacht to liberation. The University of Chicago Press, Chicago 2009, S. 134.
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Koordinaten: 52° 31′ 59,8″ N, 13° 24′ 25,6″ O