„Postulant“ – Versionsunterschied

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Als '''Postulanten''' (von [[Lateinische Sprache|lat.]]: ''postulare'' = „erbitten, verlangen“) werden in verschiedenen Ordensgemeinschaften, vor allem im [[Christentum]], aber auch bei einzelnen [[Buddhismus|buddhistischen]] Orden, Gläubige bezeichnet, die um die Aufnahme in die Gemeinschaft ersucht haben. Sie absolvieren ein ''Postulat'', eine Zeit, in der sie das Leben der Gemeinschaft kennenlernen und die Gemeinschaft sie kennenlernen kann.
{{Dieser Artikel|beschreibt die Bedeutung von Postulat im Sinne der [[Logik]]. Für die Bedeutung im [[Politisches System der Schweiz|politischen System der Schweiz]] siehe [[Postulat (Schweiz)]].}}
Als '''Postulat''' (von [[Lateinische Sprache|lat.]]: ''postulatum'' = „Forderung“) wird ein [[Grundsatz]] für eine Diskussion, eine Theorie oder ein formales System bezeichnet, der keine neuen Terme einführt, aber nicht aus den gegebenen Definitionen [[Ableitung (Logik)|abgeleitet]] werden kann. Ein Postulat gilt als [[Axiom]], wenn sich aus ihm andere [[Theorem]]e des Systems oder der Alltagserfahrung herleiten lassen, deren Geltung bereits bekannt ist oder beschlossen wurde. Die Gültigkeit eines Postulats kann auf der Ebene der [[Metatheorie]] angegriffen, bestritten und widerlegt werden, z. B. wenn an seiner Stelle ein anderer Satz gefunden wird, der mindestens die gleiche Begründungskraft hat.


Auch die Kandidaten für die Aufnahme in eine [[Freimaurer]]loge oder den [[Rosenkreuzer]]orden [[AMORC]] werden gelegentlich als ''Postulanten'' bezeichnet.<ref>William Moseley Brown: ''The postulant: a booklet of information for those elected to receive the first degree in masonry''. Freemasons. Grand Lodge of Virginia. Committee on Masonic Education and Information, 1940. [https://books.google.de/books?id=vVzsHAAACAAJ&dq=Postulant&hl=de&ei=3mZfTtD1C8uhOu2q5dQC&sa=X&oi=book_result&ct=result Google-Books]</ref>
== Mathematik ==
In der [[Mathematik]] werden unbewiesene oder unbeweisbare Aussagen, die in Folgerungen oder Beweissystemen als wahr vorausgesetzt werden sollen, auch Postulate genannt. Je nachdem, ob der Begriff des Axioms konstruktivistisch verstanden wird oder nicht, fallen die Begriffe Axiom und Postulat dabei zusammen.


Auf das Postulat, das in der römisch-katholischen Kirche von einigen Monaten bis hin zu äußerstenfalls zwei Jahren dauern kann, erfolgt nach der entsprechenden Bitte des Postulanten das [[Noviziat]], an dessen Beginn meist die formelle Zulassung zur [[Einkleidung]] steht (nach [[Codex Iuris Canonici|kirchlichem Recht]] can. 597 § 2). Alternative Bezeichnungen für den Postulanten sind ''Kandidat'' oder ''Aspirant''.<ref>Petra Altmann: ''Orden und Klosterleben.Die 101 wichtigsten Fragen''. C.H. Beck, München 2001, S. 126. [https://books.google.de/books?id=DTwvPjDCCIEC&lpg=PA126&dq=Postulant+Kloster&hl=de&pg=PA126#v=onepage&q&f=false Google-Buchseitenvorschau]</ref> In manchen Orden hingegen werden die Bezeichnungen Aspirant oder Kandidat für diejenigen gebraucht, die sich um die Aufnahme als Postulant ins Kloster bemühen.
Es werden auch Axiome als ''rein logische'' Grundsätze eines Systems verstanden, Postulate hingegen als Grundsätze, die nicht nur logische Symbole enthalten.<ref>Vgl. etwa Anton Hügli, Poul Lübcke: ''Philosophielexikon'', Kröner, Stuttgart 1991, s.v. "Postulat".</ref>


Das Postulat, das allgemeinrechtlich erst 1911–1912 eingeführt wurde, ist als Vorprüfungszeit für die angehende [[Noviziat|Novizin]] (den angehenden Novizen) zu verstehen, die nicht zur Gültigkeit des folgenden Noviziats vorgeschrieben ist.<ref>Honorius Hanstein, Ordensrecht, Ein Grundriss für Studierende, Seelsorger, Klosterleitungen und Juristen. Paderborn, 1952/1957, § 32 Das Postulat, S. 119 f.</ref>
== Philosophie ==
Die [[Aristoteles|aristotelische]] [[Wissenschaftstheorie]] unterscheidet<ref>[[Analytica posteriora]] 76b 23-34.</ref> zwischen
* Prinzip als durch sich selbst notwendig: für ''jeden'' einsichtiges Axiom
* Prinzip als Voraussetzung (''hypothesis''): für den Lernenden in der entsprechenden Wissenschaft einsichtig
* Prinzip als Postulat (''aitēma''): für den Lernenden in der entsprechenden Wissenschaft nicht einsichtig oder dessen Meinung entgegen stehend; einschließlich prinzipiell beweisbarer Sätze, die man gegenwärtig aber ohne Beweis annimmt oder verwendet

[[Euklid]] spricht von ''aitēmata'' (Postulaten) und ''koinai ennoiai'' (Axiomen, wörtlich Gemeinbegriffen, lat. communes animi conceptiones).

[[Proklos]]<ref>Vgl. In primum Euclidis Elementorum librum commentarii, hg. G. Friedlein, Teubner, Leipzig 1873, [http://www.archive.org/details/procliinprimume00procgoog Digitalisat], 181-183.</ref> unterscheidet aitēmata als durch einen Beweis zu bestätigen (ähnlich den hypotheseis des Aristoteles) von axiomata als keines Beweises bedürftig. Auch weist er Postulate der Geometrie zu und Axiome allen mit Quantitäten und Raumausdehnung hantierenden Wissenschaften.

[[Archimedes]] versteht unter ''axiomata'' auch Definitionen und bezeichnet die Postulate als ''lambanomena''.

In [[Immanuel Kant]]s Terminologie ist "Postulat" ein "praktischer unmittelbar gewisser Satz oder ein Grundsatz, der eine mögliche Handlung bestimmt, bei welcher vorausgesetzt wird, daß die Art, sie auszuführen, unmittelbar gewiß sei."({{Kant|9|112||||| Logik-Vorlesung}}) Er unterscheidet dabei mathematische Postulate von Postulaten der praktischen Vernunft: Die Postulate der praktischen Vernunft sind eine für moralisches Handel subjektiv notwendige Annahme, die mathematischen Postulate sind für Kant jedoch objektiv notwendige und wahre Sätze, die jedoch nicht aus Begriffen folgen, sondern an der Vorstellung von mathematischen Gegenständen [[a priori]] als Konstrukte der Einbildungskraft erkannt ({{Kant|5|11||||| ''Kritik der praktischen Vernunft''}}, vgl. auch {{Kant|3|198||||| ''Kritik der reinen Vernunft'', A&nbsp;234/B&nbsp;286}})

In der [[Erkenntnistheorie]] und Wissenschaftstheorie wird der Ausdruck "Postulat" bisweilen auch allgemeiner verwendet im Sinne einer ''normativen Forderung''.

[[Moritz Schlick]] vertrat die These: "Postulate im Sinne der alten Philosophie gibt es gar nicht" - nämlich als "eine Regel, an der wir unter allen Umständen festhalten müssen". Vielmehr sollte "Postulat" eine empirisch zweckmäßige Anweisung zur Bildung von Aussagen bezeichnen.<ref>Moritz Schlick: "Die Kausalität in der gegenwärtigen Physik", in: Die Naturwissenschaften 19 (1931), 145-62, hier 155. Auch in: J. Friedl / H. Rutte (Hgg.): ''Die Wiener Zeit'': Aufsätze, Beiträge, Rezensionen 1926-1936, Springer, Wien 2008, 231-292, hier 269.</ref>

== Physik ==

In der Physik werden die Begriffe „Postulat“ und „Axiom“ austauschbar verwendet. Da physikalische Theorien auf unterschiedliche Weise axiomatisiert werden können, kann eine bestimmte physikalische Aussage in einer Formulierung der Theorie den Status eines Axioms haben, in einer anderen, äquivalenten Formulierung hingegen den Status eines Theorems. Beispielsweise kann die klassische Punktmechanik wahlweise auf Basis der [[Newtonsches Gesetz|Newtonschen Gesetze]], des [[Lagrange-Formalismus]] oder des [[Hamilton-Jacobi-Formalismus]] formuliert werden. Im erstgenannten Fall hat z.B. das 3. Newtonsche Gesetz den Status eines Postulats bzw. eines Axioms, in den beiden anderen Fällen ist es ein [[Theorem]].

== Ordensleben ==

Bei [[Christentum|christlichen]] [[Ordensgemeinschaft]]en (aber auch teilweise bei westlichen [[Buddhismus|buddhistischen]] Orden) bezeichnet das Postulat (mancherorts auch ''Kandidatur'' genannt) einen in der Regel mehrmonatigen Zeitraum, in dem der [[Postulant]] das Leben in der Gemeinschaft kennenlernen kann, und in dem seine Berufung zum Ordensleben geprüft wird. Mancherorts kann das Postulat bis zu zwei Jahre dauern.

Nach dem Postulat folgt das [[Noviziat]], an dessen Beginn meist die formelle Zulassung zur [[Einkleidung]] steht.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


== Weblinks ==
[[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]
{{Wiktionary}}
[[Kategorie:Philosophische Logik]]
*[[s:en:Catholic Encyclopedia (1913)/Postulant|''Postulant'']] in der ''Catholic Encyclopedia'' von 1913 (in englischer Sprache)
[[Kategorie:Klosterwesen]]


[[Kategorie:Personenbezeichnung (Ordensgemeinschaften)]]
[[ca:Postulat]]
[[cs:Postulát]]
[[da:Antagelse]]
[[eo:Postulato]]
[[fi:Postulaatti]]
[[fr:Postulat]]
[[hr:Postulat]]
[[nl:Postulaat]]
[[simple:Postulate]]
[[sv:Postulat]]

Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 13:37 Uhr

Als Postulanten (von lat.: postulare = „erbitten, verlangen“) werden in verschiedenen Ordensgemeinschaften, vor allem im Christentum, aber auch bei einzelnen buddhistischen Orden, Gläubige bezeichnet, die um die Aufnahme in die Gemeinschaft ersucht haben. Sie absolvieren ein Postulat, eine Zeit, in der sie das Leben der Gemeinschaft kennenlernen und die Gemeinschaft sie kennenlernen kann.

Auch die Kandidaten für die Aufnahme in eine Freimaurerloge oder den Rosenkreuzerorden AMORC werden gelegentlich als Postulanten bezeichnet.[1]

Auf das Postulat, das in der römisch-katholischen Kirche von einigen Monaten bis hin zu äußerstenfalls zwei Jahren dauern kann, erfolgt nach der entsprechenden Bitte des Postulanten das Noviziat, an dessen Beginn meist die formelle Zulassung zur Einkleidung steht (nach kirchlichem Recht can. 597 § 2). Alternative Bezeichnungen für den Postulanten sind Kandidat oder Aspirant.[2] In manchen Orden hingegen werden die Bezeichnungen Aspirant oder Kandidat für diejenigen gebraucht, die sich um die Aufnahme als Postulant ins Kloster bemühen.

Das Postulat, das allgemeinrechtlich erst 1911–1912 eingeführt wurde, ist als Vorprüfungszeit für die angehende Novizin (den angehenden Novizen) zu verstehen, die nicht zur Gültigkeit des folgenden Noviziats vorgeschrieben ist.[3]

Einzelnachweise

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  1. William Moseley Brown: The postulant: a booklet of information for those elected to receive the first degree in masonry. Freemasons. Grand Lodge of Virginia. Committee on Masonic Education and Information, 1940. Google-Books
  2. Petra Altmann: Orden und Klosterleben.Die 101 wichtigsten Fragen. C.H. Beck, München 2001, S. 126. Google-Buchseitenvorschau
  3. Honorius Hanstein, Ordensrecht, Ein Grundriss für Studierende, Seelsorger, Klosterleitungen und Juristen. Paderborn, 1952/1957, § 32 Das Postulat, S. 119 f.
Wiktionary: Postulant – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Postulant in der Catholic Encyclopedia von 1913 (in englischer Sprache)