„Jobless growth“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
typos
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(33 dazwischenliegende Versionen von 20 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Der Begriff '''''jobless growth''''' bzw. '''beschäftigungsfreies Wachstum''' (auch '''jobless recovery''') bezeichnet die Erholung der [[Konjunktur]] ohne Beschäftigungszunahme, somit ein [[Wirtschaftswachstum]] oder eine wirtschaftliche Erholung von einer [[Rezession]], die jedoch nicht ausreicht, Arbeitsplätze zu schaffen.<ref>Jörn Altmann: ''Wirtschaftspolitik: eine praxisorientierte Einführung.'' Lucius & Lucius DE, 2007, ISBN 978-3-8252-1317-6, S. 51.</ref> Geprägt wurde der Begriff in den 1990er Jahren in den USA, um die ökonomische Situation am Ende der Amtsperiode des US-amerikanischen Präsidenten [[George H. W. Bush]] zu beschreiben.
{{Belege fehlen}}


[[Jeremy Rifkin]] vertrat in seinem Buch [[Das Ende der Arbeit]] 1995 die Auffassung, dass [[Rationalisierung (Ökonomie)|Rationalisierung]], [[Automatisierung]] und Wirtschaftswachstum sogar zu einer Zunahme der [[Arbeitslosigkeit]] führen können. In einem Interview erklärte er:<ref>{{Webarchiv | url=http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/916564?_seite=1 | wayback=20050503014620 | text=Jeremy Rifkin, Interview über das Ende der Arbeit mit der Stuttgarter Zeitung, 29. April 2005}}</ref> „Langfristig wird die [[Arbeit (Philosophie)#Status quo der Vita activa|Arbeit]] verschwinden. […] Wir sind mitten in einer Umwälzung, die die industrielle Revolution noch übertrifft. […] die Computer und Informationstechnik von heute machen immer mehr Menschen ganz überflüssig. Selbst die billigste menschliche Arbeitskraft ist teurer als die Maschine.“ Eine maßgebliche Entwicklung sieht Rifkin in der [[Digitale Revolution|Digitalen Revolution]]. Weiter führte er aus: „In den 20 größten Volkswirtschaften der Erde sind zwischen 1995 und 2002 mehr als 30 Millionen Arbeitsplätze abgebaut worden. Wohin sie schauen, dasselbe Bild: Die Produktion steigt, die Produktivität steigt, aber die Arbeitsplätze nehmen ab.“<ref>{{Webarchiv | url=http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/916564?_seite=1 | wayback=20050503014620 | text=Interview in der Stuttgarter Zeitung, 29. April 2005}}</ref> Unter dem Eindruck dieser Entkopplung von Beschäftigung und Konjunkturlage befürwortete der Soziologe [[Claus Offe]] ein Bürgergeld/[[Bedingungsloses Grundeinkommen|Grundeinkommen]].<ref>Arno Waschkuhn: Kritische Theorie: Politikbegriffe und Grundprinzipien der Frankfurter Schule, Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2015, S. 210 [https://books.google.de/books?id=TL3yCQAAQBAJ&pg=PA210]</ref>
'''Jobless recovery''' oder '''jobless growth''' sind aus dem Amerikanischen übernommene Bezeichnungen für '''Konjunkturerholung ohne Beschäftigungszunahme'''. Die Begriffe beschreiben ein [[Wirtschaftswachstum]] oder eine wirtschaftliche Erholung von einer [[Rezession]], die jedoch nicht ausreicht, Arbeitsplätze zu schaffen. Geprägt wurden sie in den 1990er Jahren in den USA, um die Situation am Ende der Amtsperiode des amerikanischen Präsidenten [[George H.W. Bush]] zu beschreiben. Diese Situation stellt sich auch in den frühen 2000er Jahren wieder ein.


Der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Beschäftigungszunahme ist eine traditionelle Theorie in der [[Ökonomie]], jedoch teilweise umstritten. [[Ralf Fücks]] schrieb 2013 in seinem Buch ''Intelligent wachsen – Die grüne Revolution'': „Die oft kolportierte These vom »Jobless Growth« hält einer empirischen Überprüfung nicht stand. Der Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ist nach wie vor intakt. Die Zahl der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik hat im Herbst 2012 ein Allzeithoch erreicht. Entgegen dem verbreiteten Eindruck haben dabei die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse stärker zugenommen als die »Minijobs«“.<ref>Ralf Fücks: ''Intelligent wachsen – Die grüne Revolution'', Carl-Hanser-Verlag München, 2013, S. 120</ref>
Vor den 1990er Jahren führten konjunkturelle Erholungen in der Regel auch zur Belebung der Arbeitsmärkte. Aber dieser Effekt zeigte sich in den jüngeren Erholungen nur schwach und wenig nachhaltig. Die dabei geschaffenen Arbeitsmöglichkeiten sind in einem höheren Maß prekär, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
== Literatur ==
* Ricardo J. Caballero, Mohamad L. Hammour: ''Jobless growth: appropriability, factor substitution, and unemployment.'' National Bureau of Economic Research, 1997.


== Einzelnachweise ==
Die Ursachen sind umstritten. Produktivitätssteigerungen durch Automatisierung und strukturelle Veränderungen der Arbeitsmärkte und der Industrie werden diskutiert. Als ein weiterer Grund gilt die globale Öffnung der Märkte. Bei dieser Betrachtungsweise wird angenommen, dass Unternehmen in Zeiten schlechter Konjunktur eher dazu neigen, Fertigungen aus Kostengründen in Niedriglohngebiete zu verlagern. Auch bei Konjunkturverbesserungen bleiben die verlagerten Arbeitsplätze in diesen Regionen.
<references />


[[Kategorie:Makroökonomie]]
[[Kategorie:Makroökonomie]]
[[Kategorie:Arbeit]]
[[Kategorie:Arbeitsmarkt]]

[[en:Jobless recovery]]
[[lt:Ekonomikos augimas nesukuriant darbo vietų]]

Aktuelle Version vom 31. März 2023, 11:12 Uhr

Der Begriff jobless growth bzw. beschäftigungsfreies Wachstum (auch jobless recovery) bezeichnet die Erholung der Konjunktur ohne Beschäftigungszunahme, somit ein Wirtschaftswachstum oder eine wirtschaftliche Erholung von einer Rezession, die jedoch nicht ausreicht, Arbeitsplätze zu schaffen.[1] Geprägt wurde der Begriff in den 1990er Jahren in den USA, um die ökonomische Situation am Ende der Amtsperiode des US-amerikanischen Präsidenten George H. W. Bush zu beschreiben.

Jeremy Rifkin vertrat in seinem Buch Das Ende der Arbeit 1995 die Auffassung, dass Rationalisierung, Automatisierung und Wirtschaftswachstum sogar zu einer Zunahme der Arbeitslosigkeit führen können. In einem Interview erklärte er:[2] „Langfristig wird die Arbeit verschwinden. […] Wir sind mitten in einer Umwälzung, die die industrielle Revolution noch übertrifft. […] die Computer und Informationstechnik von heute machen immer mehr Menschen ganz überflüssig. Selbst die billigste menschliche Arbeitskraft ist teurer als die Maschine.“ Eine maßgebliche Entwicklung sieht Rifkin in der Digitalen Revolution. Weiter führte er aus: „In den 20 größten Volkswirtschaften der Erde sind zwischen 1995 und 2002 mehr als 30 Millionen Arbeitsplätze abgebaut worden. Wohin sie schauen, dasselbe Bild: Die Produktion steigt, die Produktivität steigt, aber die Arbeitsplätze nehmen ab.“[3] Unter dem Eindruck dieser Entkopplung von Beschäftigung und Konjunkturlage befürwortete der Soziologe Claus Offe ein Bürgergeld/Grundeinkommen.[4]

Der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Beschäftigungszunahme ist eine traditionelle Theorie in der Ökonomie, jedoch teilweise umstritten. Ralf Fücks schrieb 2013 in seinem Buch Intelligent wachsen – Die grüne Revolution: „Die oft kolportierte These vom »Jobless Growth« hält einer empirischen Überprüfung nicht stand. Der Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ist nach wie vor intakt. Die Zahl der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik hat im Herbst 2012 ein Allzeithoch erreicht. Entgegen dem verbreiteten Eindruck haben dabei die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse stärker zugenommen als die »Minijobs«“.[5]

  • Ricardo J. Caballero, Mohamad L. Hammour: Jobless growth: appropriability, factor substitution, and unemployment. National Bureau of Economic Research, 1997.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Jörn Altmann: Wirtschaftspolitik: eine praxisorientierte Einführung. Lucius & Lucius DE, 2007, ISBN 978-3-8252-1317-6, S. 51.
  2. Jeremy Rifkin, Interview über das Ende der Arbeit mit der Stuttgarter Zeitung, 29. April 2005 (Memento vom 3. Mai 2005 im Internet Archive)
  3. Interview in der Stuttgarter Zeitung, 29. April 2005 (Memento vom 3. Mai 2005 im Internet Archive)
  4. Arno Waschkuhn: Kritische Theorie: Politikbegriffe und Grundprinzipien der Frankfurter Schule, Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2015, S. 210 [1]
  5. Ralf Fücks: Intelligent wachsen – Die grüne Revolution, Carl-Hanser-Verlag München, 2013, S. 120