„Alphabetschrift“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
→Semitische Alphabete: Tausch. Löschung: das Wesentliche steht oben. Details wie Münzen, Mumienbandagen, Estrangelo führen hier zu weit. |
K lf |
||
(40 dazwischenliegende Versionen von 18 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Als '''alphabetische Schrift''' oder '''Buchstabenschrift''' bezeichnet man eine [[Schrift]], der die [[Phonem]]e (Laute) einer [[Sprache]] als diskrete Zeicheneinheiten zugrunde liegen. Diese Einheiten – meist handelt es sich um etwa 20 bis 40 verschiedene Zeichen – werden als [[Buchstabe]]n bezeichnet. Sie haben keine inhaltliche Bedeutung und lassen sich in ihrer Gesamtheit in einem [[Alphabet]] zusammenfassen. |
Als '''alphabetische Schrift''' oder '''Buchstabenschrift''' bezeichnet man eine [[Schrift]], der die [[Phonem]]e (Laute) einer [[Sprache]] als diskrete Zeicheneinheiten zugrunde liegen. Diese Einheiten – meist handelt es sich um etwa 20 bis 40 verschiedene Zeichen – werden als [[Buchstabe]]n bezeichnet. Sie haben keine inhaltliche Bedeutung und lassen sich in ihrer Gesamtheit in einem [[Alphabet]] zusammenfassen. |
||
Jede alphabetische Schrift ist eine [[Phonographie (Linguistik)|phonographische Schrift]], deren Prinzip am strengsten von der [[Lautschrift]] vertreten wird: Ein Zeichen bezeichnet einen Sprachlaut. Den Gegensatz dazu bilden die [[Silbenschrift]]en, die auf visualisierten [[Silbe]]n (Lautkombinationen) basieren, und die [[Logografie|logographischen]] Schriften, die Zeichen für semantische Einheiten (Wörter, Begriffe, „Ideen“) kennen. |
Jede alphabetische Schrift ist eine [[Phonographie (Linguistik)|phonographische Schrift]], deren Prinzip am strengsten von der [[Lautschrift]] vertreten wird: Ein Zeichen bezeichnet einen Sprachlaut. Den Gegensatz dazu bilden die [[Silbenschrift]]en, die auf visualisierten [[Silbe]]n (Lautkombinationen) basieren, und die [[Logografie|logographischen]] Schriften, die Zeichen für semantische Einheiten (Wörter, Begriffe, „Ideen“) kennen. |
||
Die frühesten Funde einer Alphabetschrift stammen aus [[Sarābīt al-Chādim]] auf der [[Sinai-Halbinsel]]. Offenbar haben dort kanaäische Wanderarbeiter die Hieroglyphen in einfache Lautzeichen ihrer Sprache übertragen. Diese Zeichen der [[Protosinaitische Schrift|protosinaitischen Schrift]] weisen große Ähnlichkeit auf mit der – erst Jahrhunderte später entwickelten – [[phönizische Schrift|phönizischen Schrift]]. Von der phönizischen Schrift stammen fast alle späteren Alphabetschriften ab, darunter sämtliche modernen europäischen Alphabete einschließlich des griechischen, lateinischen und des kyrillischen. Unter den gegenwärtig gebräuchlichen Alphabetschriften geht einzig die [[Koreanisches Alphabet|koreanische]] auf eine andere Quelle zurück. |
|||
== Geschichte und Entwicklung == |
== Geschichte und Entwicklung == |
||
{{Hauptartikel|Geschichte des Alphabets}} |
{{Hauptartikel|Geschichte des Alphabets|Geschichte der Schrift}} |
||
=== Vorgeschichte === |
=== Vorgeschichte === |
||
Die in Südosteuropa gefundenen [[Vinča-Zeichen]] (ca. 5300–3200 v. Chr.) waren wahrscheinlich noch keine Bestandteile eines Schriftsystems. |
Die in Südosteuropa gefundenen [[Vinča-Zeichen]] (ca. 5300–3200 v. Chr.) waren wahrscheinlich noch keine Bestandteile eines Schriftsystems. Die ältesten nachweislichen Schriftfunde stammen von den [[Sumer]]ern in [[Mesopotamien]]. Sie nutzten für Verwaltungszwecke zunächst eine [[Bilderschrift]] (ab etwa 3500 v. Chr.) sowie eine [[Keilschrift]], die auf Tontafeln festgehalten wurde. Etwas später, um 3200 v. Chr., entstanden die [[Ägyptische Hieroglyphen|ägyptischen Hieroglyphen]], dann um 2300 bis 2000 v. Chr. die [[akkad]]ische [[Silbenschrift]]. |
||
⚫ | Die Schwäche der früheren Schriftsysteme war ihre Kompliziertheit. Sie waren aufgrund der großen Zahl verschiedener Symbole schwer zu erlernen. Die Keilschrift umfasste bis zu 600 Zeichen, wovon die Hälfte als Silbenzeichen diente. Die Ägypter verwendeten zeitweise mehrere tausend verschiedene Hieroglyphen. |
||
Die ältesten nachweislichen Schriftfunde stammen von den [[Sumer]]ern in [[Mesopotamien]]. Sie nutzten für Verwaltungszwecke zunächst eine [[Bilderschrift]] (ab etwa 3500 v. Chr.) sowie eine [[Keilschrift]], die auf Tontafeln festgehalten wurde. Etwas später, um 3200 v. Chr., entstanden die [[Ägyptische Hieroglyphen|ägyptischen Hieroglyphen]], dann um 2300 bis 2000 v. Chr. die [[akkad]]ische [[Silbenschrift]]. |
|||
⚫ | Die Schwäche der |
||
=== Phönizisches Alphabet === |
=== Phönizisches Alphabet === |
||
[[Datei:Phönizisch-5Sprachen.svg|miniatur|300px|Das phönizische Alphabet (mittlere Säule) ist die Mutter verschiedener heutiger Alphabete. V.l.n.r.: [[Lateinisches Alphabet|lateinisch]], [[Griechisches Alphabet|griechisch]], ''phönizisch'', [[Hebräisches Alphabet|hebräisch]], [[Arabisches Alphabet|arabisch]]. <br /> Die modernen Äquivalente der phönizischen Buchstaben stehen auf selber Höhe wie die „Originale“ in der mittleren Spalte.<br />Verwandte Buchstaben sind im gleichen Farbton hinterlegt. Pfeile ordnen Buchstaben ihrem jeweiligen Äquivalent zu.]] |
[[Datei:Phönizisch-5Sprachen.svg|miniatur|300px|Das phönizische Alphabet (mittlere Säule) ist die Mutter verschiedener heutiger Alphabete. V. l. n. r.: [[Lateinisches Alphabet|lateinisch]], [[Griechisches Alphabet|griechisch]], ''phönizisch'', [[Hebräisches Alphabet|hebräisch]], [[Arabisches Alphabet|arabisch]]. <br /> Die modernen Äquivalente der phönizischen Buchstaben stehen auf selber Höhe wie die „Originale“ in der mittleren Spalte.<br />Verwandte Buchstaben sind im gleichen Farbton hinterlegt. Pfeile ordnen Buchstaben ihrem jeweiligen Äquivalent zu.]] |
||
Als Ursprung der meisten späteren Alphabetschriften gilt die [[phönizische Schrift]]. Sie stammt von der [[Protosinaitische Schrift|protosinaitischen Schrift]] ab, die um 1700 v. Chr. entwickelt wurde und die Einkonsonantenzeichen der [[hieratisch]]en Schrift der [[Ägyptische Sprache|ägyptischen Sprache]] zum Vorbild hatte. Von besonderer Bedeutung ist eine Sphinx-Statue, auf den im Jahre 1905 der Ägyptologe [[Flinders Petrie|W. M. Flinders Petrie]] in [[Sarābīt al-Chādim]] stieß. Während die Hieroglyphen auf der Sphinx die ägyptische Göttin des Türkis – [[Hathor]] – preisen, sind darunter schlichte Zeichen in den Sandstein gemeißelt worden, die die Hieroglyphen in kanaanitischen Lautzeichen übertragen und die Göttin Hathor durch „Bacalat“, die Frau des [[Baal (Gott)|Baal]], ersetzen. |
|||
⚫ | Das Neue an dieser Alphabetschrift war die Reduktion der Bedeutung der Schriftzeichen auf kleinste bedeutungsunterscheidende Einheiten. Dadurch kam man mit einem vergleichsweise kleinen Satz von nur 22 Zeichen aus. Es wurden zunächst nur Konsonanten geschrieben ([[Konsonantenschrift]]). Die Lautzeichen sind vereinfachte Abbildungen der Hieroglyphen, die für mit den Buchstabennamen bezeichneten Objekte gestanden hatten ([[Rebus-Prinzip]]). |
||
Als Ursprung der meisten späteren Alphabetschriften gilt die [[phönizische Schrift]]. Sie stammt von einem [[Protosemitisches Alphabet|protosemitischen Alphabet]] ab, das um 1700 v. Chr. entwickelt wurde und seierseits die [[hieratisch]]e Schrift der [[Ägyptische Sprache|ägyptischen Sprache]] zum Vorbild hatte. Es lassen sich auch Bezüge zur [[Ugaritische Schrift|ugaritischen Schrift]] und zu Keilschriften herstellen. Die Sprache der [[Phönizier]] war eine [[Semitische Sprachen|semitische Sprache]]. Man spricht daher auch vom „nordsemitischen“ Alphabet. |
|||
=== Verwandte und Abkömmlinge === |
|||
⚫ | Das Neue an dieser |
||
Zur wesentlich älteren [[ugaritische Schrift|ugaritischen Schrift]] lassen sich Bezüge herstellen, obwohl sie eine [[Keilschrift]] ist. Eng verwandt mit der phönizischen Schrift ist die [[althebräische Schrift]], aus der sich die [[samaritanische Schrift]] abzweigte. Die althebräische Schrift wurde im 2. Jahrhundert durch die [[Quadratschrift]] ersetzt. Dies ist das bis heute gebräuchliche [[Hebräisches Alphabet|hebräische Alphabet]]. |
|||
⚫ | |||
=== Semitische Alphabete === |
|||
⚫ | |||
<!-- The Phoenician alphabet is derived from Egyptian hieroglyphics [4] and became one of the most widely used writing systems, spread by Phoenician merchants across the Mediterranean world, where it evolved and was assimilated by many other cultures.--> |
|||
* Aus dem aramäischen Alphabet gingen das hebräische Alphabet, das [[Syrisches Alphabet|syrische Alphabet]] und das [[Arabisches Alphabet|arabische Alphabet]] und zahlreiche weitere Alphabete in [[Kaukasien]], [[Mittelasien]] und über die [[Brahmi-Schrift]] in [[Südasien]] und [[Südostasien]] hervor. |
|||
⚫ | |||
{{Siehe auch|Genealogie der von der protosinaitischen Schrift abgeleiteten Alphabete}} |
|||
⚫ | |||
⚫ | |||
* Aus dem aramäischen Alphabet gingen das , das [[Hebräisches Alphabet|hebräische Alphabet]], das [[Syrisches Alphabet|syrische Alphabet]] und das [[Arabisches Alphabet|arabische Alphabet]] hervor. |
|||
⚫ | |||
Die von der [[Protosinaitische Schrift|protosinaitischen Schrift]] abstammenden Alphabete der semitischen Sprachen enthielten zunächst nur Konsonanten. Für das [[Hebräische Sprache|Hebräische]] und [[Aramäische Sprache|Aramäische]] wurden allerdings schon früh [[He (Hebräisch)|He]] (im Wortauslaut zunächst für a, e, o, später fast nur noch für a), [[Waw (Hebräisch)|Waw]] und [[Jod (Hebräisch)|Jod]] (zunächst nur im Auslaut, später auch im Inlaut für u und o bzw. i und e) neben ihrer konsonantischen Bedeutung auch als Zeichen für lange Vokale gebraucht, im Aramäischen später auch [[Aleph]] (für a). Zur genaueren Bezeichnung der vokalisierten Aussprache wurden später u. a. für die hebräische, die syrische und die arabische Schrift verschiedene Systeme von [[Vokalisierung (Schrift)|Vokalzeichen]] entwickelt, meist in Form von Punkten oder Strichen über oder unter den Buchstaben. |
|||
Schon die ersten Alphabetschriften der [[Phönizier]] und der [[Hebräer]] wurden mit Vokalzeichen ergänzt. Zunächst wurden [[Aleph]], [[Waw (Hebräisch)|Waw]] und [[Jod (Hebräisch)|Jod]] neben ihrer konsonantischen Bedeutung auch als Zeichen für lange Vokale (a, u, i) gebraucht. Andere Vokale wurden den Konsonanten in Form von Punkten oder Strichen zugeordnet. Mit der Übernahme der semitischen Alphabete in andere Sprachen wurden diese durch Vokalbuchstaben ergänzt. Einige Systeme stellten die Vokale durch kleine Modifikationen an den Konsonanten dar, wodurch diese in gewissem Sinne wieder zu Silbenzeichen wurden (z. B. die [[äthiopische Schrift]], die aber von einem griechischen Vorbild stammt). Siehe auch zum [[inhärenter Vokal|inhärenten Vokal]] in der indischen Schrift. |
|||
=== Ausbreitung in Europa === |
=== Ausbreitung in Europa === |
||
Um 800 v. Chr. übernahmen die [[Griechen]] das Alphabet von den Phöniziern, samt den semitischen Namen der Buchstaben. Sie erweiterten das phönizische Alphabet um weitere Zeichen, ersetzten diverse Zeichen und deuteten einige Zeichen um. Das [[Griechisches Alphabet|griechische Alphabet]] enthielt Buchstaben für ''alle'' Vokale – es visualisierte Vokale ebenso wie Konsonanten und war damit das erste vollständige phonetische Alphabet. Die Schreibrichtung war zunächst linksläufig. Um 700 v. Chr. setzte sich auf dem griechischen Festland die Schreibrichtung von links nach rechts durch, um 500 v. Chr. auch auf Kreta. |
Um 800 v. Chr. übernahmen die [[Griechen]] das Alphabet von den Phöniziern, samt den semitischen Namen der Buchstaben. Sie erweiterten das phönizische Alphabet um weitere Zeichen, ersetzten diverse Zeichen und deuteten einige Zeichen um. Das [[Griechisches Alphabet|griechische Alphabet]] enthielt Buchstaben für ''alle'' Vokale – es visualisierte Vokale ebenso wie Konsonanten und war damit das erste vollständige phonetische Alphabet. Die Schreibrichtung war zunächst linksläufig. Um 700 v. Chr. setzte sich auf dem griechischen Festland die Schreibrichtung von links nach rechts durch, um 500 v. Chr. auch auf Kreta. |
||
Aus dem griechischen Alphabet entwickelte sich das [[ |
Aus dem griechischen Alphabet entwickelte sich das [[Altitalisches Alphabet|altitalische Alphabet]] mit mehreren Varianten, darunter das [[Etruskische Schrift|etruskische Alphabet]], aus diesem wiederum das [[Lateinisches Alphabet|lateinische Alphabet]]. Durch die römischen Eroberungen und die Verbreitung der lateinischen Sprache setzte sich das lateinische Alphabet in Westeuropa durch, wobei es an die jeweiligen Sprachen angepasst wurde. |
||
Die etruskische Schrift und die lateinische Schrift der Römer kommen auch als Vorbilder der germanischen [[Runen]]­schrift in Betracht. Aus der abweichenden Gestalt der Runenzeichen und Unterschieden bei der alphabetischen Anordnung (siehe [[Runenreihe]]) geht jedoch hervor, dass keine direkte Verwandtschaft besteht. |
|||
Die seit dem 3. Jahrhundert belegte [[Runenschrift]] wird entweder auf die von italischen Stämmen in den Ostalpen verwendete nordetruskische Schrift und das lateinische Alphabet zurückgeführt oder als Schöpfung eines germanischen Volkes angesehen, das im heutigen Böhmen lebte. Bei letzterem wird wohl das Prinzip der Alphabetschrift vom lateinischen Alphabet her bekannt gewesen sein. |
|||
Das [[Kyrillisches Alphabet|kyrillische Alphabet]] stammt vom griechischen ab. Es wurde um 900 von |
Das [[Kyrillisches Alphabet|kyrillische Alphabet]] stammt vom griechischen ab. Es wurde um 900 von Schülern der byzantinischen Missionare [[Kyrill und Method]] entworfen, die die [[Slawenmission]] betrieben. Neben dem griechischen Alphabet waren auch einige Zeichen des von Kyrill und Method geschaffenen [[Glagolitische Schrift|Glagolitischen Alphabets]] Vorbild für das Kyrillische Schriftbild. |
||
=== Ableger in Asien === |
=== Ableger in Asien === |
||
Spätestens im 3. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich – wahrscheinlich nach einem ostaramäischen Vorbild – in Indien die [[Brahmi-Schrift]], der Vorfahre der [[Indischer Schriftenkreis|indischen Schriften]]. Die indischen Schriften weisen Merkmale von Alphabetschriften und zugleich von Silbenschriften auf, ihr Schrifttyp wird [[Abugida]] genannt. |
Spätestens im 3. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich – wahrscheinlich nach einem ostaramäischen Vorbild – in Indien die [[Brahmi-Schrift]], der Vorfahre der [[Indischer Schriftenkreis|indischen Schriften]]. Die indischen Schriften weisen Merkmale von Alphabetschriften und zugleich von Silbenschriften auf, ihr Schrifttyp wird [[Abugida]] genannt. |
||
Über Handelswege gelangten Abkömmlinge des aramäischen Alphabets bis weit nach Asien. Das [[Syrisches Alphabet|syrische Alphabet]] pflanzte sich im [[Sogdische Sprache|sogdischen Alphabet]] fort und dieses im [[Uigurisches Alphabet|uigurischen Alphabet]]. Nach der Gründung des [[Mongolisches Reich|Mongolischen Reiches]] ließ [[Dschingis Khan]] die uigurische Schrift überarbeiten. So entstand die klassische [[mongolische Schrift]], die heute unter anderem noch in der [[Innere Mongolei|Inneren Mongolei]] (im Norden der [[Volksrepublik China]]) in Gebrauch ist. |
|||
Über Handelswege gelangte das aramäische Alphabet bis nach [[China]], wo die [[Mongolen]] ihre Schrift aus der aramäischen entwickelten. |
|||
== Systematik der Alphabetschriften == |
== Systematik der Alphabetschriften == |
||
Zeile 55: | Zeile 55: | ||
| [[Internationales Phonetisches Alphabet|IPA]] |
| [[Internationales Phonetisches Alphabet|IPA]] |
||
|- |
|- |
||
| [[Phonemische Schrift]] |
| [[Phonemische Schrift]]|| ein [[Phonem]] |
||
| [[Finnische Sprache|Finnisch]], [[Türkische Sprache|Türkisch]], [[Georgische Sprache|Georgisch]] |
| [[Finnische Sprache|Finnisch]], [[Türkische Sprache|Türkisch]], [[Georgische Sprache|Georgisch]] |
||
|- |
|- |
||
| [[Morphophonemische Schrift]] |
| [[Morphophonemische Schrift]]|| ein [[Morphophonem]] |
||
| [[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Englische Sprache|Englisch]], [[Hangeul|Koreanisch]] |
| [[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Englische Sprache|Englisch]], [[Hangeul|Koreanisch]] |
||
|} |
|} |
||
Zeile 65: | Zeile 65: | ||
== Siehe auch == |
== Siehe auch == |
||
* [[ |
* [[Mündliche Überlieferung]] |
||
* |
* [[Schriftkultur]] |
||
* [[Stenografie]] |
* [[Stenografie]] |
||
== Literatur == |
== Literatur == |
||
* [[Alan Gardiner|Alan H. Gardiner]]: ''The Egyptian Origin of the Semitic Alphabet'', in: Journal of Egyptian Archaeology 3 (1916), S. 1–16. |
|||
* [[Orly Goldwasser]]: ''Canaanites Reading Hieroglyphs. Horus is Hathor? – The Invention of the Alphabet in Sinai'', in: Ägypten und Levante 16 (2006), S. 121–160 |
|||
* [[Eric A. Havelock]]: ''The Muse Learns to Write: Reflections on Orality and Literacy from the Antiquity to the Present''. New Haven (Conn.), 1986 (dt. Übers. ''Als die Muse schreiben lernte''. Frankfurt 1992) |
* [[Eric A. Havelock]]: ''The Muse Learns to Write: Reflections on Orality and Literacy from the Antiquity to the Present''. New Haven (Conn.), 1986 (dt. Übers. ''Als die Muse schreiben lernte''. Frankfurt 1992) |
||
* Eric A. Havelock: ''The Literate Revolution in Greece and it's Cultural Consequences''. Princeton N. J., 1982 (dt. Übers. ''Schriftlichkeit. Das griechische Alphabet als kulturelle Revolution''. Weinheim 1990) |
* Eric A. Havelock: ''The Literate Revolution in Greece and it's Cultural Consequences''. Princeton N. J., 1982 (dt. Übers. ''Schriftlichkeit. Das griechische Alphabet als kulturelle Revolution''. Weinheim 1990) |
||
* |
* Burkhard Kienast: ''Keilschrift und Keilschriftliteratur''. In: ''Frühe Schriftzeugnisse der Menschheit'', Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1969, ISBN 3-525-85537-0 |
||
* |
* David Sacks: ''Letter Perfect: The Marvelous History of Our Alphabet From A to Z'', ISBN 0767911733 (auf Englisch) |
||
* David Sacks: ''The Alphabet''. Arrow Books, London 2004, ISBN 0099436825 (auf Englisch) |
* David Sacks: ''The Alphabet''. Arrow Books, London 2004, ISBN 0099436825 (auf Englisch) |
||
Zeile 79: | Zeile 81: | ||
{{Wiktionary|Alphabetschrift}} |
{{Wiktionary|Alphabetschrift}} |
||
{{Wiktionary|Buchstabenschrift}} |
{{Wiktionary|Buchstabenschrift}} |
||
* private Seite [ |
* private Seite [https://www.typolexikon.de/schriftgeschichte/ Schriftgeschichte] |
||
{{Normdaten|TYP=s|GND=4146837-5}} |
{{Normdaten|TYP=s|GND=4146837-5}} |
Aktuelle Version vom 8. September 2024, 00:15 Uhr
Als alphabetische Schrift oder Buchstabenschrift bezeichnet man eine Schrift, der die Phoneme (Laute) einer Sprache als diskrete Zeicheneinheiten zugrunde liegen. Diese Einheiten – meist handelt es sich um etwa 20 bis 40 verschiedene Zeichen – werden als Buchstaben bezeichnet. Sie haben keine inhaltliche Bedeutung und lassen sich in ihrer Gesamtheit in einem Alphabet zusammenfassen.
Jede alphabetische Schrift ist eine phonographische Schrift, deren Prinzip am strengsten von der Lautschrift vertreten wird: Ein Zeichen bezeichnet einen Sprachlaut. Den Gegensatz dazu bilden die Silbenschriften, die auf visualisierten Silben (Lautkombinationen) basieren, und die logographischen Schriften, die Zeichen für semantische Einheiten (Wörter, Begriffe, „Ideen“) kennen.
Die frühesten Funde einer Alphabetschrift stammen aus Sarābīt al-Chādim auf der Sinai-Halbinsel. Offenbar haben dort kanaäische Wanderarbeiter die Hieroglyphen in einfache Lautzeichen ihrer Sprache übertragen. Diese Zeichen der protosinaitischen Schrift weisen große Ähnlichkeit auf mit der – erst Jahrhunderte später entwickelten – phönizischen Schrift. Von der phönizischen Schrift stammen fast alle späteren Alphabetschriften ab, darunter sämtliche modernen europäischen Alphabete einschließlich des griechischen, lateinischen und des kyrillischen. Unter den gegenwärtig gebräuchlichen Alphabetschriften geht einzig die koreanische auf eine andere Quelle zurück.
Geschichte und Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die in Südosteuropa gefundenen Vinča-Zeichen (ca. 5300–3200 v. Chr.) waren wahrscheinlich noch keine Bestandteile eines Schriftsystems. Die ältesten nachweislichen Schriftfunde stammen von den Sumerern in Mesopotamien. Sie nutzten für Verwaltungszwecke zunächst eine Bilderschrift (ab etwa 3500 v. Chr.) sowie eine Keilschrift, die auf Tontafeln festgehalten wurde. Etwas später, um 3200 v. Chr., entstanden die ägyptischen Hieroglyphen, dann um 2300 bis 2000 v. Chr. die akkadische Silbenschrift.
Die Schwäche der früheren Schriftsysteme war ihre Kompliziertheit. Sie waren aufgrund der großen Zahl verschiedener Symbole schwer zu erlernen. Die Keilschrift umfasste bis zu 600 Zeichen, wovon die Hälfte als Silbenzeichen diente. Die Ägypter verwendeten zeitweise mehrere tausend verschiedene Hieroglyphen.
Phönizisches Alphabet
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Ursprung der meisten späteren Alphabetschriften gilt die phönizische Schrift. Sie stammt von der protosinaitischen Schrift ab, die um 1700 v. Chr. entwickelt wurde und die Einkonsonantenzeichen der hieratischen Schrift der ägyptischen Sprache zum Vorbild hatte. Von besonderer Bedeutung ist eine Sphinx-Statue, auf den im Jahre 1905 der Ägyptologe W. M. Flinders Petrie in Sarābīt al-Chādim stieß. Während die Hieroglyphen auf der Sphinx die ägyptische Göttin des Türkis – Hathor – preisen, sind darunter schlichte Zeichen in den Sandstein gemeißelt worden, die die Hieroglyphen in kanaanitischen Lautzeichen übertragen und die Göttin Hathor durch „Bacalat“, die Frau des Baal, ersetzen.
Das Neue an dieser Alphabetschrift war die Reduktion der Bedeutung der Schriftzeichen auf kleinste bedeutungsunterscheidende Einheiten. Dadurch kam man mit einem vergleichsweise kleinen Satz von nur 22 Zeichen aus. Es wurden zunächst nur Konsonanten geschrieben (Konsonantenschrift). Die Lautzeichen sind vereinfachte Abbildungen der Hieroglyphen, die für mit den Buchstabennamen bezeichneten Objekte gestanden hatten (Rebus-Prinzip).
Verwandte und Abkömmlinge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur wesentlich älteren ugaritischen Schrift lassen sich Bezüge herstellen, obwohl sie eine Keilschrift ist. Eng verwandt mit der phönizischen Schrift ist die althebräische Schrift, aus der sich die samaritanische Schrift abzweigte. Die althebräische Schrift wurde im 2. Jahrhundert durch die Quadratschrift ersetzt. Dies ist das bis heute gebräuchliche hebräische Alphabet.
Direkte Abkömmlinge des phönizischen Alphabets sind das altsüdarabische Alphabet, das aramäische Alphabet und das griechische Alphabet mit weiteren Abkömmlingen:
- Ein Nachfolger der altsüdarabischen Schrift ist die äthiopische Schrift.
- Aus dem aramäischen Alphabet gingen das hebräische Alphabet, das syrische Alphabet und das arabische Alphabet und zahlreiche weitere Alphabete in Kaukasien, Mittelasien und über die Brahmi-Schrift in Südasien und Südostasien hervor.
- Vom griechischen Alphabet stammen das lateinische Alphabet, das koptische Alphabet in Ägypten und das kyrillische Alphabet ab.
Die von der protosinaitischen Schrift abstammenden Alphabete der semitischen Sprachen enthielten zunächst nur Konsonanten. Für das Hebräische und Aramäische wurden allerdings schon früh He (im Wortauslaut zunächst für a, e, o, später fast nur noch für a), Waw und Jod (zunächst nur im Auslaut, später auch im Inlaut für u und o bzw. i und e) neben ihrer konsonantischen Bedeutung auch als Zeichen für lange Vokale gebraucht, im Aramäischen später auch Aleph (für a). Zur genaueren Bezeichnung der vokalisierten Aussprache wurden später u. a. für die hebräische, die syrische und die arabische Schrift verschiedene Systeme von Vokalzeichen entwickelt, meist in Form von Punkten oder Strichen über oder unter den Buchstaben.
Ausbreitung in Europa
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um 800 v. Chr. übernahmen die Griechen das Alphabet von den Phöniziern, samt den semitischen Namen der Buchstaben. Sie erweiterten das phönizische Alphabet um weitere Zeichen, ersetzten diverse Zeichen und deuteten einige Zeichen um. Das griechische Alphabet enthielt Buchstaben für alle Vokale – es visualisierte Vokale ebenso wie Konsonanten und war damit das erste vollständige phonetische Alphabet. Die Schreibrichtung war zunächst linksläufig. Um 700 v. Chr. setzte sich auf dem griechischen Festland die Schreibrichtung von links nach rechts durch, um 500 v. Chr. auch auf Kreta.
Aus dem griechischen Alphabet entwickelte sich das altitalische Alphabet mit mehreren Varianten, darunter das etruskische Alphabet, aus diesem wiederum das lateinische Alphabet. Durch die römischen Eroberungen und die Verbreitung der lateinischen Sprache setzte sich das lateinische Alphabet in Westeuropa durch, wobei es an die jeweiligen Sprachen angepasst wurde.
Die etruskische Schrift und die lateinische Schrift der Römer kommen auch als Vorbilder der germanischen Runenschrift in Betracht. Aus der abweichenden Gestalt der Runenzeichen und Unterschieden bei der alphabetischen Anordnung (siehe Runenreihe) geht jedoch hervor, dass keine direkte Verwandtschaft besteht.
Das kyrillische Alphabet stammt vom griechischen ab. Es wurde um 900 von Schülern der byzantinischen Missionare Kyrill und Method entworfen, die die Slawenmission betrieben. Neben dem griechischen Alphabet waren auch einige Zeichen des von Kyrill und Method geschaffenen Glagolitischen Alphabets Vorbild für das Kyrillische Schriftbild.
Ableger in Asien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Spätestens im 3. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich – wahrscheinlich nach einem ostaramäischen Vorbild – in Indien die Brahmi-Schrift, der Vorfahre der indischen Schriften. Die indischen Schriften weisen Merkmale von Alphabetschriften und zugleich von Silbenschriften auf, ihr Schrifttyp wird Abugida genannt.
Über Handelswege gelangten Abkömmlinge des aramäischen Alphabets bis weit nach Asien. Das syrische Alphabet pflanzte sich im sogdischen Alphabet fort und dieses im uigurischen Alphabet. Nach der Gründung des Mongolischen Reiches ließ Dschingis Khan die uigurische Schrift überarbeiten. So entstand die klassische mongolische Schrift, die heute unter anderem noch in der Inneren Mongolei (im Norden der Volksrepublik China) in Gebrauch ist.
Systematik der Alphabetschriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hinsichtlich ihres Bezugs zur Phonologie lassen sich die alphabetischen Schriften nach ihrer Lauttreue wie folgt einteilen:
Typ | ein Buchstabe repräsentiert: | Beispielsprache |
---|---|---|
Phonetische Schrift | einen Laut | IPA |
Phonemische Schrift | ein Phonem | Finnisch, Türkisch, Georgisch |
Morphophonemische Schrift | ein Morphophonem | Deutsch, Englisch, Koreanisch |
Keine Kultur hat eine vollständige phonetische Schrift entwickelt; die einzigen funktionierenden phonetischen Schriftsysteme wurden künstlich entwickelt, beispielsweise das IPA. Ein Schriftsystem auf Basis des phonetischen Prinzips wäre als Gebrauchsorthographie unbrauchbar.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alan H. Gardiner: The Egyptian Origin of the Semitic Alphabet, in: Journal of Egyptian Archaeology 3 (1916), S. 1–16.
- Orly Goldwasser: Canaanites Reading Hieroglyphs. Horus is Hathor? – The Invention of the Alphabet in Sinai, in: Ägypten und Levante 16 (2006), S. 121–160
- Eric A. Havelock: The Muse Learns to Write: Reflections on Orality and Literacy from the Antiquity to the Present. New Haven (Conn.), 1986 (dt. Übers. Als die Muse schreiben lernte. Frankfurt 1992)
- Eric A. Havelock: The Literate Revolution in Greece and it's Cultural Consequences. Princeton N. J., 1982 (dt. Übers. Schriftlichkeit. Das griechische Alphabet als kulturelle Revolution. Weinheim 1990)
- Burkhard Kienast: Keilschrift und Keilschriftliteratur. In: Frühe Schriftzeugnisse der Menschheit, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1969, ISBN 3-525-85537-0
- David Sacks: Letter Perfect: The Marvelous History of Our Alphabet From A to Z, ISBN 0767911733 (auf Englisch)
- David Sacks: The Alphabet. Arrow Books, London 2004, ISBN 0099436825 (auf Englisch)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- private Seite Schriftgeschichte