„Erich Reusch“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
K Link
 
(27 dazwischenliegende Versionen von 18 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:I-Gebaeude-RUB.jpg|miniatur|rechts|''Wasserrelief'' (1973–1975). Forumsplatz der Ruhr-Universität Bochum]]
[[Datei:I-Gebaeude-RUB.jpg|miniatur|rechts|''Wasserrelief'' (1973–1975). Forumsplatz der Ruhr-Universität Bochum]]

'''Erich Reusch''' (* [[26. Juni]] [[1925]] in [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]]; † Dezember [[2019]]) war ein deutscher [[Bildhauer]] und freier [[Architekt]].
'''Erich Reusch''' (* [[26. Juni]] [[1925]] in [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]]; † [[29. Dezember]] [[2019]]<ref>[https://lebenswege.faz.net/traueranzeige/prof-erich-reusch/56234185 Traueranzeige Erich Reusch], [[FAZ]] vom 4. Januar 2020</ref><ref>[https://www.wr.de/kultur/erich-reusch-verwandelte-raeume-mit-seinen-skulpturen-in-orte-id228023593.html Jens Dirksen: „Nachruf auf Erich Reusch“], [[Westfälische Rundschau]] vom 2. Januar 2020</ref>) war ein [[Deutsche|deutscher]] [[Bildhauer]] und freier [[Architekt]].


== Leben ==
== Leben ==
Erich Reusch studierte von 1947 bis 1953 an der [[Universität der Künste Berlin|Hochschule für Bildende Künste]] Berlin bei Georg Leowald, [[Richard Scheibe]] und [[Hans Uhlmann (Bildhauer)|Hans Uhlmann]]. Ab 1953 war er in einem [[Düsseldorf]]er Architekturbüro tätig, danach von 1956 bis 1964 als freischaffender Architekt in Düsseldorf. Ab 1964 wandte sich Reusch zunehmend der Bildhauerei zu. 1975 wurde er zum Professor an der [[Kunstakademie Düsseldorf]] ernannt und auf den Lehrstuhl „Integration Bildende Kunst und Architektur“ berufen. Mit einer großen Bodenplastik war Reusch 1977 an der [[documenta 6]] in Kassel beteiligt. Im Jahr 1990 wurde er emeritiert, 2010 zum Ehrenmitglied der Kunstakademie Düsseldorf ernannt.
Erich Reusch studierte von 1947 bis 1953 an der [[Universität der Künste Berlin|Hochschule für Bildende Künste]] Berlin bei Georg Leowald, [[Richard Scheibe]] und [[Hans Uhlmann (Bildhauer)|Hans Uhlmann]]. Ab 1953 war er in einem [[Düsseldorf]]er Architekturbüro tätig, danach von 1956 bis 1964 als freischaffender Architekt in Düsseldorf. Ab 1964 wandte sich Reusch zunehmend der Bildhauerei zu. Mit einer großen Bodenplastik war Reusch 1977 an der [[documenta 6]] in Kassel beteiligt.


1975 wurde er zum Professor an der [[Kunstakademie Düsseldorf]] ernannt und auf den Lehrstuhl „Integration Bildende Kunst und Architektur“ berufen. 1990 wurde er emeritiert.
Erich Reusch war Mitglied im [[Deutscher Künstlerbund|Deutschen Künstlerbund]].<ref> {{Webarchiv|text=kuenstlerbund.de: ''Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Reusch, Erich'' |url=http://www.kuenstlerbund.de/deutsch/historie/deutscher-knstlerbund/mitglieder/index.html |wayback=20160304050724 |archiv-bot=2018-04-08 15:38:18 InternetArchiveBot }} (abgerufen am 16. Dezember 2015)</ref> Er lebte und arbeitete in [[Neuenrade]].


Erich Reusch war Mitglied im [[Deutscher Künstlerbund|Deutschen Künstlerbund]].<ref> {{Webarchiv|text=kuenstlerbund.de: ''Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Reusch, Erich'' |url=http://www.kuenstlerbund.de/deutsch/historie/deutscher-knstlerbund/mitglieder/index.html |wayback=20160304050724 |archiv-bot=2018-04-08 15:38:18 InternetArchiveBot }} (abgerufen am 16. Dezember 2015)</ref> Er lebte und arbeitete in [[Neuenrade]]. 2010 ernannte ihn die Kunstakademie Düsseldorf zum Ehrenmitglied.
== Auszeichnungen ==

== Werk ==
Erich Reusch unternahm eine Vielzahl von Vorstößen zur plastischen Aktivierung des Raums.
Bereits 1954 verräumlichte er das Bild, indem er das frontale Blickfeld mit dünnen Stahlstäben, die in den Raum aus dem „Bild“ hinausragten, durchstieß.<ref>[http://www.galerie-zaar.de/?p=116 ''Wandobjekte''], Galerie Zaar, Hagen, Ausstellung vom 4. Juli 2010 bis 15. August 2010.</ref>
Seine [[Kinetische Kunst|kinetischen]] und akustischen Skulpturen der fünfziger und sechziger Jahre waren in ihrer [[Multimedia]]lität wegweisend.<ref>Dieter Ronte im Vorwort zum Katalog ''Erich Reusch. Arbeiten 1954 – 1998.'' Kunstmuseum Bonn, 1998.</ref>

Revolutionär waren Reuschs Bodenplastiken, in denen er sich – Jahre vor [[Carl Andre]] – von der Skulptur auf dem Sockel und der damit verbundenen Vertikalorientierung löste.<ref>Martin Seidel: ''Erich Reusch. Arbeiten 1954 - 1998. Kunstmuseum Bonn.'' Kunstforum, Band 140, April – Juni 1998, S. 395.</ref>
Anstelle dessen wird bei Reuschs minimalistischen Bodenplastiken mit einer Anzahl mehr oder weniger flacher Elemente, die asymmetrisch über ein Areal verstreut sind, die Horizontale zur bestimmenden Größe. Die am Boden verhafteten Elemente fordern, aus ihrer Ruhe heraus, den Betrachter zum Umschreiten auf und verstärken, aus ihrer Horizontalität heraus, seine Selbstwahrnehmung.
Reuschs Entwurf für ein Mahnmal im Konzentrationslager Auschwitz von 1957 blieb allerdings noch Modell; seine skulpturale Substanz bestand aus der optisch aktivierten Leere, aus dem Unanschaubaren:<ref>Erich Franz: ''Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch.'' In: ''REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit.'' Hrsg. Erich Reusch. Kerber Verlag, Bielefeld 2009, S. 66.</ref> Den Ort der ehemaligen Selektionsrampe am Ende einer langen Gleisanlage gedachte Reusch mit einer 50 × 40&nbsp;m großen Granitplatte, auf der vier ca. 1,30 m hohe zylindrische Scheiben intuitiv verteilt sind, zu markieren. Unter den Scheiben plante er, Glockenkammern mit gepresstem Nachhall zu installieren, deren Töne nur aus nächster Nähe zu lokalisieren gewesen wären.

Bekannt wurde Reusch in den 1960er und 1970er Jahren durch seine „‚elektrostatischen Objekte‘: Glaskästen, in deren Inneren sich - je nach Außenklima und Außenreibung - Ruß niederschlägt in Schichtungen, Verwischungen, Grautönen, die viel von der Atmosphäre der Kohleklau-Zeit und des Kohlenpotts einfangen“. (Georg Jappe)<ref>Georg Jappe: {{Webarchiv|url=http://www.art-to-day.de/reusch/downloads/Zeit-artikel.pdf |wayback=20151215113558 |text=Düsseldorf: „Erich Reusch“ |archiv-bot=2023-12-19 00:39:01 InternetArchiveBot }} (PDF; 7&nbsp;kB) ''[[Die Zeit]],'' Juni 1976.</ref>

Reusch schuf 1973 ''Wasserrelief'', einen tief gelegten Brunnen für den [[Campus]] der [[Ruhr-Universität Bochum]]. Wenn das Wasser zwischen den Bodenplatten fließt, lädt der Platz zum Meditieren und Verweilen ein. Mit Formen wie Kubus und [[Scheibe]] schuf er 1977 bei der documenta 6 begehbare, offene und dynamische Werkensembles, die dem Konzept der dezentralen Skulptur entsprachen. Sein Lebensthema, der Raum als existentielle Größe, verwirklichte er auch 1980 mit dem antimonumentalen [[Denkmal]] für den Widerstand des 20. Juli im Berliner [[Bendlerblock]].<ref>{{Literatur |Autor=Georg Imdahl |Titel=Zum Tod von Erich Reusch: Experimenteller Zeitgeist |Sammelwerk=FAZ.NET |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/experimenteller-zeitgeist-zum-tod-von-erich-reusch-16560989.html |Abruf=2020-07-26}}</ref>

Als „Pionier im dezentralen Raum“<ref name="Wasserrelief">{{Webarchiv|url=http://www.ruhr-uni-bochum.de/kuba/data/reusch.htm |wayback=20070713195254 |text=Erich Reusch, Wasserrelief (Forumsbrunnen), 1973–75 |archiv-bot=2019-09-03 13:31:55 InternetArchiveBot }}, Kunst am Bau, Ruhr-Universität Bochum</ref> hat der Kunsthistoriker [[Manfred Schneckenburger]] Reusch bezeichnet. Reusch wollte den offenen Raum, der heute oft zum Zwischen- und Restraum zwischen Nutzbauten degradiert ist, in einen eigens wahrnehmbaren Ort verwandeln. An die Stelle der autonomen Plastik treten über das Areal verteilte Elemente – häufig Röhren, Trapeze oder Stelen –, die in ihrer reduzierten Form die Blicke nicht auf sich lenken, sondern auf den Raum zwischen ihnen, der auf diese Weise in ein «erfülltes Spannungsfeld zwischen materiellen Objekten»<ref>Erich Franz: ''Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch.'' In: ''REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit.'' Hrsg. Erich Reusch. Kerber Verlag, Bielefeld 2009, S. 66.</ref> transformiert wird. Übermannshohe Kreuz[[stele]]n, Röhren und andere Objekte verwandeln bei seiner Arbeit auf dem Campus der [[Universität Mainz]] beispielsweise eine Grünfläche in einen modulierten Raum, der geradezu als Bühne erlebt wird. Oder es werden im Abschreiten Raumbezüge und Raumstruktur erfahrbar – wie etwa bei seiner Arbeit am Münchner Olympiagelände. «Wichtig war für mich in erster Linie der Gravitationsbezug der Formen untereinander, nicht die Pressung durch das Gewicht auf den Boden.» (Erich Reusch)<ref>[http://www.erich-reusch.de/ Erich-Reusch.de], offizielle Website des Künstlers, Abruf am 30. September 2010.</ref>

== Ehrungen und Auszeichnungen ==
* 2001: [[Ida Gerhardi|Ida-Gerhardi]]-Preis
* 2001: [[Ida Gerhardi|Ida-Gerhardi]]-Preis
* 2006: [[Konrad-von-Soest-Preis]] des [[Landschaftsverband Westfalen-Lippe|Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe]]<ref> {{Webarchiv|text=LWL verleiht Konrad-von-Soest-Preis 2006 an den Künstler Erich Reusch |url=http://eee.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=16612 |wayback=20170122085205 |archiv-bot=2018-04-08 15:38:18 InternetArchiveBot }}, Pressemitteilung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, Münster, vom 29. November 2006</ref>
* 2006: [[Konrad-von-Soest-Preis]] des [[Landschaftsverband Westfalen-Lippe|Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe]]<ref> {{Webarchiv|text=LWL verleiht Konrad-von-Soest-Preis 2006 an den Künstler Erich Reusch |url=http://eee.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=16612 |wayback=20170122085205 |archiv-bot=2018-04-08 15:38:18 InternetArchiveBot }}, Pressemitteilung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, Münster, vom 29. November 2006</ref>
Zeile 14: Zeile 32:
* 1966: [[Von der Heydt-Museum]], Wuppertal
* 1966: [[Von der Heydt-Museum]], Wuppertal
* 1972: [[Museum am Ostwall]], Dortmund
* 1972: [[Museum am Ostwall]], Dortmund
* 1973: [[Kunsthalle Kiel]]
* 1973: [[Kunsthalle zu Kiel]]
* 1976: [[Kunsthalle Düsseldorf]]
* 1976: [[Kunsthalle Düsseldorf]]
* 1986: [[Städtische Galerie Lüdenscheid]]
* 1986: [[Städtische Galerie Lüdenscheid]]
* 1987: [[Marl#Skulpturenmuseum Glaskasten|Skulpturenmuseum Glaskasten]], Marl
* 1987: [[Skulpturenmuseum Glaskasten]], Marl
* 1998: ''Arbeiten 1954 – 1998'', [[Kunstmuseum Bonn]], Retrospektive
* 1998: ''Arbeiten 1954 – 1998'', [[Kunstmuseum Bonn]] (Retrospektive)
* 1999: [[Synagoge (Stommeln)]]
* 1999: [[Synagoge (Stommeln)|Synagoge Stommeln]]
* 2000: ''Malerei, Zeichnung'', [[Städtische Galerie Lüdenscheid]]
* 2000: ''Malerei, Zeichnung'', [[Städtische Galerie Lüdenscheid]]
* 2005: ''Malerei, Zeichnungen'', Kunstverein Lippstadt
* 2005: ''Malerei, Zeichnungen'', Kunstverein Lippstadt
* 2006: ''Raum – Skulptur – Fotografie'', [[Lehmbruck-Museum|Wilhelm Lehmbruck Museum]] und [[Museum DKM]], Duisburg; [[LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte|Westfälisches Landesmuseum]], Münster
* 2006: ''Raum – Skulptur – Fotografie'', [[Lehmbruck-Museum|Wilhelm Lehmbruck Museum]] und [[Museum DKM]], Duisburg; [[LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte|Westfälisches Landesmuseum]], Münster
* 2010: ''Andere Horizonte I'', [[Haus Ludwig|Museum Haus Ludwig]], Saarlouis, 31. Oktober 2010 bis 9. Januar 2011<ref>Ausstellung [{{Toter Link | inline=ja | date=2017-10-25|url=http://www.kulturbox.de/museen/saarlouis/?vo_id=_0E50RJLPR}} Erich Reusch - Andere Horizonte I], [[Haus Ludwig|Museum Haus Ludwig]], Saarlouis, 31. Oktober 2010 bis 9. Januar 2011</ref>
* 2010: ''Andere Horizonte I'', [[Haus Ludwig|Museum Haus Ludwig]], Saarlouis, 31. Oktober 2010 bis 9. Januar 2011<ref>Ausstellung {{Webarchiv|url=http://www.kulturbox.de/museen/saarlouis/?vo_id=_0E50RJLPR |wayback=20151219153757 |text=Erich Reusch - Andere Horizonte I |archiv-bot=2022-10-28 23:24:12 InternetArchiveBot }}, Museum Haus Ludwig, Saarlouis, 31. Oktober 2010 bis 9. Januar 2011.</ref>
* 2012: ''Reusch: Der Raum ist das Ereignis. Werke 1935–2012'', Situation Kunst (für Max Imdahl), Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum, 7. Juli bis 30. September 2012
* 2012: ''Reusch: Der Raum ist das Ereignis. Werke 1935–2012'', Situation Kunst (für Max Imdahl), Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum, 7. Juli bis 30. September 2012
* 2018/19 ''Erich Reusch – OIE. Auf den Spuren eines Pioniers.'' Museum [[Schloss Moyland]], 7. Oktober 2018 bis 12. Mai 2019<ref>[https://www.moyland.de/ausstellungen/erich-reusch.html Erich Reusch – OIE]. Museum Schloss Moyland, 7. Oktober 2018 bis 12. Mai 2019</ref>
* 2018/2019 ''Erich Reusch – OIE. Auf den Spuren eines Pioniers.'' Museum [[Schloss Moyland]], 7. Oktober 2018 bis 12. Mai 2019<ref>{{Webarchiv|url=https://www.moyland.de/ausstellungen/erich-reusch.html |wayback=20190330221450 |text=Erich Reusch – OIE |archiv-bot=2023-12-19 00:39:01 InternetArchiveBot }}. Museum Schloss Moyland, 7. Oktober 2018 bis 12. Mai 2019.</ref>
*2020: ''Erich Reusch - grenzenlos / infinite. Werke / Works 1951-2019'', [https://www.situation-kunst.de Situation Kunst (für Max Imdahl)], Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum

== Werk ==
Reusch unternahm eine Vielzahl von Vorstößen zur plastischen Aktivierung des Raums.
Bereits 1954 verräumlichte Reusch das Bild, indem er das frontale Blickfeld mit dünnen Stahlstäben, die in den Raum aus dem „Bild“ hinausragten, durchstieß.<ref>[http://www.galerie-zaar.de/?p=116 ''Wandobjekte''], Galerie Zaar, Hagen, Ausstellung vom 4. Juli 2010 bis 15. August 2010</ref>
Seine kinetischen und akustischen Skulpturen der fünfziger und sechziger Jahre waren in ihrer Multimedialität wegweisend.<ref>Dieter Ronte im Vorwort zum Katalog ''Erich Reusch. Arbeiten 1954 – 1998'', Kunstmuseum Bonn, 1998</ref>

Revolutionär waren Reuschs Bodenplastiken, in denen er sich – Jahre vor [[Carl Andre]] – von der Skulptur auf dem Sockel und der damit verbundenen Vertikalorientierung löste.<ref>Martin Seidel: ''Erich Reusch. Arbeiten 1954 - 1998. Kunstmuseum Bonn'', Kunstforum, Band 140, April – Juni 1998, S. 395</ref>
Anstelle dessen wird bei Reuschs minimalistischen Bodenplastiken mit einer Anzahl mehr oder weniger flacher Elemente, die asymmetrisch über ein Areal verstreut sind, die Horizontale zur bestimmenden Größe. Die am Boden verhafteten Elemente fordern, aus ihrer Ruhe heraus, den Betrachter zum Umschreiten auf und verstärken, aus ihrer Horizontalität heraus, seine Selbstwahrnehmung.
Reuschs Entwurf für ein Mahnmal im Konzentrationslager Auschwitz von 1957 blieb allerdings noch Modell; seine skulpturale Substanz bestand aus der optisch aktivierten Leere, aus dem Unanschaubaren<ref>Erich Franz: ''Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch''. In: REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit. Hrsg. Erich Reusch, Kerber Verlag, Bielefeld, 2009, S. 66</ref>: Den Ort der ehemaligen Selektionsrampe am Ende einer langen Gleisanlage gedachte Reusch mit einer 50 × 40&nbsp;m großen Granitplatte, auf der vier ca. 1,30 m hohe zylindrische Scheiben intuitiv verteilt sind, zu markieren. Unter den Scheiben plante er, Glockenkammern mit gepresstem Nachhall zu installieren, deren Töne nur aus nächster Nähe zu lokalisieren gewesen wären.

Bekannt wurde Reusch in den 1960er und 1970er Jahren jedoch durch seine „‚elektrostatischen Objekte‘: Glaskästen, in deren Inneren sich - je nach Außenklima und Außenreibung - Ruß niederschlägt in Schichtungen, Verwischungen, Grautönen, die viel von der Atmosphäre der Kohleklau-Zeit und des Kohlenpotts einfangen“. (Georg Jappe)<ref>Georg Jappe: [http://www.art-to-day.de/reusch/downloads/Zeit-artikel.pdf Düsseldorf: „Erich Reusch“] (PDF; 7&nbsp;kB), DIE ZEIT, Juni 1976</ref>

Als „Pionier im dezentralen Raum“<ref name="Wasserrelief">{{Webarchiv|url=http://www.ruhr-uni-bochum.de/kuba/data/reusch.htm |wayback=20070713195254 |text=Erich Reusch, Wasserrelief (Forumsbrunnen), 1973–75 |archiv-bot=2019-09-03 13:31:55 InternetArchiveBot }}, Kunst am Bau, Ruhr-Universität Bochum</ref> hat der Kunsthistoriker [[Manfred Schneckenburger]] Reusch bezeichnet. Reusch will den offenen Raum, der heute nur allzu oft zum Zwischen- und Restraum zwischen Nutzbauten degradiert ist, in einen eigens wahrnehmbaren Ort verwandeln. An die Stelle der autonomen Plastik treten über das Areal verteilte Elemente – häufig Röhren, Trapeze oder Stelen –, die in ihrer reduzierten Form die Blicke nicht auf sich lenken, sondern auf den Raum zwischen ihnen, der auf diese Weise in ein «erfülltes Spannungsfeld zwischen materiellen Objekten»<ref>Erich Franz: ''Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch''. In: REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit. Hrsg. Erich Reusch, Kerber Verlag, Bielefeld, 2009, S. 66</ref> transformiert wird. Übermannshohe Kreuzstelen, Röhren und andere Objekte verwandeln bei seiner Arbeit auf dem Campus der Universität Mainz beispielsweise eine Grünfläche in einen modulierten Raum, der geradezu als Bühne erlebt wird. Oder es werden im Abschreiten Raumbezüge und Raumstruktur erfahrbar – wie etwa bei seiner Arbeit am Münchner Olympiagelände. «Wichtig war für mich in erster Linie der Gravitationsbezug der Formen untereinander, nicht die Pressung durch das Gewicht auf den Boden.» (Erich Reusch)<ref>[http://www.erich-reusch.de/ Erich-Reusch.de], offizielle Website des Künstlers, Abruf am 30. September 2010</ref>


== Arbeiten in öffentlichen Sammlungen (Auswahl) ==
== Arbeiten in öffentlichen Sammlungen (Auswahl) ==
Zeile 49: Zeile 55:
* [[Museum Folkwang]], Essen
* [[Museum Folkwang]], Essen
* [[Musée de Grenoble]]
* [[Musée de Grenoble]]
* [[Kunsthalle Kiel]]
* [[Kunsthalle zu Kiel]]
* [[Schloss Morsbroich]], Leverkusen
* [[Schloss Morsbroich]], Leverkusen
* [[Städtische Galerie Lüdenscheid]]
* [[Städtische Galerie Lüdenscheid]]
* [[Marl#Skulpturenmuseum Glaskasten|Skulpturenmuseum Glaskasten]], Marl
* [[Skulpturenmuseum Glaskasten]], Marl
* [[Museum Abteiberg|Städtisches Museum Abteiberg]], Mönchengladbach
* [[Museum Abteiberg|Städtisches Museum Abteiberg]], Mönchengladbach
* Stiftung für Konkrete Kunst, [[Reutlingen]]
* Stiftung für Konkrete Kunst, [[Reutlingen]]
* [[Staatsgalerie Stuttgart]]
* [[Staatsgalerie Stuttgart]]
* Museum [[Schloss Moyland]]


== Arbeiten im öffentlichen Raum (Auswahl) ==
== Arbeiten im öffentlichen Raum (Auswahl) ==
* 1971: Vier Plastiken aus Edelstahl. Mensa der Landesfinanzschule, Schloss Nordkirchen/Münsterland
* 1971: Vier Plastiken aus Edelstahl. Mensa der Landesfinanzschule, [[Schloss Nordkirchen]]/Münsterland
* 1969–1973: ''Ohne Titel'', Plastik. Finanzamt Bochum Mitte<ref>[http://www.artibeau.de/1000.htm Erich Reusch: Plastik Finanzamt Mitte], artibeau - Kunst in Bochum</ref>
* 1969–1973: ''Ohne Titel'', Plastik. Finanzamt [[Bochum]] Mitte<ref>[http://www.artibeau.de/1000.htm Erich Reusch: Plastik Finanzamt Mitte], artibeau - Kunst in Bochum</ref>
* 1973–1975: Wasserrelief (Forumsbrunnen). Campus der Ruhr-Universität Bochum<ref name="Wasserrelief" />
* 1973–1975: Wasserrelief (Forumsbrunnen). Campus der [[Ruhr-Universität Bochum]]<ref name="Wasserrelief" />
* 1977: ''Ohne Titel''. Sechsteilig, Skulpturenhof, [[Lehmbruck-Museum|Wilhelm Lehmbruck Museum]], Duisburg
* 1977: ''Ohne Titel''. Sechsteilig, Skulpturenhof, [[Lehmbruck-Museum|Wilhelm Lehmbruck Museum]], Duisburg
* 1978: ''Plastik Frankfurt'', Schlosspark Haus Weitmar, Bochum<ref>[http://www.artibeau.de/2570.htm Erich Reusch: Plastik Frankfurt], artibeau - Kunst in Bochum</ref>
* 1978: ''Plastik Frankfurt'', Schlosspark Haus Weitmar, Bochum<ref>[http://www.artibeau.de/2570.htm Erich Reusch: Plastik Frankfurt], artibeau - Kunst in Bochum</ref>
Zeile 67: Zeile 74:
* 1983: Platzgestaltung. Rathaus Bochum<ref>[http://www.artibeau.de/1530.htm Erich Reusch: "Nasse Augen"], artibeau - Kunst in Bochum</ref>
* 1983: Platzgestaltung. Rathaus Bochum<ref>[http://www.artibeau.de/1530.htm Erich Reusch: "Nasse Augen"], artibeau - Kunst in Bochum</ref>
* 1985: [[COR-TEN-Stahl]]-Quader vor dem Haus [[Burgplatz (Düsseldorf)|Burgplatz]] 29 in Düsseldorf,
* 1985: [[COR-TEN-Stahl]]-Quader vor dem Haus [[Burgplatz (Düsseldorf)|Burgplatz]] 29 in Düsseldorf,
* 1988/1989: ''Integration''. Kunstlandschaft Campus, Johannes Gutenberg-Universität Mainz<ref>''Integration (1988/89) - Erich Reusch'', in: {{Webarchiv|text=Kunstlandschaft Campus |url=http://www.kunstgeschichte.uni-mainz.de/Dateien/Kunstlandschaft_Campus.pdf |wayback=20110708160126 |archiv-bot=2018-04-08 15:38:18 InternetArchiveBot }} (PDF; 3,1&nbsp;MB), Johannes Gutenberg-Universität Mainz</ref>
* 1988/1989: ''Integration''. Kunstlandschaft Campus, [[Johannes Gutenberg-Universität Mainz]]<ref>''Integration (1988/89) - Erich Reusch'', in: {{Webarchiv|text=Kunstlandschaft Campus |url=http://www.kunstgeschichte.uni-mainz.de/Dateien/Kunstlandschaft_Campus.pdf |wayback=20110708160126 |archiv-bot=2018-04-08 15:38:18 InternetArchiveBot }} (PDF; 3,1&nbsp;MB), Johannes Gutenberg-Universität Mainz</ref>
* 1992: ''Grüne Säule''. [[Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen]]<ref>[http://www.denkmale.goettingen.de/kunst/gruenesaeule.html Grüne Säule], Brunnen - Denkmale - Kunst in Göttingen</ref><ref>Öffentliches Aufsehen erregte der rosa angestrichene ''Skybiker'', der von unbekannter Hand 1994 in mehreren Metern Höhe an der Skulptur, nach oben „fahrend“, angebracht worden war. Bürger und Studenten setzten sich damals öffentlich für den Verbleib des Skybiker ein und empfanden diesen als Verschönerung eines ungeliebten Kunstwerkes. Reusch bestand auf seinem Urheberrecht und verbat sich die Veränderung seines Kunstwerkes. Der ''Skybiker'' wurde schließlich durch Gerichtsbeschluss entfernt und an einem Lichtmast auf dem Universitätsforum neu installiert (Quelle: [http://www.goettinger-terminkalender.de/pdf/Goete-2007_De.pdf Göttinger Terminkalender 2007]; PDF; 3,4&nbsp;MB).</ref>
* 1992: ''Grüne Säule''. [[Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen]]<ref>{{Webarchiv|url=http://www.denkmale.goettingen.de/kunst/gruenesaeule.html |wayback=20130825112825 |text=Grüne Säule |archiv-bot=2023-04-23 04:23:28 InternetArchiveBot }}, Brunnen - Denkmale - Kunst in Göttingen</ref><ref>Öffentliches Aufsehen erregte der rosa angestrichene ''Skybiker'', der von unbekannter Hand 1994 in mehreren Metern Höhe an der Skulptur, nach oben „fahrend“, angebracht worden war. Bürger und Studenten setzten sich damals öffentlich für den Verbleib des Skybiker ein und empfanden diesen als Verschönerung eines ungeliebten Kunstwerkes. Reusch bestand auf seinem Urheberrecht und verbat sich die Veränderung seines Kunstwerkes. Der ''Skybiker'' wurde schließlich durch Gerichtsbeschluss entfernt und an einem Lichtmast auf dem Universitätsforum neu installiert (Quelle: [http://www.goettinger-terminkalender.de/pdf/Goete-2007_De.pdf Göttinger Terminkalender 2007]; PDF; 3,4&nbsp;MB).</ref>
* 2007 Deutsche Rentenversicherung Westfalen, Münster; Villa am Wall, Neuenrade<ref>{{Webarchiv|url=http://www.neuenrade.de/city_info/webaccessibility/index.cfm?waid=113&item_id=839493&old_item_id=0&oldrecord=47793&oldmodul=5&olddesign=0 |wayback=20160119031616 |text=Reusch-Skulptur – Kunst im öffentlichen Raum |archiv-bot=2019-04-09 04:46:15 InternetArchiveBot }}, Stadt Neuenrade</ref>
* 2007: Deutsche Rentenversicherung Westfalen, Münster; Villa am Wall, [[Neuenrade]]<ref>{{Webarchiv|url=http://www.neuenrade.de/city_info/webaccessibility/index.cfm?waid=113&item_id=839493&old_item_id=0&oldrecord=47793&oldmodul=5&olddesign=0 |wayback=20160119031616 |text=Reusch-Skulptur – Kunst im öffentlichen Raum |archiv-bot=2019-04-09 04:46:15 InternetArchiveBot }}, Stadt Neuenrade</ref>
*2015: Gestaltung der Oberfläche des [[Museum unter Tage]] von [https://www.situation-kunst.de Situation Kunst (für Max Imdahl)], Bochum


== Abbildungen ==
== Abbildungen ==
Zeile 80: Zeile 88:


== Literatur ==
== Literatur ==
* Erich Reusch: grenzenlos. Werke 1951-2019 / infinite. Works 1951-2019, Ausst.-Kat. [https://www.situation-kunst.de Situation Kunst (für Max Imdahl)], Bochum 2020.
* Volker Adolphs, Christoph Schreier (Konzeption und Bearbeitung): ''Erich Reusch: Arbeiten 1954–1998''. Anlässlich der gleichnamigen Retrospektive im [[Kunstmuseum Bonn]], 29. Januar bis 22. März 1998. Wienand Verlag, Köln 1998-
*Volker Adolphs, Christoph Schreier (Konzeption und Bearbeitung): ''Erich Reusch: Arbeiten 1954–1998''. Anlässlich der gleichnamigen Retrospektive im [[Kunstmuseum Bonn]], 29. Januar bis 22. März 1998. Wienand Verlag, Köln 1998.
* ''Reusch. Der Raum ist das Ereignis / It is the Space.'' Ausst.-Kat. Situation Kunst (für Max Imdahl). Richter & Fey Verlag, Düsseldorf 2012, ISBN 978-3-941263-44-4-
*''Reusch. Der Raum ist das Ereignis / It is the Space.'' Ausst.-Kat. ''Situation Kunst (für Max Imdahl).'' Richter & Fey Verlag, Düsseldorf 2012, ISBN 978-3-941263-44-4.
* {{Literatur|Autor=|Titel=Reusch, Erich|Hrsg=Oberste Baubehörde München|Sammelwerk=Bildwerk Bauwerk Kunstwerk – 30 Jahre Kunst und Staatliches Bauen in Bayern|Verlag=Bruckmann|Ort=München|Datum=1990|ISBN=3-7654-2308-4|Seiten=184, 194-196}}
* {{Literatur|Autor=|Titel=Reusch, Erich|Hrsg=Oberste Baubehörde München|Sammelwerk=Bildwerk Bauwerk Kunstwerk – 30 Jahre Kunst und Staatliches Bauen in Bayern|Verlag=Bruckmann|Ort=München|Datum=1990|ISBN=3-7654-2308-4|Seiten=184, 194-196}}


Zeile 97: Zeile 106:
{{SORTIERUNG:Reusch, Erich}}
{{SORTIERUNG:Reusch, Erich}}
[[Kategorie:Bildhauer (Deutschland)]]
[[Kategorie:Bildhauer (Deutschland)]]
[[Kategorie:Abstrakte Bildhauerei]]
[[Kategorie:Bildhauer (Abstrakte Bildhauerei)]]
[[Kategorie:Siebdruckkünstler]]
[[Kategorie:Siebdruckkünstler (Deutschland)]]
[[Kategorie:Künstler (documenta)]]
[[Kategorie:Künstler (documenta)]]
[[Kategorie:Mitglied im Deutschen Künstlerbund]]
[[Kategorie:Mitglied im Deutschen Künstlerbund]]
Zeile 113: Zeile 122:
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Bildhauer und Architekt
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Bildhauer und Architekt
|GEBURTSDATUM=26. Juni 1925
|GEBURTSDATUM=26. Juni 1925
|GEBURTSORT=[[Lutherstadt Wittenberg]]
|GEBURTSORT=[[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]]
|STERBEDATUM=Dezember 2019
|STERBEDATUM=29. Dezember 2019
|STERBEORT=
|STERBEORT=
}}
}}

Aktuelle Version vom 21. September 2024, 11:34 Uhr

Wasserrelief (1973–1975). Forumsplatz der Ruhr-Universität Bochum

Erich Reusch (* 26. Juni 1925 in Wittenberg; † 29. Dezember 2019[1][2]) war ein deutscher Bildhauer und freier Architekt.

Erich Reusch studierte von 1947 bis 1953 an der Hochschule für Bildende Künste Berlin bei Georg Leowald, Richard Scheibe und Hans Uhlmann. Ab 1953 war er in einem Düsseldorfer Architekturbüro tätig, danach von 1956 bis 1964 als freischaffender Architekt in Düsseldorf. Ab 1964 wandte sich Reusch zunehmend der Bildhauerei zu. Mit einer großen Bodenplastik war Reusch 1977 an der documenta 6 in Kassel beteiligt.

1975 wurde er zum Professor an der Kunstakademie Düsseldorf ernannt und auf den Lehrstuhl „Integration Bildende Kunst und Architektur“ berufen. 1990 wurde er emeritiert.

Erich Reusch war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[3] Er lebte und arbeitete in Neuenrade. 2010 ernannte ihn die Kunstakademie Düsseldorf zum Ehrenmitglied.

Erich Reusch unternahm eine Vielzahl von Vorstößen zur plastischen Aktivierung des Raums. Bereits 1954 verräumlichte er das Bild, indem er das frontale Blickfeld mit dünnen Stahlstäben, die in den Raum aus dem „Bild“ hinausragten, durchstieß.[4] Seine kinetischen und akustischen Skulpturen der fünfziger und sechziger Jahre waren in ihrer Multimedialität wegweisend.[5]

Revolutionär waren Reuschs Bodenplastiken, in denen er sich – Jahre vor Carl Andre – von der Skulptur auf dem Sockel und der damit verbundenen Vertikalorientierung löste.[6] Anstelle dessen wird bei Reuschs minimalistischen Bodenplastiken mit einer Anzahl mehr oder weniger flacher Elemente, die asymmetrisch über ein Areal verstreut sind, die Horizontale zur bestimmenden Größe. Die am Boden verhafteten Elemente fordern, aus ihrer Ruhe heraus, den Betrachter zum Umschreiten auf und verstärken, aus ihrer Horizontalität heraus, seine Selbstwahrnehmung. Reuschs Entwurf für ein Mahnmal im Konzentrationslager Auschwitz von 1957 blieb allerdings noch Modell; seine skulpturale Substanz bestand aus der optisch aktivierten Leere, aus dem Unanschaubaren:[7] Den Ort der ehemaligen Selektionsrampe am Ende einer langen Gleisanlage gedachte Reusch mit einer 50 × 40 m großen Granitplatte, auf der vier ca. 1,30 m hohe zylindrische Scheiben intuitiv verteilt sind, zu markieren. Unter den Scheiben plante er, Glockenkammern mit gepresstem Nachhall zu installieren, deren Töne nur aus nächster Nähe zu lokalisieren gewesen wären.

Bekannt wurde Reusch in den 1960er und 1970er Jahren durch seine „‚elektrostatischen Objekte‘: Glaskästen, in deren Inneren sich - je nach Außenklima und Außenreibung - Ruß niederschlägt in Schichtungen, Verwischungen, Grautönen, die viel von der Atmosphäre der Kohleklau-Zeit und des Kohlenpotts einfangen“. (Georg Jappe)[8]

Reusch schuf 1973 Wasserrelief, einen tief gelegten Brunnen für den Campus der Ruhr-Universität Bochum. Wenn das Wasser zwischen den Bodenplatten fließt, lädt der Platz zum Meditieren und Verweilen ein. Mit Formen wie Kubus und Scheibe schuf er 1977 bei der documenta 6 begehbare, offene und dynamische Werkensembles, die dem Konzept der dezentralen Skulptur entsprachen. Sein Lebensthema, der Raum als existentielle Größe, verwirklichte er auch 1980 mit dem antimonumentalen Denkmal für den Widerstand des 20. Juli im Berliner Bendlerblock.[9]

Als „Pionier im dezentralen Raum“[10] hat der Kunsthistoriker Manfred Schneckenburger Reusch bezeichnet. Reusch wollte den offenen Raum, der heute oft zum Zwischen- und Restraum zwischen Nutzbauten degradiert ist, in einen eigens wahrnehmbaren Ort verwandeln. An die Stelle der autonomen Plastik treten über das Areal verteilte Elemente – häufig Röhren, Trapeze oder Stelen –, die in ihrer reduzierten Form die Blicke nicht auf sich lenken, sondern auf den Raum zwischen ihnen, der auf diese Weise in ein «erfülltes Spannungsfeld zwischen materiellen Objekten»[11] transformiert wird. Übermannshohe Kreuzstelen, Röhren und andere Objekte verwandeln bei seiner Arbeit auf dem Campus der Universität Mainz beispielsweise eine Grünfläche in einen modulierten Raum, der geradezu als Bühne erlebt wird. Oder es werden im Abschreiten Raumbezüge und Raumstruktur erfahrbar – wie etwa bei seiner Arbeit am Münchner Olympiagelände. «Wichtig war für mich in erster Linie der Gravitationsbezug der Formen untereinander, nicht die Pressung durch das Gewicht auf den Boden.» (Erich Reusch)[12]

Ehrungen und Auszeichnungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arbeiten in öffentlichen Sammlungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arbeiten im öffentlichen Raum (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Erich Reusch: grenzenlos. Werke 1951-2019 / infinite. Works 1951-2019, Ausst.-Kat. Situation Kunst (für Max Imdahl), Bochum 2020.
  • Volker Adolphs, Christoph Schreier (Konzeption und Bearbeitung): Erich Reusch: Arbeiten 1954–1998. Anlässlich der gleichnamigen Retrospektive im Kunstmuseum Bonn, 29. Januar bis 22. März 1998. Wienand Verlag, Köln 1998.
  • Reusch. Der Raum ist das Ereignis / It is the Space. Ausst.-Kat. Situation Kunst (für Max Imdahl). Richter & Fey Verlag, Düsseldorf 2012, ISBN 978-3-941263-44-4.
  • Reusch, Erich. In: Oberste Baubehörde München (Hrsg.): Bildwerk Bauwerk Kunstwerk – 30 Jahre Kunst und Staatliches Bauen in Bayern. Bruckmann, München 1990, ISBN 3-7654-2308-4, S. 184, 194–196.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Traueranzeige Erich Reusch, FAZ vom 4. Januar 2020
  2. Jens Dirksen: „Nachruf auf Erich Reusch“, Westfälische Rundschau vom 2. Januar 2020
  3. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Reusch, Erich (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de (abgerufen am 16. Dezember 2015)
  4. Wandobjekte, Galerie Zaar, Hagen, Ausstellung vom 4. Juli 2010 bis 15. August 2010.
  5. Dieter Ronte im Vorwort zum Katalog Erich Reusch. Arbeiten 1954 – 1998. Kunstmuseum Bonn, 1998.
  6. Martin Seidel: Erich Reusch. Arbeiten 1954 - 1998. Kunstmuseum Bonn. Kunstforum, Band 140, April – Juni 1998, S. 395.
  7. Erich Franz: Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch. In: REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit. Hrsg. Erich Reusch. Kerber Verlag, Bielefeld 2009, S. 66.
  8. Georg Jappe: Düsseldorf: „Erich Reusch“ (Memento des Originals vom 15. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.art-to-day.de (PDF; 7 kB) Die Zeit, Juni 1976.
  9. Georg Imdahl: Zum Tod von Erich Reusch: Experimenteller Zeitgeist. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 26. Juli 2020]).
  10. a b Erich Reusch, Wasserrelief (Forumsbrunnen), 1973–75 (Memento des Originals vom 13. Juli 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ruhr-uni-bochum.de, Kunst am Bau, Ruhr-Universität Bochum
  11. Erich Franz: Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch. In: REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit. Hrsg. Erich Reusch. Kerber Verlag, Bielefeld 2009, S. 66.
  12. Erich-Reusch.de, offizielle Website des Künstlers, Abruf am 30. September 2010.
  13. LWL verleiht Konrad-von-Soest-Preis 2006 an den Künstler Erich Reusch (Memento des Originals vom 22. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/eee.lwl.org, Pressemitteilung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, Münster, vom 29. November 2006
  14. Ausstellung Erich Reusch - Andere Horizonte I (Memento des Originals vom 19. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulturbox.de, Museum Haus Ludwig, Saarlouis, 31. Oktober 2010 bis 9. Januar 2011.
  15. Erich Reusch – OIE (Memento des Originals vom 30. März 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.moyland.de. Museum Schloss Moyland, 7. Oktober 2018 bis 12. Mai 2019.
  16. Erich Reusch: Plastik Finanzamt Mitte, artibeau - Kunst in Bochum
  17. Erich Reusch: Plastik Frankfurt, artibeau - Kunst in Bochum
  18. Erich Reusch: o.T. (1979), SkulpTour München (Welt-der-Form)
  19. Erich Reusch: "Nasse Augen", artibeau - Kunst in Bochum
  20. Integration (1988/89) - Erich Reusch, in: Kunstlandschaft Campus (Memento des Originals vom 8. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kunstgeschichte.uni-mainz.de (PDF; 3,1 MB), Johannes Gutenberg-Universität Mainz
  21. Grüne Säule (Memento des Originals vom 25. August 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.denkmale.goettingen.de, Brunnen - Denkmale - Kunst in Göttingen
  22. Öffentliches Aufsehen erregte der rosa angestrichene Skybiker, der von unbekannter Hand 1994 in mehreren Metern Höhe an der Skulptur, nach oben „fahrend“, angebracht worden war. Bürger und Studenten setzten sich damals öffentlich für den Verbleib des Skybiker ein und empfanden diesen als Verschönerung eines ungeliebten Kunstwerkes. Reusch bestand auf seinem Urheberrecht und verbat sich die Veränderung seines Kunstwerkes. Der Skybiker wurde schließlich durch Gerichtsbeschluss entfernt und an einem Lichtmast auf dem Universitätsforum neu installiert (Quelle: Göttinger Terminkalender 2007; PDF; 3,4 MB).
  23. Reusch-Skulptur – Kunst im öffentlichen Raum (Memento des Originals vom 19. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.neuenrade.de, Stadt Neuenrade