„Rita Prigmore“ – Versionsunterschied
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Rita kam am 3. März 1943 in Würzburg als Tochter der Sängerin und Tänzerin [[Theresia Winterstein-Seible|Theresia Winterstein]] und des Konzertgeigers Gabriel Reinhard<ref>{{Internetquelle |url=https://www.ushmm.org/collections/the-museums-collections/artifacts-unpacked/the-violin |titel=Artifacts Unpacked: The Violin - United States Holocaust Memorial Museum |sprache=en-US |abruf=2024-06-18}}</ref> zur Welt, zusammen mit ihrem Zwilling Rolanda.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Roland Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele. Theresia Winterstein und die Verfolgung einer Würzburger Sinti-Familie im Dritten Reich |Verlag=Ferdinand Schöningh Verlag |Ort=Würzburg |Datum=2008 |ISBN=978-3-87717-796-9 |Seiten=119}}</ref> |
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Ihre Mutter Theresia war von der nationalsozialistischen [[Rassenhygienische Forschungsstelle|Rassenhygienischen Forschungsstelle]] als „Zigeuner-Mischling“ klassifiziert und 1941 zur [[Zwangssterilisation]] vorgesehen worden. Da sie jedoch bereits schwanger war, wurde die Sterilisation aufgeschoben. Der sonst üblichen [[Zwangsabtreibung]] entging sie nur, weil sie Zwillinge von einem als „reinrassig“ geltenden Sinto erwartete; denn einige NS-Ärzte in Würzburg waren für ihre Menschenversuche, vergleichbar denen des NS-Arztes [[Josef Mengele]] im [[KZ Auschwitz]], interessiert an Zwillingsgeburten jüdischer und anderer Minderheiten wie die der Sinti und Rom.<ref>{{Internetquelle |url=https://encyclopedia.ushmm.org/content/en/oral-history/theresia-seible-and-rita-prigmore-describe-research-on-twins |titel=Theresia Seible and Rita Prigmore describe research on twins |werk=Holocaust Encyclopedia |sprache=en |abruf=2024-06-27}}</ref><ref name=":1">{{Literatur |Titel=Nazi-Verbrechen: Mengeles Zwillinge |Sammelwerk=Der Tagesspiegel Online |ISSN=1865-2263 |Online=https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/mengeles-zwillinge-3799528.html |Abruf=2024-06-18}}</ref> |
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Aus Angst um ihre |
Aus Angst um ihre Kleinen verließ die Mutter am 9. März 1943 mit den Kindern vorzeitig die Klinik, doch die [[Geheime Staatspolizei|Gestapo]] suchte sie zuhause auf, entriss ihr die Säuglinge und lieferte diese in der Universitätskinderklinik Würzburg ab.<ref name=":0" /><ref>{{Literatur |Autor=Bayerischer Rundfunk |Titel="alpha-thema: Sinti und Roma" : Neue Doku "Zeugin der Zeit: Rita Prigmore" |Datum=2021-03-30 |Online=https://www.br.de/presse/inhalt/pressemitteilungen/ard-alpha-zeuge-der-zeit-rita-prigmore-100.html |Abruf=2024-06-18}}</ref> [[Datei:Würzburg-Stolperstein-RolandaWinterstein-Nikolausstr5-2-Bubo.JPG|alternativtext=Stolperstein für Ritas Zwillingsschwester, Rolanda Winterstein|mini|201x201px|Stolperstein in Würzburg für Rolanda Winterstein, Ritas kleine Zwillingsschwester ]] |
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Der Mutter wurde |
Der Mutter wurde der Besuch in der Klinik verwehrt, trotzdem verschaffte sie sich nach zwei Tagen gewaltsam Zutritt zu ihren Kindern. Sie fand die Säuglinge, die beide gesund zur Welt gekommen waren, mit großen Kopfverbänden im Bettchen vor. Die kleine Rolanda war tot.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://stolpersteine-wuerzburg.de/opfer/ |titel=Opfer |werk=Stolpersteine Würzburg |sprache=de-DE |abruf=2024-06-18}}</ref> Erst viel später erfuhr Theresia, dass der Direktor des Würzburger Universitätsnervenklinikums, [[Werner Heyde]], medizinische Experimente an ihren Kindern vorgenommen hatte. Unter anderem hatte er versucht, die dunkle Augenfarbe der Kinder mit Tinte in Blau umzufärben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.koenraaddewolf.be/d/blauweogen_d.html |titel=Projekt Blaue Augen |werk=Website Koenraad De Wolf FR |abruf=2024-06-18}}</ref><ref name=":1" /> |
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Das überlebende Kind |
Das überlebende Kind durfte Theresia erst im April 1944 aus der Klinik abholen. Aus Angst vor weiteren Experimenten versteckte die Mutter die kleine Rita in der Folgezeit bei dem Arzt und Kommunalpolitiker [[Kurt Kellner]]. Das Mädchen litt unter schweren gesundheitlichen Problemen wie Krampfanfällen und Verzögerungen in der Entwicklung und konnte so nur drei Jahre die Schule besuchen.<ref name=":3">{{Internetquelle |autor= |url=https://www.roma-sinti-holocaust-memorial-day.eu/de/history/rita-prigmore/ |titel=Rita Prigmore |werk=European Holocaust Memorial Day for Sinti und Roma |datum=2020-08-01 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-18}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=160}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=91 f.}}</ref><blockquote>„Ständige Kopfschmerzen, Ohnmachtsanfälle, Schwindelattacken und Konzentrationsstörungen begleiten mich mein Leben lang“, berichtete Prigmore bei einer Rede im [[KZ Auschwitz]].<ref>{{Internetquelle |url=https://dokuzentrum.sintiundroma.de/wp-content/uploads/2020/01/180101_Rede_Rita_Prigmore_Auschwitz.pdf |titel=Rede Rita Prigmore, Auschwitz 2008 (PDF) |werk=Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma |datum=2008 |abruf=27.06.2024}}</ref></blockquote>Ritas Eltern trennten sich, als sie erfuhren, dass die erste Frau des Vaters das KZ Auschwitz überlebt hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=69}}</ref> 1956 heiratete die Mutter den amerikanischen Soldaten Emanuel Seible, der in Würzburg stationiert war und Rita adoptierte.<ref>{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=160}}</ref> |
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== Weiteres Leben == |
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Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus 1945 lebte Rita mit ihren Eltern in Würzburg.<ref>{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=121}}</ref> Ein Großteil der Familie Winterstein war im KZ Auschwitz ermordet worden, woran Gedenksteine heute erinnern.<ref>{{Internetquelle |autor=Bayerischer Rundfunk |url=https://ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdC9XT046MzM0NDg2OTY0ODEzX0YyMDIxV08wMDAwMDZBMDpjaGFubmVsXzI4NDg3 |titel=Zeugin der Zeit: Rita Prigmore · Die Welt ist wunderlich {{!}} BR-Klassik |sprache=de |abruf=2024-06-18}}</ref> Die Mutter versuchte lange Zeit, ihre Tochter vor der grausamen Wahrheit zu schützen. Rita |
Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus 1945 lebte Rita mit ihren Eltern in Würzburg.<ref>{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=121}}</ref> Ein Großteil der Familie Winterstein war im KZ Auschwitz ermordet worden, woran Gedenksteine heute erinnern.<ref>{{Internetquelle |autor=Bayerischer Rundfunk |url=https://ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdC9XT046MzM0NDg2OTY0ODEzX0YyMDIxV08wMDAwMDZBMDpjaGFubmVsXzI4NDg3 |titel=Zeugin der Zeit: Rita Prigmore · Die Welt ist wunderlich {{!}} BR-Klassik |sprache=de |abruf=2024-06-18}}</ref> Die Mutter versuchte lange Zeit, ihre Tochter vor der grausamen Wahrheit zu schützen. Rita war bereits erwachsen, als sie erfuhr, was die NS-Ärzte ihr angetan hatten; denn als nach einem Unfall eine Röntgenaufnahme gemacht wurde, entdeckte man die große Narbe an ihrem Kopf.<ref>{{Literatur |Autor=Bayerischer Rundfunk |Titel=Lebenslinien - Sinteza Rita Prigmore überlebt medizinische Versuche der Nazis: Die unheilvolle Narbe |Datum=2022-01-20 |Online=https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/lebenslinien/lebenslinien-unheilvolle-narbe-sinteza-rita-prigmore-nazis-experimente-104.html |Abruf=2024-06-18}}</ref> |
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Die Mutter hatte nach dem Krieg eine Entschädigung für ihre Tochter aufgrund der erlittenen Medizinexperimente beantragt, doch |
Die Mutter hatte nach dem Krieg eine Entschädigung für ihre Tochter aufgrund der erlittenen Medizinexperimente beantragt, doch der Antrag war Ende der 1950er Jahre abgelehnt worden.<ref>{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=162}}</ref> Erst Ende 1980er Jahre wurden Ritas und Theresias Entschädigungsgesuche schließlich bewilligt.<ref name=":2">{{Literatur |Autor=Flade |Titel=Dieselben Augen, dieselbe Seele |Seiten=179–180 und 198}}</ref> |
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Mit 20 Jahren heiratet Rita den amerikanischen Soldaten George Prigmore, der ebenfalls in Würzburg stationiert war. Das Paar bekam zwei Kinder. Als ihr Mann zurück in die Vereinigten Staaten versetzt wurde, ging Rita Prigmore mit ihm. Doch sie litt unter der Trennung von ihrer Mutter Theresia, mit der sie um Wiedergutmachung für die erlittenen körperlichen und seelischen Schäden kämpfte. Ihre Ehe zerbrach |
Mit 20 Jahren heiratet Rita den amerikanischen Soldaten George Prigmore, der ebenfalls in Würzburg stationiert war. Das Paar bekam zwei Kinder. Als ihr Mann zurück in die Vereinigten Staaten versetzt wurde, ging Rita Prigmore mit ihm. Doch sie litt sehr unter der Trennung von ihrer Mutter Theresia, mit der sie um [[Wiedergutmachung]] für die erlittenen körperlichen und seelischen Schäden kämpfte. Ihre Ehe zerbrach an den traumatischen Belastungen ihrer Kindheit und Rita beschloss, die USA zu verlassen und zu ihrer Mutter zurückzugehen. Ihre Kinder blieben in den USA beim Vater.<ref name=":2" /> |
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== Engagement == |
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In Deutschland engagierte sich Rita |
In Deutschland engagierte sich Rita gemeinsam mit Theresia jahrzehntelang für eine Wiedergutmachung und Anerkennung des erlittenen Unrechts. Die beiden Frauen kämpften nicht nur für sich, sondern auch für andere verfolgte Angehörige der Rom und Sinti. Prigmore wurde im Lauf der Zeit zu einer bekannten Aktivistin, die in vielen Ländern als Zeitzeugin auftrat.<ref>{{Literatur |Autor=Bayerischer Rundfunk |Titel="alpha-thema: Sinti und Roma" : Neue Doku "Zeugin der Zeit: Rita Prigmore" |Datum=2021-03-30 |Online=https://www.br.de/presse/inhalt/pressemitteilungen/ard-alpha-zeuge-der-zeit-rita-prigmore-100.html |Abruf=2024-06-18}}</ref> Mit Unterstützung der Gemeinschaft [[Gemeinschaft Sant’Egidio|Sant Egidio]] hält sie seit Jahrzehnten in Europa und den USA Vorträge über die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma.<ref name=":3" /> Bei einer Ansprache in Auschwitz sagte Rita Prigmore einmal: <blockquote> |
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„Die häufigste Frage, die junge Leute mir stellen, ist: Woher bekommst du die Kraft, deine Geschichte immer wieder zu erzählen? Die Antwort ist: Ich habe vergeben, aber ich werde nie vergessen, was geschehen ist!“<ref>{{Internetquelle |autor=Stadt Ingolstadt |url=https://www.ingolstadt.de/index.php?ModID=255&FID=3052.17563.1&object=tx,2789.5 |titel=Eine Zeitzeugin berichtet |datum=2022-09-06 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-18}}</ref> </blockquote>Für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen Rassismus, Antiziganismus und ihr Werben für Versöhnung erhielt Rita Prigmore 2013 den [[Würzburger Friedenspreis]].<ref name=":4">{{Internetquelle |url=https://wuerzburgwiki.de/wiki/Rita_Prigmore |titel=Rita Prigmore |werk=Würzburg Wiki |sprache=de |abruf=2024-06-18}}</ref> Die Würzburger Universitätsklinken errichteten eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer von NS-Verbrechen, die unter anderem an dieser Klinik verübt worden waren.<ref>{{Internetquelle |autor=Universitätsklinikum Würzburg |url=https://www.ukw.de/aktuelle-meldungen/detail/news/ein-stachel-im-fleisch-der-wuerzburger-universitaetsmedizin-gedenkstele-fuer-die-opfer-von-ns-verbrech/ |titel=Universitätsklinikum Würzburg: Ein Stachel im Fleisch der Würzburger Universitätsmedizin: Gedenkstele für die Opfer von NS-Verbrechen |datum=2014-10-30 |sprache=de |abruf=2024-06-18}}</ref> Im Beisein von Rita Prigmore wurde 2022 auch eine Straße in Würzburg zu Ehren ihrer Mutter „Theresia Winterstein“-Straße benannt.<ref>{{Internetquelle |autor=Stadt Wuerzburg |url=https://www.wuerzburg.de/rathaus/presse/aktuelle-pressemitteilungen/539384.In-Gedenken-an-Theresia-Winterstein.html |titel=Rathaus {{!}} Presse - Aktuelle Pressemitteilungen |abruf=2024-06-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://zentralrat.sintiundroma.de/strassenumbenennung-nach-sinti-ns-ueberlebender-und-buergerrechtlerin-theresia-winterstein/ |titel=Straßenumbenennung nach Sinti NS-Überlebender und Bürgerrechtlerin Theresia Winterstein |werk=Zentralrat Deutscher Sinti und Roma |datum=2023-03-30 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-27}}</ref> |
„Die häufigste Frage, die junge Leute mir stellen, ist: Woher bekommst du die Kraft, deine Geschichte immer wieder zu erzählen? Die Antwort ist: Ich habe vergeben, aber ich werde nie vergessen, was geschehen ist!“<ref>{{Internetquelle |autor=Stadt Ingolstadt |url=https://www.ingolstadt.de/index.php?ModID=255&FID=3052.17563.1&object=tx,2789.5 |titel=Eine Zeitzeugin berichtet |datum=2022-09-06 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-18}}</ref> </blockquote>Für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen Rassismus, Antiziganismus und ihr Werben für Versöhnung erhielt Rita Prigmore 2013 den [[Würzburger Friedenspreis]].<ref name=":4">{{Internetquelle |url=https://wuerzburgwiki.de/wiki/Rita_Prigmore |titel=Rita Prigmore |werk=Würzburg Wiki |sprache=de |abruf=2024-06-18}}</ref> Die Würzburger Universitätsklinken errichteten eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer von NS-Verbrechen, die unter anderem an dieser Klinik verübt worden waren.<ref>{{Internetquelle |autor=Universitätsklinikum Würzburg |url=https://www.ukw.de/aktuelle-meldungen/detail/news/ein-stachel-im-fleisch-der-wuerzburger-universitaetsmedizin-gedenkstele-fuer-die-opfer-von-ns-verbrech/ |titel=Universitätsklinikum Würzburg: Ein Stachel im Fleisch der Würzburger Universitätsmedizin: Gedenkstele für die Opfer von NS-Verbrechen |datum=2014-10-30 |sprache=de |abruf=2024-06-18}}</ref> Im Beisein von Rita Prigmore wurde 2022 auch eine Straße in Würzburg zu Ehren ihrer Mutter „Theresia Winterstein“-Straße benannt.<ref>{{Internetquelle |autor=Stadt Wuerzburg |url=https://www.wuerzburg.de/rathaus/presse/aktuelle-pressemitteilungen/539384.In-Gedenken-an-Theresia-Winterstein.html |titel=Rathaus {{!}} Presse - Aktuelle Pressemitteilungen |abruf=2024-06-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://zentralrat.sintiundroma.de/strassenumbenennung-nach-sinti-ns-ueberlebender-und-buergerrechtlerin-theresia-winterstein/ |titel=Straßenumbenennung nach Sinti NS-Überlebender und Bürgerrechtlerin Theresia Winterstein |werk=Zentralrat Deutscher Sinti und Roma |datum=2023-03-30 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-27}}</ref> |
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Unter dem Titel ''Rom*nja City - Stadt befreiter Menschen''“ brachte das ''Rom*nja-Power-Theater'' das Leben von Rita Prigmore auf die Bühne. Das Stück wurde unter anderem im [[Dschungel Wien|Dschungle Wien]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dschungelwien.at/event/rom-nja-city |titel=ROM*NJA CITY - Dschungel Wien |abruf=2024-06-27}}</ref>, im GRIPS-Theater<ref>{{Internetquelle |autor=GRIPS Team |url=https://gripsblog.online/stadt-der-befreiung |titel=25.2. bis 3.3.: Mitschnitt „Rom*nja City – Stadt freier Menschen“ |werk=GRIPS Blog |datum=2022-02-24 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-27}}</ref> in Berlin, im Theater Dortmund<ref>{{Internetquelle |url=https://www.theaterdo.de/produktionen/detail/romnjacity-reloaded/ |titel=Rom*njaCity reloaded: Theater Dortmund |abruf=2024-06-27}}</ref> und auf [[Kampnagel]]<ref>{{Internetquelle |url=https://kampnagel.de/produktionen/rom-nja-in-power-theater-kollektiv-rom-nja-city-reloaded |titel=ROM*NJA IN POWER THEATERKOLLEKTIV ROM*NJA CITY RELOADED |werk=Kampnagel |datum=12.04.23 |abruf=27.06.2024}}</ref> in Hamburg aufgeführt. |
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Rita Prigmores Lebenszeugnisse sind, ebenso wie die ihrer Mutter Theresia, im [[Holocaust Memorial Center|Holocaust Memorial]] In Washington archiviert.<ref>{{Internetquelle |url=https://encyclopedia.ushmm.org/content/en/oral-history/theresia-seible-and-rita-prigmore-describe-research-on-twins |titel=Theresia Seible and Rita Prigmore describe research on twins |sprache=en |abruf=2024-06-27}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn515082 |titel=Collections Search - United States Holocaust Memorial Museum |abruf=2024-06-27}}</ref> |
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== Literatur == |
== Literatur == |
Version vom 28. Juni 2024, 12:01 Uhr
Rita Prigmore geborene Winterstein (* 3. März 1943 in Würzburg) ist eine Überlebende des Völkermords (Porajmos) gegen Sinti und Roma während des Nationalsozialismus. Als Säugling überlebte sie nur knapp medizinische Zwillingsexperimente, die von NS-Ärzten durchgeführt wurden. Für ihre weltweite Aufklärungsarbeit über die Verfolgung von Sinti und Roma erhielt sie 2013 den Würzburger Friedenspreis.[1]
Kindheit und Jugend
Rita kam am 3. März 1943 in Würzburg als Tochter der Sängerin und Tänzerin Theresia Winterstein und des Konzertgeigers Gabriel Reinhard[2] zur Welt, zusammen mit ihrem Zwilling Rolanda.[3]
Ihre Mutter Theresia war von der nationalsozialistischen Rassenhygienischen Forschungsstelle als „Zigeuner-Mischling“ klassifiziert und 1941 zur Zwangssterilisation vorgesehen worden. Da sie jedoch bereits schwanger war, wurde die Sterilisation aufgeschoben. Der sonst üblichen Zwangsabtreibung entging sie nur, weil sie Zwillinge von einem als „reinrassig“ geltenden Sinto erwartete; denn einige NS-Ärzte in Würzburg waren für ihre Menschenversuche, vergleichbar denen des NS-Arztes Josef Mengele im KZ Auschwitz, interessiert an Zwillingsgeburten jüdischer und anderer Minderheiten wie die der Sinti und Rom.[4][5]
Aus Angst um ihre Kleinen verließ die Mutter am 9. März 1943 mit den Kindern vorzeitig die Klinik, doch die Gestapo suchte sie zuhause auf, entriss ihr die Säuglinge und lieferte diese in der Universitätskinderklinik Würzburg ab.[3][6]
Der Mutter wurde der Besuch in der Klinik verwehrt, trotzdem verschaffte sie sich nach zwei Tagen gewaltsam Zutritt zu ihren Kindern. Sie fand die Säuglinge, die beide gesund zur Welt gekommen waren, mit großen Kopfverbänden im Bettchen vor. Die kleine Rolanda war tot.[7] Erst viel später erfuhr Theresia, dass der Direktor des Würzburger Universitätsnervenklinikums, Werner Heyde, medizinische Experimente an ihren Kindern vorgenommen hatte. Unter anderem hatte er versucht, die dunkle Augenfarbe der Kinder mit Tinte in Blau umzufärben.[8][5]
Das überlebende Kind durfte Theresia erst im April 1944 aus der Klinik abholen. Aus Angst vor weiteren Experimenten versteckte die Mutter die kleine Rita in der Folgezeit bei dem Arzt und Kommunalpolitiker Kurt Kellner. Das Mädchen litt unter schweren gesundheitlichen Problemen wie Krampfanfällen und Verzögerungen in der Entwicklung und konnte so nur drei Jahre die Schule besuchen.[9][10][11]
„Ständige Kopfschmerzen, Ohnmachtsanfälle, Schwindelattacken und Konzentrationsstörungen begleiten mich mein Leben lang“, berichtete Prigmore bei einer Rede im KZ Auschwitz.[12]
Ritas Eltern trennten sich, als sie erfuhren, dass die erste Frau des Vaters das KZ Auschwitz überlebt hatte.[13] 1956 heiratete die Mutter den amerikanischen Soldaten Emanuel Seible, der in Würzburg stationiert war und Rita adoptierte.[14]
Weiteres Leben
Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus 1945 lebte Rita mit ihren Eltern in Würzburg.[15] Ein Großteil der Familie Winterstein war im KZ Auschwitz ermordet worden, woran Gedenksteine heute erinnern.[16] Die Mutter versuchte lange Zeit, ihre Tochter vor der grausamen Wahrheit zu schützen. Rita war bereits erwachsen, als sie erfuhr, was die NS-Ärzte ihr angetan hatten; denn als nach einem Unfall eine Röntgenaufnahme gemacht wurde, entdeckte man die große Narbe an ihrem Kopf.[17]
Die Mutter hatte nach dem Krieg eine Entschädigung für ihre Tochter aufgrund der erlittenen Medizinexperimente beantragt, doch der Antrag war Ende der 1950er Jahre abgelehnt worden.[18] Erst Ende 1980er Jahre wurden Ritas und Theresias Entschädigungsgesuche schließlich bewilligt.[19]
Mit 20 Jahren heiratet Rita den amerikanischen Soldaten George Prigmore, der ebenfalls in Würzburg stationiert war. Das Paar bekam zwei Kinder. Als ihr Mann zurück in die Vereinigten Staaten versetzt wurde, ging Rita Prigmore mit ihm. Doch sie litt sehr unter der Trennung von ihrer Mutter Theresia, mit der sie um Wiedergutmachung für die erlittenen körperlichen und seelischen Schäden kämpfte. Ihre Ehe zerbrach an den traumatischen Belastungen ihrer Kindheit und Rita beschloss, die USA zu verlassen und zu ihrer Mutter zurückzugehen. Ihre Kinder blieben in den USA beim Vater.[19]
Engagement
In Deutschland engagierte sich Rita gemeinsam mit Theresia jahrzehntelang für eine Wiedergutmachung und Anerkennung des erlittenen Unrechts. Die beiden Frauen kämpften nicht nur für sich, sondern auch für andere verfolgte Angehörige der Rom und Sinti. Prigmore wurde im Lauf der Zeit zu einer bekannten Aktivistin, die in vielen Ländern als Zeitzeugin auftrat.[20] Mit Unterstützung der Gemeinschaft Sant Egidio hält sie seit Jahrzehnten in Europa und den USA Vorträge über die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma.[9] Bei einer Ansprache in Auschwitz sagte Rita Prigmore einmal:
„Die häufigste Frage, die junge Leute mir stellen, ist: Woher bekommst du die Kraft, deine Geschichte immer wieder zu erzählen? Die Antwort ist: Ich habe vergeben, aber ich werde nie vergessen, was geschehen ist!“[21]
Für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen Rassismus, Antiziganismus und ihr Werben für Versöhnung erhielt Rita Prigmore 2013 den Würzburger Friedenspreis.[1] Die Würzburger Universitätsklinken errichteten eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer von NS-Verbrechen, die unter anderem an dieser Klinik verübt worden waren.[22] Im Beisein von Rita Prigmore wurde 2022 auch eine Straße in Würzburg zu Ehren ihrer Mutter „Theresia Winterstein“-Straße benannt.[23][24]
Unter dem Titel Rom*nja City - Stadt befreiter Menschen“ brachte das Rom*nja-Power-Theater das Leben von Rita Prigmore auf die Bühne. Das Stück wurde unter anderem im Dschungle Wien[25], im GRIPS-Theater[26] in Berlin, im Theater Dortmund[27] und auf Kampnagel[28] in Hamburg aufgeführt.
Rita Prigmores Lebenszeugnisse sind, ebenso wie die ihrer Mutter Theresia, im Holocaust Memorial In Washington archiviert.[29][30]
Literatur
- Roland Flade: Dieselben Augen, dieselbe Seele. Theresia Winterstein und die Verfolgung einer Würzburger Sinti-Familie im Dritten Reich. In: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg, Band 14. Verlag Ferdinand Schöningh, Würzburg 2008, ISBN 978-3-87717-796-9.
- Kaupen-Haas, Heidrun / Bock, Gisela: Theresia Seible: „Sintezza und Zigeunerin“. In: Opfer und Täterinnen. Frauenbiographien des Nationalsozialismus (Hrsg.): . Band 2. Greno, Nördlingen 1987, ISBN 978-3-596-13094-8
- KZ-Gedenkstätte Neuengamme: Die Verfolgung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Hamburg 2012, ISBN 978-3-8378-4039-1
- Ristow, Nicole: Theresia Winterstein. In: Claudia M. Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer (Hg.): Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit. Universität Hamburg 2017.
Weblinks
- Testimony by Holocaust survivor Rita Prigmore | European Holocaust Memorial Day for Sinti and Roma
- Roma Sinti Holocaust memorial day: Rita Prigmore
- European Holocaust Research Infrastructure (EHRI): Gabriel Reinhardt and Theresia Winterstein families collection
- Zeuge der Zeit: Rita Prigmore. Die Welt ist wunderlich (ardmediathek.de)
- Rita Prigmore: Narrative des Widerstands von Sinti und Roma am 16 Mai 1944 auf youtube
- Forgotten Victims: A Conversation with Sinti Holocaust Survivor Rita Prigmore. Webinar by the Hongkong Holocaust & Tolerance Centre
- Fotos und Dokumente auf der koenraaddewolf.be
- GND - Deutsche Nationalbibliothek
- LCNAF - Library of Congress
- VIAF - Virtual International Authority File
Einzelnachweise
- ↑ a b Rita Prigmore. In: Würzburg Wiki. Abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Artifacts Unpacked: The Violin - United States Holocaust Memorial Museum. Abgerufen am 18. Juni 2024 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b Roland Flade: Dieselben Augen, dieselbe Seele. Theresia Winterstein und die Verfolgung einer Würzburger Sinti-Familie im Dritten Reich. Ferdinand Schöningh Verlag, Würzburg 2008, ISBN 978-3-87717-796-9, S. 119.
- ↑ Theresia Seible and Rita Prigmore describe research on twins. In: Holocaust Encyclopedia. Abgerufen am 27. Juni 2024 (englisch).
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- ↑ Collections Search - United States Holocaust Memorial Museum. Abgerufen am 27. Juni 2024.
Personendaten | |
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NAME | Prigmore, Rita |
ALTERNATIVNAMEN | Winterstein, Rita (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Sinti-Angehörige |
GEBURTSDATUM | 3. März 1943 |
GEBURTSORT | Würzburg |