Dennis Hastert

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Dennis Hastert
Hastert (oben rechts) mit Präsident George W. Bush und Dick Cheney.
Hasterts offizielles Portrait als Speaker von 2009, mit dem Stab des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten (engl. Mace of the United States House of Representatives) ein zeremonielles Symbol der Vereinigten Staaten.[1]
Dennis Hastert in seiner Funktion als Speaker

John Dennis Hastert (* 2. Januar 1942 in Aurora, Illinois) ist ein US-amerikanischer Politiker. Er gehörte dem Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten von 1987 bis 2007 als republikanischer Abgeordneter für den 14. Kongresswahlbezirk des Bundesstaates Illinois an. Von 1999 bis 2006 war er Sprecher des Repräsentantenhauses und damit formal dritthöchster Entscheidungsträger des Landes.

Biographie

Hastert studierte Erziehungswissenschaften an der Northern Illinois University, nach dem Examen war er als Lehrer in Yorkville tätig. Als Trainer der Ringer seiner Schule führte er seine Mannschaft 1976 zur Landesmeisterschaft von Illinois. Von 1980 bis 1986 gehörte er für drei Wahlperioden dem Repräsentantenhaus von Illinois an. Er war in dieser Zeit als ranghöchster Republikaner Mitglied des Haushaltsausschusses.

Als 1986 der Sitz im 14. Kongressdistrikt von Illinois frei wurde, kandidierte Hastert. Bei dieser ersten Wahl gewann er mit 52 % der Stimmen nur knapp, obwohl dieser Wahlkreis seit 1903 eine feste Hochburg der Republikaner war. Hiernach wurde er meist mit um die 70 % der Wählerstimmen wiedergewählt.

Sein Aufstieg zum Speaker im Repräsentantenhaus kam eher unerwartet, da er, trotz seines Amtes als stellvertretender Fraktionssprecher der Republikaner, als unauffällig galt. Allerdings waren seine aussichtsreichsten Mitbewerber zu umstritten, wie Tom DeLay, oder standen wegen Eheskandalen nicht mehr zur Verfügung, wie Bob Livingston. 1999 trat Hastert die Nachfolge von Newt Gingrich als Vorsitzender des Repräsentantenhauses an. Er blieb bis 2007 im Amt und hatte den Posten somit länger als jeder andere Republikaner inne. Das Amt machte Hastert nach dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten formal zum drittmächtigsten Politiker in den USA. Unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und der Verwüstung des World Trade Centers und Pentagons wurde Hastert von Beamten des Secret Service vom Kapitol evakuiert und in einen geheimen Bunker in Mount Weather, Virginia geflogen (Nachfolge des Präsidenten der Vereinigten Staaten).[2]

Bei den Kongresswahlen im November 2006 kandidierte Hastert erneut für seinen Wahlbezirk und konnte sich gegen den Kandidaten der Demokraten, John Laesch, mit knapp 60 % der Wählerstimmen durchsetzen. Inwieweit sich seine angebliche Verwicklung in den Skandal um Mark Foley auf das Wahlergebnis auswirkte, ist unklar. Die Kongresswahlen 2006 führten auch zu einer Mehrheit für die Demokraten im Repräsentantenhaus. In seiner ersten Sitzung am 4. Januar 2007 wählte das 110. Repräsentantenhaus die Demokratin Nancy Pelosi zum neuen Speaker und somit zur Nachfolgerin von Hastert in diesem Amt. Während der folgenden Sitzungsperiode legte er sein Mandat am 26. November 2007 nieder und schied somit aus dem Kongress aus. Die Nachwahl gewann der Demokrat Bill Foster gegen Jim Oberweis.

Nach seinen Jahren im Kongress arbeitete Hastert bis 2015 als Senior Advisor und Lobbyist in Washington für die die Anwaltskanzlei Dickstein Shapiro LLC.[3]

Politische Standpunkte und Konflikte

Türkei

Hastert gilt als Parteigänger türkischer Interessen. Umstritten ist, warum er Ende 2000 eine Abstimmung über eine Resolution zum Völkermord an den Armeniern verhinderte. Nach eigener Aussage geschah dies ausschließlich auf Bitten Präsident Bill Clintons. Allerdings verhinderte er im Jahre 2004 erneut eine Resolution zu diesem Thema.

Dazu äußerte sich auch die FBI-Whistleblowerin Sibel Edmonds in einem Interview mit der Zeitschrift Vanity Fair[4]. Edmonds arbeitete kurz nach den 9/11-Anschlägen für das FBI in Washington DC als Sprachspezialistin in Operationen für Terrorismusabwehr und Gegenspionage mit Zugang zu streng geheimen Unterlagen im Zusammenhang mit der Türkei, dem Iran und zentralasiatischen Republiken. Ihre Aufgabe war es, abgehörte Gespräche, die mit den 9/11-Anschlägen im Zusammenhang standen (und den Zeitraum 1996 bis Anfang 2002 umfassten), zu übersetzen. Als sie Spionage, Korruption und Amtsmissbrauch meldete, wurde sie aus dem FBI entlassen. Sie sagte in einer eidesstattliche Erklärung, in Gesprächen, die ihr zur Übersetzung vorlagen, sei Hastert von Mitgliedern der türkische Lobbyorganisation American-Turkish Council (ATC) als bestechlich bezeichnet worden. Sibel Edmonds brachte sowohl die Terrorismusorganisation al-Qaida als auch US-Politiker mit dem Heroinhandel in Verbindung, der dem Tiefenstaat zugrunde liegt. Obwohl sie durch einen außergewöhnlichen Gerichtsbeschluss, dem State secrets privilege, gehindert wurde, darüber direkt zu sprechen, sind ihre Vorwürfe von Daniel Ellsberg zusammengefasst worden:

„Al-Qaida wird zu 95 % von Drogengeld finanziert – einem Drogenhandel, bei dem sich die US-Regierung blind stellt und den sie ignoriert, weil er Verbündete und Geheimdienst-Assets von uns stark miteinbezieht, wie zum Beispiel die Türkei, Kirgisistan, Tadschikistan, Pakistan, Afghanistan – all die „Stans“ –, in einem Drogenhandel, bei dem das Opium aus Afghanistan stammt, in der Türkei verarbeitet und nach Europa gebracht wird, wo es 96 % des europäischen Heroins liefert, und zwar durch Albaner, entweder in Albanien oder im Kosovo, durch albanische Muslime im Kosovo – im Grunde durch die UÇK, die Kosovo-Befreiungsarmee, die wir in dieser Episode am Ende der Jahrhunderts stark unterstützten. ... Sibel Edmonds sagt, dass Koffer von Bargeld dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Dennis Hastert, in dessen Haus in der Nähe von Chicago geliefert wurden, von türkischen Quellen, wohlwissend, dass eine Menge davon Drogengeld war.“[5]

George Soros

Im Spätsommer 2004 gab Hastert mehrere Radiointerviews, durch die sich der Investor George Soros beleidigt fühlte. Er reichte offizielle Beschwerde beim Repräsentantenhaus ein, weil Hastert ihm unterstellt habe, sein Vermögen durch Drogengeschäfte gemehrt zu haben.

Sturmschäden in New Orleans und Planierraupen

Hastert wurde heftig kritisiert, als er am 1. September die Einschätzung, Wiederaufbauhilfe für das flutzerstörte New Orleans sei sinnlos, es sehe so aus, als müsse der größte Teile der Stadt planiert werden, verkündete. Auf seiner Website wird erläutert, es sei ihm nicht darum gegangen, die Stadt umzusiedeln oder veröden zu lassen. Vielmehr sei die Sicherheit der Bewohner wichtiger als der Wiederaufbau am alten Standort. Hastert wurde von der Fraktionschefin der Demokraten, Nancy Pelosi, kritisiert, weil er sich angeblich noch bis zum 31. August geweigert habe, Anträge auf Sondermittel für New Orleans zur Abstimmung zuzulassen.

Skandal um Mark Foley

Im September 2006 wurde öffentlich, dass Hasterts Büro bereits seit über einem Jahr über anzügliche E-Mails informiert war, die der republikanische Abgeordnete Mark Foley an minderjährige Praktikanten des US-Kongresses verschickt hatte. Die Verantwortlichen des Praktikantenprogramms wiesen Foley an, derartiges in Zukunft zu unterlassen. Darüber hinaus wurde jedoch nichts unternommen.

Kirk Fordham, ein früherer Mitarbeiter Foleys, erklärte, er habe Hasterts Büro bereits vor drei Jahren über entsprechende Probleme informiert. Hastert selbst behauptet, erst kürzlich über die Geschehnisse informiert worden zu sein.

Vorwürfe der sexuellen Belästigung und des Zahlens von Schweigegeld

Ende Mai 2015 wurde gegen Hastert Anklage erhoben. Ihm wird vorgeworfen, heimlich eine Summe von 3,5 Millionen US-Dollar als Schweigegeld bezahlt zu haben, damit gegen Bankgesetze verstoßen zu haben, und das FBI im Zuge der Ermittlungen belogen zu haben. Diese Summe floss der Staatsanwaltschaft zur Folge an einen Mann aus dem Raum Chicago, wo Hastert zwischen 1965 und 1981 als Lehrer und Trainer an einer Highschool tätig war. Die Los Angeles Times meldete, bei dem Empfänger handele es sich um einen Mann, der von Hastert in seiner Zeit als Trainer sexuell belästigt worden sei. Dieser habe den ehemaligen Politiker im Jahr 2010 mit den Vorwürfen konfrontiert, woraufhin Hastert sich zur Zahlung der Gelder bereit erklärt hatte. Die Ermittler wurden durch die Überprüfung des Zahlungsverkehr aufmerksam. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm mehrere Jahre Haft.[6]

Ehrungen

Einzelnachweise

  1. Collections Search: John Dennis Hastert, United States House of Representatives History, Art & Archives.
  2. CNN 11 septembre 2001[1]
  3. Deutsch-Amerikanische Konferenz 2014, Atlantik-Brücke, Mai 2014
  4. David Rose: An Inconvenient Patriot, Vanity Fair Artikel, September 2005
  5. Hastert got suitcases of Al Qaeda heroin cash, should be in jail, Wot is it good 4-Blog, 21 Oktober 2006
  6. Ex-Spitzenpolitiker zahlte angeblich Schweigegeld wegen Sex-Affäre, Die Zeit, 30. Mai 2015
  7. Gov't grants decorations to 4,083, including 62 foreigners. In: Japan Today. 29. April 2010, abgerufen am 24. November 2010 (englisch).
Commons: Dennis Hastert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien