Tony Miles (Schachspieler)

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Tony Miles
Name Anthony John Miles
Verband England England (bis 1987, ab 1992)
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten (1988 bis 1991)
Geboren 23. April 1955
Birmingham
Gestorben 12. November 2001
Birmingham
Titel Internationaler Meister (1974)
Großmeister (1976)
Beste Elo‑Zahl 2635 (Januar 1996)

Anthony John Miles (* 23. April 1955 in Edgbaston, Birmingham; † 12. November 2001 in Harborne, Birmingham) war ein englischer Schachgroßmeister.

Leben

Miles und Chandler, Rio 1979

Miles wurde bei der Juniorenweltmeisterschaft 1973 in Teesside Zweiter hinter Alexander Beliavsky. Im folgenden Jahr gewann er die Juniorenweltmeisterschaft in Manila.[1] Im selben Jahr wurde er Internationaler Meister. Im Februar 1976 erzielte er bei einem Turnier in Dubna die letzte fehlende Großmeisternorm.[2] Als der erste britische Großmeister nach Jacques Mieses gewann Miles eine Prämie von 5.000 Pfund, die der Investor und Schachmäzen James Slater ausgesetzt hatte, der auch bereits das Jugendturnier in Teesside finanziell unterstützt hatte.[3] Er schrieb sich an der Universität Sheffield zum Studium der Mathematik ein, entschied sich dann aber für das professionelle Schach.

Seine schachlich beste Zeit erlebte Miles vom Ende der 1970er Jahre bis zu seiner deutlichen Wettkampfniederlage gegen Garri Kasparow (0,5:5,5) in Basel 1986.

Bekannt ist sein Sieg gegen den damaligen Weltmeister Anatoli Karpow bei der Europamannschaftsmeisterschaft in Skara 1980. Miles schlug Karpow mit den schwarzen Figuren mit der ungewöhnlichen Eröffnungserwiderung 1. e2–e4 a7–a6 (ECO-Code B00).[4] Er gewann das 3. Schachfestival Baden-Baden 1981 gemeinsam mit Zoltán Ribli vor Viktor Kortschnoi.[5] 1982 wurde er britischer Meister. Er gewann das traditionell hochkarätige Turnier in Tilburg 1984 und 1985 (geteilt mit Robert Hübner und Viktor Kortschnoi), wobei er bei seinem zweiten Sieg dort wegen Rückenproblemen einige Partien auf dem Bauch liegend spielte.

Am 20. Mai 1984 stellte Miles in der Eifelgemeinde Roetgen mit 22 Partien (+10 =10 −2) einen deutschen Rekord im Blind-Simultan-Schach auf,[6] der erst 2009 gebrochen wurde. Miles war mit einigen englischen Schachspielern, insbesondere Raymond Keene und Nigel Short, verfeindet und lebte daher von 1987 bis Anfang der 1990er Jahre in den USA und dann in Australien, beteiligte sich auch an den dortigen Landesmeisterschaften, kehrte aber schließlich nach England zurück. 1990 gewann er das Schachfestival Bad Wörishofen vor Philipp Schlosser und Norbert Lücke. Fehler Vorlage:Schachbrett: Die Einbindung mit alter Syntax ist nicht mehr möglich!
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Nach ihm ist auch die Miles-Variante in der Damenindischen Verteidigung benannt. Diese entsteht nach den Zügen 1. d2–d4 Sg8–f6 2. c2–c4 e7–e6 3. Sg1–f3 b7–b6 4. Lc1–f4.

Für die englische Zeitschrift Kingpin schrieb er einige Beiträge, in denen sich sein skurriler Humor zeigte, darunter eine aus lediglich zwei Worten (Utter crap) bestehende Rezension. Außerdem hatte er von Juli 1999 bis Oktober 2001 eine The Miles Report betitelte monatliche Kolumne auf der Internetseite Chesscafe.com.[7]

Miles, der an Diabetes litt, wurde in der Nacht des 12. November 2001 von einem Freund tot in seiner Wohnung aufgefunden. Sein letztes Lebenszeichen datierte vom 11. November 2001 um 2:08 Uhr morgens.[8] Das Herzversagen, das man als Todesursache konstatierte, wurde auf seine Erkrankung zurückgeführt.

Seine höchste Platzierung in der FIDE-Weltrangliste war der neunte Platz, den er im Januar 1986 zusammen mit Lajos Portisch und Boris Spasski belegte.

Miles war zeitweise mit der Großmeisterin Jana Bellin verheiratet, die auch an GM-Turnieren teilnahm.[9]

Mannschaftsschach

Jonathan Speelman, Nigel Short, John Nunn und Tony Miles auf der Schacholympiade 1986 in Dubai

Nationalmannschaft

Tony Miles nahm mit der englischen Nationalmannschaft an neun Schacholympiaden teil, wobei er von 1974 bis 1986 am Spitzenbrett spielte, 1994, 1998 und 2000 jeweils erster Reservespieler war. In der Mannschaftswertung erreichte er 1984 und 1986 den zweiten Platz, 1976 den dritten Platz. 1976 belegte er auch in der Einzelwertung am Spitzenbrett den dritten Platz.[10]

Miles nahm an vier Mannschaftseuropameisterschaften teil, wobei er 1980 und 1992 mit der Mannschaft den dritten Platz erreichte; 1980 war er außerdem punktbester Spieler am Spitzenbrett.[11]

Bei der ersten Mannschaftsweltmeisterschaft in Luzern 1985 spielte er für England am Spitzenbrett. Die englische Mannschaft belegte den dritten Platz, Miles erreichte am ersten Brett das zweitbeste Ergebnis.[12]

Vereinsschach

In der britischen Four Nations Chess League spielte Miles von 1995 bis zu seinem Tod bei Slough und wurde mit diesem 1996, 1999 und 2000 britischer Mannschaftsmeister.

In der deutschen Schachbundesliga spielte er von 1981 bis 1990 bei der SG Porz und wurde mit dieser 1982 und 1984 deutscher Mannschaftsmeister.

Literatur

  • Geoff Lawton (Hrsg.), Tony Miles: ‘It’s Only Me’. Batsford, 2003, ISBN 0-7134-8809-3 (englisch).

Einzelnachweise

  1. Manila 1974. 13° Campeonato Mundial Juvenil.
  2. Willy Iclicki: FIDE Golden book 1924–2002. Euroadria, Slovenia, 2002, S. 76
  3. L. Barden: Tony Miles. In: Guardian. 14. November 2001.
  4. British Championships in Scarborough: How many Miles on the Clock? (Memento vom 18. Oktober 2012 im Internet Archive).
  5. Theo Schuster: 3. Schachfestival Baden-Baden 1981. Schach-Echo 1981, Heft 15, Titelseite.
  6. Rekordversuch im Blindsimultan am 21. November. Artikel von Frank Hoppe vom 15. November 2009 auf der Website des Deutschen Schachbundes]
  7. Archivseite. (Memento vom 28. März 2014 im Internet Archive). Bei: Chesscafe.com. (Englisch).
  8. Tim Krabbé: Open Chess Diary, item 163 (englisch).
  9. Schach-Echo 1979, S. 151.
  10. Tony Miles´ Ergebnisse bei Schacholympiaden auf olimpbase.org (englisch).
  11. Tony Miles´ Ergebnisse bei Mannschaftseuropameisterschaften auf olimpbase.org (englisch).
  12. Tony Miles´ Ergebnisse bei Mannschaftsweltmeisterschaften auf olimpbase.org (englisch).
Commons: Tony Miles – Sammlung von Bildern

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