ipso-Substitution

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Mai 2008 um 17:16 Uhr durch Roo1812 (Diskussion | Beiträge) (Link auf BKL aufgelöst). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Chemie eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Chemie formal und inhaltlich auf ein in der Wikipedia gewünschtes Niveau zu bringen. Wir sind dankbar für deine Mithilfe, bitte beteilige dich an der Diskussion (neuer Eintrag) oder überarbeite den Artikel entsprechend.

Die ipso-Substitution ist ein Spezialmechanismus der elektrophilen aromatischen Substitution. Als Ausgangsverbindung dient hierbei immer ein Benzol-Derivat, C6H5Y, wobei Y ein beliebiger Substituent sein kann. Die Bezeichnung "ipso" (aus dem Lateinischen für "selbst") soll zum Ausdruck bringen, dass der Substituent Y selbst durch das Elektrophil ersetzt wird.

Substituenten

Bei aromatischen Substitutionen spielen vorhandene Substituenten eine wichtige Rolle bei der Reaktivität der Gesamtverbindung. Sie beeinflussen entscheidend eine Zweitsubstitution und bestimmen, an welcher Stelle das Ringsystem bevorzugt weiter substituiert wird. Wenn nun anstelle einer Substitution in Nachbarstellung eines schon vorhandenen Substituenten das angreifende Elektrophil den Erstsubstituenten selbst angreift, spricht man von einer ipso-Substitution. Diese tritt nur dann ein, wenn Y eine bessere Abgangsgruppe im Ringsystem darstellt, als ein Proton (H+ ist selbst eine ausgezeichnete Fluchtgruppe). Daher wird der ipso-Modus eher selten beobachtet.

Entdeckung

Entdeckt wurde dieser Mechanismus aufgrund des Auftretens unerwarteter Reaktionsprodukte. Betrachtet man die Reaktion eines p-Dialkylbenzols mit Nitryl-Kationen (Nitrierung), so findet man das erwartete ortho-Nitrierungsprodukt, aber auch ein unerwartetes Nitrierungsprodukt, bei dem eines der beiden Alkylreste substituiert wurde.

Datei:Nitrierung eines p-Dialkylbenzols.png


Hier wurde der Substituent Y (in diesem Fall –CH(CH3)2) durch das eintretende Elektrophil ersetzt. Die beiden Alkylgruppen sind elektronenschiebend und wirken daher ortho-/para-dirigierend für das eintretende Elektrophil. Dass die Ausgangsverbindung auch an der para-Position nitriert wird, ist somit zwar erklärbar, andererseits muss die Struktur von Y so konstruiert sein, dass sie als freiwerdendes Kation gut stabilisiert ist.

Datei:Propyl-Kation.png
Isopropyl-Kation

Das entstehende Isopropyl-Kation ist, wie im allgemeinen alle Alkylgruppen, eine gute Abgangsgruppe, da sie in Lösung gut stabilisiert werden kann.


Allgemeiner Mechanismus

Der allgemeine Mechanismus einer ipso-Substitution lässt sich folgendermaßen formulieren:

Datei:Prinzip der ipso-Substitution.PNG
(Y = Substituent, E+ = eintretendes Elektrophil)

Die Wahrscheinlichkeit für einen ipso-Angriff ist umso größer, je mehr der Substituent die Reaktion in eine Position dirigiert, in welcher er selbst als Abgangsgruppe fungieren kann.
Ein Beispiel für eine ipso-Reaktion ist die Reversibilität der Sulfonierung.

Datei:Sulfonierung von benzol.PNG
Sulfonierung von Benzol

Heißer Wasserdampf verdrängt das Schwefeltrioxid aus dem Benzolring und ein Proton lagert sich an. Dabei entstehen wieder die Ausgangsstoffe bei der Sulfonierung.


Nachweis der ipso-Zwischenstufe

In einigen Fällen konnte die kationische Zwischenstufe durch Abfangreaktionen isoliert werden. Ein Beispiel hierfür ist die Nitrierung von o-Xylol mit Salpetersäure in Acetanhydrid (MeCO)2O. Hierbei entsteht neben dem Nitryl-Ion auch das Acetat-Anion MeCO2, welches die entstehende Zwischenstufe angreift und in ein stabiles Additionsprodukt überführt.

Datei:Abfangen einer Zwischenstufe bei der ipso-Reaktion.png
Abfangen der Zwischenstufe

Präparativ spielt die ipso-Substitution eine eher untergeordnete Rolle gegenüber der wichtigen m-, o- und p-Substitution, allerdings ist mit ihr vor allem dann zu rechnen, wenn eine elektrophile Substitution an einem bereits substituierten Aromaten durchgeführt wird.

Literatur

  • Peter Sykes: Wie funktionieren organische Reaktionen? 2. Auflage, Wiley-VCH 2001, ISBN 3-527-30305-7