Jacobi-Vermutung

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In der Mathematik ist die Jacobi-Vermutung ein ungelöstes Problem, das sich auf Polynome in mehreren Variablen bezieht. Sie besagt, dass, wenn eine Polynomfunktion in einem -dimensionalen Raum zu sich selbst eine Jacobideterminante hat, die eine von null verschiedenen Wert hat, folgt dass diese Funktion eine polynomiale Umkehrfunktion besitzt. Die Vermutung wurde erstmals 1939 von Ott-Heinrich Keller aufgestellt[1] und weiter verbreitet von Shreeram Abhyankar, als ein Beispiel für eine schwierige Frage in der algebraischen Geometrie, die auch mit wenig Kentnissen der Differentialrechnung verstanden werden kann.

Die Jacobi-Vermutung ist bekannt für eine große Anzahl schlussendlicher falscher Beweise. Bis 2018 gab es keine plausiblen Behauptungen, die Vermutung bewiesen zu haben. Selbst der Fall mit zwei Variablen hat allen Bemühungen widerstanden. Es gibt derzeit keine bekannten überzeugenden Gründe, die Vermutung für wahr zu halten, und laut van den Essen[2] gibt es einige Vermutungen, dass die Vermutung tatsächlich für eine große Anzahl von Variablen falsch ist. Tatsächlich gibt es auch keine überzeugenden Beweise, die diese Vermutung unterstützen. Die Jacobi-Vermutung ist Nummer 16 in Die Liste von Stephen Smale von mathematischen Problemen für das nächste Jahrhundert.

Jacobideterminante

Sei eine feste ganze Zahl und betrachte Polynome in den Variablen mit Koeffizienten in einem Körper . Dann definieren wir eine vektorwertige Funktion: durch:

Jede auf diese Weise entstehende Abbildung wird als Polynomabbildung bezeichnet.

Die Jacobideterminante von , bezeichnet als , wird als Determinante der Jacobimatrix definiert, die aus den partiellen Ableitungen von nach besteht:


,

dann ist selbst eine Polynomfunktion der Variablen

Formulierung der Vermutung

Aus der mehrdimensionalen Kettenregel folgt, dass wenn eine polynomiale Umkehrfunktion : hat, dann eine polynomiale Reziproke besitzt, also ist eine Konstante ungleich Null. Die Jacobi-Vermutung ist die folgende partielle Umkehrung:

Der Körper habe Charakteristik 0. Wenn eine Konstante ungleich Null ist, dann hat eine Umkehrfunktion , die regulär ist, was bedeutet, dass ihre Komponenten Polynome sind.

Laut van den Essen,[2] wurde das Problem erstmals von Keller im Jahr 1939 für den begrenzten Fall von zwei Variablen und ganzzahligen Koeffizienten vermutet.

Die offensichtliche Analogie der Jacobi-Vermutung scheitert, wenn die Charakteristik hat, selbst für eine Variable. Die Charakteristik eines Körpers muss, wenn sie nicht null ist, eine Primzahl sein, also mindestens 2. Das Polynom hat die Ableitung , die 1 ist (weil 0 ist), aber es hat keine Umkehrfunktion. Allerdings schlug Kossivi Adjamagbo vor, die Jacobi-Vermutung auf Charakteristiken zu erweitern, indem die Hypothese hinzugefügt wird, dass nicht den Grad der Körpererweiterung teilt.[3]

Die Existenz einer polynomiellen Umkehrfunktion ist offensichtlich, wenn einfach eine Menge von Funktionen ist, die linear in den Variablen sind, denn dann wird die Umkehrfunktion auch eine Menge von linearen Funktionen sein. Ein einfaches nichtlineares Beispiel ist gegeben durch

,

sodass die Jacobideterminante geschrieben werden kann als:

In diesem Fall existiert die Umkehrfunktion als die Polynome

Aber wenn wir nur leicht abändern zu

dann ist die Determinante

was nicht konstant ist, und daher die Jacobi-Vermutung nicht zutrifft. Die Funktion hat zwar immer noch eine Umkehrfunktion:

aber der Ausdruck für ist kein Polynom.

Die Bedingung ist mit dem Satz über die Umkehrfunktion in der mehrdimensionalen Analysis verbunden. In der Tat existiert für glatte Funktionen (und somit insbesondere für Polynome) eine glatte lokale Umkehrfunktion zu an jedem Punkt, an dem ungleich null ist. Zum Beispiel hat die Abbildung eine glatte globale Umkehrfunktion, aber die Umkehrfunktion ist kein Polynom.

Ergebnisse

Stuart Sui-Sheng Wang bewies die Jacobi-Vermutung für Polynome vom Grad 2.[4] Hyman Bass, Edwin Connell und David Wright zeigten, dass der allgemeine Fall aus dem Spezialfall folgt, bei dem die Polynome vom Grad 3 sind, oder noch genauer, vom kubisch homogenen Typ, was bedeutet, dass sie die Form haben, wobei jedes entweder null oder ein homogenes Polynom vom Grad 3 ist.[5] Ludwik Drużkowski zeigte, dass man weiter annehmen kann, dass die Abbildung vom kubisch linearen Typ ist, was bedeutet, dass die von null verschiedenen Kuben homogener linearer Polynome sind.[6] Es scheint, dass Drużkowskis Reduktion der derzeit vielversprechendste Weg ist. Diese Reduktionen führen zusätzliche Variablen ein und sind daher für festes nicht verfügbar.

Edwin Connell und Lou van den Dries bewiesen, dass, wenn die Jacobi-Vermutung falsch ist, es ein Gegenbeispiel mit ganzzahligen Koeffizienten und Jacobideterminante 1 gibt.[7] Folglich ist die Jacobi-Vermutung entweder für alle Körper der Charakteristik 0 wahr oder für keinen. Für eine feste Dimension ist sie wahr, wenn sie für mindestens einen algebraisch abgeschlossenen Körper der Charakteristik 0 gilt.

Sei der Polynomring und die -Unteralgebra, die von erzeugt wird. Für ein gegebenes ist die Jacobi-Vermutung wahr, genau dann wenn .

Keller (1939) bewies den birationalen Fall, das heißt, wenn die beiden Körper und gleich sind. Der Fall, in dem eine Galoiserweiterung von ist, wurde von Andrew Campbell für komplexe Abbildungen[8], im Allgemeinen von Michael Razar[9] bewiesen und davon unabhängig auch von David Wright.[10] Tzuong-Tsieng Moh überprüfte die Vermutung für Polynome vom Grad höchstens 100 in zwei Variablen.[11][12]

Michiel de Bondt und Arno van den Essen[13][14] und Ludwik Drużkowski[15] zeigten unabhängig voneinander, dass es ausreicht, die Jacobi-Vermutung für komplexe Abbildungen vom kubisch homogenen Typ mit symmetrischer Jacobi-Matrix zu beweisen, und zeigten weiter, dass die Vermutung für Abbildungen vom kubisch linearen Typ mit symmetrischer Jacobi-Matrix über jedem Körper der Charakteristik 0 gilt.

Die starke reelle Jacobi-Vermutung besagt, dass eine reelle Polynomabbildung mit überall nichtverschwindender Jacobideterminante eine glatte globale Umkehrfunktion hat. Das ist äquivalent dazu zu fragen, ob eine solche Abbildung topologisch eine eigentliche Abbildung ist, in welchem Fall sie eine Überlagerungsabbildung eines einfach zusammenhängenden Mannigfaltigkeit ist und daher invertierbar. Sergey Pinchuk konstruierte zweidimensionale Gegenbeispiele vom Gesamtgrad 35 und höher.[16]

Es ist bekannt, dass die Dixmier-Vermutung die Jacobi-Vermutung impliziert.[5] Umgekehrt wurde von Yoshifumi Tsuchimoto[17] und unabhängig davon von Alexei Belov-Kanel und Maxim Kontsevich[18] gezeigt, dass die Jacobi-Vermutung für Variablen die Dixmier-Vermutung in Dimensionen impliziert. Ein in sich geschlossener und rein algebraischer Beweis dieser letzten Implikation wird auch von Kossivi Adjamagbo und Arno van den Essen[19] gegeben, die in derselben Arbeit auch bewiesen, dass diese beiden Vermutungen äquivalent zur Poisson-Vermutung sind.

Einzelnachweise

  1. Keller, Ott-Heinrich (1939), "Ganze Cremona-Transformationen", Monatshefte für Mathematik und Physik, 47 (1): 299–306, doi:10.1007/BF01695502, ISSN 0026-9255
  2. a b van den Essen, Arno (1997), "Polynomial automorphisms and the Jacobian conjecture" (PDF), Algèbre non commutative, groupes quantiques et invariants (Reims, 1995), Sémin. Congr., vol. 2, Paris: Soc. Math. France, pp. 55–81, MR 1601194
  3. Adjamagbo, Kossivi (1995), "On separable algebras over a U.F.D. and the Jacobian conjecture in any characteristic", Automorphisms of affine spaces (Curaçao, 1994), Dordrecht: Kluwer Acad. Publ., pp. 89–103, doi:10.1007/978-94-015-8555-2_5, ISBN 978-90-481-4566-9, MR 1352692
  4. Wang, Stuart Sui-Sheng (August 1980), "A Jacobian criterion for separability", Journal of Algebra, 65 (2): 453–494, doi:10.1016/0021-8693(80)90233-1
  5. a b Bass, Hyman; Connell, Edwin H.; Wright, David (1982), "The Jacobian conjecture: reduction of degree and formal expansion of the inverse", Bulletin of the American Mathematical Society, New Series, 7 (2): 287–330, doi:10.1090/S0273-0979-1982-15032-7, ISSN 1088-9485, MR 0663785
  6. Drużkowski, Ludwik M. (1983), "An effective approach to Keller's Jacobian conjecture", Mathematische Annalen, 264 (3): 303–313, doi:10.1007/bf01459126, MR 0714105
  7. Connell, Edwin; van den Dries, Lou (1983), "Injective polynomial maps and the Jacobian conjecture", Journal of Pure and Applied Algebra, 28 (3): 235–239, doi:10.1016/0022-4049(83)90094-4, MR 0701351
  8. Campbell, L. Andrew (1973), "A condition for a polynomial map to be invertible", Mathematische Annalen, 205 (3): 243–248, doi:10.1007/bf01349234, MR 0324062
  9. Razar, Michael (1979), "Polynomial maps with constant Jacobian", Israel Journal of Mathematics, 32 (2–3): 97–106, doi:10.1007/bf02764906, MR 0531253
  10. Wright, David (1981), "On the Jacobian conjecture", Illinois Journal of Mathematics, 25 (3): 423–440, doi:10.1215/ijm/1256047158, MR 0620428
  11. Moh, Tzuong-Tsieng (1983), "On the Jacobian conjecture and the configurations of roots", Journal für die reine und angewandte Mathematik, 1983 (340): 140–212, doi:10.1515/crll.1983.340.140, ISSN 0075-4102, MR 0691964, S2CID 116143599
  12. Moh, Tzuong-Tsieng, On the global Jacobian conjecture for polynomials of degree less than 100, preprint
  13. de Bondt, Michiel; van den Essen, Arno (2005), "A reduction of the Jacobian conjecture to the symmetric case", Proceedings of the American Mathematical Society, 133 (8): 2201–2205, doi:10.1090/S0002-9939-05-07570-2, hdl:2066/33302, MR 2138860
  14. de Bondt, Michiel; van den Essen, Arno (2005), "The Jacobian conjecture for symmetric Drużkowski mappings", Annales Polonici Mathematici, 86 (1): 43–46, doi:10.4064/ap86-1-5, MR 2183036
  15. Drużkowski, Ludwik M. (2005), "The Jacobian conjecture: symmetric reduction and solution in the symmetric cubic linear case", Annales Polonici Mathematici, 87: 83–92, doi:10.4064/ap87-0-7, MR 2208537
  16. Pinchuk, Sergey (1994), "A counterexample to the strong real Jacobian conjecture", Mathematische Zeitschrift, 217 (1): 1–4, doi:10.1007/bf02571929, MR 1292168
  17. Tsuchimoto, Yoshifumi (2005), "Endomorphisms of Weyl algebra and p {\displaystyle p}-curvatures", Osaka Journal of Mathematics, 42 (2): 435–452, ISSN 0030-6126
  18. Belov-Kanel, Alexei; Kontsevich, Maxim (2007), "The Jacobian conjecture is stably equivalent to the Dixmier conjecture", Moscow Mathematical Journal, 7 (2): 209–218, arXiv:math/0512171, Bibcode:2005math.....12171B, doi:10.17323/1609-4514-2007-7-2-209-218, MR 2337879, S2CID 15150838
  19. Adjamagbo, Pascal Kossivi; van den Essen, Arno (2007), "A proof of the equivalence of the Dixmier, Jacobian and Poisson conjectures" (PDF), Acta Mathematica Vietnamica, 32: 205–214, MR 2368008