Parallelogramm
Ein Parallelogramm (von altgriechisch παραλληλό-γραμμος paralleló-grammos „von zwei Parallelenpaaren begrenzt“) oder Rhomboid (rautenähnlich) ist ein konvexes ebenes Viereck, bei dem gegenüberliegende Seiten parallel sind.
Parallelogramme sind spezielle Trapeze und zweidimensionale Parallelepipede. Rechteck, Raute (Rhombus) und Quadrat sind Spezialfälle des Parallelogramms.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Viereck ist genau dann ein Parallelogramm, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- Gegenüberliegende Seiten sind gleich lang und keine zwei gegenüberliegende Seiten schneiden sich (kein überschlagenes Viereck, sogenanntes Antiparallelogramm).
- Zwei gegenüberliegende Seiten sind parallel und gleich lang.
- Gegenüberliegende Winkel sind gleich groß.
- Je zwei benachbarte Winkel ergeben zusammen 180°.
- Die Diagonalen halbieren einander.
- Die Summe der Flächen der Quadrate über den vier Seiten ist gleich der Summe der Flächen der Quadrate über den zwei Diagonalen (Parallelogrammgleichung).
- Es ist punktsymmetrisch (zweizählig drehsymmetrisch).
Für jedes Parallelogramm gilt:
- Jede Diagonale teilt es in zwei gleichsinnig kongruente Dreiecke.
- Sein Symmetriezentrum ist der Schnittpunkt der Diagonalen.
- Die Mittelpunkte der über seinen Seiten errichteten Quadrate bilden ein Quadrat (Satz von Thébault-Yaglom).
Alle Parallelogramme, die mindestens eine Symmetrieachse besitzen, sind Rechtecke oder Rauten.
Formeln
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mathematische Formeln zum Parallelogramm | ||
---|---|---|
Flächeninhalt |
|
|
Umfang | ||
Innenwinkel | ||
Höhe | ||
Länge der Diagonalen
(siehe Kosinussatz) |
||
Parallelogrammgleichung |
Beweis der Flächenformel für ein Parallelogramm
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Den Flächeninhalt des nebenstehenden schwarzen Parallelogramms kann man erhalten, indem man von der Fläche des großen Rechtecks die sechs kleinen Flächen mit bunten Kanten abzieht. Wegen der Symmetrie und der Vertauschbarkeit der Multiplikation kann man auch vom großen Rechteck das Doppelte der drei kleinen Flächen unterhalb des Parallelogramms abziehen. Es ist also:
Parallelogrammgitter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Parallelogramme können ein Gitter in der Ebene bilden. Wenn die Kanten gleich lang sind oder die Winkel rechte Winkel sind, ist die Symmetrie des Gitters höher. Diese repräsentieren die vier zweidimensionalen Bravais-Gitter.
Geometrische Figur | Quadrat | Rechteck | Raute | Parallelogramm |
---|---|---|---|---|
Bravais-Gitter | quadratisches Bravais-Gitter | rechtwinkliges Bravais-Gitter | zentriert-rechtwinkliges Bravais-Gitter | schiefwinkliges Bravais-Gitter |
Kristallsystem | tetragonales Kristallsystem | orthorhombisches Kristallsystem | orthorhombisches Kristallsystem | monoklines Kristallsystem |
Bild |
Das Parallelogrammgitter ist eine Anordnung von unendlich vielen Punkten in der zweidimensionalen euklidischen Ebene. Diese Punktmenge kann formal als die Menge
geschrieben werden, wobei die Vektoren , die Richtungsvektoren zwischen benachbarten Punkten sind. Das Parallelogrammgitter entsteht durch eine affine Abbildung aus dem Quadratgitter.[1]
Das Parallelogrammgitter ist zweizählig drehsymmetrisch, also punktsymmetrisch. Außerdem ist es translationsymmetrisch für alle Vektoren im zweidimensionalen euklidischen Vektorraum.
Konstruktion eines Parallelogramms
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Parallelogramm, bei dem die Seitenlängen und sowie die Höhe gegeben ist, ist mit Zirkel und Lineal konstruierbar.
Verallgemeinerungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Verallgemeinerung auf Dimensionen ist das Parallelotop, erklärt als die Menge sowie deren Parallelverschiebungen. Die sind dabei linear unabhängige Vektoren. Parallelotope sind punktsymmetrisch.
Das dreidimensionale Parallelotop ist das Parallelepiped. Seine Seitenflächen sind sechs paarweise kongruente und in parallelen Ebenen liegende Parallelogramme. Ein Parallelepiped hat zwölf Kanten, von denen je vier parallel verlaufen und untereinander gleich lang sind, und acht Ecken, in denen diese Kanten in maximal drei verschiedenen Winkeln zueinander zusammenlaufen.
Satz von Varignon
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Satz von Varignon gilt: Wenn man die Mittelpunkte benachbarter Seiten eines Vierecks verbindet, dann erhält man ein Parallelogramm.
Beweis:
Nach Definition gilt .
Betrachte das Dreieck ABC. Es ist ähnlich zum Dreieck EBF. Nimmt man den Punkt B als Zentrum einer zentrischen Streckung, werden A auf E und C auf F mit dem Faktor abgebildet. Wegen der Eigenschaften der zentrischen Streckung sind Bildstrecke und ursprüngliche Strecke parallel. Also ist . Ebenso zeigt man, dass , , und . Die Parallelität in der euklidischen Ebene ist eine Äquivalenzrelation und damit transitiv. Also ist und .
Die gegenüber liegenden Seiten des Vierecks EFGH sind parallel, was der Definition eines Parallelogramms entspricht.
Eine andere Möglichkeit ist, mit dem Strahlensatz zu beweisen, dass und ist, d. h. dass die gegenüber liegenden Seiten des Vierecks EFGH gleich lang sind.
Nach dem Strahlensatz gilt außerdem: Der Umfang des Parallelogramms EFGH ist genau so groß wie die Summe der Diagonalenlängen im Viereck ABCD. Die Fläche des Parallelogramms EFGH ist halb so groß wie die Fläche des Vierecks ABCD.[2]
Parallelogramme mit Quadraten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gegeben sei ein Parallelogramm , über dessen Seiten Quadrate errichtet sind. Dann sind die Diagonalenschnittpunkte , , und der Quadrate Eckpunkte eines weiteren Quadrats. (Figur 1)
Beweis:
Die vier gelben Dreiecke , , und in Figur 2 stimmen in je zwei Seiten und dem jeweils eingeschlossenen (gelben) Innenwinkel bei , , und überein. Deshalb sind sie nach dem Kongruenzsatz SWS kongruent und damit alle Seiten des Vierecks gleich lang. Da die Diagonalen eines Quadrats orthogonal sind, ist ein rechter Winkel. Da die beiden (gelben) Winkel und gleich groß sind, muss auch ein rechter Winkel sein. Somit ist das Viereck ein Quadrat.[3]
Goldener Schnitt in Parallelogrammen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Parallelogramm, bei dem das Verhältnis der längeren zur kürzeren Seite gleich dem Goldenen Schnitt ist, habe einen spitzen Innenwinkel von 60°. Die kürzere Seite habe o. B. d. A. die Länge 1.
Dann lassen sich zwei Folgen gleichseitiger Dreiecke jeweils so anordnen, dass jedes Dreieck der Folge durch eine Ecke seines Nachfolgers ebenfalls im Goldenen Schnitt geteilt wird. Weil das Parallelogramm punktsymmetrisch zum Schnittpunkt seiner Diagonalen ist, sind die Grenzwerte der zu den beiden Folgen gehörigen Reihen identisch und füllen spiralförmig die gesamte Fläche des Parallelogramms aus. Die Flächenmaßzahlen der mittleren Parallelogramme konvergieren hierbei gegen Null (Figur 3).
Ist h die Höhe auf der längeren Seite des Ausgangsparallelogramms, so hat jede der beiden Dreiecksspiralen die Flächenmaßzahl
- .[4]
Verwendung in der Technik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Parallelogramme finden sich häufig in der Mechanik. Durch vier Gelenke kann eine bewegliche, parallelentreue Lagerung hergestellt werden, die sogenannte Parallelogrammführung. Beispiele:
-
Schaltparallelogramm einer Kettenschaltung
-
Parallel-Scheibenwischer
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- F. Wolff: Lehrbuch der Geometrie. Vierte verbesserte Auflage, Druck und Verlag von G. Reimer, Berlin 1845 (Online-Kopie).
- P. Kall: Lineare Algebra für Ökonomen. Springer Fachmedien, Wiesbaden 1984, ISBN 978-3-519-02356-2.
- Wilhelm Killing: Lehrbuch Der Analytischen Geometrie. Teil 2, Outlook Verlagsgesellschaft, Bremen 2011, ISBN 978-3-86403-540-1.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eric W. Weisstein: Parallelogram. In: MathWorld (englisch).
- Flächen- und Umfangsberechnung von allgemeinen und speziellen Parallelogrammen. ( vom 11. Januar 2015 im Internet Archive). Abgerufen am 18. November 2016.
- Einführung in das Thema Parallelogramm. (PDF; 920 kB). Abgerufen am 18. November 2016.
- Parallelogramm und Raute. ( vom 19. November 2016 im Internet Archive; PDF; 225 kB). Abgerufen am 18. November 2016.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wolfram MathWorld: Cubic Lattice
- ↑ Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg: Varignon-Parallelogramm
- ↑ Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie - Eine etwas andere Einführung in die Euklidische Geometrie. Zweite korrigierte und ergänzte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63830-9, S. 129/172
- ↑ Hans Walser: Spiralen, Schraubenlinien und spiralartige Figuren - Mathematische Spielereien in zwei und drei Dimensionen, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH Berlin 2022, ISBN 978-3-662-65131-5, Seite 77