Sigrid Abel-Struth
Sigrid Abel-Struth (* 24. Juli 1924 als Sigrid Struth in Breitscheid (Hessen); † 2. Februar 1987 in Bad Soden am Taunus) war eine deutsche Musikpädagogin, Hochschullehrerin und Musikschriftstellerin.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sigrid Abel-Struth wuchs in einer Arztfamilie auf und legte 1942 in Bingen das Abitur ab. Nach Studien an der Musikhochschule Karlsruhe und den Universitäten Heidelberg und Mainz wurde sie 1949 mit einer Arbeit über „Das weihnachtliche Hirtenlied“ promoviert. Anschließend war sie in vielfältiger Weise musikpädagogisch tätig: In den Jahren von 1949 bis 1956 arbeitete sie als Redakteurin der Fachzeitschrift "Musik im Unterricht". Daneben war sie freie Mitarbeiterin am Musikschulfunk des Hessischen Rundfunks (HR) und Leiterin der Arbeitsgemeinschaft „Musikalische Hörerziehung“ des städtischen Jugendamts in Frankfurt am Main. Ab 1957 war sie in Frankfurt als Musiklehrerin an der Falk-Mittelschule tätig. Von 1959 bis 1964 war Sigrid Abel-Struth am Aufbau der Jugendmusikschule in Frankfurt am Main beteiligt, die sie auch leitete. Von 1960 bis 1971 arbeitete sie als Lehrbeauftragte für Musikerziehung an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, zugleich war sie von 1963 bis 1970 Leiterin der Musiklehrerausbildung am Pädagogischen Fachinstitut in Jugenheim/Bergstraße. Ab 1970 gab sie die Schriftenreihe "Musikpädagogik. Forschung und Lehre" heraus. 1971 wurde sie an der Universität zu Köln habilitiert.[1][2]
1972 wurde Sigrid Abel-Struth als ordentliche Professorin für Musikpädagogik und Musikwissenschaft an die Universität Bielefeld berufen, ab 1973 war sie Professorin und Leiterin des Instituts für Musikpädagogik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ein wichtiges Anliegen war ihr die Entwicklung der Musikpädagogik zur wissenschaftlichen Hochschuldisziplin. Sie begründete den ersten Magisterstudiengang für Musikpädagogik in Deutschland und erwirkte das Promotionsrecht für das neue Studienfach.[1][2][3]
Daneben engagierte sich Sigrid Abel-Struth auch in einschlägigen Fachverbänden. Sie gehörte zu den Gründungsmitgliedern des "Arbeitskreises Forschung in der Musikpädagogik" (AMPF)[2] und gründete gemeinsam mit Hermann-Josef Kaiser und Eckhard Nolte 1984 die "Wissenschaftliche Sozietät Musikpädagogik" (WSMP),[4] um Forschung und Lehre auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Musikpädagogik zu fördern und entsprechende internationale Kontakte zu pflegen.[5] Seit 1983 war Sigrid Abel-Struth aktives Mitglied in der Forschungskommission der "International Society for Music Education" (ISME), seit 1978 gehörte sie dem Deutschen Musikrat an.[1]
Forschung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In ihrem Hauptwerk "Grundriß der Musikpädagogik" (1984) legte Sigrid Abel-Struth einen bis heute einflussreichen Entwurf der Musikpädagogik als einer Fachwissenschaft vor, die den pädagogischen Umgang mit Musik wissenschaftlich begründet. Wissenschaftliche Musikpädagogik umfasst demnach sowohl historisch-aufklärende und deskriptive Forschung als auch empirisch-analytische Ansätze, die sich mit Bedingungen und Möglichkeiten des Musiklernens, des Musiklehrens und des Musikunterrichts befassen. Musiklernen begriff Sigrid Abel-Struth als Spezialisierung allgemeinen Lernens, Musikwissenschaft fasste sie – anders als im traditionellen Fachwissenschaft/Fachdidaktik-Verständnis der Lehramtsbildung – nicht als Fachwissenschaft der Musikpädagogik bzw. des Musikunterrichts auf, sondern als "Sachwissenschaft" des Gegenstands Musik.[2]
Abel-Struth unterschied zudem zwischen wissenschaftlicher Musikpädagogik ("Musikpädagogik im engeren Sinn"), Musikdidaktik und "Musikpädagogik im weiteren Sinn" als Obergriff beider Teildisziplinen. Die Musikdidaktik betrachtete sie als Fachdidaktik schulischen Musikunterrichts, der sie gleichermaßen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben zuwies. Musikpädagogik im engeren Sinn definierte sie als wissenschaftliche Disziplin mit dem Auftrag, Grundlagenforschung zu betreiben, die der Musikdidaktik begründbare und kontrollierbare Entscheidungen möglich machen und eine historisch weiter reichende Theorie des Musiklernens entwickeln solle. Besonderen Wert legte sie auf eine klare Unterscheidung zwischen postulativer und wissenschaftlicher Aussageebene.[6]
Sigrid-Abel-Struth-Preis der WSMP
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1994 verleiht die "Wissenschaftliche Sozietät Musikpädagogik" den "Sigrid-Abel-Struth-Preis für wissenschaftliche Musikpädagogik", um damit hervorragende Dissertationen aus dem Bereich der wissenschaftlichen Musikpädagogik zu würdigen.[1][7]
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Materialien zur Entwicklung der Musikpädagogik als Wissenschaft (= Musikpädagogik. Forschung und Lehre. Bd. 1). Mainz 1970, ISBN 3-7957-1700-0.
- Grundriß der Musikpädagogik. Mainz 1985, ISBN 3-7957-2052-4.
- als Herausgeber Jürgen Vogt: Musikpädagogik als Sozialwissenschaft. In: Zeitschrift für Kritische Musikpädagogik. (ZfKM), 2006. zfkm.org
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. 2. Auflage. Wiesbaden 1992. ISBN 3-922244-90-4, Nr. 4, S. 1.
- als Herausgeber Hermann-Josef Kaiser, Eckhard Nolte, Michael Roske: Vom pädagogischen Umgang mit Musik (Gedenkschrift). Mainz 1993, ISBN 3-7957-0244-5.
- Wolfgang Klötzer (Hrsg.): Frankfurter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon. Erster Band. A–L (= Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission. Band XIX, Nr. 1). Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-7829-0444-3, S. 9.
- Christoph Richter: Abel-Struth, Sigrid. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 2. Auflage. Personenteil 1. Bärenreiter, Metzler, Kassel/Basel/London/New York/Prag/Stuttgart/Weimar 1999, ISBN 3-7618-1111-X, Sp. 38f.
- Institut für Musikpädagogik Frankfurt am Main (Hrsg.): Zielstringenz in der Musikpädagogik. Zum Gedenken an Sigrid Abel-Struth (1924–1987). Musikverlag Burkhard Muth, Fernwald 2007, ISBN 978-3-929379-16-7.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Sigrid Abel-Struth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Abel-Struth, Sigrid. Hessische Biografie. (Stand: 2. Februar 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Abel-Struth, Sigrid im Frankfurter Personenlexikon
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Sabine Hock: Abel-Struth, Sigrid im Frankfurter Personenlexikon. Abfragedatum: 17. September 2017.
- ↑ a b c d Christoph Richter: Abel-Struth, Sigrid. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 2. Auflage. Personenteil 1. Bärenreiter, Metzler, Kassel/Basel/London/New York/Prag/Stuttgart/Weimar 1999, ISBN 3-7618-1111-X, Sp. 38 f.
- ↑ Abel-Struth, Sigrid. Hessische Biografie. (Stand: 2. Februar 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Karl-Jürgen Kemmelmeyer: Geschichte der Musikpädagogik in Deutschland. (PDF) Oktober 2012, abgerufen am 15. August 2021.
- ↑ Wissenschaftliche Sozietät Musikpädagogik e.V. | WSMP. Abgerufen am 15. August 2021.
- ↑ Stefan Hörmann, Eva Meidel: Orientierung im Begriffsdschungel - terminologische und fachstrukturelle Perspektiven zur Profilierung der Musikpädagogik und Musikdidaktik. In: Bernd Clausen, Alexander J. Cvetko, Stefan Hörmann, Martina Krause-Benz, Silke Kruse-Weber (Hrsg.): Grundlagentexte Wissenschaftlicher Musikpädagogik. Waxmann, Münster/ New York 2016, ISBN 978-3-8309-3353-3, S. 16.
- ↑ Sigrid Abel-Struth-Preis
Personendaten | |
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NAME | Abel-Struth, Sigrid |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Musikpädagogin und Musikschriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 24. Juli 1924 |
GEBURTSORT | Breitscheid (Hessen) |
STERBEDATUM | 2. Februar 1987 |
STERBEORT | Bad Soden am Taunus |