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Seite:Die Gartenlaube (1886) 317.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

Die Austellung des Ornithologischen Vereins in Wien.

Mit Originalzeichnungen von Gustav Zafaurek.

Sechszehiger Hahn.

Den großen Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellungen gegenüber verschwinden diejenigen, welche uns nicht Kunstwerke der Menschenhand, sondern lebende Naturwunder vorführen. Die Dauer der ersteren kann man nach Wochen und Monaten bemessen, während die letzteren nur ein paar Tage bestehen und längst aufgelöst sind, wenn man in einer illustrirten Wochenschrift ihrer gedenkt.

So würde man auch heute in Wien vergeblich nach den Spuren jener Vogel-Ausstellung suchen, die der Ornithologische Verein in der heiteren Donaustadt am 20. März dieses Jahres eröffnet hatte. Nach allen Windrichtungen, aus denen sie gekommen war, ist die zwitschernde und kreischende gefiederte Gesellschaft wieder aus einander gegangen.

Aber sie ist einer kurzen Erinnerung dennoch werth, die jeden Vogelfreund sicher interessiren wird, dem es nicht vergönnt war, in den von Tannen und Fichten grünenden, mit Volièren und Käfigen vollgepfropften Räumen zu verweilen.

Vor dem Zauberschlosse muß der Tradition gemäß ein Ungethüm wachen, an welchem man vor Allem vorbeikommen muß. So auch hier. Eine gespenstige Pyramide von Holzröhren, deren jede ein auffallendes Loch zur Schau trug, starrte dem Besucher entgegen; hier aber war Alles schön oder nützlich, sogar das Ungethüm: die ominösen Röhren waren nämlich Nistkästchen, aus derartig imprägnirtem Holz hergestellt, daß sie Jahrzehnten trotzen und kein Ungeziefer aufkommen lassen. Der Erfinder, Fritz Zeller, hat schon seit Jahren Tausenden von Vögeln ein wohnliches Heim ohne Miethzahlung geschenkt, den ganzen Prater und Hunderte von Schulgärten unentgeltlich damit versehen und bietet nunmehr in diesem Artikel wahrhaft Unüberttreffliches.

Wer sich durch Gegensätze amüsiren wollte, durch gleichzeitige Ohrenqual und Augenlust, der fand beim Weiterschreiten beides reichlich in einem Pfauenhause mit allen Sorten von Perlhühnern als Zugabe. Hinter demselben befand sich eine Volière mit den herrlichsten Fasanen, dem zierlichen Pfauenfasan, dem prächtigen Swinhoë und den imposanten Ohrfasan, mit herrlich, gleich einem Silberregen wallenden Schweife – ein fesselndes Bild!

Im Hintergrunde reihten sich die große Raubvögel an; sie erweckten keine Sympathie, erregten aber allgemeine Bewunderung, gleichwie in der Weltgeschichte die großen Eroberer und Menschenwürger.

Kiwi.

Tannenbaum mit Webernestern.

Der rechte Flügel des Gebäudes enthielt die Präparate, mitunter wahre Kunstwerke, die zu leben schienen. Da fanden wir den äußerst seltenen Ibis nipon, bizarr aussehend wie die Bewohner seiner Heimath, die von König Tai Tschi regierten Koreaner; daneben einen Flüchtling aus Afrika, den rothbrüstigen Pelikan, der im vorigen Jahre bei Silistria erlegt wurde, einen Singschwan, majestätisch in der Luft daherrudernd, gleich allem aus Hodek’s Meisterhand Kommenden, lebenswahr und schön zugleich, nur – fast unerschwinglich im Preise. Vorüber an vielem Anderen, über das nur die Anerkennung des gute Willens hinaushalf, vorüber an dem Kaleidoskop von Vogeleiern, die so recht nach Amateurart von dem Besitzer eigenhändig auf Gefahr der geraden Glieder – sei es durch Wirkung eines Sturzes, sei es durch die derber Forstwartfäuste – von den Baumwipfeln und Felsgraten herabgeholt worden! – in die Tropen zu den Papageien, Nonnen, Mövchen, Tanagras, Amadonna, die in überwältigender Pracht von Josef Günther zur Schau gebracht wurden. Schade, daß die leichte Aufzucht dieser tropischen Gäste noch so wenig Verbreitung fand, der Liebhaber wird stets eine Fülle von Belehrung und Freude an seinen Schützlingen finden. Greifen wir unter ihnen nur die dumm dreinsehenden schwarzköpfigen Nonnenvögel heraus und belauschen wir ihr Liebeswerben.

Mit vorgestrecktem Halse gackert das Männchen etwa zwanzigmal ta-ta-ta etc., und hierauf eine Quint höher ti-ti-ti-ti; dicht an dasselbe geschmiegt lauscht das Weibchen der Zaubermelodie, neigt den Kopf ängstlich horchend dem Schnabel des Männchens zu, immer mehr und mehr, bis letzteres ausweichen muß und ersteres fast vom Sitzholze herabfällt.

Da kommen wir, auf dem Wege zu den sich heiser krähenden Hähnen an einer netten Zusammenstellung vorüber, dem Ei des riesigen Aepiornis, dem des Straußes, dem des Huhnes und dem des Kolibris. Ersterer wurde von keinem Menschen gesehen, der so weit der Wildheit entwachsen war, um ihn zu beschreiben; es bleibt unserer Phantasie überlassen, uns denselben in seiner Riesengröße vorzustellen und uns im Traume vor ihm zu fürchten, wenn der Alp uns drückt.

Das Kolibri-Ei wird gleichfalls bald einem ausgestorbenen Vogel angehören, wenn unsere Damen nicht aufhören, sich mit diesen fliegenden Juwelen zu schmücken. Gern wäre es denen erlaubt, die ihren Reiz durch diesen geborgten Schmuck erhöhen, leider aber sind die in der Mehrzahl, welche mit Hilfe der Kolibris ihr abschreckendes Aussehen durch den Kontrast noch abschreckender machen – natürlich gehören unsere Leserinnen sämmtlich der Minderzahl an. 50 000 Kolibri-Eier ergeben erst ein Riesenei des Aepiornis.

Die Ausstellung der Hühner war eine sehr reichhaltige, doch interessiren die Details nur den Eingeweihten, während die große Menge höchstens vor Spielarten mit sonderbarer Zehenbildung stehen blieb. Dasselbe gilt von den Singvögeln. Die ganze Wonne des Doppelschlages, des Schnalzens, des tiefen Rollens bleibt uns Laien unverständlich. Die überirdisch verklärten Züge andächtig Horchender belehrten uns dafür, daß auf diesem Gebiete Vorzügliches geleistet wurde. Ein Objekt von überraschender Wirkung war die Volière des Opernsängers Fritz Schroedter. Mehr als 80 Webervögel, theils unscheinbar von Aussehen, theils in grellem Orange oder Purpur leuchtend, bauen im Tannengrün ihre wunderbaren Nester vor den Augen des Beschauers, als wiegten sie sich auf Palmenwedeln unter der heißen Tropensonne. Die meisten Webervögel-Arten verdienen schon darum ein erhöhtes Interesse unsrer Leser, weil sie zu den charakteristischen Vögeln der westafrikanischen Landschaft, also auch unsrer Kolonien, Togoland und Kamerun, gehören. Sie sind es, welche dem Reisenden zuerst in die Augen fallen und ihm überall entgegentreten, in den Dörfern sowohl, wie in der mit mannshohem Grase bedeckten Savanne und in dem dichten Gebüsch des Urwaldes. In unsern Vogelstuben sind die westafrikanischen Webervögel, die Edel- und Feuerweber, ebenso häufig vertreten wie die ihnen verwandten ostindischen Baukünstler, die Banyaweber.

Doch gehen wir weiter!

Webervögel-Volièren.

An der Wand dort eine riesige Karte der Welt in Mercator’s Projektion! Von tausend Besuchern bleiben etwa zwei vor derselben stehen und entnehmen ihr die Kunde eines großen Werkes, das seit zwei Jahren in aller Stille unter der Aegide eines Prinzen vor sich geht. Langsam spannen sich Fäden über das ganze Erdenrund, von Pol zu Pol, von Ost nach West. Die Karte stellt graphisch die Wirksamkeit des internationalen, permanenten

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Leipzig: Ernst Keil, 1886, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_317.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)