Stella, Tillmann

Lebensdaten
1525 – 1589
Geburtsort
Siegen
Sterbeort
Wittenberg
Beruf/Funktion
Kartograph ; Geometer ; Mathematiker ; Ingenieur ; Geograph ; Kartograf ; Hofbeamter ; Geograf ; Bibliothekar ; Astronom
Konfession
reformiert?
Normdaten
GND: 119007207 | OGND | VIAF: 12609795
Namensvarianten

  • Stella, Tilemann
  • Stoltz, Tilemann (eigentlich)
  • Stoll, Tilemann (eigentlich)
  • Sigenis, Tielemano
  • Stelia, Tilemano
  • Stella
  • Johannes T.
  • Tilemann Sigenensis
  • Stella, Tillmann
  • Stella, Tilemann
  • Stoltz, Tilemann (eigentlich)
  • stoltz, tilemann
  • Stoll, Tilemann (eigentlich)
  • stoll, tilemann
  • Sigenis, Tielemano
  • Stelia, Tilemano
  • Stella
  • Johannes T.
  • Tilemann Sigenensis
  • Stella, Johannes T.
  • Stella, Sigensis
  • Stella, Tielemano
  • Stella, Tileman
  • Stella, Tilemanno
  • Stella, Tilemannus
  • Stella, Tillemannus
  • Stella, Tylmannus
  • Stoltz, Tielemano
  • Stoltz, Tilmann
  • Stolz, Tielemano
  • Stolz, Tilemann
  • Stolz, Tillmann
  • Stolz, Tilmann

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Zitierweise

Stella, Tillmann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119007207.html [12.11.2024].

CC0

  • Stella (eigentlich Stoll, Stoltz), Tilemann (Sigenensis)

    Kartograph, Geometer, , * 15. 4. 1525 Siegen, wohl 18. 2. 1589 Wittenberg oder Wittenburg (Mecklenburg). (lutherisch)

  • Genealogie

    V Hanno (Henner, Heinrich) Stoll ( vor 1569);
    M N. N.;
    1) Schwerin 1554 Helena (um 1533–61), T d. Balthasar Rotermund († 1554), meckl. Rentmeister, Ratsherr, seit 1541 Bgm. v. Schwerin, 2) Schwerin 1569 Anna (1548–1635, 2] Pantaleon Candidus, 1540–1608, Gen.sup. in Zweibrücken, s. NDB III), T d. Christoph Hof(f)mann ( 1569/70), Mag., seit 1567 Hofprediger in Schwerin (s. Jöcher);
    S aus 1) Balthasar (um 1555–um 1605), Baumeister, Architekt Hzg. Johanns I. v. Pfalz-Zweibrücken, S aus 2) u. a. Christoph Tilemann (1570–1604 /15, Nachf. v. S. als Geometer u. Math. Hzg. Johanns II. v. Pfalz-Zweibrücken; Schwägerin Margarete Rotermund ( Andreas Mylius, 1527–94, meckl. Rat, s. ADB 23);
    N Gertrud Mylius (1553–83, Johannes Caselius, eigtl. Kessel, 1533–1613, Prof. in Rostock, s. NDB III).

  • Biographie

    S. absolvierte die Lateinschule in Siegen und studierte seit 1542 in Wittenberg, Marburg (1544), Köln (1546) und wieder Wittenberg. Zu seinen akad. Lehrern zählten vermutlich die Mathematiker Johannes Dryander (1500–60) in Marburg und Erasmus Reinhold (1511–53) in Wittenberg. So vorbereitet, gelangte S. in den späten 1540er Jahren in den engeren Schülerkreis von Philipp Melanchthon, der ihn mit der Anfertigung kartographischer Darstellungen zur Begleitung der Bibellektüre betraute. S. schuf typenbildende Karten des Heiligen Landes (1552; nur Fragment erhalten), der Exodus-Route (9 Bll., 1557) und Deutschlands (1 Bl., 1560 u. ö. mit Beiheft); geplante weitere Karten der Paulusreisen und Europas kamen nicht zustande.

    Vermutlich auf Empfehlung seines seit 1551 in Rostock lehrenden Studienfreundes David Chytraeus (1530–1600) wurde S. seit Ende 1552 von Hzg. Johann Albrecht I. von Mecklenburg-Schwerin (reg. 1547–76) gefördert. Um diese Zeit begann er mit einer Kartierung Mecklenburgs (ungedr.); 1555 fertigte er einen Himmelsglobus (ø 27,5 cm, ein vielleicht dazugehörender Erdglobus ist nicht überliefert). 1560 erhielt S. ein ksl. Druckprivileg für ein Kartenwerk Deutschlands, Einführungen in die Geographie und Geometrie, Kalender und verschiedene auf Papier gedruckte Meßinstrumente. Im selben Jahr wurde er in Schwerin als „Mathematicus“, 1561 auch als Hofbibliothekar angestellt. Auf 1560 datiert ein illustriertes Journal einer Reise mit Hzg. Johann Albrecht durch Sachsen, Böhmen, Österreich und Ungarn (heute Landeshauptarchiv Schwerin). Um 1561 unternahm S. die erste sicher dokumentierte Besteigung des Brocken. Es folgten weitere Kartierungen in Mecklenburg, 1565 bis etwa|1581 übernahm S. die Planung und Bauüberwachung eines Kanals zwischen Dömitz und Wismar zur Umgehung des Lüneburger Salzhandels. Für die Grafen von Mansfeld kartierte er seit 1561 Mansfeld (1 Bl., 1570) und das Hzgt. Luxemburg (1561, 1582–85, nicht erhalten). 1563/64 schuf er für Hzg. Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken (1526–69) Karten der Ämter Zweibrücken und Kirkel (17 handgez. Bll., heute Kriegsarchiv Stockholm) mit zugehöriger Beschreibung. Dieses Kartenwerk im Maßstab von etwa 1 : 25 000 gehört zu den Spitzenleistungen der älteren topographischen Kartographie in Deutschland.

    Nach dem Tod Hzg. Johann Albrechts 1576 lockerte sich die Verbindung von S. zu Mecklenburg. Er arbeitete für die Höfe von Sachsen und Brandenburg-Ansbach. Um 1582 trat er in die Dienste Hzg. Johanns I. von Pfalz-Zweibrücken. Er wurde Leiter der Hofbibliothek, auch plante er einen Kanal zwischen Rhein und Saar. Auf einer seiner vielen Reisen starb S. in Wittenberg oder Wittenburg. Die Familie blieb in Zweibrücken ansässig. Seine Witwe verkaufte 1591 den Nachlaß von S. an die „Bibliotheca Bipontina“, aus der er 1676 verschwand. S. war einer der ersten dt. Gelehrten, die die Kartographie im Hauptberuf betrieben. Sein Ziel einer ausführlichen Beschreibung Deutschlands auf 100 Karten mit zugehörigen Erläuterungsbänden konnte er allerdings nicht erreichen.

  • Werke

    Kurtzer u. klarer Ber. v. Gebrauch u. Nutz d. newen Landtaffel, 1560 u. ö.;
    Methodus, quae in chorographica et historica totius Germaniae descriptione observabitur, 1564;
    Ein kurtze vnd wolgegrundte anleitung, form vnd weis wie man iedes Landt (…) in eine wolgefaßte beschreibung (…) bringen soll, Ms. 1566 (Landeshauptarchiv Schwerin bzw. Sächs. Landesbibl., Dresden);
    Kal. mit Beschreibung e. „horologium portatile“, Ms. 1569 (Univ.bibl. Aberdeen);
    Origo nostrum patrum, Ms. 1581 (Univ.bibl. Erlangen).

  • Literatur

    ADB 36;
    G. Ernst, Von d. Fam. d. T. S. Sigenensis, in: Siegerland 7, 1925, S. 51–56;
    L. Oehme u. L. Zögner, T. S., d. Kartograph d. Ämter Zweibrücken u. Kirkel, 1989;
    Ch. Cordshagen u. G. Papay (Hg.), T. S. u. d. wiss. Erforsch. Mecklenburgs in d. Gesch., 1990;
    E. Scharf (Bearb.), T. S., Gründliche u. wahrhaftige beschreibung d. baider ambter Zweibrucken u. Kirckel, 1993;
    H. Brichzin, Der Kartograph T. S., in: Archivmitt. 42, 1993, S. 211–26;
    F. Opll, „Iter Viennese Cristo auspice et duce“, Wien im Reisetageb. d. T. S. v. 1560, in: Jb. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Wien 52/53, 1996/97, S. 321–60;
    Th. Rudert, Wirtschafts-, siedlungs- u. grenzgeschichtl. Aspekte e. bekannten Karte, T. S., Peter van Boeckel u. d. Darst. d. meckl.-pomm. Grenze, Fischland-Karte 1578, in: FS f. Gerhard Heitz z. 75. Geb.tag, hg. v. E. Münch, 2000, S. 371–421;
    P. H. Meurer, Corpus d. älteren Germania-Karten, 2001, S. 295 ff.; S. Bräuer, Kartographie, Luthermemorie, Sequestration, Die Mansfelder Gesch.karte v. T. S./ Johannes Mellinger 1571, in: Kirche, Kunst, Kultur, Btrr. aus 800 J. Berlin-Brandenburg. Gesch., FS f. Gerlinde Strohmaier-Wiederanders z. 65. Geb.tag, hg. v. H. Kühne, 2008, S. 215–35; BBKL 30; Biogr. Lex. Mecklenburg III (Qu, L).

  • Autor/in

    Peter H. Meurer
  • Zitierweise

    Meurer, Peter H., "Stella, Tillmann" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 236-237 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119007207.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Stella, Tilemann

  • Biographie

    Stella: Tilemann St. (eigentlich Stoltz), hervorragender Geograph und Ingenieur, geboren 1524/25 zu Siegen, am 18. Februar 1589. Im Juli 1542 bezog er die Universität Wittenberg, 1544 die Universität Marburg, kehrte jedoch bald nach Wittenberg zurück und unternahm, von Melanchthon und Camerarius aufgemuntert, die Ausführung eines großangelegten Kartenwerkes, welches den Auszug der Kinder Israel (Aegypten und Palästina), die Reisen des Apostels Paulus (das römische Reich auf dem Gipfel seiner Macht), Deutschland und Europa zur Darstellung bringen sollte. Das erste Blatt dieser Reihe, Palästina, war zu Anfang 1552 im Druck vollendet, worauf sich St., wie er sich von jetzt an immer schreibt, von den wärmsten Empfehlungen Melanchthon's, Bugenhagen's und Anderer geleitet, auf die Reise begab, um Fürsten und Städte für sein Werk zu interessiren und Beihülfen für dessen Durchführung zu erwirken. Aus dem Wege nach Dänemark zu König Christian III. berührte er Rostock, wo er von Wittenberg her viele Beziehungen hatte, und wurde von David Chyträus Herzog Johann Albrecht, dem hochsinnigen Beförderer der Künste und Wissenschaften, aufs angelegentlichste empfohlen. Der Herzog ertheilte ihm daraufhin den Auftrag, eine im Entwurf schon mitgebrachte Karte von Mecklenburg in größerem Maßstabe auszuführen und einen Himmelsglobus anzufertigen und nahm ihn schließlich ganz in seinen Dienst. Im J. 1554 führte St. Helena Rotermund, eine Tochter des herzoglichen Rentmeisters und Bürgermeisters der Stadt Schwerin, Balthasar R., als Gattin heim und wurde dadurch der Schwager des Freundes und vertrauten Rathes des Herzogs, Andreas Mylius. Zur Förderung seines Kartenwerkes siedelte er wieder nach Wittenberg über, blieb jedoch auch von dort aus noch in steter Verbindung mit dem Herzog, den er 1560 auf einer zweimonatlichen Reise an den kaiserlichen Hof nach Wien und von da durch Ungarn bis zur türkischen Grenze begleitete. Da inzwischen auch die Karte von Deutschland erschienen war, folgte St. seinem Gönner nach Schwerin, wo er mit der Verwaltung der werthvollen herzoglichen Bibliothek betraut wurde und auch in seinem eigentlichen Fach recht reichliche Beschäftigung vorfand. Häufigen Commissorien zur Feststellung der vielfach streitigen Landesgrenzen verdanken wir werthvolle Specialkarten und in ihm hatte der Herzog den richtigen Mann gefunden, die schon vom Großvater, Herzog Magnus, geplanten weitausgedehnten Canalanlagen von der Elbe zum Schweriner See und von diesem zur Wismarschen Bucht und andererseits zur Müritz und zur Havel in zweckentsprechender Weise durchzuführen. Schon 1561 entsendete er ihn nach den Niederlanden, um die dortigen Wasserbauten gründlich zu studiren und 1564 wurden die Arbeiten thatsächlich in Angriff genommen. Volle 18 Jahre dauerte es, bis die Schifffahrtsverbindung von der Elbe durch die Elde und Stör und vom Schweriner See bis nach Wismar unter den größten Schwierigkeiten nothdürftig hergestellt war, leider nur um alsbald wieder dem Verfall entgegenzugehen, da bei der traurigen ökonomischen Lage des Landes keine Mittel zur Instandhaltung verfügbar waren und der gehoffte Aufschwung des Verkehrs ausblieb. Daß es so kam, lag nicht am Baumeister, sondern an den Verhältnissen. Durch den am 12. Februar 1576 erfolgten Tod Herzog Johann Albrecht's, der ihm seit 24 Jahren im wahrsten Sinne des Wortes ein gnädiger Herr gewesen war, wurde St. schwer getroffen. Zwar blieb er auch unter der vormundschaftlichen Regierung in seinen bisherigen Aemtern, doch deutet mancherlei darauf hin, daß er bemüht war, sich seinen alten Gönnern wieder ins Gedächtniß zurückzurufen und neue zu erwerben, um vielleicht durch sie eine andere Stellung zu erlangen, anscheinend vergeblich. Erst 64 Jahre alt, starb er am 18. Februar 1589, wahrscheinlich zu Schwerin, wo seine erste Gattin schon vor 27 Jahren im Dome ihre Ruhestätte gefunden hatte.

    Tilemann Stella's Hauptbedeutung liegt in seiner praktischen Thätigkeit, die eine sehr ausgebreitete und eingreifende war; auch seine Leistungen als Kartograph sind für seine Zeit, soweit wir noch darüber zu urtheilen vermögen, sehr achtungswerth und der freigebig ertheilten Lobsprüche durchaus würdig. Das Bestreben, die Vorgänger an Vollständigkeit und Richtigkeit zu übertreffen, tritt überall klar hervor (fast ganz Deutschland hatte er zu diesem Zweck bereist; daß er auch den Brocken bestiegen habe, wird besonders hervorgehoben) und Hat, wie der rasche Absatz der Karte von Palästina und die zwei Auflagen der Karte von Deutschland, 1560 und 1567, zeigen, bei den Zeitgenossen volle Anerkennung gefunden. Die übrigen Blätter sind wohl nicht über den Entwurf hinausgekommen, wenn auch einzelne Theile der Vollendung nahe gewesen sein mögen. So ist auch die bloß in einer Abzeichnung von 1623 auf uns gekommene, 1552 auf Wunsch des Herzogs in Rostock gedruckte Karte von Mecklenburg nur als eine Vorarbeit zur Karte von Deutschland anzusehen. Eine spätere von 1576 ist Handzeichnung geblieben, wie auch die verschiedenen Aufnahmen einzelner Landestheile und benachbarter Gebiete. Ebenso sind bis auf die „Gemeine Landtaffel“, eine kurze Anleitung zum nützlichen Gebrauch der Karte von Deutschland, die übrigen bisher bekannt gewordenen Arbeiten Stella's nur handschriftlich erhalten.

  • Literatur

    Die Matrikeln von Wittenberg und Marburg. — Corpus Reformatorum tom. VII, 1000, 1001, 1025—27; VIII, 171, 668; IX, 611. —
    Vogt, Bugenhagen's Briefwechsel S. 532, 534, 541. —
    Stella, Die gemeine Landtaffel etc., Wittenberg 1560. — Poematum Nathanis Chytraei praeter sacra omnium libri XVI. Rostochii 1579. fol. 90—95. —
    Krey, Beiträge zur Mecklenburgischen Kirchen- und Gelehrtengeschichte, Bd. I (Rostock 1818) S. 302—304 und die hier angeführten Schriften. —
    Jahrbücher des Vereins für mecklenb. Geschichte I, 7, 43; V, 225; VIII, 98; IX, 201; 202; XVI, 65; XVII, 186; XVIII, 38, 43, 63; XXXVII, 72, 77. —
    F. W. Schirrmacher, Johann Albrecht I. (Wismar 1885) Bd. I, S. 760—763. —
    Globus Bd. 60 (1891) S. 4—8 (S. Ruge, Ein Jubiläum der deutschen Kartographie). — Ueber den Canal von Dömitz nach Wismar und die weiteren damit zusammenhängenden Projecte handelt am ausführlichsten K. v. Lützow, Pragmatische Geschichte Mecklenburgs (Berlin 1827—35) Th. II, 239 ff.; III, 96 ff., 229 ff.

  • Autor/in

    Ad. Hofmeister.
  • Zitierweise

    Hofmeister, Adolph, "Stella, Tillmann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 36 (1893), S. 32-33 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119007207.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA