Erich Reusch

deutscher Bildhauer und Architekt
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Erich Reusch (* 26. Juni 1925 in Wittenberg) ist ein deutscher Bildhauer und freier Architekt.

Wasserrelief (1973–1975). Forumsplatz der Ruhr-Universität Bochum

Leben

Erich Reusch studierte von 1947 bis 1953 an der Hochschule für Bildende Künste Berlin bei Georg Leowald, Richard Scheibe und Hans Uhlmann. Ab 1953 war er in einem Düsseldorfer Architekturbüro tätig, danach von 1956 bis 1964 als freischaffender Architekt in Düsseldorf. Ab 1964 wandte sich Reusch zunehmend der Bildhauerei zu. 1975 wurde er zum Professor an der Kunstakademie Düsseldorf ernannt und auf den Lehrstuhl „Integration Bildende Kunst und Architektur“ berufen. Mit einer großen Bodenplastik war Reusch 1977 an der documenta 6 in Kassel beteiligt. Im Jahr 1990 wurde er emeritiert, 2010 zum Ehrenmitglied der Kunstakademie Düsseldorf ernannt.

Erich Reusch war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[1] Er lebt und arbeitet in Neuenrade.

Auszeichnungen

Einzelausstellungen (Auswahl)

Werk

Reusch unternahm eine Vielzahl von Vorstößen zur plastischen Aktivierung des Raums. Bereits 1954 verräumlichte Reusch das Bild, indem er das frontale Blickfeld mit dünnen Stahlstäben, die in den Raum aus dem „Bild“ hinausragten, durchstieß.[5] Seine kinetischen und akustischen Skulpturen der fünfziger und sechziger Jahre waren in ihrer Multimedialität wegweisend.[6]

Revolutionär waren Reuschs Bodenplastiken, in denen er sich – Jahre vor Carl Andre – von der Skulptur auf dem Sockel und der damit verbundenen Vertikalorientierung löste.[7] Anstelle dessen wird bei Reuschs minimalistischen Bodenplastiken mit einer Anzahl mehr oder weniger flacher Elemente, die asymmetrisch über ein Areal verstreut sind, die Horizontale zur bestimmenden Größe. Die am Boden verhafteten Elemente fordern, aus ihrer Ruhe heraus, den Betrachter zum Umschreiten auf und verstärken, aus ihrer Horizontalität heraus, seine Selbstwahrnehmung. Reusch's Entwurf für ein Mahnmal im Konzentrationslager Auschwitz von 1957 blieb allerdings noch Modell; seine skulpturale Substanz bestand aus der optisch aktivierten Leere, aus dem Unanschaubaren[8]: Den Ort der ehemaligen Selektionsrampe am Ende einer langen Gleisanlage gedachte Reusch mit einer 50 × 40 m großen Granitplatte, auf der vier ca. 1,30 m hohe zylindrische Scheiben intuitiv verteilt sind, zu markieren. Unter den Scheiben plante er, Glockenkammern mit gepresstem Nachhall zu installieren, deren Töne nur aus nächster Nähe zu lokalisieren gewesen wären.

Bekannt wurde Reusch in den 1960er und 1970er Jahren jedoch durch seine „‚elektrostatischen Objekte‘: Glaskästen, in deren Inneren sich - je nach Außenklima und Außenreibung - Ruß niederschlägt in Schichtungen, Verwischungen, Grautönen, die viel von der Atmosphäre der Kohleklau-Zeit und des Kohlenpotts einfangen“. (Georg Jappe)[9]

Als „Pionier im dezentralen Raum“[10] hat der Kunsthistoriker Manfred Schneckenburger Reusch bezeichnet. Reusch will den offenen Raum, der heute nur allzu oft zum Zwischen- und Restraum zwischen Nutzbauten degradiert ist, in einen eigens wahrnehmbaren Ort verwandeln. An die Stelle der autonomen Plastik treten über das Areal verteilte Elemente - häufig Röhren, Trapeze oder Stelen -, die in ihrer reduzierten Form die Blicke nicht auf sich lenken, sondern auf den Raum zwischen ihnen, der auf diese Weise in ein «erfülltes Spannungsfeld zwischen materiellen Objekten»[11] transformiert wird. Übermannshohe Kreuzstelen, Röhren und andere Objekte verwandeln bei seiner Arbeit auf dem Campus der Universität Mainz beispielsweise eine Grünfläche in einen modulierten Raum, der geradezu als Bühne erlebt wird. Oder es werden im Abschreiten Raumbezüge und Raumstruktur erfahrbar - wie etwa bei seiner Arbeit am Münchner Olympiagelände. «Wichtig war für mich in erster Linie der Gravitationsbezug der Formen untereinander, nicht die Pressung durch das Gewicht auf den Boden.» (Erich Reusch)[12]

Arbeiten in öffentlichen Sammlungen (Auswahl)

Arbeiten im öffentlichen Raum (Auswahl)

  • 1971: Vier Plastiken aus Edelstahl. Mensa der Landesfinanzschule, Schloss Nordkirchen/Münsterland
  • 1969–1973: Ohne Titel, Plastik. Finanzamt Bochum Mitte[13]
  • 1973–1975: Wasserrelief (Forumsbrunnen). Campus der Ruhr-Universität Bochum[10]
  • 1977: Ohne Titel. Sechsteilig, Skulpturenhof, Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg
  • 1978: Plastik Frankfurt, Schlosspark Haus Weitmar, Bochum[14]
  • 1978/1979: Neugestaltung des Ehrenmals 20. Juli 1944, Ehrenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Bendlerblock, Berlin
  • 1979–1982: Mehrteilige Installation. Bundeswehrverwaltungszentrum München[15]
  • 1983: Platzgestaltung. Rathaus Bochum[16]
  • 1985: COR-TEN-Stahl-Quader vor dem Haus Burgplatz 29 in Düsseldorf,
  • 1988/1989: Integration. Kunstlandschaft Campus, Johannes Gutenberg-Universität Mainz[17]
  • 1992: Grüne Säule. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen[18][19]
  • 2007 Deutsche Rentenversicherung Westfalen, Münster; Villa am Wall, Neuenrade[20]

Abbildungen

Literatur

  • Volker Adolphs, Christoph Schreier (Konzeption und Bearbeitung): Erich Reusch: Arbeiten 1954–1998. Anlässlich der gleichnamigen Retrospektive im Kunstmuseum Bonn, 29. Januar bis 22. März 1998. Wienand Verlag, Köln 1998-
  • Reusch. Der Raum ist das Ereignis / It is the Space. Ausst.-Kat. Situation Kunst (für Max Imdahl). Richter & Fey Verlag, Düsseldorf 2012, ISBN 978-3-941263-44-4-

Einzelnachweise

  1. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Reusch, Erich (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de (abgerufen am 16. Dezember 2015)
  2. LWL verleiht Konrad-von-Soest-Preis 2006 an den Künstler Erich Reusch (Memento des Originals vom 22. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/eee.lwl.org, Pressemitteilung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, Münster, vom 29. November 2006
  3. Ausstellung Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2017. (Suche in Webarchiven.) @1@2Vorlage:Toter Link/www.kulturbox.de Erich Reusch - Andere Horizonte I, Museum Haus Ludwig, Saarlouis, 31. Oktober 2010 bis 9. Januar 2011
  4. Erich Reusch – OIE. Museum Schloss Moyland, 7. Oktober 2018 bis 12. Mai 2019
  5. Wandobjekte, Galerie Zaar, Hagen, Ausstellung vom 4. Juli 2010 bis 15. August 2010
  6. Dieter Ronte im Vorwort zum Katalog Erich Reusch. Arbeiten 1954 – 1998, Kunstmuseum Bonn, 1998
  7. Martin Seidel: Erich Reusch. Arbeiten 1954 - 1998. Kunstmuseum Bonn, Kunstforum, Band 140, April – Juni 1998, S. 395
  8. Erich Franz: Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch. In: REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit. Hrsg. Erich Reusch, Kerber Verlag, Bielefeld, 2009, S. 66
  9. Georg Jappe: Düsseldorf: „Erich Reusch“ (PDF; 7 kB), DIE ZEIT, Juni 1976
  10. a b Erich Reusch, Wasserrelief (Forumsbrunnen), 1973–75, Kunst am Bau, Ruhr-Universität Bochum
  11. Erich Franz: Über das Anschaubare hinaus. Notizen zur Kunst von Erich Reusch. In: REUSCH - neue arbeiten aus der vergangenheit. Hrsg. Erich Reusch, Kerber Verlag, Bielefeld, 2009, S. 66
  12. Erich-Reusch.de, offizielle Website des Künstlers, Abruf am 30. September 2010
  13. Erich Reusch: Plastik Finanzamt Mitte, artibeau - Kunst in Bochum
  14. Erich Reusch: Plastik Frankfurt, artibeau - Kunst in Bochum
  15. Erich Reusch: o.T. (1979), SkulpTour München (Welt-der-Form)
  16. Erich Reusch: "Nasse Augen", artibeau - Kunst in Bochum
  17. Integration (1988/89) - Erich Reusch, in: Kunstlandschaft Campus (Memento des Originals vom 8. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kunstgeschichte.uni-mainz.de (PDF; 3,1 MB), Johannes Gutenberg-Universität Mainz
  18. Grüne Säule, Brunnen - Denkmale - Kunst in Göttingen
  19. Öffentliches Aufsehen erregte der rosa angestrichene Skybiker, der von unbekannter Hand 1994 in mehreren Metern Höhe an der Skulptur, nach oben „fahrend“, angebracht worden war. Bürger und Studenten setzten sich damals öffentlich für den Verbleib des Skybiker ein und empfanden diesen als Verschönerung eines ungeliebten Kunstwerkes. Reusch bestand auf seinem Urheberrecht und verbat sich die Veränderung seines Kunstwerkes. Der Skybiker wurde schließlich durch Gerichtsbeschluss entfernt und an einem Lichtmast auf dem Universitätsforum neu installiert (Quelle: Göttinger Terminkalender 2007; PDF; 3,4 MB).
  20. Reusch-Skulptur – Kunst im öffentlichen Raum (Memento des Originals vom 19. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.neuenrade.de, Stadt Neuenrade