Carl-Hofer-Schule
Berufliche Schule
Schulform Berufsbildende Schule
Gründung 1919 als Städtische Gewerbeschule am Lidellplatz
Umbenennung in Carl-Hofer-Schule: 1972
Städtische Gewerbeschule: 1834
Architektonische Zeichenschule: 1769
Ort Karlsruhe
Land Baden-Württemberg
Staat Deutschland
Träger Stadt Karlsruhe
Schüler 1.100
Lehrkräfte 75
Leitung Joachim Spatz (seit 2010)
Website www.carl-hofer-schule.de

Die Carl-Hofer-Schule (kurz CHS, Eigenschreibweise chs) ist eine berufliche Schule mit kreativem Schwerpunkt in Karlsruhe.[1] Sie geht aus der Städtischen Gewerbeschule hervor und ist die älteste am aktuellen Standort bestehende Gewerbeschule der Stadt. Das historische Gebäude in der Adlerstraße liegt unmittelbar am Lidellplatz im Stadtzentrum, unweit des Karlsruher Marktplatzes. Benannt wurde die Schule 1972 nach dem Karlsruher Maler und Grafiker Karl Hofer. Die Namensgebung stellt einen Bezug zu den gestalterischen und grafischen Berufen dar, die an der Schule unterrichtet werden.[2]

Historie

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Gründung als Zeichenschule

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Die Vorge­schichte der Carl-Hofer-Schule beginnt bereits 1769, also 54 Jahre nach Grün­dung der Stadt Karlsruhe. Da die junge Stadt bis dahin keine berufsbezogene Lehranstalt unterhalten hatte, aber dringend auf ausgebildete Fachkräfte für die Planung und den Aufbau der Stadt angewiesen war, wurde 1769 die Architektonische Zeichenschule ins Leben gerufen. Die Schule war bis zur Gründung des Polytechnikums (die spätere Universität) im Jahr 1825 die erste und einzige tertiäre Bildungseinrichtung Karlsruhes. Der Un­ter­richt fand zunächst im Zwangsversteigerungslokal und später im Nordwestflügel des Rathauses statt. Die ersten Lehrer waren vor allem städtische Hofbau- und Brun­nen­meis­ter, die ihr Wissen an die zukünftigen Bauhand­wer­ker und Bauzeichner weitergaben.[3]

1834 verfügte Großherzog Leopold von Baden, dass in allen ­grö­ße­ren Städten des Landes Gewer­be­schu­len errichtet werden ­sol­len, um jungen Menschen, die ein Gewerbe ausüben wollten, "dieje­ni­gen Kenntnisse und graphi­schen Fertig­kei­ten ­bei­zu­brin­gen, die sie zum verstän­di­gen Betriebe dieses Gewer­bes ­ge­schickt machen".[4] Am 3. Mai 1835, also bereits einige Tage vor dem großherzoglichen Erlass, wurde die neue Schule offiziell eröffnet. Die ehemalige Zeichenschule nannte sich fortan Städtische Gewerbeschule. Noch bis zum Bezug des neuen Gewerbeschulgebäudes am Karlsruher Lidellplatz war der Schulbetrieb von häufigen Umzügen und der Nutzung provisorischer Räumlichkeiten geprägt. Mit Johann Egetmeyer kam 1843 der erste hauptamtliche Lehrer an die Schule. Egetmeyer war maßgeblich für den fachlichen Ausbau und das überregionale Renommee der Schule verantwortlich, so dass die Gewerbeschule bereits Mitte des 19. Jahrhunderts zu den führenden des Landes zählte.[5] Ab dem Jahr 1883 wurden erstmals Frauen und Mädchen an der Schule zugelassen.

1886 war die Schule in vier Fachbereiche untergliedert: Metall-, Stein- und Holzgewerke sowie die Kunsthandwerke, von denen das grafische Gewerbe (heute Grafik-Design), das Buchbindehandwerk sowie die drucktechnischen Berufe (heute aufgegangen in den Berufen des Mediengestalters für Digital- und Printmedien und des Medientechnologen Druck sowie Medientechnologen Druckverarbeitung) bis in die Gegenwart ausgebildet werden.

Gewerbeschulgebäude am Lidellplatz

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Wachsendes Ausbildungsangebot und Renommee, aber auch die 1905/06 eingeführte Berufsschulpflicht führten zu rasant steigenden Schülerzahlen der Gewerbeschule zu Beginn des neuen Jahrhunderts. Die auf verschiedene Standorte ausgelagerte Schule sollte fortan in einem zentralen Gebäude untergebracht werden. Dieses sollte am ehemaligen Spitalplatz, dem heutigen Quartier Lidell, anstelle des abzureißenden Bürgerspitals entstehen. Planung und Entwurf des neuen Gewerbeschulgebäudes lagen in der Hand des Karlsruher Architekten Eugen Beck. Die Grundsteinlegung erfolgte 1912, fertiggestellt wurde das Gebäude 1914. Der Baustil ist geprägt vom Übergang vom Neoklassizismus zur Moderne, weist aber auch deutliche Elemente des Jugendstil auf. Stilgebend sind auch die bis heute erhaltenen Majolika-Reliefs und Wandgemälde im Innenraum, die allesamt von grafischen Lehrern der Schule gefertigt worden sind, u.a. vom Bildhauer Georg Schreyögg und dem Werbegrafiker Alfred Böld.

Durch den Beginn des Ersten Welt­krie­ges konnte das Gebäude 1914 nicht wie geplant bezogen werden. Der Neubau diente zunächst als Reser­ve­la­za­rett, weshalb die Schule erst im Januar 1919 den Betrieb am neuen Standort aufnehmen konnte. Während des Krieges wurde der Unterrichtsbetrieb fortgesetzt, blieb aber auf insgesamt sechs Gebäude verteilt. Da die Schülerzahlen bis Ende 1925 auf mehr als 4.500 Schüler angewachsen waren, eine Verordnung des Kultusministeriums jedoch eine maximale Gesamtschülerzahl von 1.500 Schülern vorsah, wurde die Schule ab Januar 1927 fachlich separiert. Während u.a. die kunsthandwerklichen Berufsfelder in die spätere Carl-Hofer-Schule überführt wurden, gliederte man die bautechnischen Berufsfelder in die Gewerbeschule I (heute Heinrich-Hübsch-Schule) und die maschinenbautechnischen Berufsfelder in die Gewerbeschule II (heute Carl-Benz-Schule) aus. Die späteren Namensgeber der drei Schulen verweisen mit ihrem beruflichen Wirken auf diese fachbezogene Aufspaltung: Heinrich Hübsch als Architekt und Baudirektor, Carl Benz als Ingenieur und Erfinder des Automobils sowie Karl Hofer als expressionistischer Maler, Grafiker und Lehrer.

Schulbetrieb im Nationalsozialismus

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Der Schulbetrieb während des Nationalsozialismusses ist dank umfangreich archivierter Quellen gut dokumentiert. Sowohl das Stadtarchiv Karlsruhe als auch das Landesarchiv Baden-Württemberg verfügen über zahlreiche zeitgenössische Dokumente und Fotos, die Aufschluss über den ab 1933 vollzogenen ideologischen Wandel geben.

Obwohl die Schule im Zentrum von Karlsruhe liegt, hat das Gebäude keine Bombenschäden während des Zweiten Weltkrieges davon getragen.

Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

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Nach Ausgliederung der bautechnischen und maschinenbaulichen Berufe im Jahr 1927 und dem Neubau der Carl-Benz-Schule im Jahr 1962 sowie der Heinrich-Hübsch-Schule anfang der 1980er-Jahre, verblieb die 1972 neu benannte Carl-Hofer-Schule als einzige am historischen Standort am Lidellplatz. Verblieben waren nach dem Krieg die bereits zuvor etablierten Fachabteilungen für Kunsthandwerk, Raumgestaltung und grafisches Gewerbe, aber auch die bis heute bestehenden Fachabteilungen für Gärtner und Floristen, Schneiderinnen und das Friseurhandwerk. Außerdem war eine Fachschule für Bildhauerei angeschlossen. Zu Beginn der 1970er-Jahre wurde mit der Berufsfachschule für Jungarbeiter auch erstmals ein Angebot im Bereich der Berufsvorbereitung geschaffen.[6]

Mitte der 1980er-Jahre mündeten die grafischen Gewerke in die Etablierung eines dreijährigen vollschulischen Ausbildungsganges, dem Berufskolleg für Grafik-Design. Zunächst eingeführt zur Ausbildung grafischer Assistenten, wurde das Berufsbild Ende der 1990er-Jahre in eine vollumfängliche Berufsausbildung zum staatlich geprüften Grafik-Designer überführt. Im dualen System löste der neue Beruf des Mediengestalters 1998 die bisherigen an der Carl-Hofer-Schule ausgebildeten Berufe des Druckvorlagenherstellers, Reprografen, Schriftsetzers und Reprofotografen ab. Die 2009 eingerichtete Fachschule für Technik ersetzte im Bereich Druck- und Medientechnik fortan die bisherige Meisterschule und richtet sich seither an angehende Führungskräfte in der Druckbranche. 2014 reagierte die Carl-Hofer-Schule abermals auf die Veränderungen der Medien- und Kreativwirtschaft und führte als erste berufliche Schule in Deutschland einen Ausbildungsgang für zukünftige Illustratoren und Animationsgrafiker ein.[7]

Von 1981 bis 1988 wurde das Schulgebäude bei laufendem Schulbetrieb generalsaniert.[8] Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz und ist als "Kulturdenkmal besonderer Bedeutung" klassifiziert.[9] Aufgrund der besonderen Architektur und der zeitgenössischen künst­le­ri­schen Ausge­stal­tung im Gebäudeinneren war der Innen- und Außenraum der Schule bereits mehrfach als Kulisse für unterschiedliche Filme zu sehen, zuletzt bei einer Stuttgarter Ausgabe des SWR-Tatorts.[10] 2010 wurde das alte Schullogo durch einen Entwurf des Karlsruher Grafikers und Gestaltungslehrers Peter Möldner ersetzt. Das Signet greift den Giebel des Hauptportals grafisch auf und schafft damit sowohl einen Bezug zur Tradition der Gewerbeschule am historischen Standort als auch zur modernen Bündelung unterschiedlicher Berufe unter dem Dach der Carl-Hofer-Schule.

Im Juli 2019 gratulierte Oberbürgermeister Frank Mentrup der Schule zum 100-jährigen Jubiläum beruflicher Bildung am aktuellen Standort.[11]

Heutiger Lehrbetrieb

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Fachliche Ausrichtung

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Heute besteht die Schule aus einem gewerblichen und einem agrarwirtschaftlichen Bereich. Der gewerbliche Teil der Schule beherbergt vornehmlich Bildungsangebote aus dem Bereich Gestaltung, Druck- und Medientechnik und Mode. 2015 wurde die Carl-Hofer-Schule erstmals und als einzige berufliche Schule im Kreativranking des Art Directors Clubs Deutschland gelistet.[12] Auch bei Nachwuchspreisen wie dem des Red Dot Design Awards oder Branchenpreisen wie dem Gregor Calendar Award oder dem Deutschen Computerspielepreis konnten sich CHS-Absolventen gegen die Konkurrenz der Hochschulen durchsetzen.[13][14]

Zu den Ausbildungspartnern der Carl-Hofer-Schule zählen unter anderem die Badischen Neuesten Nachrichten, die Pforzheimer Zeitung, das Karlsruher Institut für Technologie und das Badische Staatstheater.

Bildungsangebot

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Neben dualen Berufen und Angeboten der Berufsvorbereitung werden heute folgende vollschulischen Ausbildungs- und Weiterbildungsgänge angeboten:

Die Schule verfügt über verschiedene moderne Werkstätten und Ateliers, wie z.B. eine Druckwerkstatt für Offset-, Digital-, Fineart- und 3D-Druck, eine Buchbinderei, eine Werkstatt für Raumgestaltung, ein Gewächshaus und ein Fotostudio. Wie zu Beginn des Schulbetriebs am Standort Adlerstraße/Lidellplatz im Jahr 1919, kann bis heute – mit modernen technischen und pädagogischen Mitteln – der komplette grafische Workflow im Haus abgebildet werden: von der Konzeption über den Entwurf und die Druckvorstufe, bishin zum Druck, der drucktechnischen Weiterverarbeitung und Papierveredlung oder – in der neueren Entwicklung der klassischen Medienberufe – der digitalen Ausspielung. Im Bereich der Berufsvorbereitung stehen außerdem Holz- und Metallwerkstätten zur Verfügung. Im ersten Stockwerk befindet sich die Schulbibliothek.

Als Abschlüsse vergibt die Carl-Hofer-Schule zum einen berufliche Abschlüsse wie dem des technischen Assistenten, des staatlich geprüften Grafik-Designers oder des staatlich geprüften Technikers. Zudem sind je nach Bildungsgang unterschiedliche Zusatzqualifikationen wie Management im Handwerk (MiH) oder das KMK-Fremdsprachenzertifikat möglich. Die Technikerschule und die Berufskollegs führen außerdem (je nach Bildungsgang obligatorisch oder fakultativ) zur Fachhochschulreife.

Seit 2015 ist die Schule AZAV-zertifiziert.

Akademische und Schulpartnerschaften

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Seit den 1980er-Jahren werden regelmäßige Kooperationen und Projekte mit internationalen Bildungseinrichtungen auf schulischer und akademischer Ebene initiiert. So fand über viele Jahre ein damals in Deutschland einzigartiger trinationaler Austausch mit der Gobelins École de L'Image in Paris und der Rerich-Kunstfachschule in St. Petersburg statt, bis die Finanzierung im Jahr 2014 auslief. Weitere Projektkooperationen bestehen und bestanden außerdem mit Schulen in Südkorea, Tschechien und Singapur.

Feste Schulpartnerschaften bestehen derzeit zum Central College in Nottingham und zur Middlesex University in London. Seit dem Jahr 2016 bietet die CHS in Kooperation mit dem Fachbereich Graphic Design der Middlesex University für Absolventen des Berufskollegs die Möglichkeit eines 1-jährigen Aufbaustudiums mit dem Abschluss Bachelor of Arts an.

Bekannte Persönlichkeiten

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Literatur

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  • Katja Förster: Das Gewer­be­schul­ge­bäude am Lidell­platz. Häuser- und Bauge­schichte, Info Verlag, Karlsruhe 2019
  • Festschrift der Carl-Hofer-Schule, anlässlich der 100-jährigen Grundsteinlegung, Förderverein der Carl-Hofer-Schule (Hrsg.), Karlsruhe 2012
  • Festschrift 150 Jahre Gewerbeschulen in Karlsruhe. 1834-1984, hrsg. vom Schulverwaltungsamt der Stadt Karlsruhe, Karlsruhe 1984
  • Karl Friedrich Kuhn (Bearb.): Die Gewerbeschule der Landeshauptstadt Karlsruhe i. B. in Vergangenheit und Gegenwart, C. F. Müller, Karlsruhe 1927
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Einzelnachweise

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  1. Karlsruhe: Badische Neueste Nachrichten vom 18.7.2019. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  2. Carl-Hofer-Schule | Informationen. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  3. Gewerbeschule Karlsruhe – Stadtlexikon. Abgerufen am 30. Juli 2019.
  4. Karlsruhe: Badische Neueste Nachrichten vom 18.7.2019. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  5. Gewerbeschule Karlsruhe – Stadtlexikon. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  6. Carl-Hofer-Schule (ehemalige Gewerbeschule III) – Stadtlexikon. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  7. Flyer des Berufskollegs für Grafik-Design, Fachrichtung Animation. Carl-Hofer-Schule, 2014, abgerufen am 30. Juli 2018.
  8. Carl-Hofer-Schule (ehemalige Gewerbeschule III) – Stadtlexikon. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  9. Karlsruhe: Adlerstr. 29 (Flst. 1470). Abgerufen am 29. Juli 2019.
  10. Carl-Hofer-Schule | Berichte. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  11. S. W. R. Aktuell, S. W. R. Aktuell: Älteste Gewerbeschule in Karlsruhe wird 100. Abgerufen am 30. Juli 2019.
  12. ADC-Kreativranking. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  13. Berufskolleg für Grafik-Design 3BKGD | Aktivitäten. Abgerufen am 29. Juli 2019.
  14. Gewonnen! Und nun? Interview mit Andreas Illenseer, Entwickler & Designer von Sunset Devils. Abgerufen am 30. Juli 2019.
  15. Anett Beckmann: X. Künstler und Handwerker : Bildhauer, Architekten und Steinmetze, die für den Karlsruher Hauptfriedhof gearbeitet haben. In: Mentalitätsgeschichtliche und ästhetische Untersuchungen der Grabmalsplastik des Karlsruher Hauptfriedhofes (= KIT Scientific Publishing). KIT Scientific Publishing, Karlsruhe 2017, ISBN 978-2-8218-7422-0, S. 163–187 (openedition.org [abgerufen am 29. Juli 2019]).
  16. Anett Beckmann: X. Künstler und Handwerker : Bildhauer, Architekten und Steinmetze, die für den Karlsruher Hauptfriedhof gearbeitet haben. In: Mentalitätsgeschichtliche und ästhetische Untersuchungen der Grabmalsplastik des Karlsruher Hauptfriedhofes (= KIT Scientific Publishing). KIT Scientific Publishing, Karlsruhe 2017, ISBN 978-2-8218-7422-0, S. 163–187 (openedition.org [abgerufen am 29. Juli 2019]).