Internationaler Übersetzertag

Welttag

Der Internationale Übersetzertag oder Internationale Tag des Übersetzens (französisch Journée mondiale de la traduction, englisch International Translation Day), im deutschsprachigen Raum auch Hieronymustag genannt[1], wird jährlich am 30. September begangen, dem Todestag von Hieronymus im Jahre 420, einem Kirchenvater, der das Alte Testament aus dem Hebräischen ins gesprochene Latein übersetzte und die bestehende lateinische Übersetzung der vier Evangelien im Neuen Testament nach alten griechischen Handschriften revidierte, die sog. Vulgata. Hieronymus gilt, bildlich gesehen, als Schutzheiliger der Übersetzer.

Albrecht Dürer: Hieronymus im Gehäus, 1514

Geschichte

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Diesen Tag hatte die Fédération internationale des traducteurs, FIT, 1954 erstmals in Paris ins Leben gerufen. 1991 erweiterte die FIT die Idee zu einem weltweiten "Internationalen Tag des Übersetzens", um Solidarität innerhalb der internationalen Übersetzergemeinschaft zu zeigen und um den Beruf des Übersetzers in möglichst vielen Ländern der Welt zu fördern. Der Tag bietet Übersetzerinnen und Übersetzern (der Frauenanteil im Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) beträgt 79 %[2]) eine Gelegenheit, ihren Beruf ins Licht zu rücken, der in einer Zeit fortschreitender Globalisierung stetig an Bedeutung gewinnt. Jährlich gibt es, unter anderem vom Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke, VdÜ, Lesungen aus übersetzten Werken in Deutschland. Auch Österreich, Litauen, Frankreich und Dänemark waren in Europa bisher schon mit öffentlichen Veranstaltungen beteiligt.

Weltweite Verbreitung

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Die UNO-Generalversammlung hat am 24. Mai 2017 den im Wesentlichen von Belarus in Kooperation mit der FIT vorangetriebenen Entschließungsantrag A/RES/71/288, den 30. September zum Internationalen Tag des Übersetzens zu erklären, „einmütig“ (nicht einstimmig) angenommen. Eine Abstimmung fand nicht statt. Im Protokoll ist vermerkt: „Adopted without vote“. Nur 27 der 193 Mitgliedsstaaten der UNO haben die Resolution unterstützt, darunter kein einziges Land der EU. Weil niemand dagegen war, gilt sie als angenommen.[3] Die Generalversammlung erkennt damit die völkerverbindende und friedensfördernde Funktion der professionellen Übersetzung sowie deren Beitrag zur Verständigung und gesellschaftlichen Entwicklung an (The role of professional translation in connecting nations and fostering peace, understanding and development).[4][5]

Wo immer gesprochen, geschrieben, gelesen oder etwas gesungen wird, sind Übersetzerinnen und Übersetzer beteiligt. Ihnen verdankt es die Welt, dass in der je eigenen Sprache das Wissen aller anderen Menschen zur Kenntnis genommen werden kann und eventuell das Bewusstsein verändert. Die Übersetzungsarbeit ist eine Voraussetzung für die Förderung von Kultur und Wissenschaft, aber auch für die Entwicklung von Volkssprachen. Sie dient dem vereinten Europa. In mehrsprachigen Ländern, wie z. B. Belgien oder der Schweiz, sind Übersetzungen unerlässlich. Im mehrsprachigen Kanada müssen laut Gesetz politische Vorgänge aller Art immer in die andere Hauptsprache übersetzt werden, falls erforderlich, zusätzlich in die Sprache der Premières Nations.

 
Weltweites Plakat für den Internationalen Übersetzertag 2016

Am Internationalen Tag der Übersetzung wecken zahlreiche öffentliche Veranstaltungen mit Fachleuten der Branche ein Bewusstsein für die Bedeutung verständlicher Sprache und machen die Personen sichtbar, die durch ihre Arbeit hinter einer Übersetzung stehen, von der schönen Literatur bis zum Fachbuch, vom Theater bis zu Film und Fernsehen, von Zeitungen und Zeitschriften bis hin zu Werbung und technischen Gebrauchsanweisungen.[6]

Der VdÜ lässt anlässlich dieses Tages im 2-Jahres-Turnus einen Ring, genannt Hieronymus-Ring, weitergeben, jeweils vom bisherigen Inhaber an den von ihm selbst ausgesuchten Nachfolger. Dieser Ring ehrt hervorragende Literaturübersetzer. 2015 wurde der Ring an Miriam Mandelkow verliehen.

Die Mottos der letzten Jahre

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  • 2012: „Übersetzung: ein Träger interkultureller Verständigung“
  • 2013: „Jenseits sprachlicher Grenzen“
  • 2014: „Das Recht auf Sprachen: eine Voraussetzung jeden Menschenrechts“
  • 2015: „Neue Auffassungen von Übersetzung und Interpretation“
  • 2016: „Übersetzen und Dolmetschen verbindet Welten.“
  • 2017: „Übersetzen und Vielfalt“
  • 2018: „Übersetzen: das Kulturerbe vermitteln in schnelllebigen Zeiten“
  • 2019: „Übersetzung und indigene Sprachen“
  • 2020: „Die Worte für eine Welt in der Krise finden“
  • 2021: „Vereint in der Übersetzung“
  • 2022: „Eine Welt ohne Grenzen“ (A world without barriers, Un monde sans barrières, Un mundo sin barreras)
  • 2023: „Übersetzungen enthüllen die vielen Gesichter der Menschheit“ (Translation unveils the many faces of humanity, La traduction, révélateur des mille visages de l’humanité, La traducción revela las múltiples facetas de la humanidad)
  • 2024: „Übersetzung, eine schützenswerte Kunst“ (Translation, an art worth protecting)

Der Internationale Tag des Übersetzens im deutschsprachigen Raum

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Im deutschsprachigen Bereich fördern die Veranstaltung zum Internationalen Tag des Übersetzens das Goethe-Institut, Pro Helvetia, die Robert Bosch Stiftung und die S. Fischer Stiftung.

Veranstaltungsorte waren 2017 um den 30. September herum mehrere Goethe-Institute in Alexandria, Amsterdam, Kairo, Kiew, Nanjing, Peking, Taschkent sowie mit unterschiedlichen Trägern (teils) deutschsprachige Städte wie Aabenraa, Berlin, Flensburg, Frankfurt am Main, Freiburg, Hamburg, Jena, Köln, Leipzig, Marburg und Zürich.

2018 veranstaltete die Weltlesebühne, mit Unterstützung der Toledo-Stiftung, „gläserne Übersetzungen“ in Berlin, Bocholt, Brunsbüttel, Frankfurt am Main, Freiburg, Hamburg, Heidelberg, Jena, Köln, Leipzig und Zürich; wiederum waren die Goethe-Institute aktiv, und zwar in Amsterdam, Belgrad, Budapest, Jerusalem, Kairo, Mexiko, Paris, Tel Aviv und Zagreb.[7] Der VdÜ war mehrfach in Berlin sowie in Freiburg (mit einer zusätzlichen Ausstellung), Hamburg und Radeberg um den Hieronymus-Tag herum präsent.[8]

Literatur

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  • Valery Larbaud: Sankt Hieronymus. Schutzpatron der Übersetzer. Übersetzung Annette Kolb. Kösel, München 1954 (63 Seiten. Textauszug aus Sous l’invocation de Saint Jérôme)
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Einzelnachweise

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  1. BDÜ feiert mit Veranstaltungen und Aktionen den Weltübersetzertag auf bdue.de
  2. Mitgliederstatistik des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer
  3. Richard Schneider: International Translation Day von UNO beschlossen? Eine Abstimmung fand nie statt. In: UEPO.de. 29. September 2021, abgerufen am 19. September 2023.
  4. Resolution The role of professional translation in connecting nations and fostering peace, understanding and development.; mit gleicher Signatur auch in Französisch Le rôle de la traduction professionnelle dans le rapprochement des nations et la promotion de la paix, de la compréhension et du développement, Russisch Роль профессионального перевода в сближении народов, укреплении мира и содействии взаимопониманию и развитию, Spanisch La función de la traducción profesional en el establecimiento de vínculos entre las naciones y la promoción de la paz, el entendimiento y el desarrollo, 71. Sitzung, Tagesordnung Nr. 125
  5. Zwei Sprecher äußerten sich zur Vorlage: … The Assembly requested that the Secretary-General continue to preserve high quality and excellence in the work of language professionals within the Organization, while affirming the important role of professional translation in upholding the purposes and principles of the United Nations Charter. Andrei Dapkiunas (Belarus) presented the draft, emphasizing that its meaning and importance was much broader and deeper than simply demonstrating respect for a profession closely linked to diplomacy and international affairs. It was not about institutions or bodies; rather, it was first and foremost about people, the invisible workers and unsung heroes of the linguistic profession. Language played an underappreciated role in human society, despite the fact that deeper respect for culture and language could help to forge greater unity and build bridges among civilizations and cultures, he said. Gustavo Meza-Cuadra (Peru), speaking for the Group of Friends of Spanish, said the Group championed multilingualism as a core United Nations value touching on all areas of the Organization’s work. It influenced how the United Nations projected itself to the world. The Secretary-General’s associated report, titled “Multilingualism” (document A/71/757), detailed various activities carried out in support of multilingualism, including the proposed terms of reference for a Coordinator of Multilingualism who would be tasked with implementing multilingualism in a consistent and coherent manner across the Organization. Noting that human resources work across the Organization was generally carried out in English and French, he called for human resources information brochures to be published in Spanish on Inspira. He also welcomed the launch of the United Nations iLibrary platform, expressing hope that additional languages would soon be featured on the site. Hopefully, the Department of Public Information would soon be able to provide coverage of intergovernmental meetings in all six official United Nations languages. He welcomed enhanced efforts to recruit qualified Spanish-language translators and interpreters, as well as other professionals.
  6. Zur Tätigkeit von Literaturübersetzern: Man muss den Ton eines Werkes hören können, Interview mit Claudia Dathe, Robert Bosch Stiftung, aus Anlass des IÜT 2009.
  7. Details
  8. VdÜ-Termine