„Hedwig Bollhagen“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
→‎Biographie: - teilw. Doppelungen
Mazbln (Diskussion | Beiträge)
→‎Post mortem: aktuelle Diskussion zugefügt
Zeile 22: Zeile 22:


Für den Nachlass errichteten die Erben die ''Hedwig Bollhagen-Stiftung'' als treuhänderische Stiftung in der Obhut der [[Deutsche Stiftung Denkmalschutz|Deutschen Stiftung Denkmalschutz]]. Er wird ab 2008 im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in [[Potsdam]] ausgestellt.<ref>[http://www.denkmalschutz.de/110.html Zum Nachlass]</ref>
Für den Nachlass errichteten die Erben die ''Hedwig Bollhagen-Stiftung'' als treuhänderische Stiftung in der Obhut der [[Deutsche Stiftung Denkmalschutz|Deutschen Stiftung Denkmalschutz]]. Er wird ab 2008 im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in [[Potsdam]] ausgestellt.<ref>[http://www.denkmalschutz.de/110.html Zum Nachlass]</ref>

Angeregt durch einen Beitrag des rbb-Magazins [[Kontraste]]<ref>''[http://www.rbb-online.de/_/kontraste/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_7035642.html Hedwig Bollhagen – Die umstrittenen Anfänge]''. In Kontraste, 7. Februar 2008</ref> gab es Anfang 2008 eine verstärkte mediale Diskussion darüber, inwieweit Hedwig Bollhagen bewusste Nutznießerin der „Arisierung“ der Haël-Werkstätten war.<ref>Harry Nut: ''[http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/medien/?em_cnt=1305849 Kratzen am Keramik-Denkmal]''. In: Frankfurter Rundschau, 19. März 2008</ref>


==Ehrungen und Auszeichnungen==
==Ehrungen und Auszeichnungen==

Version vom 19. März 2008, 13:52 Uhr

Hedwig Bollhagen (* 10. November 1907 in Hannover; † 8. Juni 2001 in Marwitz) war Deutschlands bedeutendste Keramikerin der Moderne und Mitbegründerin der HB-Werkstätten für Keramik, die sie auch künstlerisch leitete.

Biographie

Hedwig Bollhagen besuchte in Hannover das Lyzeum, nach dessen Abschluss 1924 sie noch im selben Jahr ein Praktikum in einer Töpferei in Großalmerode absolvierte. Nach einem Gaststudium an der Staatlichen Kunstakademie in Kassel lernte sie vom Frühjahr 1925 bis Sommer 1927 an der Keramischen Fachschule Höhr-Grenzhausen bei Eduard Berdel und Hermann Bollenbach und volontierte 1926 in der Hamelner Töpferei von Gertrud Kraut.

Von 1927 bis 1931 erhielt Hedwig Bollhagen eine Anstellung als Entwerferin und Leiterin der Malabteilung bei der Steingut- und Fayencefabrik Velten-Vordamm in Velten.

Nach deren Schließung wegen Wegfalls der Exporte infolge der Weltwirtschaftskrise begannen die „Wanderjahre“, die sie zuerst in die Staatliche Majolikamanufaktur Karlsruhe, dann zu den Rosenthal-Betrieben in Neustadt bei Coburg, die Werkstatt Wilhelm Kagel in Garmisch-Partenkirchen (bis Frühling 1932) und schließlich als „Ladenmädchen“ bis Februar 1933 in die Verkaufsgalerie „Kunst und Handwerk“ von Tilly Prill-Schloemann und Bruno Paul in Berlin führten. Bis Oktober 1933 arbeitete sie noch, wie drei Jahre zuvor bei der Fabrik Velten-Vordamm, als Abteilungsleiterin bei den Steinzeugwerken Kalscheuer in Frechen.

1934 übernahm Bollhagen zusammen mit Heinrich Schild (1895–1978) die Haël-Werkstätten für Künstlerische Keramik im brandenburgischen Marwitz und gründete die HB-Werkstätten für Keramik, die vor allem kleinindustriell hergestelltes Gebrauchsgeschirr nach künstlerischen Entwürfen, Gartenkeramik und anspruchsvolle Baukeramik (u. a. für das Berliner Rote Rathaus) herstellte; von Hedwig Bollhagen gefertigte Einzelstücke ergänzten das Angebot. Dadurch konnten die Arbeitsplätze der von der Bauhaus-Schülerin Margarete Heymann-Loebenstein (1899–1990) und Gustav Loebenstein gegründeten Haël-Werkstätten erhalten und auch Mitarbeiter der insolventen Steingutfabriken Velten-Vordamm GmbH eingebunden werden (u.a. die Bauhaus-Schüler Theodor Bogler und Werner Burri).

Nach dem tödlichen Autounfall der beiden Firmengeschäftsführer Daniel und Gustav Loebenstein 1928 auf sich gestellt, wurden die Haël-Werkstätten von der überlebenden Grete Loebenstein am 1. Juli 1933 stillgelegt, da sie sich zudem als Jüdin verstärktem Druck, darunter Anzeige und einem Haftbefehl, durch Nationalsozialisten ausgeliefert sah. Sie wurde von einem ihrer Mitarbeiter denunziert und floh nach Bornholm. Der Warenbestand im Werte von 10.000 RM wurde beschlagnahmt. Es handelte sich hier nach Einschätzung einer Literaturwissenschaftlerin[1] um einen Fall der Arisierung unter Federführung von Heinrich Schild, der das Grundstück für einen Preis von 45.000 RM erwarb und damit weit unter dem Gesamtwert des Betriebes, der in der Größenordnung von 300.000 RM gelegen haben soll. Die HB-Werkstätten brachten die bewährten Muster der von uns übernommenen Haël-Werkstätten bis 1936/1937 mit den alten Formen und wiedereingestellten Mitarbeitern. Laut Hedwig Bollhagen wurden manche Haël-Entwürfe bis in die sechziger Jahre produziert. Grete Loebenstein wurde ab 1961 als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung anerkannt und 1985 entschädigt; 1992 wurde außerdem ein Vergleich zwischen den HB-Werkstätten und dem Jewish Claims geschlossen.

1939 legte Hedwig Bollhagen mit einem von Charles Crodel (1894–1973) bemalten Gefäß die Meisterprüfung ab. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges siedelte Heinrich Schild 1946 aus der damaligen SBZ nach Westdeutschland um. Hedwig Bollhagen übernahm daraufhin die Führung der HB-Werkstätten in alleiniger Verantwortung.[2] 1972 wurden die Werkstätten verstaatlicht, doch blieb Bollhagen auch in den zwanzig Jahren bis zur Reprivatisierung 1992 künstlerische Leiterin und arbeitete bis kurz vor ihrem Tod weiter. Ihre Nachfolgerin wurde Heidi Manthey, eine Schülerin von Charles Crodel, mit dem Hedwig Bollhagen seit der Zeit der Firmengründung zusammenarbeitete.

Internationale Bekanntheit erlangte Hedwig Bollhagen durch ihr schlichtes, zeitloses Alltagsgeschirr, dem in Form und Dekor eine zwanglose Verbindung von bäuerlicher Tradition und Bauhaus-Ästhetik gelingt. Sie selbst sagte dazu: „Kunst? Ach ja, manche nennen es so. Ich mache Teller, Tassen und Kannen.“ oder kürzer: „Das sind doch bloß Töppe!“.

2001 starb Hedwig Bollhagen in Marwitz. Beigesetzt ist sie in ihrem Geburtsort Hannover.

Post mortem

Der Nachlass Hedwig Bollhagens wurde 2004 unter Federführung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalschutz als bewegliches Denkmal in die Denkmalliste des Landes Brandenburg aufgenommen.

Für den Nachlass errichteten die Erben die Hedwig Bollhagen-Stiftung als treuhänderische Stiftung in der Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Er wird ab 2008 im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in Potsdam ausgestellt.[3]

Angeregt durch einen Beitrag des rbb-Magazins Kontraste[4] gab es Anfang 2008 eine verstärkte mediale Diskussion darüber, inwieweit Hedwig Bollhagen bewusste Nutznießerin der „Arisierung“ der Haël-Werkstätten war.[5]

Ehrungen und Auszeichnungen

Ausstellungen

Hedwig Bollhagen. Ein Leben für die Keramik. 22.6.2007–13.1.2008. Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Kutschstall am Neuen Markt, Potsdam

Töppe, Tassen, Humpen für VEB Stadtgrün u. a. - Präsent- und Auftragskeramik aus den HB-Werkstätten Marwitz. 3. November 2007–3. Februar 2008. Ofen- und Keramikmuseum Velten, Wilhelmstraße 32, Velten (Mark)

Hedwig Bollhagen – Keramik. Sonderausstellung, 12. April bis 21. September 2008, Keramik-Museum Bürgel

Quellenangaben

  1. Magazin Klartext über die Arisierung der HAËL-Keramikwerkstellen,Video 30.01.2008
  2. zu H.Bollhagen u. Grete Loebenstein siehe auch Astrid von Pufendorf: Erzwungenes Nomadentum. in: TAZ. Berlin 18.11.2000. ISSN 0931-9085
  3. Zum Nachlass
  4. Hedwig Bollhagen – Die umstrittenen Anfänge. In Kontraste, 7. Februar 2008
  5. Harry Nut: Kratzen am Keramik-Denkmal. In: Frankfurter Rundschau, 19. März 2008

Literatur

  • Gudrun Gorka-Reimus (Hrsg.): Hedwig Bollhagen. Ein Leben für die Keramik. Mit einem Vorwort von Dr. Angela Merkel. Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Monumente Publikationen, Bonn 2007. ISBN 978-3-936942-85-9
  • Ein fairer Grundstückspreis. Lothar de Maiziére über die Vorgeschichte der Hedwig-Bollhagen-Werkstatt. In: Maerkische Allgemeine. Potsdam, 14.06.2007.
  • Ursula Hudson-Wiedenmann: Ein fairer Preis? Zur Vorgeschichte der HB-Werkstätten in Marwitz – eine Erwiderung. In: Maerkische Allgemeine. Potsdam, 16.6.2007.
  • Andreas Heger: Keramik zum Gebrauch – Hedwig Bollhagen und die HB-Werkstätten für Keramik. VDG, Weimar 2005. ISBN 3-89739-491-X (ca. 170 S. kommentierte Selbstdarstellung Die Keramikerin Hedwig Bollhagen über sich selbst und Verzeichnis der Seriengeschirrformen).