Ernst Loewy

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Ernst Paul Loewy (* 25. April 1920 in Krefeld; † 17. September 2002 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Bibliothekar, Exilforscher und Publizist.

Ernst Loewy besuchte das Realgymnasium. Weil ihm in der Zeit des Nationalsozialismus antijüdischer Hass entgegenschlug, verließ er die Schule 1935 ohne Abschluss. Seine Eltern schickten ihn in die Niederlausitz, wo er im Hachschara-Zentrum der Kinder- und Jugend-Alijah in Schniebinchen, heutiger Name Świbinki, einem Ortsteil von Teuplitz, auf die Auswanderung nach Palästina vorbereitet wurde.

1936 erreichte er Haifa. Er lebte in Kiryat Anavim, ein Kibbuz bei Jerusalem, und war in der Landwirtschaft tätig. Doch das Leben in der landwirtschaftlichen Kollektivsiedlung sagte ihm nicht zu; Loewy absolvierte eine Ausbildung als Buchhändler in Tel Aviv und ergriff den Beruf des Bibliothekars. Zwischen 1935 und 1938 schrieb er Briefe an seine Eltern, die 1997 unter dem Titel Jugend in Palästina. Briefe an die Eltern 1935–1938 veröffentlicht wurden. Diese Briefe gaben der Ausstellung „Gestern sind wir hier gut angekommen“ den Titel, die 2007 im Kreismuseum Finsterwalde gezeigt wurde.[1]

Loewy gehörte in Tel Aviv zu einem Kreis deutschsprachiger Emigranten mit Arnold Czempin, Luis Fürnberg, Joachim Chaim Schwarz, Wolfgang Yourgrau und Arnold Zweig.

1939 lernte er in Tel Aviv Regina Schaller kennen, die er 1944 heiratete. 1946 wurde ihr Sohn Ronny, 1951 der zweite Sohn Peter geboren. Bereits 1946 suchte er wieder Kontakt nach Deutschland, indem er einen Brief an einen Lehrer seiner alten Schule in Krefeld in der damaligen Britischen Besatzungszone schrieb.[2] 1956 erwog er mit seiner Familie eine Übersiedlung in die DDR, ging aber schließlich doch in die Bundesrepublik.[3] In Frankfurt am Main leitete er die Judaica-Abteilung der Universitätsbibliothek der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität.[4] Dort wurde 1961 der dritte Sohn Hanno geboren.

Sein 1966 veröffentlichtes Werk Literatur unterm Hakenkreuz. Das Dritte Reich und seine Dichtung erschien in mehreren Auflagen.

1984 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der „Gesellschaft für Exilforschung“, deren Vorsitz er übernahm. Loewy gab den Nachrichtenbrief (jetzt Neuer Nachrichtenbrief) der Gesellschaft heraus. Der Nachrichtenbrief erschien im K. G. Saur Verlag als Nachdruck.[5] Die Gesellschaft ernannte ihn später zu ihrem Ehrenvorsitzenden.[6]

1989 verlieh ihm der Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Osnabrück die Ehrendoktorwürde.

Sein Sohn Ronny Loewy war ein Filmhistoriker und arbeitete beim Deutschen Filmmuseum (später Filminstitut), Peter Loewy (* 1951) ist Lehrer und Fotograf,[7] Hanno Loewy ist ein Literatur- und Medienwissenschaftler.

  • Thomas Mann und das deutsche Bürgertum. Wien 1947.
  • Zwischen den Stühlen. Essays und Autobiographisches aus 50 Jahren. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1995, ISBN 3-434-50055-3.
  • Jugend in Palästina. Briefe an die Eltern 1935–1938. Brita Eckert (Hrsg.) Metropol, Berlin 1997, ISBN 3-926893-40-0.
Herausgeberschaften
  • Literatur unterm Hakenkreuz. Das Dritte Reich und seine Dichtung. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1966.
  • Exil. Literarische und politische Texte aus dem deutschen Exil 1933–1945. Mitarbeit Brigitte Grimm. Metzler, Stuttgart 1979, ISBN 3-476-00408-2.
  • Verleihung der Ehrendoktorwürde an Ernst Loewy. Universität Osnabrück, Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften, Osnabrück 1989.
  • Wolfgang Benz: Deutsche Juden im 20. Jahrhundert. Eine Geschichte in Porträts. C. H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62292-2; darin: Vom Buchhandelslehrling in Tel Aviv zum Pionier der Exilforschung: Ernst Loewy. S. 89–97.
  • Jürgen Babendreier: Deutsche Nachkriegsgermanistik ohne Nullpunkt. Ein Sündenfall wird rezensiert. [1], in: Sabine Koloch (Hrsg.): 1968 in der deutschen Literaturwissenschaft / Themengruppe „Nachkriegsgermanistik in der Kritik“ (literaturkritik.de Archiv/Sonderausgaben) (2019).
  • Brita Eckert: Die Anfänge der Exilforschung in der Bundesrepublik Deutschland bis 1975. Ein Überblick. (22. Mai 2020). In: Sabine Koloch (Hrsg.): 1968 in der deutschen Literaturwissenschaft (Webprojekt auf literaturkritik.de unter dem Menüpunkt Archiv/Sonderausgaben, Laufzeit 2018–2020, Beitrag zur Themengruppe „Nachkriegsgermanistik in der Kritik“).
Weiterführende Literatur
  • Norbert Seitz (Red.): Beim Überschreiten der Grenze. Autobiographisches. Manuskripte / Misch-Konvolut / Briefsammlung von 16. November 1979 bis circa 1990er Jahre. Deutsches PEN-Zentrum der Bundesrepublik, Bremen, 417 Blätter.

Einzelnachweise

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  1. „Gestern sind wir hier gut angekommen“ (Memento des Originals vom 13. Oktober 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museumsverein-forst.de
  2. Rolf-Bernd Hechler: Zwei Häuser mit jüdischer Geschichte an der Gutenbergstraße in Krefeld. In: Die Heimat – Krefelder Jahrbuch, 94 (2023), ISBN 978-3-9802939-8-3, S. 175–181. Abgerufen am 11. Juni 2024.
  3. Alexander Sturm: Die alt gewordenen Kinder der jüdischen Rückkehrer. (Memento vom 15. November 2007 im Internet Archive) In: Jüdische Zeitung. Ausgabe Mai 2007.
  4. Hans Riebsamen: Mit der Jugend-Aliyah ins Gelobte Land. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung online vom 2. Januar 2004.
  5. Nachrichtenbrief im Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg
  6. Brita Eckert: Die Anfänge der „Gesellschaft für Exilforschung e.V.“
  7. Literatur von und über Ernst Loewy im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, tatsächlich: Peter Loewy