Jericho-Trompete

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SC 250 mit Jericho-Geräten (gelb) an Leitflossen
Zwei Varianten:
aus Presspappe (oben)
alte Bajonettscheide (unten)

Als Jericho-Trompete bzw. Jericho-Gerät werden Pfeifen bezeichnet, im Zweiten Weltkrieges an deutschen Fliegerbomben, meistens der SC 250, befestigt wurden.[1][2]

Gewöhnlich war das Jericho-Gerät eine aus Presspappe gefertigte Röhre, ähnlich einer kurzen Orgelpfeife.[1] Ein zweiter Typ bestand aus einer umfunktionierten Bajonettscheide. Beide Varianten waren etwa 35 cm lang.[3] Vier solcher Pfeifen wurden an den Leitwerksflossen befestigt.[1] Damit beim Einlegen der Bomben in den Transportkasten diese Geräte nicht beschädigt werden, waren je zwei Jericho-Geräte an zwei sich gegenüberliegenden Leitwerksflossen angebracht. Die Anbringung geschah durch je zwei Halteringe, die mit der Leitwerkfläche vernietet waren.[2]

Die Bezeichnung leitet sich von dem in der Bibel erwähnten Fall Jerichos ab, bei dem der Klang von „Trompeten“ oder „Posaunen“ (hebräisch qeren hayovel, „Widderhorn“, gemeint Schofar) die Stadtmauern zum Einsturz gebracht haben soll (Jos 6,5 EU).

Nach dem Abwurf erzeugten die Jericho-Geräte einen lauten Pfeifton. Sie dienten zur Einschüchterung des Gegners und waren so Teil der psychologischen Kriegsführung.[1] Der charakteristische Pfeifton wird in vielen Filmen genutzt, wenn Abwurf von Bomben dargestellt wird, auch wenn die meisten Bomben diese Pfeifgeräusche in der Realität gar nicht machen.[4]

Im Verlauf des Krieges ersetzen oftmals die Jericho-Geräte an den abgeworfenen Bomben die fest montierten Lärmgeräte bzw. Sirenen an dem Sturzkampfbomber Ju 87. Auch die Lärmgeräte der Ju 87 hatten den gleichen Zweck, den Gegner durch Einschüchterung zu demoralisieren.[5]

Abgrenzung zu Sturzkampfbomber-Sirenen

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Da sowohl die Lärmgeräte, wie auch die Jericho-Geräte mit der Ju 87 mit dem gleichen Zweck verwendet wurden, geriet die Begrifflichkeit bald durcheinander.[6] Dieses lässt sich schon in den 1950ern feststellen.[7] Laut Fachautoren wie Roman Töppel, Wolfgang Fleischer oder Herbert Ringlstetter ist die Bezeichnung „Jericho-Trompeten“ für die Sirenen jedoch ursprünglich nicht korrekt; diese wurden als „Lärmgeräte“ bzw. „Sirenen“ bezeichnet.[8][9][5]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Wolfgang Fleischer: Deutsche Abwurfmunition bis 1945, Verlag Motorbuch, 2003, ISBN 3-613-02286-9, S. 72
  2. a b A. Gerät Jericho in: "D.(Luft) 4300 Teil 1, Heft 2, Abwurfmunition - Bomben/Munitionshandbuch/Teil 1: Minenbomben/Heft 2: SC 250", Luftwaffe (Wehrmacht), 1942
  3. WHISTLE ATTACHMENT FOR SCREAMING BOMBS in: OBJECTS DROPPED FROM THE AIR, Ministry of Home Security, 1944
  4. Barnaby Britton: Stuka Siren: Why The JU-87 Had That Terrifying And Iconic Scream, 19. August 2023, slashgear.com
  5. a b Herbert Ringlstetter: Bomber, Nachtjäger und Schlachtflugzeuge: Deutsche Luftwaffe 1935 bis 1945, GeraMond Verlag, 2022, ISBN 978-3-96453-022-6 [1] S. 209
  6. Wolfgang Thamm: Fliegerbomben: die Spreng- und Brandbombenentwicklung in der Luftwaffe, Verlag Bernard und Graefe, 2003, ISBN 978-3-7637-6228-6 [2] S. 148
  7. Ernst Udet: "Ein Fliegerleben", Verlag Ullstein, 1954, [3] S. 156
  8. Roman Töppel: Kursk 1943. Die größte Schlacht des Zweiten Weltkriegs. Paderborn 2017, S. 208.
  9. Wolfgang Fleischer: Deutsche Abwurfmunition bis 1945, Verlag Motorbuch, 2003, ISBN 3-613-02286-9, S. 129