Gerhard Pahl
Gerhard Pahl (* 25. Juni 1925 in Berlin; † 18. Oktober 2015 in Darmstadt) war ein deutscher Maschinenbauingenieur und Konstruktionswissenschaftler. Er war von 1965 bis 1990 Professor im Fachbereich Maschinenbau der Technischen Universität Darmstadt.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gerhard Pahl wurde als Sohn von August und Martha Pahl, geborene Dreyer, am 25. Juni 1925 in Berlin geboren.[1] Nach seinem Kriegseinsatz im Zweiten Weltkrieg und anschließender amerikanischer Kriegsgefangenschaft[2] begann er im Oktober 1946 als einer der 40 ersten ein Maschinenbaustudium an der damals noch so heißenden Technischen Hochschule Darmstadt.[3] 1951 schloss Pahl sein Studium mit dem Titel Diplom-Ingenieur ab[1] und promovierte 1955 mit der Dissertation Untersuchungen von offenen Ringen als Sicherungselemente im Maschinenbau.[2][4] Von 1955 bis 1964 arbeitete er beim Elektronikkonzern Brown, Boveri & Cie in Mannheim als Versuchsingenieur, Konstrukteur und Entwicklungsleiter,[1][4] vorrangig im Entwicklungsbereich des Turbinen- und Strömungsmaschinenbaus.[2] 1964 wurde Pahl auf den Lehrstuhl für Maschinenelemente an seiner alten Hochschule berufen[2] und, obwohl noch nicht im Amt, schon in den Kreis seiner Kollegen aufgenommen.[5] 1965 folgte er dann dem Ruf der TH Darmstadt als Ordentlicher Professor für Maschinenelemente und Konstruktionslehre, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1990 lehrte und forschte.[4] Zu seinen Lehr- und Forschungsschwerpunkten gehörten der Entwurfsprozess einschließlich einer rechnerunterstützten Gestaltung (er erkannte die Möglichkeiten von CAD früh, schrieb darüber das Buch Konstruieren mit 3D-CAD-Systemen)[3], Sicherheits- und Kostenfragen, Baureihen und Baukastensysteme sowie psychologische Analysen der menschlichen Kreativität.[4] Pahls wegweisende Arbeiten, vor allem zur Konstruktionslehre, hatten großen Einfluss auf den Fortschritt in den Konstruktionswissenschaften[5] und verschafften ihm fachliche Anerkennung sowie auch ein internationales Renommee.[4]
Sein 1977 gemeinsam mit Wolfgang Beitz verfasstes Handbuch Konstruktionslehre gilt mit seinen zahlreichen Neuauflagen bis heute als Standardwerk und wurde in sieben Sprachen übersetzt.[6] 1974 war Pahl Mitbegründer der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktentwicklung, für die er sich zunächst als Vizepräsident und dann als Präsident zur Verfügung stellte.[5] Er engagierte sich auch im Bereich der Wissenschaftspolitik; so bekleidete er von 1978 bis 1984 die Ämter des Vizepräsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Vorsitzenden des Ausschusses für Angewandte Forschung.[4] Von 1980 bis 1986 war er zudem Senats-Mitglied der Fraunhofer-Gesellschaft.[4] Im Dezember 1984[7] gehörte Pahl zu den Akteuren einer Gründungskommission der (West-)Berliner Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er bis zu deren durch die deutsche Wiedervereinigung bedingten Schließung 1991 war. Die Nachfolgeorganisation, die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, wählte ihn 1994 zu ihrem Außerordentlichen Mitglied.[4] Von 1988 bis 1998 war er im Beraterausschuss des Daimler-Benz-Konzerns in Ladenburg und von 1992 bis 1998 als dessen Ausschuss-Vorsitzender tätig.[1] Pahls internationale Reputation als Wissenschaftler bezeugen seine zahlreichen Auszeichnungen, wie das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, die DECHEMA-Medaille,[4] die Ehrenmedaille in Gold des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und die Erasmus-Kittler-Medaille der Technischen Universität Darmstadt.[2] Seinen außergewöhnlichen Rang als Forscher belegen die ihm verliehenen Ehrendoktorwürden der Technischen Universität München, der Tongji-Universität Shanghai (China), wo er 1984 auch als Honorarprofessor unterrichtete,[1] der Universität der chemischen Industrie Veszprém (Ungarn)[2] sowie zuletzt, 1993, der Technischen Universität Berlin.[3]
Kurz nach der Vollendung seines neunzigsten Lebensjahres verstarb Gerhard Pahl am 18. Oktober 2015 und hinterließ seine Frau und zwei Kinder, ein Sohn und eine Tochter.[1]
Im Juni 2017 wurde der Neubau des Lehrzentrums im Fachbereich Maschinenbau der Technischen Universität Darmstadt nach Gerhard Pahl benannt.[2][8]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1982: DECHEMA-Medaille
- 1984: Verdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
- 1986: Ehrenmedaille in Gold des Vereins Deutscher Ingenieure
- 1993: Grashof-Gedenkmünze des VDI
- 2005: Erasmus-Kittler-Medaille
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gerhard Pahl: Untersuchung von offenen Ringen als Sicherungselemente im Maschinenbau, Technische Hochschule Darmstadt, Fachbereich für Maschinenbau, Darmstadt 1954 (Dissertation).
- Gerhard Pahl, Wolfgang Beitz: Konstruktionslehre. Handbuch für Studium und Praxis, Springer, Berlin/Heidelberg/New York, 1977. ISBN 3-540-07879-7.
- Gerhard Pahl, Wolfgang Beitz: A géptervezés elmélete és gyakorlata, Műszaki Könyvkiadó, Budapest 1981. ISBN 963-10-3796-7.
- Gerhard Pahl Wolfgang Beitz: Nauka konstruowania, Wydawnictwa Naukowo-Techniczne, Warszawa 1984. ISBN 83-204-0461-4.
- Gerhard Pahl, Wolfgang Beitz: Engineering design, The Design Council, London 1984. ISBN 0-85072-124-5.
- Gerhard Pahl, Wolfgang Beitz: Koneen suunnitteluoppi, MET, Helsinki 1992. ISBN 951-817-468-7.
- Gerhard Pahl, Wolfgang Beitz: Kōgaku sekkei, Baifūkan, Tōkyō 1995. ISBN 978-4-56303484-9.
- Gerhard Pahl, Wolfgang Beitz: Konghak-sŏlgye-ron, Tongmyŏngsa, Sŏul 1998. ISBN 89-411-0229-4.
- Gerhard Pahl, Wolfgang Beitz: Mühendislik tasarımı. Sistematik yaklaşım, Hatiboğlu, Ankara 2010. ISBN 978-975-8322-34-3.
- Gerhard Pahl, Frank Rieg: Kostenwachstumsgesetze für Baureihen. Mit zahlreichen Anwendungsbeispielen und Rechnerprogrammen für die Konstruktionspraxis, Hanser, München/Wien 1984. ISBN 3-446-14100-6.
- Gerhard Pahl: Tragfähigkeit von Sicherungsringverbindungen, Frankfurter Verlags-Anstalt, Frankfurt am Main 1985.
- Gerhard Pahl, R. Henkhaus: Aktuelle Werkstoff- und Verarbeitungsfragen des Apparatebaus. Vorträge vom 15. Konstruktions-Symposion der DECHEMA am 15. und 16. Januar 1986 (= Dechema-Monographien, Band 103), VCH, Basel 1986. ISBN 3-527-10990-0.
- Gerhard Pahl (Hrsg.): Begriffssammlung auf dem Gebiet der Normung. Gegenüberstellung DIN – TGL (= DIN-Normungskunde; Band 27), Beuth, Berlin/Köln 1990. ISBN 3-410-12552-3.
- Gerhard Pahl: Konstruieren mit 3D-CAD-Systemen, Springer, Berlin/Heidelberg/New York […] 1990. ISBN 3-540-52234-4.
- Gerhard Pahl (Hrsg.): Zwei Jahrzehnte Kooperation im Maschinenbau. TH Darmstadt – Universität Veszprém. Bericht einer Partnerschaft (= THD-Schriftenreihe Wissenschaft und Technik; Band 58), Technische Hochschule Darmstadt, Darmstadt 1992. ISBN 3-88607-082-4.
- Gerhard Pahl (Hrsg.): Professor Dr.-Ing. E.h. Dr.-Ing. Wolfgang Beitz zum Gedenken. Sein Wirken und Schaffen, Springer, Berlin/Heidelberg 1998. ISBN 978-3-662-41164-3
- Manfred Hampe, Gerhard Pahl (Hrsg.): Zur Geschichte des Maschinenbaus an der Technischen Universität Darmstadt (= Technikgeschichte in Einzeldarstellungen), VDI-Verlag, Düsseldorf 2008. ISBN 978-3-18-150053-8.
Festschriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Festschrift Professor Dr.-Ing. Dr. h.c. Gerhard Pahl zu seinem 65. Geburtstag, Technische Hochschule Darmstadt, Fachgebiet für Maschinenelemente und Maschinenakustik, Darmstadt 1990.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f Gerhard Pahl. Engineering educator. In: prabook.com. World Biographical Encyclopedia, Inc., abgerufen am 24. August 2018 (englisch).
- ↑ a b c d e f g feu: Konzentration erwünscht. Neubau des Lehrzentrums im Fachbereich Maschinenbau eröffnet. Hintergrund: Gerhard Pahl. In: tu-darmstadt.de. 17. Juni 2017, abgerufen am 24. August 2018.
- ↑ a b c José Luis Encarnação: Nachruf auf Gerhard Pahl. * 25. Juni 1925 – † 18. Oktober 2015. In: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Jahrbuch 2015. Berlin 2016, ISBN 978-3-939818-64-9, S. 52 f.
- ↑ a b c d e f g h i Martin Grötschel, Klaus Petermann: Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften trauert um ihr Außerordentliches Mitglied Prof. Dr. Gerhard Pahl. (PDF; 73 KB) In: bbaw.de. 2015, ehemals im ; abgerufen am 24. August 2018. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ a b c Die Nachrufe. Prof. Dr. h.c. mult. Dr.-Ing. E.h. Dr.-Ing. Gerhard Pahl. In: wigep.de. Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung, abgerufen am 24. August 2018.
- ↑ Gerhard Pahl: Prof. Dr.-Ing. E.h. Dr.-Ing. W. Beitz †. In: Gerhard Pahl (Hrsg.): Professor Dr.-Ing. E.h. Dr.-Ing. Wolfgang Beitz zum Gedenken. Sein Wirken und Schaffen. 1. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 1998, ISBN 978-3-662-41164-3, S. 25 f.
- ↑ Ruth Federspiel: Der Weg zur Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. unter Mitarbeit von Samia Salem. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-16364-7, Kapitel 3: Technikwissenschaften in beiden deutschen Staaten, Absatz: Neue Formen – Die ADW zu Berlin, S. 82–93, hier S. 84.
- ↑ Jens Joachim: Posthume Ehrung für Professor. Die Technische Universität Darmstadt benennt das neue Lehrzentrum für den Fachbereich Maschinenbau nach Gerhard Pahl. In: fr.de. 23. Juni 2017, abgerufen am 24. August 2018.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Gerhard Pahl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
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NAME | Pahl, Gerhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maschinenbauingenieur |
GEBURTSDATUM | 25. Juni 1925 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 18. Oktober 2015 |
STERBEORT | Darmstadt |
- Maschinenbauingenieur
- Hochschullehrer (Technische Universität Darmstadt)
- Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)
- Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse
- Ehrendoktor einer Universität in China
- Ehrendoktor einer Universität in Ungarn
- Ehrendoktor der Technischen Universität München
- Ehrendoktor der Technischen Universität Berlin
- Deutscher Kriegsgefangener der Vereinigten Staaten
- Deutscher
- Geboren 1925
- Gestorben 2015
- Mann