About: Architect Le Corbusier loved cars and hated humans
Pri: Arkitekto Le Corbusier planis urbojn por aŭtoj, ne por homoj
Published, Aperis: d’Lëtzebuerger Land, 04.01.2008
Du bist nichts, dein Auto ist Alles
Wenn Theorie und Wirklichkeit nicht zusammenpassen – Pech für die Wirklichkeit! Le Corbusier (Charles Jeanneret) hatte keine Hemmungen, die Welt nach seinen technokratischen Visionen umzumodeln. Er plante, die herkömmlichen „Wege des Esels“ durch breite Autobahnen und über Jahrhunderte gewachsene Stadtviertel durch moderne Hochhäuser zu ersetzen. Das Zentrum von Paris wollte er von der Seine bis zum Ostbahnhof wegsprengen, um Platz für 18 Wolkenkrater zu schaffen; an der Stelle der Altstadt von Algier wollte er einen einzigen großen Wohnblock errichten; auch die Innenstädte von Rio und Moskau standen ihm im Weg…
Seine radikalsten Vorschläge blieben zwar auf dem Papier, trotzdem hat kaum ein Architekt und Stadtplaner das 20. Jahrhundert so geprägt wie Le Corbusier. Das Vitra-Design-Museum in Weil am Rhein gibt mit zahlreichen Originalmodellen, Zeichnungen, Gemälden, Filmen, Möbeln und anderen Objekten aus dem Fundus der Pariser Fondation Le Corbusier eine Einführung in sein umfangreiches Werk. Es ist die erste große Ausstellung seit 1987, die dem Begründer der klassischen Moderne gewidmet ist.
Gegliedert ist die Schau in drei Bereiche. Im ersten, „Contexts“, geht es um Orte, die für den Baukünstler von besonderer Bedeutung waren. In dem Schweizer Uhrmacher-Städtchen La Chaux-de-Fonds wurde er 1887 als Charles-Edouard Jeanneret geboren und absolvierte dort die Kunstgewerbeschule. Wer hätte gedacht, dass der Schöpfer von monumentalen Scheußlichkeiten einmal zarte Ansichten von alten Bauernhäusern und Kathedralen gepinselt hat?! Unter dem Einfluss von Reisen nach Frankreich und in den Orient und einem Praktikum bei dem deutschen Industrie-Architekten Peter Behrens wandte er sich ab vom Style sapin, der jurassischen Spielart des Jugendstils, und errichtete seine ersten Häuser in neoklassizistischer Bauweise. Ab 1917 arbeitete er in Paris und publizierte unter dem Pseudonym Le Corbusier in der von ihm mitbegründeten Zeitschrift „L’Esprit nouveau“. Mit seinen Entwürfen für „Wohnmaschinen“ und autogerechte Hochhausviertel avancierte er schnell zu einem der umstrittensten Ideologen der modernen Architektur.
Im Abschnitt „Privacy and Publicity“ ziehen vor allem die von Le Corbusier entworfenen, ab 1930 von Thonet produzierten Stahlrohr-Möbel die Blicke auf sich. Der Architekt kümmerte sich bei seinen freistehenden Villen, die ihn weltbekannt machten, auch um die Details der Inneneinrichtung. Sein Ziel: grundsätzliche Probleme der Baukunst und Wohnkultur im Maschinenzeitalter modellhaft lösen. Mit einem Doppelhaus für die Stuttgarter Mustersiedlung „Weißenhof“ demonstrierte er „fünf Punkte zu einer neuen Architektur“: Aufständern des Gebäudes auf Stützen, freie Grundriss-Gestaltung ohne tragende Wände, flache Dächer, lange Fenster und freie Gestaltung der Fassade unabhängig von der Einteilung der Innenräume.
„Built Art“ ist der letzte und größte Teil der Ausstellung. Er zeigt, dass Le Corbusier eine Synthese der verschiedenen Künste anstrebte. Kontakte zu Picasso, Léger und anderen berühmten Zeitgenossen inspirierten seine eigenen Gemälde und Skulpturen. Sein „poème éléctronique“, das er zusammen mit einem Komponisten für die Brüsseler Weltausstellung 1958 schuf, war eine frühe Multimedia-Schau. Zu Le Corbusiers Spätwerk gehört auch sein umfassendster Bauauftrag: Chandigarh, die nach der Trennung von Pakistan neu errichtete Hauptstadt für den indischen Teil des Panjab. Dass der 1965 beim Baden ertrunkene Baumeister bis heute Anhänger hat, beweist ein Betonsilo im französischen Firminy, der 2006 nach seinen Plänen vollendet wurde und eine Kirche darstellen soll.
Die Kuratoren Stanislaus von Moos, Arthur Rüegg und Mateo Kries wollen „auch kritische Aspekte nicht auszuklammern“. Tatsächlich ist in einzelnen Anmerkungen zu lesen, dass zum Beispiel bei einem Moskauer Bürokomplex die „Klimatisierung nicht funktionierte“, anderswo die „enge Verschachtelung von Wohnraum“ durchaus nicht auf Begeisterung stieß und diverse Bauten von den Bewohnern komplett umgebaut wurden – woraus man wohl schließen muss, dass skulpturale Gesamtkunstwerke zwar den einen oder anderen Betrachter begeistern, aber in der Praxis unbrauchbar sind. Le Corbusier scheint auf seinen Plänen lieber Autos als Menschen eingezeichnet zu haben. Leider kommen die Bewohner, die in der französischen Banlieue und anderswo in seine anonymen Wohnwaben einquartiert wurden, im Design-Museum nicht zu Wort. Es wäre interessant zu erfahren gewesen, was heute aus der „Unité d’habitation“ und anderen großspurigen Versprechungen der Moderne geworden ist. Beton brennt nicht gut – aber vielleicht kann man ihn ja wieder wegsprengen.
Martin Ebner
„Le Corbusier – The Art of Architecture“ war bis 10. Februar 2008 im Vitra Design Museum in Weil am Rhein zu sehen, danach auch noch in Lissabon, Liverpool und London.
Foto: It is really high time that the ugly outdated centre of Kiev, Ukraine, gives way to beautiful modern highways! Forigu malnovan Kievon en Ukrajnujo – kreu belajn novajn aŭtovojojn! Es wird Zeit, dass die Altstadt von Kiew, Ukraine, endlich Platz macht für schöne Autobahnen!