Motorsport

Alpine A290 (2024) im ersten Test: Der Renault 5 wird zum Hot Hatch

Erste Testfahrt in dem elektrischen Hot Hatch

Alpine A290: So fährt sich der sportliche Bruder des Renault 5

Elektrische Rennsemmel: Der Renault 5 wird nicht in einer Sportversion angeboten. Dafür gibt es aber die Alpine A290.

Elektrische Rennsemmel: Der Renault 5 wird nicht in einer Sportversion angeboten. Dafür gibt es aber die Alpine A290. Hersteller

Motorsport-Fans ist der Name Alpine aus der Formel 1 geläufig: Seit der Saison 2021 tritt das Werksteam von Renault unter dem Logo der konzerneigenen Sportmarke an. Doch nach einer gut 25-jährigen Sendepause baut Alpine seit 2017 auch wieder Autos für die Straße. Zunächst nur das zweisitzige Mittelmotor-Sportcoupé A110, jetzt aber auch die A290. Die A290? Stimmt schon so, denn Alpine-Modellen steht grundsätzlich ein weiblicher Artikel voran.

Elektrische Erbin des Backenturbos

Strenggenommen ist die A290 also nicht der Bruder, sondern die Schwester des Renault 5, der eben erst in einer vollelektrischen Neuauflage auf den Markt gekommen ist (unseren ersten Fahrbericht lesen Sie hier). Die Urform des Kleinwagen-Klassikers war Anfang der 1980er Jahre auch in der Sonderform eines R5 Turbo aufgelegt worden, mit damals sagenhaften 118 kW/160 PS. Und just in der Erbfolge dieses bis heute legendären "Backenturbos" soll sich die Alpine A290 denn auch positionieren.

Alpine A290

Kurvt begierig: Auch auf der Rennstrecke fühlt sich die Alpine A290 zuhause. Hersteller

An der Karosserie taucht allerdings weder der Name "Renault" noch das Kürzel "R5" auf, stattdessen prangen - etwas befremdlicherweise teils nur gegen Aufpreis - rundum die Alpine-Logos. "Es gibt da schon eine Abgrenzung", sagt der deutsche Produktmanager Kai Ahlert, eine eigene Markenidentität ist sehr gewünscht.

Alpine A290

Reminiszenz an den Rallyesport: X-förmige Leuchtengrafik für Scheinwerfer und Zusatzleuchten. Hersteller

Nichtsdestotrotz ist die Ähnlichkeit zum sympathisch-retrofuturistischen Bruder R5 E-Tech unübersehbar. Wie er nutzt die A290 Renaults sogenannte Amp-R-Small-Plattform, technisch wie optisch ist die sportliche Schwester aber kräftig aufgebrezelt worden, unter anderem mit einer speziellen Fahrwerksabstimmung, einer um 60 Millimeter verbreiterten Spur, des weiteren mit dicken Kotflügel-Backen (Backenturbo, wir erinnern uns), stark ausgestellten Seitenschwellern, einem angedeuteten Heckdiffusor, ausstattungsabhängig einer verstärkten Brembo-Bremsanlage mit rot oder blau lackierten Sätteln, die hinter serienmäßig 19 Zoll großen Leichtmetallfelgen hervorlugen und nicht zuletzt mit einer X-förmigen Leuchtengrafik, sie soll an die Scheinwerfer von Rallyewagen erinnern, die früher oft kreuzförmig abgeklebt wurden, um sie vor Zersplitterung zu schützen.

Neue Alpine A290: So wird der Renault 5 zum elektrischen Hot Hatch

Die A290 sei ein "urbaner Sportwagen", sagt Alpine-Chef Philippe Krief, sie lasse "die vergessene Kategorie des Hot Hatch wieder aufleben", die eines extrastarken Kompaktsportlers also. Zwei Antriebsvarianten werden angeboten: Im Basismodell A290 GT tut ein Elektromotor mit 130 kW/177 PS Dienst, im GT Performance und GTS steigt die Power auf 160 kW/218 PS, man kennt das stärkere Aggregat schon aus Renault Megane und Scenic.

Gemeinsam haben beide Versionen eine verhältnismäßig kleine, aber gewichtssparende 52-kWh-Batterie, die laut WLTP-Norm für 380 beziehungsweise 364 Kilometer gut ist.

Überholfunktion auf Tastendruck

Auch die Grundarchitektur des Interieurs gleicht weitgehend der des R5, allerdings mit zwei elementaren Unterschieden. Zum einen ersetzen Fahrstufen-Taster den im R5 verbauten Lenkstockhebel. Und zum anderen gibt es ein oben wie unten abgeflachte Sportlenkrad, an dem funktional eine ganze Menge los ist: Per Knopfdruck lassen sich am Volant die vier verschiedenen Fahrmodi aktivieren, ein blauer Drehregler dient dem Einstellen der vier Rekuperationsstufen, und dann ist da noch die knallrote OV-Overtake-Taste, mit deren Hilfe die performancebetonte Überholfunktion ausgelöst wird, die für zehn Sekunden die maximale Leistung abruft und auf dem Zentralmonitor eine passend aufgeregte Animation initiiert.

Schluss mit Piepsen

Als besonders praktisch erweist sich schließlich der "My Safety Switch", der es dem Fahrer respektive der Fahrerin ermöglicht, bis zu fünf individuell bevorzugte Assistenzsysteme gleichzeitig zu- oder abzuschalten, unter anderem den Speedlimit-Warner, der - so will es bekanntermaßen die EU - schon minimale Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Gepiepse reklamiert.

Alpine A290

Viele Funktionen: Sportlenkrad mit 12-Uhr-Markierung, roter Overtake-Taste und blauem Drehrädchen für die Rekuperation. Hersteller

Beim Infotainment setzt die Alpine analog zum R5 auf Googles Android-Automotive-System mit Funktionen wie Google Assistent als Sprachsteuerung oder Google Maps zur Navigation, eine sinnvolle Laderoutenplanung inklusive. Und ambitionierte Fahrer werden sich über die Funktion "Alpine Telemetrics" freuen, die nicht nur Live-Fahrdaten wie Quer- und Längsbeschleunigung oder Rundenzeiten anzeigt sowie eine gefahrene Rennsession per Smartphone-Anwendung aufzeichnet, sondern auch Tipps fürs Fahren auf der Rennstrecke gibt und schließlich Aufgaben in Form sogenannter "Challenges" stellt, bei denen es beispielsweise ums Beschleunigen oder Bremsen geht und die teilweise abseits des öffentlichen Straßenverkehrs auf der Rennstrecke absolviert werden müssen.

Launch-Control an Bord

Eine erste Testfahrt haben wir mit dem 218 PS starken Topmodell GTS absolviert, verlaufen ist sie tatsächlich ganz schön spaßig. Der Elektromotor entlässt sein Drehmoment von 300 Newtonmetern zwar nicht in Magenfläue auslösender Explosivität an die Räder, aber schon im Normal-Fahrmodus geht es sehr beherzt voran, und das Sport-Programm legt da noch eine engagierte Schippe Wildheit drauf. An Topspeed sind 170 km/h möglich, der 0-auf-100-Sprint gelingt in 6,4 Sekunden, es gibt eine Launch-Control, mitunter gebricht es der elektrischen Rennsemmel aber etwas an Traktion, eine Allradversion als Alternative zum Fronttriebler wird es indes nicht geben.

Alpine A390

Stürmischer Stromer: Die A290 schafft den Sprint von 0 auf 100 km/h in 6,4 Sekunden. Hersteller

Das Fahrwerk mit Mehrlenker-Hinterradaufhängung und speziellen Querstabilisatoren vorn und hinten sorgt dafür, dass sich die knapp vier Meter kurze und 1479 Kilogramm leichtgewichtige (Elektroauto-Währung!) Alpine auf kurvigen Landstraßen pudelwohl fühlt, schlechten Asphalt aber gleichzeitig sauber und verdrussfrei überbügelt. Wer will, kann das ESP abschalten.

Künstlicher Motorsound - braucht mn das?

Mit besonderem Stolz verweist Alpine auf die künstlichen Motorgeräusche, die eine Rückmeldung "über den Betriebszustand des Antriebsstrangs geben und das Fahrerlebnis steigern" sollen, wie es heißt. Nun, es gibt albernere Synthetik-Sounds, und im Gegensatz zur Fiat500e Abarth verzichtet die A290 darauf, ihre Umwelt über Außenlautsprecher mit akustischem Drama zu beschallen. Trotzdem erinnert das Sirren nur entfernt an - wie angestrebt - einen potenten Verbrenner, wozu auch, wir haben den Hot Hatch lieber zum Schweigen gebracht, starkes Stromern hat auch still seinen Reiz.

Verbrauchstechnisch haben wir unsere Testfahrt mit 18,7 kWh/100 km abgeschlossen, zu Beginn hat uns der Bordcomputer eine Reichweite von 355 Kilometern bis zum nächsten Ladestopp angezeigt. Die AC-Wallbox zapft die Alpine dreiphasig und mit 11 kW an, die DC-Schnellladeleistung fällt vergleichsweise bescheiden aus, 100 kW beträgt sie, der "Tankvorgang" von 15 auf 80 Prozent soll im Idealfall eine halbe Stunde in Anspruch nehmen.

Alpine A290

Funktion Alpine Telemetrics: Gibt Tipps fürs Fahren über die Rennstrecke. ule

Der R5 und die A290 gehören zu den noch wenigen Elektroautos, die mehrere Disziplinen des bidirektionalen Ladens beherrschen. Nicht nur V2L (Vehicle to Load) also, das die Versorgung externer Stromverbraucher wie Campinggrill oder E-Bike ermöglicht. Auch V2H (Vehicle to Home) gehört zur Kompetenz, mit einer entsprechend ertüchtigten Wallbox lässt sich so Strom ans Haus spenden. Und sofern bis dahin die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen sind, soll es schon bald mit V2G (Vehicle to Grid) machbar sein, elektrische Energie aus der Traktionsbatterie zurück ins Netz zu führen und damit Geld zu verdienen. "Als Prognose für die Freigabe hat man uns das erste Quartal 2025 gegeben", sagt Produktmanager Ahlert dazu.

Happige Preise

Wer sich die sportliche Schwester des Renault 5 gönnen möchte, kommt nicht ganz billig davon. Schon das Basismodell GT mit 180 PS steht mit mindestens 38.700 Euro in der Preisliste, die 218 PS starke GT-Performance-Variante fährt nicht unter 41.700 vor und für das Topmodel GTS werden 44.700 Euro aufgerufen. Trotz der sehr umfangreichen Ausstattung sind das ziemlich happige Konditionen für einen Kleinwagen.

Da kommt noch mehr

Die A290 ist nur das erste von mehreren neuen Elektromodellen, mit denen Alpines sogenannte "Dream Garage" von sich reden machen möchte. Für 2025 kündigen die Franzosen einen sportlichen Elektro-Crossover namens A390 an, 2026 kommt die Neuauflage der inzwischen betagten A110, die auch als Cabriolet gebaut wird. Und schließlich erfolgt die Wiedergeburt der A310 als viersitziges Sportcoupé. Insgesamt sollen bis 2030 sieben neue Sport-Stromer mit Alpine-Logo auf die Straße fahren.

Ulla Ellmer

Alpine A290 in Kürze:

Wann sie kommt: Zum Jahresende 2024

Wen sie ins Visier nimmt: Mini Cooper SE John Cooper Works Trim, Fiat 500e Abarth

Was sie antreibt: Elektromotor mit wahlweise 130 kW/177 PS oder 160 kW/218 PS. Batteriekapazität 52 kWh

Was sie kostet: Ab 38.700 Euro