Kinderverschickung
von Corinna Keunecke
Mehrere Millionen Kinder wurden zwischen Ende der 1940er und den 1980er Jahren in Kinderkur- und Kindererholungsheime „verschickt“. Viele erlitten in diesem Zusammenhang strukturelle, körperliche und psychische, einige auch sexualisierte Gewalt; diese Erlebnisse prägten und belasteten viele von ihnen nachhaltig.
Nach ersten Artikeln und Medienberichten im Jahr 2017 organisierte sich ab dem Jahr 2019 auf Bundesebene die sogenannte Bundesinitiative Verschickungskinder (inzwischen Aufarbeitung und Erforschung von Kinder-Verschickung e.V.). Es folgte die Gründung regionaler Gruppen, Anfang 2021 auch des Vereins Aufarbeitung Kinderverschickungen Baden-Württemberg e.V. (AKVBW e.V.), der sich inzwischen (Stand August 2024) leider aufgelöst hat.
Seitdem wird das Thema breit diskutiert. Die Presseberichterstattung trifft auf reges Interesse; gleichzeitig versuchen Betroffene heute aktiv die Aufarbeitung voranzutreiben. Erste Studien und Forschungsprojekte sind veröffentlicht oder laufen aktuell, in zwei Bundesländern – Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg – wurde ein „Runder Tisch“ eingerichtet.
In diesem Zusammenhang wurde zum 1. Mai 2022 beim Landesarchiv Baden-Württemberg das Projekt Kinderverschickung Baden-Württemberg eingerichtet. Das Landesarchiv befasst sich seit 2012 mit verschiedenen Aspekten der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in stationären Einrichtungen in der baden-württembergischen Nachkriegszeit und hat daher eine umfassende Expertise in diesem Bereich.
Bis Herbst 2024 werden deshalb in diesem Modul neue Texte zum Thema Kinderverschickung eingestellt, die es von verschiedenen Seiten beleuchten: Es wird Porträts von Kinderkureinrichtungen, Zeitzeugenberichte, Texte zum Alltag in den Einrichtungen, Informationen zu medizinischen und pädagogischen Hintergründen der Verschickung sowie Texte dazu geben, wo und wie das Thema aktuell aufgearbeitet wird. Damit werden die Erfahrungen und Lebensbedingungen der „Verschickungskinder“ wieder sichtbar.
Folgende Texte finden Sie, wenn Sie auf den jeweiligen Link klicken:
Einrichtungsporträts von Kinderkur- und Kindererholungsheimen
- Kinderkurheim Nickersberg
- Kindererholungsheim Holderrain in Baiersbronn
- Verschickungskinder in Bonndorfer Kinderheimen
- Kindererholungsheim in Zell-Mambach im Wiesental
- Kindersanatorium Dr. Huber in Bad Dürrheim
Informationen zu den historischen, medizinischen und pädagogischen Rahmenbedingungen der Kinderverschickung
- Eine Einschätzung der Kinderkuraufenthalte aus entwicklungspsychologischer Sicht
- Ein historischer Blick auf die Kinderheilkunde: zwischen Anwaltschaft fürs Kind und Deprofessionalisierung
- NS-Akteure und Kinderkurheime
Texte, die den Alltag in den Einrichtungen beleuchten
- Bettnässen
- Kindertransport in die Kinderkur
- Elternbriefe
- Kurmittel der Kurheime in Baden-Württemberg
- Die Finanzierung der Kinderkur
- Das Konzept der Kindererholungskur
- Protestschreiben an Kinderkureinrichtungen und Aufsichtsbehörden
Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen
- Bericht von Erika Zimmermann
- Bericht von Margit G.
- Bericht von Steffen Reber
- Bericht von Julia Nawrotzki
- Bericht von Harald Bauer
Texte zu verschiedenen Formen der Aufarbeitung der Kinderverschickung
- Verschickt ins Stift: Ein Vor-Ort-Besuch in Bad Kreuznach
- „Nagende Fragen“ – Mögliche Wege der gezielten Auseinandersetzung mit Verschickungserfahrungen
- Schwarze Häuser: Ein Kinderbuch zum Thema Verschickung
- Wenn jemand eine „Reise“ macht…
- Perspektiven der Forschung
- Aufarbeitung - eine Auseinandersetzung mit diesem Begriff
- Die Partizipation der Betroffenen am Aufarbeitungsprozess der Kinderverschickung