Erinnerungen
«Eine kluge, energische und offene Politikerin»: Ständerat Pirmin Bischof erinnert sich an seine Vorgängerin Rosemarie Simmen

Vierzig Jahre lang politisierten sie gemeinsam: nun ist Rosemarie Simmen, die erste Solothurner Ständerätin, verstorben. Ihr Nachfolger, Mitte-Ständerat Pirmin Bischof, erinnert sich.

Pirmin Bischof* Jetzt kommentieren
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Rosemarie Simmen (1938 bis 2024).

Rosemarie Simmen (1938 bis 2024).

Bild: Urs Lindt

Über vierzig Jahre durfte ich mit Rosemarie Simmen** einen gemeinsamen politischen Weg gehen. Wir haben viel diskutiert, analysiert und auch viel gelacht. Im Sommer 1981 hatte sie sich dafür eingesetzt, dass ich als unbekannter, junger Student mit ihr zusammen auf der Liste der CVP der Stadt Solothurn in den Verfassungsrat kandidieren durfte. Sie wurde mit einem Glanzresultat bestgewählt, ich landete auf dem letzten Platz, machte aber eine erste wertvolle Wahlkampferfahrung.

Ständerat Pirmin Bischof.

Ständerat Pirmin Bischof.

Bild: zvg

Viel später sagte sie einmal, Verfassungsrätin sei das einzige Amt gewesen, für das sie sich selber gemeldet habe. Bei der Arbeit an diesem «Jahrhundertwerk» habe sie als gebürtige Zürcherin unseren Kanton gründlich kennengelernt.

Und als gründlich und gewissenhaft erlebte ich Rosemarie Simmen immer wieder. Aufgewachsen als katholisches Mädchen im protestantisch-gewerkschaftlich geprägten Zürcher Kreis 4 prägten sie ihre Mutter und Grossmutter, die ihr als «starke Frauen», wie sie sagte, Vorbild waren. Ab 1983 im Kantonsrat, baute die studierte Apothekerin etwa am neuen Gesundheitsgesetz mit.

Nach einem denkwürdigen Wahlkampf (Bild mit Besen) eroberte sie 1987 als erste Frau und erste CVP-Vertreterin einen Solothurner Ständeratssitz. Sozial- und Familienpolitik waren ihr ein Herzensanliegen. Als Familienmensch gab sie einen der wesentlichen Anstösse, dass die Schweiz nach über fünfzig Jahren Verfassungsauftrag endlich eine Mutterschaftsversicherung erhielt und setzte sich für die Entlastung der Familien und die externe Kinderbetreuung ein. «Die Leute haben ein Anrecht darauf, ihre Vertreterin zu spüren und mit ihr zu reden», sagte sie zuweilen und hielt unzählige Vorträge auch an Kleinveranstaltungen.

Die damals neu gewählten Nationalräte Kurt Fluri (links), Pirmin Bischof (3. von links) und Brigit Wyss (rechts) trafen im Dezember 2007 bei ihrer ersten Fahrt nach Bern am RBS-Bahnhof Solothurn auf alt Ständerätin Rosmarie Simmen.

Die damals neu gewählten Nationalräte Kurt Fluri (links), Pirmin Bischof (3. von links) und Brigit Wyss (rechts) trafen im Dezember 2007 bei ihrer ersten Fahrt nach Bern am RBS-Bahnhof Solothurn auf alt Ständerätin Rosmarie Simmen.

Bild: Oliver Menge

Die Kehrseite: «Der Sitz im Ständerat hat mir enorm viel Arbeit gebracht, bis an die Grenzen der Belastbarkeit», sagte sie in einem Interview – und zeigte dennoch die Freude am Amt. Als der Bundesrat 1990 Ständerätin Rosemarie Simmen als Präsidentin der Kulturstiftung Pro Helvetia wählte, bezeichnete Bundesrat Flavio Cotti sie als «die Verkörperung des Typus der klugen, energischen und offenen Politikerin». Und so, liebe Rosemarie, behalten wir dich in lebendiger und farbiger Erinnerung.

*Pirmin Bischof ist seit 2011 Ständerat des Kantons Solothurn. Wie Rosemarie Simmen ist er Stadtsolothurner und gehört der CVP/Mitte an.
**Die Verstorbene hiess offiziell Rosmarie Simmen, nannte sich aber beispielsweise auf Wahlplakaten «Rosemarie», weshalb sich in Texten zu ihr beide Schreibweisen finden.

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