Reportage: Kompressor-Tour mit Mercedes Vorkriegsmodellen Genuss im Napa Valley

Mercedes Kompressor Tour Napa Valley 2023
Mercedes Kompressor Tour Napa Valley 2023
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20 Vorkriegsklassiker mit Stern, die sich drei Tage lang ihren Weg durch die kalifonische Hitze bahnen, machen die Sonoma-Tour zum wohl exklusivsten Oldtimerevent der vergangenen Jahrzehnte. Wir waren dabei und träumen am Steuer des Mercedes 680 S noch immer von Weinbergen, Kompressorpower und der exklusiven Mobilität der 1930er Jahre.

Mercedes SK oder SSK sind nicht nur in der elitären Oldtimerszene fahrende Legenden. Auf der Straße bekommt man die Supersportwagen der 1930er Jahre kaum zu sehen. Vielleicht einmal bei einem Concours oder einem spektakulären Klassikfestival. Doch was vor kurzem einige Tage lang von Monterey über San Francisco bis ins sonnenverwöhnte Weinparadies des Napa Valleys rollte, das hat es so bisher wohl noch nicht gegeben. 20 Vorkriegsmodelle mit Stern auf dem imposanten Kühlergrill, mit spektakulärem Design und dem automobilen Hightech des Vorkriegs: Kompressorpower aus Sindelfingen.

Das Napa Valley und speziell die Region rund um das sonnenverwöhnte Sonoma kennt man aus einem ganz besonderen Grund: erlesene Weine. Hier wird der beste Traubensaft der Vereinigten Staaten von Amerika angebaut. Viele Weinbauern, die ihr Handwerk in Norditalien oder Frankreich gelernt haben, sind noch selbstbewusster und bezeichnen die Gegend rund eineinhalb Stunden nördlich von San Francisco als die beste Weingegend der ganzen Welt. Die wärmende Sonne macht den entscheidenden Unterschied, denn von dem bisweilen kühl-feuchten Wechselwetter der Bay Area ist hier rund um Orte wie Napa, Santa Rosa oder eben Sonoma nichts zu spüren. Gerade in den Sommermonaten ist es heiß, überaus sonnenreich und alles andere als feucht. Ideale Bedingungen für die unterschiedlichsten Traubenkreationen, die den Weinfans nicht nur prächtig munden, sondern bei Ausfahrten auch eine einzigartige Stimmung verbreiten.

Das gilt mehr denn je, wenn der fahrbare Untersatz noch exklusiver und noch exquisiter ist als die artgerecht zelebrierten Traubensäfte. Sonoma 2023 – hört sich unspektakulär an, doch es ich weit mehr als das. 20 Teilnehmer trafen sich zu einer mehrtätigen Ausfahrt wie es sie noch nie gegeben hat. Eine Wiederholung in absehbarer Zukunft? Eher undenkbar. Der Teilnehmerkreis ist einzigartig, denn als Eintrittskarte für die Sonoma-2023-Tour gilt ein Gefährt, das es so auf der Welt nur wenige hundert Male gibt. Die 20 Teilnehmer – zehn aus den USA und zehn aus Europa – zelebrierten die eine Klassikausfahrt der ganz besonderen Art in einem Kompressor-Oldtimer von Mercedes. Einzelne Modelle wie Mercedes S, SK oder SSK sind je nach Karosserieaufbau dabei so einzigartig wie eine blaue Mauritius.

Ihre Werte erreichen bei Verkäufen oder Versteigerungen schwindelerregende Höhen. Ein Mercedes SS Cabriolet von 1930, der Mercedes SS Rennsport UW 302 oder der SS Rennsport GP 10 erreichen Millionenwerte. Eines der exklusivsten Modelle im Feld: der Mercedes Typ S Sport Viersitzer von 1927 wurde einst an einen wohlhabenden Privatier nach Rom ausgeliefert. Für den Antrieb des offenen Tourers mit der internen Bezeichnung W06 sorgt ein 6,8 Liter großer Reihensechszylinder mit stattlichen 132 kW / 180 PS, der ihm auch seine Bezeichnung Mercedes 680 S einbringt. „Anfang der 1960er Jahre haben wir ihn zurück in die Sammlung bekommen“, erinnert sich Michael Plag von Mercedes Klassik, „eigentlich war er schwarz-rot, doch wir haben bei der Restaurierung Lackreste gefunden und ihn nunmehr wieder in seiner hellen Ursprungsfarbe lackiert.“

Nach der ersten Restauration im Jahre 1998 wurde er nun nochmals komplett wieder zusammengebaut, um auf der Napa-Tour seine Jungfernfahrt zu absolvieren. Die neue Restauration nahm mehr als fünf Jahre Zeit in Anspruch. „Viele der Fahrzeugteile lagen fein säuberlich geordnet in Gitterboxen“, lächelt Michael Plag, „einige Details wie Wellen, Lager oder Kolben mussten wir sogar von Spezialfirmen nachfertigen lassen.“ Der Rahmen des W06 ist jedoch ebenso original wie die restlichen Teile – das Buchenholz stammt aus dem Schwarzwald, wo Mercedes seinerzeit eigene Wälder für die speziellen Hölzer hatte und die Holzverarbeitung damals zum größten Bereich in dem noch jungen Unternehmen machte. Der Wert des Mercedes 680 S nach der erfolgreichen Werksrestauration: rund 15 Millionen Euro. Bei der Auslieferung 1928 war der Kaufpreis kaum weniger imposant: 30.000 Reichsmark. Der offene Vorgänger von so renommierten Sportmodellen wie dem Mercedes SS oder einem SSK basiert auf der 630er- Motorenkonstruktion von Paul Daimler. Ferdinand Porsche überarbeitete das damalige Hochleistungstriebwerk auf 6,8 und später auf mehr als sieben Liter für die Mercedes-Sportversionen.

Hinter dem Lenkrad taucht man schnell in die Atmosphäre der späten 1920er Jahre ein. Das Gas ist in der Mitte, die die Kupplung links und die Bremse rechts - aufpassen. Bei längeren Abfahrten ist es ratsam, nicht nur die Motorbremse zu nutzen, sondern auch die Handbremse für die Hinterräder mit zu Hilfe zu nehmen, sonst gehen dem 1,7 Tonnen schweren Tourenwagen schnell die Straßenmeter aus. Die Lenkung ist schwergängig und zum Schalten braucht es viel Gefühl, doch wenn der warme Fahrtwind einem durch die Haare weht, fühlt man sich wie vor fast 100 Jahren – erhabener denn je im kalifornischen Verkehrsgeschehen zwischen weißen Pick Ups und aktuellen SUV. Ein tiefer Tritt aufs Gas und der einspringende Kompressor schiebt den offenen Tourer ebenso schamlos wie lautstark an. Die flotte Tachonadel ist dabei nur ein Indiz dafür, was die Piloten seinerzeit bei Tempi jenseits der 100 km/h erlebt haben.

Das Gefühl, ein solches Fahrzeug aus einer der spannendsten Zeiten der Automobilität zu bewegen, ist einzigartig und das geht den anderen Teilnehmern der Napa-Valley-Ausfahrt gerade abseits der großen Straßen kaum anders. Wo sonst als hier werden die millionenschweren Vorkriegsmodelle an einigen Tagen hintereinander mehrere hundert Kilometer bewegt? Dabei setzt die Sonoma-Hitze den Fahrern augenscheinlich mehr zu als den hubraumstarken Sternenmodellen, deren Motortemperaturen selbst bei längeren Stauphasen oder kurvenreichen Berganpassagen nur mühsam die 70-Grad-Celsius-Marke erreicht. Doch nach den sonnenverwöhnten Tagestouren kann die Region zum Abend hin mit jenen kulinarischen Annehmlichkeiten glänzen, die man tagsüber nur bei der Vorbeifahrt im Kompressor genießen konnte: endlose Weinberge. Da treten zumindest kurz sogar die millionenschweren Oldtimer in die zweite Reihe.