Spiele-Entwickler Toshihiro Nagoshi "Gute Games müssen einzigartig sein"

Toshihiro Nagoshi leitet Segas "R&D #1"-Entwicklungsstudio. Er hat bereits an Spiele-Klassikern wie "Shenmue", "Spikeout" oder "Daytona" mitgearbeitet - Videospielgeschichte. Im stern.de-Interview spricht er über sein neuestes Projekt, das Action-Abenteuer "Yakuza".

Warum haben Sie die Yakuza-Thematik als Hintergrund des Spiels gewählt?

Ganz offen gesprochen: Ich denke, dass die japanische Games-Industrie etwas festgefahren ist, was Spielideen und Geschichten angeht. Die Story sowie die Idee, die in Yakuza stecken, trage ich schon lange Jahre mit mir rum. Ich hatte das Gefühl, dass es jetzt an der Zeit ist, sie umzusetzen.

Kriminelle Vereinigungen wie die Mafia oder Yakuza werden in Filmen gerne heldenhaft dargestellt. Man könnte meinen, dass sie die Guten sind. Wie ist das im Fall von Yakuza?

Wie gesagt, wir wollten mit dem Titel für frischen Wind im Spielebereich sorgen. Weitere Botschaften hatten wir nicht im Sinn.

Yakuza ist aufgrund der vielen Sequenzen ein filmreifes Spielerlebnis. Planen Sie einen entsprechenden Kinostreifen?

Ja, ein Film ist bereits für Japan geplant.

Gibt es Filme, Bücher oder Spiele, die Sie bei Ihrer Arbeit an Yakuza beeinflusst haben?

Es gibt zahlreiche Filme, Bücher oder Spiele, die mich wirklich beeindruckt haben. Aber die Arbeit an Yakuza haben sie nicht beeinflusst. Letztlich müssen gute Spiele meiner Meinung nach einzigartig sein.

Haben Sie die Spielumgebung frei erfunden, oder kann man die Szenerien im realen Japan entdecken?

Das Herzstück von Yakuza bildet Shinjuku, ein Bezirk der japanischen Hauptstadt Tokio. Wir haben große Teile dieser Gegend im Spiel nachgebildet. Wer in Tokio lebt oder schon einmal in Shinjuku war, der wird sich sofort zurechtfinden. Der zentrale Platz vor dem Kino, die unterschiedlichen Bars, die Seitenstraße und Shops – wir haben alleine zwei Jahre an der authentischen Umsetzung dieser Feinheiten gearbeitet. Nicht-Japaner müssen wissen, dass es sich bei Shinjuku um eine Mischung aus Amüsierviertel und Yakuza-Hochburg handelt. Es gibt da einige Regeln zu beachten: Keine Fotos, keine Fragen. Im Spiel kann man diese Regeln missachten, was ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Dieser Umstand hat uns in der japanischen Presse viel Aufmerksamkeit beschert. Aber ich denke, dass auch westliche Spieler den Ausflug in diesen Stadtteil genießen werden.

Sie haben vor mehr als zehn Jahren mit der Entwicklung von Videospielen begonnen. Was hat sich seither geändert?

Oh, ich denke eine ganze Menge. Aber eines fällt mir besonders auf: Es ist verdammt schwer Spiele zu entwickeln, die sich weltweit gleich gut verkaufen. Das war früher anders.

Warum?

Japan war in der Pionierzeit der Games weltweit führend. Es gab schlichtweg so gut wie keine Entwickler aus anderen Regionen dieser Erde. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich diese Situation grundlegend verändert. Egal ob in Amerika oder Europa, mit dem Boom der Games schossen auch die Programmierer aus anderen Nationen aus dem Boden. Sie passten Spiele ihren Kulturen an, um die Erfolgschancen zu verbessern.

Letztlich sind Videospiele heutzutage aber trotz allem für jeden Publisher ein riskantes Geschäft, denn die Entwicklungskosten sind während der vergangenen Jahre überproportional in die Höhe geschossen. Daher ist es mittlerweile unabhängigen Entwicklern auch kaum noch möglich, ein Spiel in Eigenregie zu entwickeln.

Und wie wird die Branche in Zukunft aussehen?

Ich denke, dass wir unsere Zielmärkte noch stärker abgrenzen werden. Egal ob Alter, Herkunft oder Lieblings-Genres der Spieler - Marktforschung wird künftig eine noch größere Rolle spielen, als sie es jetzt schon tut.

Experten behaupten, dass Gamer künftig bevorzugt in Online-Welten spielen werden. Denken sie das auch?

Eine solche Entwicklung sehe ich mittelfristig noch nicht. Sicher wächst die Online-Community stetig, aber bis der Massenmarkt online zockt, wird noch einige Zeit vergehen. Dazu müssen zunächst Bedürfnisse der Gelegenheitsspieler noch besser erkannt und bedient werden.

Warum tut sich Microsoft mit der Xbox 360 so schwer in Japan?

Die Konsole an sich beziehungsweise deren Eigenschaften und Leistungswerte trifft daran meiner Meinung nach keine Schuld. Das grundsätzliche Problem ist ein anderes: Egal, welcher Hardware-Hersteller den Markt neu betritt - jeder wird es in Japan schwer haben. Nintendo und Sony bedienen hier perfekt die Bedürfnisse der Spieler - egal welchen Alters oder welcher Vorlieben.

Haben sie denn eine Xbox 360 zu Hause?

Ja klar - ich habe alle Konsolen, die es gibt. Und ich spiele so ziemlich alles, was auf dem Markt ist.

Und was spielen Sie am liebsten?

Mein aktuelles Lieblingsspiel? Eigentlich ist das immer der Titel, an dem ich als nächstes arbeite... (lacht)

Interview: Udo Lewalter