Für viele Herzpatienten ist es schon schwer genug, ein Spenderorgan zu bekommen, doch ist ein Organ gefunden und die Transplantation durchgeführt, stellt sich die nächste bange Frage: Wird der Körper das neue Organ annehmen? Patienten müssen nach einer Transplantation ihr Leben lang immunsuppressive Medikamente nehmen, die eine Abstoßung verhindern sollen. Dadurch wird allerdings das Immunsystem stark heruntergefahren, was wiederum zu einer hohen Anfälligkeit für Infektionen führt. Außerdem sind die Medikamente häufig sehr schädlich für die Nieren.
Mediziner aus dem US-Bundesstaat North Carolina hoffen, ein Verfahren gefunden zu haben, das Transplantationspatienten weniger abhängig von diesen Medikamenten macht. Am Duke University Hospital pflanzten sie einem sechs Monate alten Baby namens Easton neben einem neuen Herzen auch Gewebe der Thymusdrüse ein.
Dieses Organ ist ein wichtiger Teil des menschlichen Immunsystems, weil dort Immunzellen so geprägt werden, dass sie körpereigene Antigene von zum Beispiel Bakterien oder Viren von körperfremden Antigenen unterscheiden können. Indem man neben dem Herzen auch Thymusgewebe des Spenders einsetzt, soll der Körper das Spenderherz einfacher annehmen können.
Der "heilige Gral" der Transplantation
Der Körper des kleinen Patienten produziere auch mehr als fünf Monate nach der Operation immer noch genügend Immunzellen, so dass er hoffentlich bald keine zusätzlichen immunsuppressiven Medikamente brauche, teilte das Krankenhaus nun mit. Nach Angaben des Duke University Hospital handelte es sich um die erste Operation dieser Art. "Das hat das Potenzial, die Transplantation solider Organe in Zukunft zu verändern", sagte Joseph W. Turek, einer der an der Operation beteiligten Chirurgen. Turek sprach vom "heiligen Gral" der Transplantation.
An dem Vorgehen wird schon länger geforscht, in Tierversuchen zeigten sich erste Erfolge. Nun wurde die Doppel-Operation erstmals auch bei einem Menschen durchgeführt. Die Mediziner hoffen, dass Patienten durch kombinierte Transplantationen eine länger Lebensdauer haben. Bisher beträgt die Lebenserwartung nach einer Herztransplantation meist um die zehn bis 15 Jahre.
Operiertes Baby ist wohlauf
Der kleine Easton wurde mit einem Herzfehler geboren und hatte die ersten sieben Monate seines Lebens im Krankenhaus verbracht. Mehrere Male musste er am Herzen operiert werden. Dem Patienten wurde im August vergangenen Jahres zunächst ein neues Herz eingepflanzt, zwei Wochen später bekam er die Thymusimplantate eingesetzt. Ihm geht es weiterhin gut, die Ärzte hoffen, dass demnächst die immunsuppressiven Medikamente abgesetzt werden können.
Dann wäre ein weiterer Meilenstein erreicht. Besonders freut sich natürlich die Mutter von Easton über die medizinischen Fortschritte, nicht nur für ihren Sohn, sondern auch für viele andere Patienten: "Es war eines dieser Dinge, die ihm helfen konnten – und wenn es funktioniert, auch tausenden anderen Menschen mit ihren Kindern, die Transplantationen brauchen."
Quelle: Duke University Hospital