Am Sonntag um 15.30 Uhr gastiert die National Football League (NFL) in der Münchner Allianz Arena. Die "Carolina Panthers" treffen auf die "New York Giants". Das Spiel ist längst ausverkauft und läuft live bei RTL. In den letzten Jahren nahm der Football-Hype in Deutschland merkbar zu. Seit 2022 trägt die NFL Gastspiele in Deutschland aus. Zuerst in München, 2023 dann in Frankfurt und nun wieder in der bayrischen Hauptstadt. Damit will man sich weitere Märkte außerhalb der USA erschließen. Und den Kommerz-Sport in die Welt tragen.
Marketing haben die Amerikaner verstanden, das muss man ihnen lassen. Das Event in München ist ein riesiger PR-Coup für die NFL und dürfte wieder ordentlich Geld in die Kassen spülen. Generell lebt Football vom Drumherum, wie der kommerzialisierte "Super Bowl" jedes Jahr zeigt: In den zahlreichen Spielunterbrechungen jagt ein Werbespot den nächsten. Jegliche Spannung geht dadurch verloren, ein Spielfluss kommt gar nicht erst zustande. Und die Halftime-Show ist sowieso wichtiger als das Spiel selbst. Es ist zum Kotzen.
Zum Glück müssen Zuschauer, die sich für echten Sport interessieren, nicht in die Röhre gucken. Denn es gibt eine bessere Alternative: Rugby. Aktuell treten verschiedene Länder in der Autumn Nations Series gegeneinander an.
"America First" gilt auch für die NFL
Ohne Rugby würde Football gar nicht existieren. Die Amerikaner entwickelten ihren Sport als einen Mix aus Rugby und Fußball. Nicht sonderlich originell. Eigentlich haben sie die Sportarten nur kombiniert und komplizierter gemacht. Das sieht man schon an der Ausrüstung: Die meisten Rugbyspieler tragen nur Schuhe und den Dress ihres Vereins oder ihrer Nationalmannschaft. Im Football braucht es den Vollschutz. Helm, Handschuhe, Schulterpads. Irgendwie dekadent. Rugby zeigt: Weniger ist mehr.
Die NFL versucht zwar, in der Welt Fuß zu fassen, populär ist Football aber vor allem in den USA. Donald Trumps "America First" ließe sich auch auf die Sportart anwenden. Bei Rugby-Weltmeisterschaften hingegen ist es besonders erfreulich, dass kleine Nationen wie Fidschi, Neuseeland oder Wales großen Erfolg haben. Die Länder, die in anderen Sportarten meist untergehen, stehen dann im Rampenlicht der Weltbühne. David wird zu Goliath. Rugby bedeutet den Menschen in den kleinen Ländern alles. Das zeigte etwa die ausgelassene Party der Fidschianer nach dem Olympia-Gewinn 2021.
Sorry, Usher!
Die Kultur dieser Nationen hat im Rugby einen hohen Stellenwert. Während beim Football vor Spielbeginn der zehnte Werbespot läuft, setzen die "All Blacks", wie sich die neuseeländische Rugby-Nationalmannschaft nennt, zum Haka an – einem traditionellen Kriegstanz der Maori-Ureinwohner. Die muskelbepackten Spieler stampfen dabei auf den Rasen. Im heimischen Wohnzimmer wirkt es dann, als würde die Couch wackeln. Hinter dieser will man sich auch am liebsten verkriechen, sobald die Neuseeländer entsetzliche Grimassen ziehen und furchteinflößende Geräusche von sich geben – beides gehört zum Tanz dazu.
Natürlich ist das alles auch Spektakel, welches der Sport nicht zwingend bräuchte. Aber es ist ein ehrliches Spektakel, in Kultur und Tradition verankert. Nicht in Kommerz. Auch wenn mit Rugby ebenfalls Geld verdient wird, steht die Vermarktung nicht so sehr im Vordergrund wie beim Football. Rugby ist eben ein Sport mit Seele, kein Produkt. Lieber Haka als Halftime-Show. Nichts für Ungut, Usher.
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