Der bürgerliche Tod (französisch mort civile) bedeutet den Verlust der persönlichen Rechtsfähigkeit.

Rechtsgeschichte

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Der bürgerliche Tod war bereits im römischen Recht eine Folge der capitis deminutio maxima, des Verlustes der persönlichen Freiheit bei Gefangennahme oder als Nebenfolge bei Kapitalverbrechen. Auch das gemeine Recht kannte eine direkte Vernichtung der Persönlichkeit (consumtio famae) in der Friedlosigkeit als Folge der Oberacht.

Der so Bestrafte lebte zwar physisch weiter, rechtlich wurde jedoch sein Tod fingiert und er somit als natürliche Person eliminiert. Dies umfasste beispielsweise neben dem Verlust jeglichen Eigentums und der Annullierung einer bestehenden Ehe auch den Verlust der Geschäftsfähigkeit. Bei Rückkehr aus der Gefangenschaft stellte das Postliminium oder Ius postliminii die alte Rechtsstellung des Rückkehrers wieder her.

Die napoleonische Gesetzgebung knüpfte an diese Rechtstradition an und wurde auch in anderen europäischen Ländern aufgegriffen.

Sowohl der französische Code civil von 1804 (Art. 22 f.) als auch z. B. das bayerische Strafgesetzbuch von 1813 sahen die Verhängung des bürgerlichen Todes noch vor. Die Regelung des Code Civil wurde 1854 per Gesetz aufgehoben. In Deutschland wurde der bürgerliche Tod durch die Verfassungen abgeschafft, die im Gefolge der Märzrevolution von 1848 erarbeitet wurden, so in Artikel 9 der preußischen Verfassung vom 5. Dezember 1848 oder § 135 der Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849.[1]

Nationalsozialismus

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Seit den Nürnberger Gesetzen von 1935 wurde die Rechtsstellung jüdischer Bürger in der Zeit des Nationalsozialismus als „bürgerlicher Tod“ bezeichnet. Das Reichsgericht ermöglichte so etwa 1936 der UFA die Kündigung eines Vertrages mit dem jüdischen Regisseur Erik Charell, obwohl der Vertrag nur eine Kündigung vorsah, wenn Charell „durch Krankheit, Tod oder ähnlichen Grund nicht zur Durchführung der Regietätigkeit im Stande“ sei. Die Eigenschaft „Jüdischsein“ bewirke – so das Reichsgericht – Charells bürgerlichen Tod.[2]

Mit der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz von November 1941 verloren jüdische Deutsche ihre Staatsbürgerschaft und die damit nach der Weimarer Reichsverfassung einhergehenden bürgerlichen Rechte mit ihrer Deportation aus dem Reichsgebiet. Aus ideologischen Gründen wurden auch zahlreiche andere Personen ausgebürgert.

Gegenwart

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In Deutschland wurde die Entmündigung wegen der damit verbundenen Beeinträchtigungen in der Geschäftsfähigkeit auch oft inoffiziell als „bürgerlicher Tod“ bezeichnet, obwohl sie nicht mit einem Entzug der Rechtsfähigkeit an sich verbunden war und von der Idee her im Interesse des Entmündigten geschah. Zum 1. Januar 1992 wurde die Entmündigung durch das Rechtsinstitut der Betreuung ersetzt.

Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge wurde in der Alt-Bundesrepublik durch die Strafrechtsreform 1969 abgeschafft. Nur bei Verurteilung wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verliert der Verurteilte kraft Gesetzes für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Absatz 1 StGB). Sonst kann das Gericht, soweit das Gesetz es besonders vorsieht, für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren diese Fähigkeiten aberkennen (§ 45 Absatz 2 StGB). Außerdem kann das Wahl- und Stimmrecht aberkannt werden, soweit das Gesetz es besonders vorsieht (§ 45 Absatz 4 StGB).

In der DDR bestimmte § 58 des Strafgesetzbuches (StGB-DDR) seit 1968 die Aberkennung staatsbürgerlicher Rechte als Nebenstrafe gemäß § 58 Abs. 1 StGB-DDR wegen eines Verbrechens gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte (§§ 85 ff. StGB-DDR); Verbrechens gegen die Deutsche Demokratische Republik (§§ 96 ff. StGB-DDR) oder Mordes (§ 112 StGB-DDR). Die Dauer der Aberkennung betrug mindestens zwei und höchstens zehn Jahre. In Verbindung mit lebenslanger Freiheitsstrafe und Todesstrafe wurde die Aberkennung für dauernd ausgesprochen (§ 58 Abs. 3 StGB-DDR). Mit der Aberkennung staatsbürgerlicher Rechte verlor der Verurteilte dauerhaft seine aus staatlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte, seine leitenden Funktionen auf staatlichem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet sowie seine staatlichen Würden, Titel, Auszeichnungen und Dienstgrade. Für die Zeit der Aberkennung verlor er außerdem das Recht, in staatlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen und gewählt zu werden (§ 58 Abs. 4 StGB-DDR).[3]
Weitere Nebenfolgen, insbesondere zivil- und familienrechtlicher Art waren zwar gesetzlich nicht geregelt, da sie aber sehr stark an staatliche Vorbehalte und Genehmigungen geknüpft waren, wurden solche Aberkennungen auf Umwegen dennoch berücksichtigt. Vollständig aufgehoben wurde § 58 StGB-DDR erst mit dem Einigungsvertrag 1990, nachdem 1987 lediglich die Abschaffung der Todesstrafe Berücksichtigung fand und im Juli 1990 der Absatz 1 präzisiert wurde.

Bei Missbrauch bestimmter Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung kann das Bundesverfassungsgericht auf Antrag des Bundestags, der Bundesregierung oder einer Landesregierung die Verwirkung dieser Grundrechte und ihr Ausmaß aussprechen (Art. 18 GG, § 13 Nr. 1, §§ 36 ff. BVerfGG). Juristische Personen können aufgelöst werden. In der Bundesrepublik Deutschland gab es bisher zwar mehrere Anträge, aber keine stattgebende Entscheidung.

Mit der Ablegung des Ordensgelübdes und der dadurch bewirkten Aufnahme in ein Kloster gehen im römisch-katholischen Ordensrecht je nach Eigenart des Ordensinstituts bis in die Gegenwart bestimmte Rechtsfolgen für die Erwerbs-, Besitz- und Ehefähigkeit des Professen einher; näheres siehe Klostertod.

Einzelnachweise

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  1. Bürgerlicher Tod. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 623.
  2. RG JW 1936, 2537.
  3. Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik - StGB - vom 12. Januar 1968 im Gesetzblatt der DDR, Teil I Nr. 1 vom 22. Januar 1968, S. 1ff., Digitalisat.