Institut für Höhere Studien
Das Wiener Institut für Höhere Studien – Institute for Advanced Studies (IHS) (früher: Institut für Höhere Studien und wissenschaftliche Forschung) ist ein Sozial- und Wirtschaftsforschungsinstitut in Österreich.
Institut für Höhere Studien - Institute for Advanced Studies (IHS) | |
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Gründung | 31. Jänner 1963 |
Sitz | Josefstadt, Wien |
Zweck | Forschung, Lehre |
Präsident | Franz Fischler[1] |
Geschäftsführung | Holger Bonin (Direktor), Julia Studencki (Geschäftsführerin) |
Beschäftigte | 161 (2020)[2] |
Website | www.ihs.ac.at |
Das IHS setzt jährlich 11,5 Millionen Euro um[3] (Stand 2020) und versteht sich als wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Forschungszentrum, das im Dialog mit Politik und Wissenschaft Fragestellungen entwickelt und sowohl wissenschaftliche als auch politikrelevante Beiträge liefert.[4]
Im Herbst 2023 wurde im Rahmen des Forum Alpbach eine vom Bildungsministerium in Auftrag gegebene Studie zur Wissenschaftsskepsis (IHS-Forschungsgruppe Wissenschaft, Technik und gesellschaftliche Transformation) inkl. FWF-mitvermittelter Podiumsdiskussion besprochen.[5]
Geschichte
BearbeitenDas IHS wurde 1963 von zwei bekannten Exilösterreichern, dem Soziologen Paul F. Lazarsfeld und dem Wirtschaftswissenschaftler Oskar Morgenstern, gegründet. Die finanzielle Unterstützung stammte von der Ford-Stiftung, dem österreichischen Unterrichtsministerium und der Stadt Wien.[6] Bis 1968 wirkte Freda Meissner-Blau unter dem damaligen Direktor Ernst Florian Winter als Generalsekretärin am IHS.
2016 wurde der österreichische Ökonom Martin Kocher zum Direktor bestellt. Nachdem Kocher am 11. Jänner 2021 als Arbeitsminister der Bundesregierung Kurz II angelobt wurde, übernahm Eva Liebmann-Pesendorfer interimistisch die Leitung.[7][8] Als Nachfolger von Kocher war ursprünglich Lars Feld vorgesehen,[9] er trat die Stelle aber nicht an.[10] Auch der Chef des Brüsseler Thinktanks Bruegel Guntram Wolff sagte für den Posten ab.[11] Zum interimistischen wissenschaftlichen Leiter ab 2. Mai 2022 wurde der emeritierte Wirtschaftsprofessor Klaus Neusser bestellt.[12] Im Dezember 2022 beschloss das IHS-Kuratorium, mit dem deutschen Wirtschaftswissenschafter Holger Bonin Verhandlungen über die Neubesetzung der wissenschaftlichen Leitung aufzunehmen.[13] Diese Verhandlungen wurden mit 16. Februar 2023 erfolgreich abgeschlossen, Bonin trat die Leitung des IHS mit 1. Juli 2023 an.[14]
Struktur des Instituts
BearbeitenDie Forschung am IHS wird durch acht Forschungsgruppen (Stand 2023[15]) abgebildet:
- Energie, Umwelt und nachhaltige Wirtschaftsstrukturen
- Europäische Governance, Öffentliche Finanzen und Arbeitsmarkt
- Gesundheitsökonomik und -politik
- Hochschulforschung
- Bildungsforschung und Beschäftigung
- Verhaltensökonomik
- Makroökonomik und Konjunktur
- Wissenschaft, Technik und gesellschaftliche Transformation
Des Weiteren unterstützt das IHS Doktoranden-Kolleg Nachwuchswissenschafter dabei, das Doktorat zu erlangen. Das Institut kooperiert dazu mit verschiedenen Doktoratsprogrammen und internationalen Trainingsnetzwerken, wie der Vienna Graduate School of Economics.[16] oder der Vienna Graduate School of Finance[17] In der Öffentlichkeit ist das IHS vor allem für seine Wirtschaftsprognosen bekannt, die vierteljährlich gemeinsam mit den Prognosen des WIFO präsentiert werden und die größte Resonanz in den österreichischen Medien finden.
Standort
BearbeitenDer Sitz befindet sich seit Sommer 2015 in der Josefstädter Straße 39, dem Palais Strozzi, Wien 8. Mehr als 50 Jahre war das außeruniversitäre Forschungsinstitut in der Stumpergasse, Wien 6 untergebracht.
Leitung und Organe
BearbeitenDas IHS ist als Verein organisiert und wird von einem (wissenschaftlichen) Direktor geleitet (ab der Neubesetzung der Leitung 2016 zusätzlich unterstützt von einem Generalsekretär). Die Funktion eines Aufsichtsrates übernimmt das Kuratorium, darüber hinaus ist ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet.
Direktoren
BearbeitenZeitraum | Name |
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1963–1965 | Slawtscho Sagoroff (Gründungsdirektor)[18] |
1965–1966 | Oskar Morgenstern[19] |
1966–1967 | Walter Toman[20] |
1967–1968 | Ernst Florian Winter |
1968–1973 | Gerhart Bruckmann |
1973–1980 | Gerhard Schwödiauer |
1980–1983 | Anatol Rapoport |
1984–1991 | Hans Seidel[21] |
1991–2012 | Bernhard Felderer[21] |
2012–2014 | Christian Keuschnigg[22] |
2015 – Februar 2016 | Sigurd Höllinger (interimistisch)[23][24] |
März bis August 2016 | Thomas Czypionka (interimistisch)[24] |
1. September 2016 bis Jänner 2021 | Martin Kocher[25] |
ab Jänner 2021 | Eva Liebmann-Pesendorfer (interimistisch)[26] |
ab Mai 2022 | Klaus Neusser (interimistisch)[12] |
seit 1. Juli 2023 | Holger Bonin[27][28] |
Von der Gründung 1963 bis zum Jahr 1983 gab es neben dem Direktor jeweils auch einen beigeordneten Direktor. Beide Funktionen wurden durch Vertrauenspersonen der beiden damaligen Regierungsparteien ÖVP bzw. SPÖ besetzt. In dieser Zeit wurden insgesamt sieben Direktoren von fünf verschiedenen beigeordneten Direktoren begleitet.[21]
Beigeordnete Direktoren
BearbeitenZeitraum | Name |
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1963–1964 | Adolf Kozlik[29][19] |
1965–1966 | Fritz Kolb[19] |
1971–1973 | Gerhard Schwödiauer |
1973–1983 | Erhard Fürst[30] |
Literatur
Bearbeiten- Christian Fleck: Wie Neues nicht entsteht. Die Gründung des Instituts für Höhere Studien in Wien durch Ex-Österreicher und die Ford Foundation. In: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften. 11. Jahrgang, Nr. 1. Turia+Kant, 2000, ISSN 1016-765X, S. 129–178, urn:nbn:de:0168-ssoar-234866.
- Helmut Kramer: Wie Neues doch entstanden ist. Zur Gründung und zu den ersten Jahren des Instituts für Höhere Studien in Wien. Hrsg.: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften. Band 3, Nr. 13, 2002, S. 110–132.
- Bernhard Felderer: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zwischen Theorie und Praxis. 30 Jahre Institut für Höhere Studien in Wien. Hrsg.: Bernhard Felderer. Heidelberg 1993.
- Christian Fleck: Warum Wien nicht zum mitteleuropäischen (Ausbildungs-)Zentrum der empirischen Sozialwissenschaften wurde. Hrsg.: Wolfgang L. Reiter et al. In: Wissenschaft, Technologie und industrielle Entwicklung in Zentraleuropa im Kalten Krieg, Wien 2017, S. 155–208.
- Christian Fleck: Geschichte des Instituts für Höhere Studien in Wien. Hrsg.: Stephan Moebius, Andrea Ploder. In: Handbuch Geschichte der deutschsprachigen Soziologie, Bd. 1, Wiesbaden 2018, S. 997–1007.
- Thomas König: Vom Naturrecht zum Behavioralismus und darüber hinaus. Konzeptionelle Grundlagen der Disziplin Politikwissenschaft in Österreich. Hrsg.: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 41/4, 2012, S. 419–438.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ IHS: Organisation ( vom 2. September 2016 im Internet Archive)
- ↑ IHS Jahresbericht 2020. IHS, 20. März 2020, abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ Jahresbericht 2020. Institut für Höhere Studien, abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ Mission Statement IHS. Abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ Tanja Traxler: Wissenschaft jenseits der Stereotype, in: Der Standard vom 20230906, S. 19.
- ↑ Geschichte des IHS (englisch), ihs.ac.at ( vom 2. April 2015 im Internet Archive)
- ↑ ORF at/Agenturen red: Nach Aschbacher-Rücktritt: Kocher als Arbeitsminister angelobt. 11. Januar 2021, abgerufen am 21. Januar 2021.
- ↑ Jürgen Klatzer, ORF.at: Liebmann-Pesendorfer übernimmt IHS-Leitung interimistisch. 11. Januar 2021, abgerufen am 21. Januar 2021.
- ↑ Lars Feld soll neuer IHS-Chef werden. In: ORF.at. 30. Juni 2021, abgerufen am 30. Juni 2021.
- ↑ Ökonom Feld tritt Stelle als IHS-Chef nicht an. In: ORF.at. 4. Februar 2022, abgerufen am 5. Februar 2022.
- ↑ András Szigetvari: Chefsuche: Nächster Korb für IHS, Neuausschreibung geplant. In: DerStandard.at. 11. März 2022, abgerufen am 11. März 2022.
- ↑ a b Klaus Neusser übernimmt IHS-Chefposten vorübergehend. In: ORF.at. 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ Holger Bonin soll neuer IHS-Chef werden. In: Die Presse. 20. Dezember 2022, abgerufen am 21. Dezember 2022.
- ↑ Holger Bonin wird wissenschaftlicher Direktor des IHS. Institut für Höhere Studien, abgerufen am 1. August 2023.
- ↑ Forschung am IHS. Abgerufen am 1. August 2023.
- ↑ Vienna Graduate School of Economics. Abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ Vienna Graduate School of Finance. Abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ Bulgaren in Österreich - Slawtscho Sagoroff - Portrait eines berühmten Statistikers und Ökonomen ( vom 6. Dezember 2014 im Internet Archive). Artikel von Oktober/November 2008, abgerufen am 6. Dezember 2014.
- ↑ a b c Eine Abhandlung über die drei Jahrzehnte beanspruchende Gründung eines Zentrums für sozialwissenschaftliche Forschung ( vom 4. März 2016 im Internet Archive). Abgerufen am 6. Dezember 2014.
- ↑ IHS - History ( vom 6. Dezember 2014 im Internet Archive). Abgerufen am 6. Dezember 2014.
- ↑ a b c Festschrift 50 Jahre IHS - Heinrich Neisser: Die Geschichte des IHS. Abgerufen am 6. Dezember 2014.
- ↑ derStandard.at - 500.000 Euro fehlen: IHS-Chef Keuschnigg tritt zurück. Artikel vom 23. Oktober 2014, abgerufen am 23. Oktober 2014.
- ↑ diepresse.com - Sigurd Höllinger: Ein "Roter" wird IHS-Chef. Artikel vom 6. Dezember 2014, abgerufen am 6. Dezember 2014.
- ↑ a b ots.at - Höllinger beendet seine Tätigkeit am IHS – Führendes Forschungsinstitut erfolgreich neu aufgestellt. Artikel vom 29. Februar 2016, abgerufen am 8. Juni 2016.
- ↑ derStandard.at - Neuer IHS-Chef Martin Kocher: Ökonom mit Freude am Experimentieren. Artikel vom 1. Juli 2016, abgerufen am 1. Juli 2016.
- ↑ Liebmann-Pesendorfer übernimmt IHS-Leitung interimistisch. In: ORF.at. 11. Januar 2021, abgerufen am 11. Januar 2021.
- ↑ Holger Bonin wird Chef des Wiener Instituts für Höhere Studien. In: DerStandard.at. 16. Februar 2023, abgerufen am 17. Februar 2023.
- ↑ Lange Suche hat ein Ende: Holger Bonin wird neuer Direktor des IHS. In: Kleine Zeitung. 16. Februar 2023, abgerufen am 17. Februar 2023.
- ↑ Wie Neues nicht entsteht. Die Gründung des Instituts für Höhere Studien in Wien durch Ex-Österreicher und die Ford Foundation. Abgerufen am 6. Dezember 2014.
- ↑ CV - Dr. Erhard Fürst. Abgerufen am 6. Dezember 2014.
Koordinaten: 48° 11′ 43,5″ N, 16° 20′ 34,9″ O