Jasnaja Poljana (Kaliningrad)
Jasnaja Poljana (russisch Ясная Поляна, deutsch Gut Trakehnen, 1929 bis 1945 Groß Trakehnen, und Trakehnen) ist eine Siedlung in der russischen Oblast Kaliningrad. Sie gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Munizipalkreis Nesterow im Rajon Nesterow.
Siedlung
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Der Ort befindet sich im Südosten des Gebietes unweit der Rominter Heide. 1731 wurde hier von Friedrich Wilhelm I. von Preußen, genannt Soldatenkönig, das Königliche Stutamt Trakehnen gegründet, welches alle Pferdebestände Ostpreußens in einem einzigen großen Gestüt vereinigen wollte.
Geographische Lage
BearbeitenJasnaja Poljana liegt im historischen Ostpreußen am rechten Ufer der Rodap (russisch: Rakowka) an der Kommunalstraße 27K-183, welche bei Diwnoje (Bahnhof Trakehnen) von der Föderalstraße A 229 (ehemalige deutsche Reichsstraße 1, heute auch Europastraße 28) abzweigt. Diwnoje ist auch die nächstgelegene Bahnstation an der Bahnstrecke Kaliningrad–Tschernyschewskoje (Königsberg–Eydtkuhnen/Eydtkau), dem Endstück der früheren Preußische Ostbahn, heute zur Weiterfahrt nach Litauen und ins russische Kernland.
Ortsname
BearbeitenDer Ortsname Trakehnen leitet sich von einem baltischen Wort (litauisch oder altpreußisch) trakis= „Lichtung, Brandstätte“ ab. Die russische Bezeichnung bedeutet ebenfalls helle Lichtung.
Geschichte
BearbeitenGut Trakehnen / Groß Trakehnen
BearbeitenGleich im nordwestlichen Anschluss an das Dorf Trakehnen (s. u.) folgte das Hauptvorwerk des preußischen Hauptgestütes Trakehnen, es war die Heimat der Pferderasse Trakehner.
Der Gutsbezirk Trakehnen gehörte seit 1874 zum Amtsbezirk Trakehnen im Landkreis Stallupönen,[2] dem auch noch die Landgemeinde Iszledimmen angehörte. Am 10. Oktober 1884 wurde diese aufgelöst, da sie für das Gestüt aufgekauft worden war. Im Jahr 1900 wurden die Güter Bajohrgallen, Birkenwalde, Burgsdorfshof, Danzkehmen, Gurdszen, Kalpakin und Taukenischken als Vorwerke an das Gut Trakehnen angeschlossen. Im Jahr 1910 hatte der so vereinigte Ort 1691 Einwohner.[3] Am 30. September 1929 wurde der Gutsbezirk Trakehnen in die Landgemeinde Groß Trakehnen umgewandelt. Im Jahr 1933 zählte diese 1540 Einwohner.[4] Im Jahr 1938 wurden die Vorwerke Bajohrgallen in Goltzfelde, Danzkehmen in Oettingen, Gurdszen[5] in Schwichowshof, Kalpakin in Königseichen und Traukenischken in Belowsruh umbenannt. Im Jahr 1939 zählte Groß Trakehnen 1519 Einwohner.[4]
Trakehnen (Dorf)
BearbeitenDas Dorf Trakehnen gehörte seit 1874 als Landgemeinde zum Amtsbezirk Enzuhnen im Landkreis Stallupönen.[6] Im Jahre 1910 zählte der Ort 498 Einwohner,[3] in den Jahren 1933 und 1939 waren es 508 bzw. 501 Einwohner.[7]
Jasnaja Poljana
BearbeitenNach dem Zweiten Weltkrieg wurden Groß Trakehnen und Trakehnen unter sowjetische Verwaltung gestellt. Im Jahr 1947 erhielt Groß Trakehnen den russischen Namen Jasnaja Poljana und Trakehnen den russischen Namen Diwnoje.[8] Gleichzeitig wurden beide Orte in den Dorfsowjet Tschkalowski selski Sowet im Rajon Nesterow eingeordnet. Die im Jahr 1900 zum Gut Trakehnen hinzugekommenen Vorwerke gehörten offenbar in der Folge nicht mehr zu Jasnaja Poljana.[9] Ob es ein eigenständiges Diwnoje in dieser Form vor Ort wirklich gegeben hat, muss zunächst offenbleiben. Heute wird mit Diwnoje der ehemalige Wohnplatz Bahnhof Trakehnen bezeichnet. Jedenfalls gehört das ehemalige Dorf Trakehnen gemäß der verfügbaren Karten spätestens seit Ende der 1960er Jahre mit zu Jasnaja Poljana. Etwa in den 1970er Jahren war Jasnaja Poljana selber Verwaltungssitz des Tschkalowski selski Sowet. Von 2008 bis 2018 gehörte der Ort zur Landgemeinde Iljuschinskoje selskoje posselenije, von 2019 bis 2021 zum Stadtkreis Nesterow und seither zum Munizipalkreis Nesterow. Die Einwohnerzahlen von Jasnaja Poljana bei den drei letzten Volkszählungen in den Jahren 2002, 2010 und 2021 betrugen 955, 997 und 702.
Die Wiederbesiedlung erfolgte, wie in den meisten russischen Teilen des ehemaligen Ostpreußen, nur spärlich. Im Dorf sind noch wenige Häuser aus deutscher Zeit erhalten. Die Anlagen des Gestüts sind weitestgehend verfallen. Im ehemaligen Landstallmeisterhaus (Schloss Trakehnen) sowie dem ehemaligen Reitburschenhaus befindet sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine Schule. Durch die Schüler und Lehrer der Schlossschule werden die Geschichte des Ortes sowie des Hauptgestütes Trakehnen in einem kleinen Museum gepflegt und auf Nachfrage der Öffentlichkeit vorgestellt. Pferdezucht wird direkt am Standort nicht mehr betrieben. Jedoch befindet sich zum Beispiel in Majowka (dem früheren Landgestüt Georgenburg) eine Pferdezucht.
Kirche
BearbeitenBei seiner vor 1945 überwiegend evangelischen Bevölkerung war Gut bzw. Groß Trakehnen in das Kirchspiel Enzuhnen (1938–1946 Rodebach, heute russisch: Tschkalowo) eingegliedert und gehörte zum Kirchenkreis Stallupönen (1938–1946 Ebenrode, russisch: Nesterow) der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union.[10]
Zu sowjetischen Zeiten kam das kirchliche Leben zum Erliegen. Erst in den 1990er Jahren entstand in Jasnaja Poljana selbst eine kleine evangelische Gemeinde, die sich in Ermangelung eines eigenen Kirchengebäudes in einem Privathaus trifft. Sie gliederte sich der Propstei Kaliningrad in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland an. Das zuständige Pfarramt ist das der Salzburger Kirche in Gussew (Gumbinnen).[11]
Söhne und Töchter des Ortes
Bearbeiten- Karl Wilhelm Ammon (1777–1842), deutscher Hippiatriker und Autor
- Georg Gottlieb Ammon (1780–1839), deutscher Hippiatriker und Autor
- Gustav von Below (1791–1852), deutscher General
- Walther Funk (1890–1960), deutscher Journalist, NS-Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident
- Wilhelm Kuebart (1913–1993), deutscher Offizier und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 471–471.
- Wolfgang Rothe, ORTSATLAS TRAKEHNEN – Das Hauptgestüt, seine Vorwerke und das Dorf. Eine siedlungsgeschichtliche Dokumentation. Selbstverlag, gebunden, 560 S. mit 4 Seiten Nachtrag und Rezensionen, über 1000 Fotos, Karten, Dokumente, Abbildungen, Tabellen, Luftbild-Aufnahmen; Rezension von G. Turner; 2011
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise und Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Trakehnen
- ↑ a b Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900
- ↑ a b Michael Rademacher: Ebenrode. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Von 1936 bis 1938 wurde der Name als Gurdschen geschrieben.
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Rodebach
- ↑ Michael Rademacher: Ebenrode. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. In dieser Quelle ist auch noch eine Einwohnerzahl von 818 für das Jahr 1885 aufgeführt. Diese könnte sich aber vielleicht auf das Gut Trakehnen beziehen.
- ↑ Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 ноября 1947 г. «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Verordnung des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte der Oblast Kaliningrad" vom 17. November 1947)
- ↑ Taukenischken/Belowsruh erhielt 1950 den russischen Namen Rasdelnoje. Gurdszen/Schwichowshof erhielt zu einem unbekannten Zeitpunkt den russischen Namen Chutorskoje. Birkenwalde, Burgsdorfshof und Danzkehmen/Oettingen wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt unter dem russischen Namen Sosnowka zusammengefasst. Für die nicht mehr existenten Bajohrgallen/Goltzfelde und Kalpakin/Königseichen sind keine russischen Namen bekannt.
- ↑ Friedwald Moeller: Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945. Hamburg 1968, S. 36.
- ↑ Website der Propstei Kaliningrad ( vom 29. August 2011 im Internet Archive)