Konrad Wolf
Konrad Wolf (* 20. Oktober 1925 in Hechingen, Hohenzollernsche Lande; † 7. März 1982 in Ost-Berlin) war ein deutscher Filmregisseur. Durch Filme wie Der geteilte Himmel, Ich war neunzehn und Solo Sunny galt er als einer der wichtigsten Regisseure in der DDR.
Leben
BearbeitenKonrad Wolf ist der zweite Sohn des Arztes und Schriftstellers Friedrich Wolf mit seiner Frau Else Wolf, geborene Dreibholz.[1] Sein älterer Bruder ist Markus Wolf, der langjährige Chef des Auslandsgeheimdienstes der DDR. 1933 emigrierte die Familie zunächst nach Frankreich und von dort aus später nach Moskau. Er besuchte dort die deutsche Karl-Liebknecht-Schule und erwarb die sowjetische Staatsangehörigkeit. Schon in dieser Zeit kam Konrad Wolf intensiv mit dem sowjetischen Film in Berührung. Als Zehnjähriger spielte er 1936 eine Nebenrolle in dem Exilfilm Borzy (Kämpfer) des Regisseurs Gustav von Wangenheim.
Mit siebzehn trat er in die Rote Armee ein und gehörte 1945 als Neunzehnjähriger zu den Truppen, die Berlin einnahmen. Für kurze Zeit war er im April 1945 der erste sowjetische Stadtkommandant von Bernau bei Berlin. Von 1945 bis 1947 war er unter anderem für die SMAD (Sowjetische Militäradministration) in Wittenberg und Halle (Saale) für die darstellende Kunst zuständig. Von 1949 bis 1954 studierte er an der 1919 gegründeten Moskauer Filmhochschule.[2]
Danach arbeitete er als Regisseur bei der DEFA, wo er vor allem anspruchsvolle und kritische Gegenwartsfilme drehte. Seine Kriegserlebnisse beschrieb er später in dem Film Ich war neunzehn (1968). Das Verhältnis zwischen Deutschen und Russen beschäftigte ihn zeit seines Lebens. In seinem Spätwerk werden auch immer mehr kritische Töne gegen die Beeinflussung der Kunst durch Obrigkeiten laut – etwa in seinem Goya-Epos oder in dem leisen Film Der nackte Mann auf dem Sportplatz. Sein Spielfilm Solo Sunny, den er gemeinsam mit seinem langjährigen Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase inszenierte, zeigt das Leben einer Außenseiterin der DDR-Gesellschaft im Prenzlauer Berg in Berlin.
Zuletzt arbeitete er als Künstlerischer Leiter an einem 6-teiligen Dokumentarfilm-Projekt Busch singt, das anhand der Biografie des kommunistischen Schauspielers und Sängers Ernst Busch einen Querschnitt durch die politische und künstlerische Entwicklung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland geben sollte.
Von 1965 bis 1982 war er Präsident der Akademie der Künste der DDR. Hierfür hatte er sich auch als linientreuer Verfechter des SED-Parteiregimes qualifiziert.[3][4] Um ihn lange im Amt zu halten, wurden die Statuten der Akademie geändert, die nur eine einmalige Wiederwahl vorsahen. Wolf unterstützte die Ausbürgerung Wolf Biermanns, während über 100 Kulturschaffende der DDR eine Protestnote gegen die Ausbürgerung unterschrieben.[5] Biermann gehe „einen anderen politischen Weg“, er bediene die Konterrevolution. Wolf hat aber auch einzelne Künstler im Rahmen seiner Möglichkeiten bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Regime unterstützt.
Konrad Wolf war in erster Ehe von 1955 bis 1960 mit der Kostümbildnerin Annegret Reuter, in zweiter Ehe von 1960 bis 1978 mit der Schauspielerin Christel Bodenstein verheiratet. Aus dieser Beziehung stammt sein 1961 geborener Sohn Mirko, ein als Trickfilmzeichner ausgebildeter Animator und Illustrator. Die Brüder Konrad und Markus Wolf haben mehrere Halbgeschwister aus Beziehungen ihres Vaters mit verschiedenen Frauen, darunter den Physiker Thomas Naumann.
Konrad Wolf starb im Alter von 56 Jahren in Berlin an Krebs.[6] Seine Urne wurde am 12. März 1982 in einem Staatsbegräbnis in der Grabanlage Pergolenweg des Zentralfriedhofs Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt. Sein umfangreicher schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[7]
Darstellung Wolfs in der bildenden Kunst der DDR
Bearbeiten- Walter Arnold: Porträtskizze Konrad Wolf (1966, Bleistift)[8]
Filmografie
Bearbeiten- 1936: Kämpfer (Darsteller)
- 1955: Einmal ist keinmal
- 1956: Genesung
- 1957: Lissy
- 1958: Sonnensucher
- 1959: Sterne
- 1960: Leute mit Flügeln
- 1961: Professor Mamlock
- 1964: Der geteilte Himmel
- 1966: Der kleine Prinz
- 1966: Die Ermittlung (Theateraufzeichnung)
- 1968: Ich war neunzehn
- 1971: Goya – oder der arge Weg der Erkenntnis
- 1974: Der nackte Mann auf dem Sportplatz
- 1976: Mama, ich lebe
- 1979: Addio, piccola mia (Darsteller)
- 1980: Solo Sunny
- 1981/82: Busch singt (6-teiliger Dokumentarfilm, von anderen vollendet; Regisseure: Reiner Bredemeyer, Erwin Burkert, Ludwig Hoffmann, Peter Voigt, Konrad Wolf)
- Einzelfolgen:
- Aurora – Morgenrot
- Nur auf die Minute kommt es an
- 1935 oder Das Fass der Pandora
- In Spanien
- Ein Toter auf Urlaub
- Und weil der Mensch ein Mensch ist
Auszeichnungen
Bearbeiten- 1956: Bronzemedaille des Filmfestivals der Internationalen Messe Damaskus für Genesung
- 1957: Internationales Filmfestival Karlovy Vary: Hauptpreis für Lissy
- 1957: Internationales Filmfestival der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Moskau: Bronzemedaille für Lissy
- 1959: Internationale Filmfestspiele von Cannes 1959: Sonderpreis der Jury für Sterne
- 1959: Nationalpreis der DDR II. Klasse für Sterne mit Werner Bergmann
- 1961: Internationales Filmfestival von Neu-Delhi: Silberne Lotusblume für Professor Mamlock
- 1961: Internationales Filmfestival Moskau: Goldmedaille für Professor Mamlock
- 1965: Erich-Weinert-Medaille für Der geteilte Himmel mit Eberhard Esche
- 1965: Vaterländischer Verdienstorden in Silber
- 1968: Nationalpreis der DDR I. Klasse für Ich war neunzehn mit Werner Bergmann und Wolfgang Kohlhaase
- 1969: Johannes-R.-Becher-Medaille in Gold
- 1971: Nationalpreis der DDR I. Klasse für Goya im Kollektiv
- 1971: Kunstpreis der DDR für Goya im Kollektiv
- 1971: Internationales Filmfestival Moskau: Spezialpreis der Jury für Goya
- 1974: Karl-Marx-Orden
- 1975: Kunstpreis der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft für Sonnensucher und Ich war neunzehn
- 1977: Kunstpreis des FDGB für Mama ich lebe
- 1977: Internationales Filmfestival des neorealistischen Films Avellino: Silbermedaille für Mama ich lebe
- 1979: Nationalpreis der DDR I. Klasse für Kunst und Literatur für langjähriges beispielhaftes filmkünstlerisches und kulturpolitisches Wirken
- 1980: 1. Nationales Spielfilmfestival der DDR: Regie-Preis für Solo Sunny
- 1980: Internationale Filmfestspiele Berlin: FIPRESCI-Preis für Solo Sunny
- 2010: Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin
Konrad Wolf ist Ehrenbürger der Stadt Bernau bei Berlin. Seit 1985 sind die Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam (heute die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf) und eine Straße im Bezirk Lichtenberg sowie eine Straße in Potsdam-Drewitz nach ihm benannt. Nach ihm ist der Konrad-Wolf-Preis benannt.
Publikationen
Bearbeiten- Konrad Wolf im Dialog. Künste und Politik. Hg. Dieter Heinze. Dietz, Berlin 1985.
- Direkt in Kopf und Herz. Aufzeichnungen, Reden, Interviews. Von bzw. mit K. W. Henschel. Berlin 1989, ISBN 3-362-00415-6.
- Begegnungen mit Regisseuren: Kurt Maetzig, Günter Reisch, Joachim Hasler, Konrad Wolf. Henschel, Berlin 1974 (K. W. = S. 129–186).
- Aber ich sah ja selbst, das war der Krieg: Kriegstagebuch und Briefe 1942–1945. Edition Die Möwe, Berlin 2015, ISBN 978-3-00-050547-8.
Literatur
Bearbeiten- Carmen Blazejewski: Konrad Wolf. Neue Sichten auf seine Filme. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte der DDR, Hochschule für Film und Fernsehen, Berlin 1990 OCLC 705346831
- Jakob Hayner: Kunst im Dienste der Menschheit. Am 20. Oktober wäre der deutsche Filmemacher Konrad Wolf 90 Jahr alt geworden. In: Dschungel. Beilage zu jungle world, 43, 22. Oktober 2015, S. 1–5 (mit 2 Stills; Fotoporträt des K. W. von 1977).
- Wolfgang Jacobsen, Rolf Aurich: Der Sonnensucher. Konrad Wolf (Biografie). Aufbau, Berlin 2005, ISBN 978-3-351-02589-2.
- Jürgen Klauß: Zwischen den Meistern in den Zeiten. Von Heiner Müller zu Konrad Wolf. Frankfurt-Oder-Edition, Frankfurt (Oder) 1996, ISBN 3-930842-13-0.
- Hans Helmut Prinzler: Konrad Wolf. 1925–1982. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-010662-4, S. 836–838.
- Aune Renk: Wolf, Konrad. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Ingar Solty: Damit es Heimat werde. In: Junge Welt, 20. Oktober 2015. (Biografischer Essay zum 90. Geburtstag.)
- Antje Vollmer, Hans-Eckardt Wenzel: Konrad Wolf. Chronist im Jahrhundert der Extreme. Die Andere Bibliothek, Berlin 2019, ISBN 978-3-8477-0416-4.
Weblinks
Bearbeiten- Konrad Wolf bei IMDb
- Literatur von und über Konrad Wolf im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Bio- und Filmografie auf der Website der DEFA-Stiftung
- Konrad-Wolf-Archiv im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Else Wolf – zum 120. Geburtstag einer engagierten Mitbürgerin. 4. Juni 2018, abgerufen am 6. September 2022 (deutsch).
- ↑ Heinz Kersten, Artikel vom 1. März 2002 aus Der Freitag, die Ost-West Wochenzeitung, Titel: Denken als Lebensbedürfnis online
- ↑ Regina Kusch in Deutschlandfunk Kultur
- ↑ Antje Vollmer, Hans-Eckardt Wenzel, Konrad Wolf. Chronist im Jahrhundert der Extreme, Berlin 2019, S. 286; S. 274 („parteikonforme(n) Stellungnahmen in steiler Tonlage“)
- ↑ Dörte Hinrichs und Hans Rubinich: Vom Regen in die Jauche? In: Deutschlandfunk. 9. November 2006, abgerufen am 20. Februar 2022.
- ↑ "Ein Bild von einem Mann", Berliner Zeitung vom 29. März 2005 online
- ↑ Konrad-Wolf-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.
- ↑ Porträtskizze Konrad Wolf (Filmregisseur) | Walter Arnold | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 15. Juli 2023.
Personendaten | |
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NAME | Wolf, Konrad |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Filmregisseur |
GEBURTSDATUM | 20. Oktober 1925 |
GEBURTSORT | Hechingen, Deutsches Reich |
STERBEDATUM | 7. März 1982 |
STERBEORT | Ost-Berlin, Deutsche Demokratische Republik |