Kreis Mogilno
Der Kreis Mogilno war ein preußischer Landkreis, der zwischen 1818 und 1919 im Regierungsbezirk Bromberg der Provinz Posen bestand. Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute zu den polnischen Woiwodschaften Kujawien-Pommern und Großpolen.
Geschichte
BearbeitenDas Gebiet um die Stadt Mogilno gehörte nach der Ersten Teilung Polens von 1772 bis 1807 zum Netzedistrikt in der preußischen Provinz Westpreußen. Der Süden des Kreisgebietes um die Stadt Trzemeszno gehörte seit der Zweiten Teilung Polens von 1793 bis 1807 zur preußischen Provinz Südpreußen. Durch den Frieden von Tilsit kam das Gebiet 1807 zum Herzogtum Warschau, fiel aber nach dem Wiener Kongress am 15. Mai 1815 erneut an das Königreich Preußen und wurde dem Regierungsbezirk Bromberg in der Provinz Posen zugeordnet.
Im Zuge einer Kreisreform im Regierungsbezirk Bromberg wurde zum 1. Januar 1818 aus Teilen der bestehenden Kreise Gnesen, Inowrazlaw und Wongrowitz der neue Kreis Mogilno gebildet.[1] Im Einzelnen kamen zum Kreis Mogilno
- vom Kreis Inowrazlaw die Städte Gembitz, Kwieczewo, Mogilno, Pakosch und Wilatowen mitsamt ihrem Umland
- vom Kreis Wongrowitz die Stadt Rogowo und ihr Umland sowie
- vom Kreis Gnesen die Stadt Trzemeszno.[2]
Sitz des Landratsamtes wurde die Stadt Mogilno.
Als Teil der Provinz Posen wurde der Kreis Mogilno am 18. Januar 1871 gleichzeitig Teil des neu gegründeten Deutschen Reichs, wogegen die polnischen Abgeordneten im neuen Reichstag am 1. April 1871 protestierten.
Bei einer größeren Kreisreform im Regierungsbezirk Bromberg am 1. Oktober 1887 trat der Kreis Mogilno die Stadt Rogowo, den Polizeidistrikt Rogowo sowie die Landgemeinden Friedrichswalde, Klein Laski und Piastowo an den neuen Kreis Znin ab.
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs begann am 27. Dezember 1918 in der Provinz Posen der Großpolnische Aufstand der polnischen Bevölkerungsmehrheit gegen die deutsche Herrschaft, und bereits am 31. Dezember 1918 war die Kreisstadt Mogilno unter polnischer Kontrolle. Am 16. Februar 1919 beendete ein Waffenstillstand die polnisch-deutschen Kämpfe, und am 28. Juni 1919 trat die deutsche Regierung mit der Unterzeichnung des Versailler Vertrags den Kreis Mogilno auch offiziell an die neu gegründete Zweite Polnische Republik ab.
Einwohnerentwicklung
BearbeitenJahr | Einwohner | Quelle |
---|---|---|
1818 | 20.150 | [3] |
1846 | 37.238 | [4] |
1871 | 46.133 | [5] |
1890 | 40.158 | [6] |
1900 | 43.248 | [6] |
1910 | 49.253 | [6] |
Der Kreis hatte im Jahre 1890 etwa 75 % polnische und 25 % deutsche Einwohner. Der Großteil der deutschen Einwohner verließ nach 1918 das Gebiet.
Politik
BearbeitenLandräte
Bearbeiten- 1818–1830 Albert von Cylwikowski
- 1835–1842 von Kuhlemann
- 1844–1850Julius Illing (1816–1893)
- 1850–1863[7] Karl Philipp Kühne (1820–1901)
- 1863–1876Julian Elsner von Gronow (1834–1910)
- 1876–1877 Doehring
- 1878–1881 Julian Elsner von Gronow (zweite Amtsperiode)
- 1881–1883 Schneider (vertretungsweise)
- 1883–1885 Carl von Puttkamer
- 1886–1889[8] Wilhelm Otto Karl August von Oertzen
- 1889–1899Eugen Wolff (1859–1926)
- 1900–1901 Dünkelberg (kommissarisch)
- 1901–1909Friedrich Conze (1864–1949)
- 1909–1911Walther von Treskow (1874–1928)
- 1912–1919Wilhelm Ide (* 1878)
Wahlen
BearbeitenIm Deutschen Reich bildeten die Kreise Inowrazlaw und Mogilno in den Grenzen von 1871 den Reichstagswahlkreis Bromberg 4. Der Wahlkreis wurde bei allen Reichstagswahlen von Kandidaten der Polnischen Fraktion gewonnen.[9][10]
Städte und Gemeinden
BearbeitenVor dem Ersten Weltkrieg umfasste der Kreis Mogilno die folgenden Städte und Landgemeinden:[11]
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Zum Kreis, der 1910 eine Fläche von 733 km² besaß, gehörten außerdem zahlreiche Gutsbezirke. Die Landgemeinden und Gutsbezirke waren zu Polizeidistrikten zusammengefasst. In der Zeit nach 1871 wurden mehrere Ortsnamen eingedeutscht:[11]
- Bystrzyce → Bistritz (1904)
- Chabsko → Habsberg (1908)
- Dembowo → Eichgrund (1908)
- Dzierzonzno, Dorf → Schiersdorf (1907)
- Gembice → Gembitz (1875)
- Hutta palendzka → Hohendorf (1905)
- Jerzykowo → Jerschikau (1911)
- Kozlowo → Koßlau (1911)
- Kwiecischewo → Blütenau (1904)
- Lulkowo → Lukrode (1911)
- Myslontkowo → Misselwitz (1901/02)
- Renkawczynek → Renkawtschinek (1903/07)
- Skubarczewo → Skubarschewo (1903/07)
- Slowikowo → Schlowitz (1900)
- Trzemeszno → Tremessen (1875)
- Trzemzal → Tschemsal (1908/10)
- Wasielewko → Waßberg (1911)
- Wszedzin → Schetzingen (1908)
- Wulka Orchowska → Wulkau (1908/10)
Siehe auch
Bearbeiten- Landkreis Mogilno, während des Zweiten Weltkriegs im besetzten Polen eingerichteter Landkreis
Literatur
Bearbeiten- Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 162, Ziffer 7
- Königliches Statistisches Büro: Die Gemeinden und Gutsbezirke des preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Teil IV: Die Provinz Posen, Berlin 1874, S. 202–213 (Digitalisat, S. 209–220).
- A. C. A. Friederich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 586–587.
- Leopold von Zedlitz-Neukirch: Der Preußische Staat in allen seinen Beziehungen. Band 3, Berlin 1837, S. 173, Ziffer 6
- Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Walther Hubatsch (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Johann-Gottfried-Herder-Institut, Marburg/Lahn; Band 2, Teil 1: Provinz Posen. bearbeitet von Dieter Stüttgen, 1975, ISBN 3-87969-109-6
- ↑ Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Bromberg 1817, Nr. 51, Seite 839, Digitalisat
- ↑ Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, S. 322 (Digitalisat [abgerufen am 9. September 2017]).
- ↑ Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 311 (Digitalisat).
- ↑ Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Posen und ihre Bevölkerung 1871
- ↑ a b c Michael Rademacher: Kreis Mogilno. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ territorial.de
- ↑ Thomas Gey: Die preussische Verwaltung des Regierungsbezirks Bromberg, 1871–1920, Grote, 1976, S. 54.
- ↑ Datenbank der Reichstagsabgeordneten ( des vom 6. Januar 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Siegreiche Kandidaten bei den Reichstagswahlen im Wahlkreis Inowrazlaw–Mogilno
- ↑ a b Gemeindeverzeichnis 1910 mit Einwohnerzahlen