Kreis Preußisch Holland
Der Kreis Preußisch Holland war ein preußischer Landkreis im Regierungsbezirk Königsberg der Provinz Ostpreußen, der von 1818 bis 1945 bestand. Er lag im Westen der Provinz, wenige Kilometer südöstlich der westpreußischen Stadt Elbing. Sitz der Kreisverwaltung war die Kleinstadt Preußisch Holland.
Geographie
BearbeitenDer Kreis Pr. Holland lag im Südwesten Ostpreußens und hatte eine Flächengröße von 858 km². Auf seinem Gebiet befanden sich zwei Städte:
- Preußisch Holland, mit (1939) 6.343 Einwohnern
- Mühlhausen, mit 3.006 Einwohnern
Insgesamt betrug die Einwohnerzahl des Kreises 1939 34.742.
Nachbarkreise waren die ostpreußischen Kreise Braunsberg im Nordosten und Mohrungen im Südosten sowie die bis 1920 westpreußischen Kreise Stuhm im Südwesten und Elbing im Nordwesten. Drei Flüsse prägten die hügelige und waldreiche Landschaft. Die Passarge bildet die gesamte Ostgrenze, die Weeske durchfloss den Landkreis von Ost nach West, und die Sorge. Dazu durchschneidet der Oberländische Kanal das Gebiet, er mündet in den Drausensee. Das städtische Zentrum der Region war das nahegelegene Elbing, das nicht einmal 20 Kilometer von Preußisch Holland entfernt liegt.
Durch den Kreis führte die Reichsstraße 130 Elbing–Osterode. Im Norden verlief der Abschnitt Elbing–Braunsberg der Preußischen Ostbahn, an die die Stadt Mühlhausen angeschlossen war. In Nord-Süd-Richtung verlief die Bahnlinie Güldenboden–Göttkendorf mit dem Bahnhof Pr. Holland, die den Anschluss zur Preußischen Ostbahn Berlin–Königsberg herstellte. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war auch der Oberländische Kanal ein bedeutender Verkehrsweg. Das wirtschaftliche Leben wurde im Kreis von der Land- und Forstwirtschaft dominiert. Die nur schwach entwickelte Industrie war in den beiden Städten Pr. Holland und Mühlhausen angesiedelt, wo sich die Holzverarbeitung, Gerbereien, Brauereien und die Textilbranche niedergelassen hatten.
Geschichte
BearbeitenVorgeschichte
BearbeitenDas Gebiet des Kreises war schon zur Jungsteinzeit (4000 v. Chr.) und bis in die Neuzeit hinein von Menschen besiedelt. Zur Römischen Kaiserzeit (1.–3. Jahrhundert n. Chr.) lebten hier germanische Stämme, die im Zuge der Völkerwanderung ab dem 6. Jahrhundert von den baltischen Prussen abgelöst wurden. Unter ihnen bildeten sich stammespolitische Landschaften heraus, zu denen auch Pomesanien gehörte. Dessen nordöstlicher Teil bildete später den Kreis Preußisch Holland.
Ab 1231 begann der Deutsche Orden von der Weichsel aus, das Gebiet der Prussen zu erobern. Nachdem der Orden durch Städtegründungen und Ansiedlungsprogramme ein staatsähnliches Gebilde geschaffen hatte, richtete er als Verwaltungseinheiten Komtureien ein. Der spätere Landkreis lag im Bereich der Komturei Elbing. Nachdem Elbing durch den 2. Thorner Frieden an Polen verloren gegangen war, wurde die Stadt Preußisch Holland Sitz des Komturs. Vor der preußischen Neugliederung hatte es bereits ein Hauptamt Preußisch Holland gegeben.
Das spätere Kreisgebiet gehörte seit 1525 zum Oberländischen Kreis und nach der Einrichtung von landrätlichen Kreisen in Ostpreußen im Jahre 1752 zum Kreis Mohrungen.[1]
1818–1945
BearbeitenIm Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich mit der „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden“ vom 30. April 1815 die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da sich die 1752 eingerichteten Kreise als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Aus dem nördlichen Teil des alten Kreises Mohrungen wurde zum 1. Februar 1818 der neue Kreis Preußisch Holland gebildet, der die Kirchspiele Blumenau, Deutschendorf, Döbern, Groß Thierbach und Quittainen, Grünhagen, Hermsdorf, Herrendorf und Schlobitten, Hirschfeld, Lauck und Ebersbach, Marienfelde, Mühlhausen, Neumark, Preußisch Holland, Reichenbach, Reichwalde, Rogehnen und Schönau, Schmauch und Schönberg umfasste.[2]
Er unterstand dem Regierungsbezirk Königsberg. Sitz des Landratsamtes wurde die Stadt Preußisch Holland. Als erster Landrat amtierte der Hauptmann von Hacke.
Das Wappen des Kreises zeigte einen weißen Wappenschild mit schwarzem Kreuz (vgl. Deutscher Orden), in der Mitte ein kleines Wappen mit einem roten Löwen auf goldenem Grund.
Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags musste das Territorium Westpreußens 1920 größtenteils zum Zweck der Einrichtung des Polnischen Korridors an Polen abgetreten werden. 1920 wurden die deutsch verbleibenden westpreußischen Kreise an Ostpreußen angegliedert, darunter auch Preußisch Hollands Nachbarkreise Elbing und Stuhm.
Mit Wirkung vom 30. September 1929 fand im Kreis Preußisch Holland entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der nahezu alle bisher Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.
Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde 1936 die Gemeinde Judendorf in Hermannswalde umbenannt.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs
BearbeitenIm Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde der Kreis Preußisch Holland seitens der sowjetischen Besatzungsmacht zusammen mit der südlichen Hälfte Ostpreußens der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen, was auch nach dem Potsdamer Abkommen im Sommer 1945 beibehalten wurde. In der Folgezeit wurde die verbliebene deutsche Bevölkerung von den örtlichen polnischen Verwaltungsbehörden aus dem Kreisgebiet vertrieben. Die neu angesiedelten Bewohner kamen vorwiegend aus Gebieten östlich der Curzon-Linie. Ihre Herkunftsgebiete im früheren Ostpolen waren im Polnisch-Sowjetischen Krieg (1919–1921) von Polen erobert worden, fielen mit der sowjetischen Besetzung 1939 an die Sowjetunion, wurden beim deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 deutsch besetzt und kamen nach Ende des Zweiten Weltkriegs zurück an die Sowjetunion.
Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute weitgehend zum Powiat Elbląski (Elbinger Bezirk) in der von Allenstein (Olsztyn) aus regierten polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren.
Seit dem 2. August 1953 ist der Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein Patenkreis des Kreises „Preußisch Holland“.[3] Eine Sandsteintafel am Kreishaus erinnert daran.
Einwohnerentwicklung
BearbeitenJahr | Einwohner | Quelle |
---|---|---|
1818 | 25.213 | [4] |
1846 | 36.536 | [5] |
1871 | 44.520 | [6] |
1890 | 41.407 | [7] |
1900 | 39.990 | [7] |
1910 | 37.750 | [7] |
1925 | 38.069 | [7] |
1933 | 37.107 | [7] |
1939 | 37.447 | [7] |
Politik
BearbeitenLandräte
Bearbeiten- 1818–1841Adolf von Hake
- 1845–1876Wilhelm von Schrötter (1810–1876)
- 1877–1883Klemens von Stockhausen (1845–1895)
- 1884–1893Hans von Nordenflycht
- 1893–1918Karl von Reinhard († 1931)
- 1919–1933Nikolaus Robert-Tornow (1886–1957)
- 1933–1945Joachim Schulz (1901–1983)
Wahlen
BearbeitenIm Deutschen Kaiserreich bildete der Kreis Preußisch Holland zusammen mit dem Kreis Mohrungen den Reichstagswahlkreis Königsberg 7. Der Wahlkreis wurde bei allen Reichstagswahlen zwischen 1871 und 1912 von konservativen Kandidaten gewonnen.[8]
Gemeinden
Bearbeiten1908 bestanden neben den beiden Städten Preußisch Holland und Mühlhausen noch 173 Landgemeinden und Gutsbezirke. Zum Ende seines Bestehens im Jahre 1945 umfasste der Kreis zwei Städte, 90 Gemeinden sowie einen gemeindefreien Gutsbezirk:[9][7]
- Alken
- Alt Dollstädt
- Alt Kußfeld
- Alt Teschen
- Angnitten
- Awecken
- Baarden
- Behlenhof
- Blumenau
- Borchertsdorf
- Bordehnen
- Breunken
- Briensdorf
- Buchwalde
- Bunden
- Bürgerhöfen
- Deutschendorf
- Döbern
- Draulitten
- Drausenhof
- Ebersbach
- Falkhorst
- Fürstenau
- Göttchendorf
- Greißings
- Groß Thierbach
- Grünhagen
- Günthersdorf
- Hasselbusch
- Heiligenwalde
- Hermannswalde
- Hermsdorf
- Herrndorf
- Hirschfeld
- Hohendorf
- Jankendorf
- Jonikam
- Kalthof
- Karwinden
- Karwitten
- Königsblumenau, bis 9. Juli 1931 Königlich Blumenau[10]
- Kopiehnen
- Krapen
- Krickehnen
- Krönau
- Krossen
- Lägs
- Langenreihe
- Lauck
- Liebenau
- Lohberg
- Lomp
- Luxethen
- Mäken
- Marienfelde
- Mühlhausen i. Ostpr., Stadt
- Nauten
- Neu Dollstädt
- Neu Münsterberg
- Neu Teschen
- Neuendorf
- Neumark
- Peiskam
- Pergusen
- Plehnen
- Podangen
- Preußisch Holland, Stadt
- Quittainen
- Rapendorf
- Reichenbach
- Reichwalde (Ostpr.)
- Robitten
- Rogau
- Rogehnen
- Rossitten
- Schlobitten
- Schlodien
- Schmauch
- Schönaich
- Schönberg
- Schönborn
- Schönfeld
- Schönfließ
- Schönwiese
- Seepothen
- Sommerfeld
- Steegen
- Sumpf
- Tippeln
- Weeskendorf
- Wiese
- Zallenfelde
Daneben bestand noch der Gutsbezirk Remonteamt Weeskenhof.
- Vor 1945 aufgelöste Gemeinden
- Althof, am 8. Juli 1906 zu Weeskendorf
- Giebitten, am 30. September 1928 zu Bunden
- Golbitten, am 30. September 1928 zu Angnitten
- Klein Quittainen, 1899 zum Gutsbezirk Schlodien
- Klein Tippeln, am 30. September 1928 zu Tippeln
- Kleppe, 1895 zu Langenreihe
- Koken, am 1. April 1938 zu Luxethen
- Köllming, am 1. April 1937 zu Grünhagen
- Kühlborn, am 8. März 1919 zu Hohendorf
- Monbrunsdorf, am 1. April 1939 zu Herrndorf
- Nektainen, am 1. April 1938 zu Alken
- Neu Kampenau, am 30. September 1928 zu Tippeln
- Opitten, am 30. September 1928 zu Rossiten
- Pfeiffertswalde, am 1. April 1930 zu Reichwalde
- Schönau, 1894 in Gutsbezirk umgewandelt
- Siebenhufen, am 29. März 1909 zu Steegen
- Stühmswalde, am 30. September 1928 zu Hohenwalde
- Taulen, am 30. September 1928 zu Krönau
- Wickerau, am 1. April 1938 zu Stegen
Literatur
Bearbeiten- Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage. Band 2, Berlin 1874, S. 20–21, Ziffer 16.
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 172–181.
- Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 115–122.
- Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg. Berlin 1966, Kreis Preußisch Holland, S. 1–35.
- Beiträge zur Kunde Preußens. Band 2, Königsberg 1819, S. 493–494.
- W. E. A. v. Schlieben: Neuestes Gemälde der Preußischen Monarchie. Wien 1834, S. 265.
- Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Preußisch Holland. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- Joanna Ewa Wísniewska: Preußisch Holland/Pasłęk – die Wende des Jahres 1945. Die Vertreibung/Aussiedlung der deutschen Bevölkerung 1945–1947. Dissertationsschrift, Universität Bremen, 2006 (PDF).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Ludwig von Baczko: Handbuch der Geschichte, Erdbeschreibung und Statistik Preussens, Band 2. Friedrich Nicolovius, Königsberg und Leipzig 1803, S. 35 (google.de).
- ↑ Max Toeppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Justus Perthes, Gotha 1858 (google.de).
- ↑ Gründung und Entwicklung der Kreisgemeinschaft Pr. Holland
- ↑ Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Königsberg (Digitalisat [abgerufen am 9. September 2020]).
- ↑ Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau’s in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 304 (Digitalisat).
- ↑ Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preußen und ihre Bevölkerung 1871
- ↑ a b c d e f g Michael Rademacher: Prholland. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- ↑ territorial.de: Kreis Preußisch Holland
- ↑ Amtsbezirk Königsblumenau (Territorial.de)