Lage (Musikinstrumente)
Die Lage bezeichnet bei Saiteninstrumenten die Position der Greifhand auf dem Griffbrett. Lagen werden meist durch römische Zahlen angegeben und vom Sattel aus gezählt. Diese Zahlen beschreiben nur die Position der gesamten Hand und machen keine Aussage über die Position der Finger, die bei vielen Instrumenten innerhalb der gleichen Lage verschiedene Stellungen einnehmen können. Als „höhere“ Lage bezeichnet man eine Lage mit größerer Entfernung vom Sattel, die deshalb auch höher klingt. Die nächsthöhere Lage ist dann erreicht, wenn ein bestimmter Finger in seiner Grundstellung den nächsthöheren Ton greifen würde.
Für das Spiel in wechselnden Lagen gibt es viele Gründe:
- In höheren Lagen lassen sich höhere Töne spielen.
- Der gleiche Ton hat auf verschiedenen Saiten eine unterschiedliche Klangfarbe. Töne einer zusammenhängenden Melodielinie werden deshalb manchmal bevorzugt auf der gleichen Saite gespielt; dies kann einen Lagenwechsel nötig machen.
- Vor allem in schnellerem Tempo kann es einfacher sein, mehrere aufeinanderfolgende Töne in einer höheren Lage zu greifen.
Lagen bei Zupfinstrumenten
BearbeitenBei der Gitarre (und entsprechend auch dem E-Bass) werden die Lagen nach der Position des ersten Fingers gezählt (bei Rechtshändern also des linken Zeigefingers). Diese Zählung erfolgt chromatisch, also nach der Nummer des Bundes, auf den der erste Finger zu liegen käme (daher oft auch als Bundlage bezeichnet). Beispiel: Greift der Spieler auf einer E-Saite den Ton g# mit dem ersten Finger, so befindet sich die Hand in der vierten Lage. Bei Zupfinstrumenten wird die Lage oft in römischen Zahlen über dem Notensystem angegeben. Hier ist zu beachten, dass die Finger innerhalb der Lage auch andere Stellungen einnehmen können – vor allem kann der erste Finger nach unten gestreckt werden. Der Lagenwechsel kann auf unterschiedliche Weise erfolgen: direkt, indirekt, mit freiem Aufsatz, durch Ersetzen, durch Handverschiebung oder durch Sprung.[1]
Lagen bei Streichinstrumenten
BearbeitenAnders als bei den Zupfinstrumenten werden die Lagen bei Streichinstrumenten nicht chromatisch, sondern diatonisch gezählt. Hierbei folgt die Zählung traditionell dem vierten Finger in der Grundstellung auf der höchsten Saite. Beispielsweise greift in der ersten Lage auf der Violine der vierte Finger ein h (als Quint über der leeren e-Saite). Die zweite Lage liegt einen Halbton höher als die erste (der vierte Finger greift ein c), die dritte Lage dann aber einen Ganzton höher (vierter Finger auf d). Die Lagen sind also nach dieser Zählung nicht gleich weit voneinander entfernt. Es gibt in dieser Terminologie auch eine „halbe Lage“, bei der die Hand einen Halbton tiefer steht als bei der ersten Lage (vierter Finger in Grundstellung auf b). Da wie erwähnt die Stellung der Finger innerhalb der Lage flexibel ist, können durch Streckung des ersten und vierten Fingers auch Töne außerhalb der Grundstellung erreicht werden.
Die gleiche Zählung wird beim Violoncello verwendet, doch wegen der größeren Abstände sind nur zwei Fingerstellungen üblich: Eine Grundstellung mit Halbtonschritten zwischen allen Fingern und eine gestreckte Stellung mit Ganztonschritt nur zwischen 1. und 2. Finger. Entsprechend kann innerhalb einer Lage entweder der erste Finger nach unten oder alle anderen Finger nach oben verschoben werden.
Die Mensur der Kontrabasses ist in klassischer Spieltechnik zu groß für unterschiedliche Fingerstellungen innerhalb einer Lage; daher behalten die Finger immer die gleiche Position, greifen also nicht höher oder tiefer. Da auch hier in der Nachfolge Franz Simandls die Lagen diatonisch nach der Position des vierten Fingers bezeichnet werden, muss die Hand in bestimmten Tonarten auch Zwischenlagen einnehmen, die entsprechend als „zweieinhalbte, dreieinhalbte“ Lage und so weiter bezeichnet werden.
Da diese Komplexität für nicht-diatonische Musik übertrieben wirkt, beginnt sich parallel eine andere Zählung zu etablieren, die dem entspricht, was oben für Zupfinstrumente beschrieben wurde.
Eine Angabe der Lagen ist bei Streichinstrumenten unüblich, außer natürlich in Unterrichtsmaterial. Lagen werden implizit durch den Fingersatz (mit arabischen Ziffern) angegeben. Römische Zahlen hingegen bezeichnen meist die Saite (Zählung von oben nach unten).
Geschichte
BearbeitenIn ihrer Frühzeit wurde die Violine gegen die Brust, die Schulter oder das Schlüsselbein gehalten, ohne dass das Kinn eingesetzt wurde; diese Spielweisen sind bis heute in vielen Volksmusiken gebräuchlich. Da dabei die linke Hand in erster Linie notwendig war, um das Instrument zu halten, war ihre Beweglichkeit eingeschränkt, freies Lagenspiel erschwert. Lagenwechsel nach unten konnten nur durch „Kriechen“ mittels Daumen, Zeigefinger und Handgelenk ausgeführt werden. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es deshalb üblich, das Instrument zwischen Kinn und Schlüsselbein mehr oder weniger fest zu halten, wobei das Kinn links oder rechts vom Saitenhalter auf der Decke aufgelegt wurde.
Die Violinliteratur seit dem Spätbarock sieht das Spiel bis etwa zur 12. Lage vor, in Einzelfällen auch darüber hinaus. Die Schilderung eines Zeitgenossen, dass Antonio Vivaldi beim Lagenspiel mit dem kleinen Finger „nur einen strohhalm breit an den steg“ kam, „daß der bogen keinen platz hatte“, ist aber sicher übertrieben.
1820 führte Louis Spohr einen Kinnhalter ein, der über dem Saitenhalter montiert wurde und die Fixierung des Instruments beim Lagenwechsel weiter verbesserte; heute wird er meist links vom Saitenhalter angebracht.
Lagen bei der Posaune
BearbeitenEine entfernt vergleichbare Situation liegt bei der Posaune vor – der Zug kann dort sieben verschiedene Positionen einnehmen, die jeweils einen unterschiedlichen Tonvorrat zur Verfügung stellen. Diese Zugpositionen sind jeweils einen Halbton voneinander entfernt.
Literatur
Bearbeiten- Walter Kolneder: Das Buch der Violine. Atlantis, Zürich 1984, ISBN 3-254-00026-9.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Angela Lehner-Wieternik: Warum es beim Lagenwechsel nicht quietscht oder Das „etwas andere“ an Abel Carlevaros Technik. In Gitarre & Laute 10, 1988, 2, S. 43–48