Naveta
Navetas sind vorgeschichtliche Grabanlagen, die ausschließlich von der zu Spanien gehörenden Balearischen Insel Menorca bekannt sind. Die aus großen Steinen errichteten Bauten stammen aus der Zeit von 1130 bis 820 v. Chr.,[1] wenn es auch Hinweise darauf gibt, dass die ersten Navetas bereits um 1300 v. Chr. errichtet wurden.[2] Ihre stärkste Nutzung fällt in die prototalayotische Phase von 1050 bis 850 v. Chr.[3]
Beschreibung
BearbeitenDie Bauwerke gehören zu den semi-megalithischen Kultanlagen, obwohl sie sehr viel später als kontinentale Äquivalente entstanden. Zu den heute noch gut erhaltenen gehören die Navetas von Rafal Rubí bei Alaior und die Navetas von Biniac. Herausragend ist die aus Kalksteinquadern errichtete Naveta des Tudons bei Ciutadella im Westen der Insel Menorca. Sie misst außen 13,6 Meter x 5,85 Meter und ist 4,5 Meter hoch. Die ursprüngliche Höhe betrug wohl 6,0 Meter.
Vorläufer der Naveta ist die Protonaveta, ein rundes Grabbauwerk mit dreifacher Wand und ovalem Innenraum, das wiederum eine Weiterentwicklung der lokalen Dolmen darstellt.[4] Auf Mallorca, das – anders als Menorca – nur wenige Dolmen aufweist, fand diese Entwicklung nicht statt. Protonavetas findet man zum Beispiel in Ses Arenes de Baix und Son Olivaret.[5]
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südliche Naveta von Rafal Rubí
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östliche Naveta von Biniac
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Eingang der nördlichen Naveta von Rafal Rubí
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Rekonstruktion der basalen Region einer Naveta
Form
BearbeitenDie Naveta hat gewöhnlich die Form eines umgekippten Schiffes, woher ihr Name stammt. Sie ist an der Bugseite apsidenförmig gerundet und an der Heckseite, wo ihr einziger Zugang liegt, stumpf. Das schmale flache Dach endet nicht in einem spitzen Kiel, sondern ist durch große Platten geschlossen. Es verjüngt sich vom Boden ausgehend in tholosartiger Manier wie ein Kraggewölbe. Es gibt aber auch Navetas mit einem runden Querschnitt. Überhaupt variiert die Struktur von Navetas stark. Sie können Einbauten haben und im Inneren horizontal unterteilt sein, wobei ein nach oben offener Schacht die untere und obere Kammer miteinander verbindet. Die Innenräume der Navetas sind länglich oval.
Die Kammern der Naveta des Tudons enthielten die Skelettreste von ca. 100 Menschen, darunter einen trepanierten Schädel. Die Begleitfunde wie z. B. Bronzearmreifen sind im Museu de Menorca in Mahon ausgestellt.
Abgrenzung
BearbeitenDie ebenfalls schiffsförmigen Wohnhäuser des 2. Jahrtausends auf Mallorca und Menorca nennt man Naviformes oder Navetiformes.
Literatur
Bearbeiten- José Simón Gornés Hachero: Sociedad y cambio en Menorca: sistematización de los contextos arqueológicos de las navetas funerarias entre el 1400 y el 850 CAL ANE. Dissertation, Universitat Autònoma de Barcelona 2016, ISBN 978-84-490-6612-2 (Volltext Online PDF, 1063 Seiten in 4 Dateien, spanisch).
- Sylvia Gili, Vicente Lull, Rafael Micó, Cristina Rihuete, Roberto Risch: An island decides: megalithic burial rites on Menorca (PDF; 448 kB). In: Antiquity 80, 2006, S. 829–842 (englisch).
- Robert Chapman, Annie Grant: Prehistoric subsistence and monuments in Mallorca. In: Mirian S. Balmuth (Hrsg.): Encounters and transformations: The archaeology of Iberia in transition. Sheffield: Sheffield Academy Press, ISBN 978-1-85075-593-7 (englisch).
- Sibylle von Reden: Die Megalithkulturen. DuMont, Köln 1978, 1982, ISBN 3-7701-1055-2.
- Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Europäische Kultplätze der Steinzeit (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Bd. 36). Beier & Beran, Langenweißbach 2003, ISBN 3-930036-70-3.
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
Bearbeiten- Naveta des Tudons auf www.menorcaweb.com
- A little history of spanish Architecture: Navetas auf www.spanisharts.com (englisch)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Rafael Micó: Radiocarbon Dating and Balearic Prehistory: Reviewing the Periodization of the Prehistoric Sequence. In: RADIOCARBON 48 (Nr. 3), 2006, S. 421–434.
- ↑ Antoni Nicolau Martí, Elena Sintes Olives, Ricard Pla Boada, Albert Àlvarez Marsal: Talayotic Minorca. The prehistory of the island. Triangle Books, Sant Lluís 2015, ISBN 978-84-8478-640-5, S. 40 (englisch).
- ↑ Antoni Nicolau Martí, Elena Sintes Olives, Ricard Pla Boada, Albert Àlvarez Marsal: Talayotic Minorca. The prehistory of the island. Triangle Books, Sant Lluís 2015, ISBN 978-84-8478-640-5, S. 90 (englisch).
- ↑ Sylvia Giliet al.: An island decides: megalithic burial rites on Menorca. 2006 (englisch).
- ↑ Son Olivaret tomb auf der Website Menorca Talayótica (englisch), abgerufen am 10. Oktober 2015.