Schlammschnecken
Die Schlammschnecken (Lymnaeidae) sind eine Familie der Lungenschnecken (Pulmonata) und werden zu den Wasserlungenschnecken (Basommatophora) gerechnet. Sie leben ausschließlich im Süßwasser und sind weltweit verbreitet.
Schlammschnecken | ||||||||||||
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Spitzschlammschnecke (Lymnaea stagnalis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Lymnaeidae | ||||||||||||
Rafinesque-Schmaltz, 1815 |
Merkmale
BearbeitenDie Gehäuse der Schlammschnecken sind bis etwa 7 cm groß, meist konisch und rechtsgewunden. Einige Formen können im Adultstadium ihre Öffnung stark vergrößern, oder besitzen generell napfförmige Gehäuse (Unterfamilie Lancinae). Die Gehäuse sind meist bräunlich und z. T. auch bewachsen. Die Schale ist meist relativ dünn. Der gelbliche bis grünlichgraue mit dunklen Punkten besetzte Körper kann nicht vollständig ins Gehäuse zurückgezogen werden. Ein Operculum fehlt. Ein charakteristisches Merkmal der Gruppe sind die dreieckigen Fühler, an deren Basis die Augen sitzen. Der Fuß ist breit-oval mit einem gerundeten Hinterende.
Die Tiere sind Zwitter, besitzen aber getrennte Geschlechtsöffnungen. Bei der Kopulation fungiert ein Tier als Männchen, das andere Tier als Weibchen, obwohl ein gegenseitiger Austausch des Sperma möglich wäre. Selbstbefruchtung kann aber vorkommen. Die Eier werden in gallertigen Schnüren oder Klumpen an Wasserpflanzen oder Steinen abgelegt. Die Gelege enthalten weniger als 10 bis zu etwa 300 Eier. Die Entwicklung erfolgt über dotterreiche Eier, aus denen fertige kleine Tierchen schlüpfen.
Lebensweise
BearbeitenDie Tiere leben im langsam fließenden oder stehenden Gewässern. Sie ernähren sich von frischen oder faulenden Pflanzenteilen und Algen, aber auch Aas wird genommen. Häufig findet man sie auch mit dem Fuß nach oben an der Wasseroberfläche sich bewegend. Zur Atmung kommen die Tiere an die Wasseroberfläche und füllen ihre Mantelhöhle durch eine seitliche, verschließbare Öffnung mit Luft. Sie kommen weltweit, mit Ausnahme der Antarktis, von den Tropen bis in die arktischen Gebiete vor.
Schadwirkung
BearbeitenEinzelne Arten sind bei Massenvermehrung durch ihre Fresstätigkeit Schädlinge an Reispflanzen. Wiederum andere Arten sind Überträger von Krankheiten (z. B. Fasziolose).
Paläontologie
BearbeitenFossile Vertreter der Schlammschnecken sind seit dem oberen Jura (Kimmeridgium oder Tithonium, vor ca. 150 Millionen Jahren) bekannt.[1]
Systematik
BearbeitenDie Familie ist die einzige Familie der Überfamilie Lymnaeoidea Rafinesque-Schmaltz, 1815 und wird von westlichen Autoren derzeit in die zwei Unterfamilien Lancinae und Lymnaeinae unterteilt. Dazu kommen noch zwei ausgestorbene Unterfamilien. Russische Autoren folgen einer grundlegend anderen Einteilung. Nach neueren molekulargenetischen Untersuchungen lassen sich sogar drei rezente Unterfamilien ausscheiden[2][3]. Es sind nur einige wenige, meist mitteleuropäische Arten ausgewählt.
- Unterfamilie Lymnaeinae Rafinesque-Schmaltz, 1815
- Acella Haldeman, 1841
- Acella haldemani Binney, 1867
- Aenigmomphiscola Kruglov and Starobogatov, 1981[4]
- Aenigmomphiscola europaea Kruglov & Starobogatov, 1981
- Aenigmomphiscola kazakhstanica Kruglov & Starobogatov, 1981
- Aenigmomphiscola uvalievae Kruglov & Starobogatov, 1981
- Bakerilymnaea Weihrauch, 1964 (auch als Untergattung von Stagnicola)
- Bakerilymnaea bulimoides Lea, 1841
- Bulimnea Haldeman, 1841
- Bulimnea megasoma (Say, 1824)
- Erinna Adams, 1855 (der Name ist durch Erinna Meigen, 1800 präokkupiert[5])
- Erinna newcombi H. Adams & A. Adams, 1855
- Fossaria Westerlund, 1885
- Fossaria bulimoides (Lea, 1841)
- Fossaria cubensis (Pfeiffer, 1839)
- Fossaria modicella (Say, 1825)
- Galba Schrank, 1803
- Kleine Sumpfschnecke (Galba truncatula (O. F. Müller, 1774))
- Ladislavella Kruglov & Starobogatov, 1986 (meist als Untergattung von Stagnicola)
- Lymnaea Lamarck, 1799
- Lymnaea fragilis (Linnaeus, 1758)
- Spitzschlammschnecke (Lymnaea stagnalis)
- Mantelschnecken (Myxas) G. B. Sowerby I, 1822
- Mantelschnecke (Myxas glutinosa (O. F. Müller, 1774))
- Omphiscola Rafinesque, 1819
- Längliche Sumpfschnecke (Omphiscola glabra (O. F. Müller, 1774))
- Pseudosuccinea F. C. Baker, 1908
- Amerikanische Schlammschnecke (Pseudosuccinea columella (Say, 1817))
- Stagnicola Jeffreys, 1830
- Raben-Sumpfschnecke (Stagnicola corvus (Gmelin, 1791))
- Dunkle Sumpfschnecke (Stagnicola fuscus (Pfeiffer, 1821))
- Stagnicola occultus (Jackiewicz, 1959)
- Gemeine Sumpfschnecke (Stagnicola palustris (O. F. Müller, 1774))
- Schlanke Sumpfschnecke (Stagnicola turricula (Held, 1836))
- Acella Haldeman, 1841
- Unterfamilie Radicinae Vinarski, 2013
- Austropepla Cotton, 1942
- Bullastra Bergh, 1901
- Kutikina Ponder & Waterhouse, 1997
- Kutikina hispida Ponder & Waterhouse, 1997
- Radix Montfort 1810
- Weitmündige Schlammschnecke (Radix ampla (Hartmann, 1821))
- Ohrschlammschnecke (Radix auricularia (Linnaeus, 1758))
- Gemeine Schlammschnecke (Radix balthica (Linnaeus, 1758))
- Alpen-Schlammschnecke (Radix labiata (Rossmäßler, 1835))
- Radix lagotis (Schrank, 1803)
- Unterfamilie Lancinae Hannibal, 1914 (wird von manchen Autoren als eigenständige Familie bewertet)
- Unterfamilie †Scalaxinae Zilch, 195
- Unterfamilie †Valencienninae Kramberger-Gorjanovic, 1923
Literatur
Bearbeiten- Philippe Bouchet & Jean-Pierre Rocroi: Part 2. Working classification of the Gastropoda. Malacologia, 47: 239–283, Ann Arbor 2005 ISSN 0076-2997
- Peter Glöer: Die Tierwelt Deutschlands. Mollusca I Süßwassergastropoden Nord- und Mitteleuropas Bestimmungsschlüssel, Lebensweise, Verbreitung. 2. neubearb. Aufl., 327 D., ConchBooks, Hackenheim 2002, ISBN 3-925919-60-0
- J. Hausser: Cle de determination des gasteropodes de Suisse. Fauna Helvetica, 10: 1–191, Neuchâtel 2005 ISSN 1422-6367
- Victor Millard: Classification of the Mollusca. A Classification of World Wide Mollusca. Rhine Road, Südafrika 1997, ISBN 0-620-21261-6
- Kruglov, N. D. & Starobogatov, Ya. I. 1993. Guide to recent molluscs in northern Eurasia. 3. Annotated and illustrated catalogue of species of the family Lymnaeidae (Gastropoda Pulmonata Lymnaeiformes) of Palaearctic and adjacent river drainage areas. Part I. - Ruthenica 3 (1): 65–92. (145 Arten)
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ M.J. Benton (Hrsg.): The Fossil Record 2. Chapman & Hall, London 1993.
- ↑ Ana C. Correa, Juan S. Escobar, Patrick Durand, François Renaud, Patrice David, Philippe Jarne, Jean-Pierre Pointier, Sylvie Hurtrez-Boussès: Bridging gaps in the molecular phylogeny of the Lymnaeidae (Gastropoda: Pulmonata), vectors of Fascioliasis. BMC Evolutionary Biology, 10(381): 1-12, 2010 PDF
- ↑ Maxim V. Vinarski: One, two, or several? How many lymnaeid genera are there? Ruthenica, 23(1): 41-58, 2013 PDF ( des vom 1. März 2021 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Maxim V. Vinarski, Katrin Schniebs, Peter Glöer, Anna K. Hundsdoerfer: The taxonomic status and phylogenetic relationships of the genus Aenigmomphiscola Kruglov and Starobogatov, 1981 (Gastropoda: Pulmonata: Lymnaeidae). Journal of Natural History, 45(33-34): 2049-2068, 2011 doi:10.1080/00222933.2011.574800
- ↑ Nomenclator Zoologicus - Erinna ( vom 25. Dezember 2015 im Internet Archive)