„Sicherungsgeschäft“ – Versionsunterschied

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Ein '''Sicherungsgeschäft''' (auch '''Absicherungs-''', '''Kurssicherungs-''' oder '''Hedgegeschäft''' genannt; {{enS|to hedge}} „absichern“, „mit einer Hecke umzäunen“) ist in der [[Wirtschaft]] ein [[Finanzkontrakt]], mit dem Risiken (insbesondere [[Kursrisiko|Preis-]], [[Wechselkursrisiko|Wechselkurs-]] und [[Zinsrisiko|Zinsrisiken]]) aus einer eingegangenen anderen [[Risikoposition]] abgesichert werden sollen.
Der Begriff '''Kurssicherung''' oder '''Hedgegeschäft''' (kurz ''Hedging''; von [[Englische Sprache|engl.]] ''to hedge'' [{{IPA|hɛdʒ}}], „absichern“) bezeichnet ein Finanzgeschäft zur Absicherung einer [[Transaktion (Wirtschaft)|Transaktion]] gegen Risiken wie beispielsweise [[Wechselkurs]]schwankungen oder Veränderungen in den [[Rohstoff]]preisen. Die [[Person]] oder [[Unternehmung]], die eine Transaktion ''hedgen'' möchte (auch ''Hedger'' genannt), geht zu diesem Zweck eine weitere Transaktion ein, die mit der zugrunde liegenden Transaktion gekoppelt ist. Dies findet gewöhnlich in der Form eines [[Termingeschäft]]s statt. Ein ''perfekter Hedge'' eliminiert jegliches Risiko, ist aber in der Praxis fast unmöglich.


== Merkmale ==
== Allgemeines ==
[[Wirtschaftssubjekt]]e ([[Unternehmen]], [[Privathaushalt]]e oder der [[Staat]] mit seinen Untergliederungen) gehen bei vielen [[Geschäft (Wirtschaft)|Geschäften]] [[Finanzrisiko|Finanzrisiken]] ein. Räumt beispielsweise ein [[Exporteur]] seinem [[Importeur]] für [[Lieferung]]en ein [[Zahlungsziel]] in einer [[Fremdwährung]] ein, so unterliegt diese [[Forderung]] des Exporteurs sowohl einem [[Zahlungsrisiko]] als auch einem [[Wechselkursrisiko]]. Während das Zahlungsrisiko mittels [[Exportkreditversicherung]] durch [[Risikoüberwälzung]] auf einen [[Versicherer]] übertragen werden kann, wird das Wechselkursrisiko im Rahmen der [[Risikominderung]] von [[Kreditinstitut]]en als [[Devisentermingeschäft]] übernommen. Letzteres ist ein Hedgegeschäft im engeren Sinne und ein [[Gegengeschäft]], das die Risiken aus dem Grundgeschäft (Export) absichert.<ref>[https://books.google.de/books?id=wE0lBAAAQBAJ&pg=PA252&dq=Zahlungsziel+lexikon&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiGoaXJo8_nAhWm1aYKHXJ0Bz8Q6AEITjAE#v=snippet&q=hedging&f=false Wolfgang Becker/Stefan Lutz, ''Gabler Kompakt-Lexikon Modernes Rechnungswesen'', 2007, S. 103]</ref>
Dem Hedgegeschäft liegt die Absicht zugrunde, einen gegenwärtig als annehmbar empfundenen [[Preis (Wirtschaft)|Preis]] wie etwa den [[Börsenkurs]] eines [[Wertpapier]]s, den Wechselkurs einer [[Währung]] oder einen [[Zins]]satz für die Zukunft festzulegen.


Unterschieden wird zwischen dem ''Grundgeschäft'' ({{enS|hedged item}}), welches das Finanzrisiko bzw. die Risiken begründet hat, und dem ''Sicherungsgeschäft'' (oder ''Hedgegeschäft''; {{enS|hedging instrument}}), welches das Risiko bzw. die Risiken des Grundgeschäfts absichert. Der [[Sicherungsnehmer]] ist ein Wirtschaftssubjekt, das ein Grundgeschäft absichern möchte ({{enS|hedger}}), der [[Sicherungsgeber]] ist als [[Kontrahent]] und [[Gegenpartei]] der Anbieter des Sicherungsgeschäfts, meist Kreditinstitute.
Hedgegeschäfte lassen sich grundsätzlich sowohl mit [[börse]]ngehandelten Instrumenten wie [[Future]]s und [[Option (Wirtschaft)|Optionen]] (oft als '' portfolio insurance'' bezeichnet) als auch außerbörslich in so genannten [[Außerbörslicher Handel|over-the-counter]] [[Markt|Märkten]] mittels nichtstandardisierter [[Derivat (Wirtschaft)|Derivate]] einrichten.


== Arten ==
Der Erfolg des Kurssicherungsgeschäftes beruht auf einer preisausgleichenden Wirkung der Kursschwankungen des Grundgeschäftes durch ein entgegengerichtetes Engagement im [[Terminmarkt]]. Stimmen Kursrichtung und das Ausmaß der Kursänderungen in Spot- bzw. [[Kassamarkt]] und Terminmarkt vollständig überein, so lässt sich durch die Einnahme einer Gegenposition im Terminmarkt die Ungewissheit über die zukünftige Kursentwicklung des Grundgeschäftes vollständig beseitigen.
Oft schränkt die [[Fachliteratur]] das Hedgegeschäft auf die Absicherung von Fremdwährungsrisiken ein,<ref>[https://books.google.de/books?id=oQibBgAAQBAJ&pg=PA824&dq=hedging+lexikon&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwivhPiFrc_nAhXzlFwKHY4uC7oQ6AEIKDAA#v=onepage&q=hedging%20lexikon&f=false Wolfgang Grill (Hrsg.), ''Gabler Bank Lexikon'', Band I, 1995, S. 822]</ref> doch sind sämtliche [[Marktrisiko|Marktrisiken]] absicherbar.
Durch eine Parallelbewegung der Terminkurse zu den Spot- bzw. Kassakursen eines Marktgegenstandes gleichen sich Kursgewinne und Kursverluste mithin idealerweise vollständig aus.


Im Hinblick auf die ''Grundgeschäfte'' und deren [[Finanzrisiko]] werden die Sicherungsgeschäfte wie folgt aufgeteilt:
Man unterscheidet zwischen Bestandshedge und antizipativem Hedge. Ein ''Bestandshedge'' dient der Absicherung einer bestehenden Kassaposition, z.B. eines Dax-Portfolios. Der ''[[antizipativ]]e Hedge'' würde bei einem Kauf des DAX zu einem zukünftigen Zeitpunkt eingegangen.


{| class="wikitable" style="padding:1em; vertical-align:top; border:2px;"
== Beispiel ==
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Ein europäisches Unternehmen verkauft [[Produkt (Wirtschaft)|Produkte]] in die Vereinigten Staaten. Es schließt heute einen [[Vertrag]] und muss Ende des Jahres 10.000 [[Bleistift]]e zum Preis von einem [[US-Dollar|Dollar]] pro Stift liefern. Im Augenblick erhält man pro Dollar einen [[Euro]]. Der [[Verkäufer]] der Stifte bekommt nach heutigem Wechselkurs also 10.000 €. Liegt der Wechselkurs am Ende des Jahres bei 0,9 € (1,1 €) pro Dollar, erhält der Verkäufer umgerechnet 9.000 € (11.000 €). Diese 1.000 € Verlust (Gewinn) stammen aus Wechselkursschwankungen und haben mit dem eigentlichen Geschäft nichts zu tun. Dies hat bestimmte [[bilanz]]<nowiki></nowiki>rechtliche Implikationen, die zum Verständnis des Geschäftes nicht weiter von Interesse sind.
! Grundgeschäft/[[Bilanzposition]]
! [[Finanzrisiko]]
! Sicherungsgeschäfte
|-
| [[Aktie]]n
| [[Kursrisiko]] || [[Aktienoption]], [[Asset-Swap]], [[Termingeschäft|Terminverkauf]]
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| [[Anleihe]]n
| [[Emittentenrisiko]] <br /> [[Zinsrisiko]] || [[Asset-Swap]], [[Credit Default Swap]] <br /> [[Zinsoption]], [[Zinsswap]]
|-
| [[Forderung]]en in [[Inlandswährung]]
| [[Zahlungsrisiko]] || [[Credit Default Swap]], [[Kreditversicherung]]<ref>streng genommen kein Sicherungsgeschäft, sondern ein [[Risikotransfer]], weil bei [[Forderungsausfall]] der [[Forderungsverlust]] durch einen [[Versicherer]] getragen wird</ref>
|-
| [[Kreditgeschäft]]
| [[Kreditrisiko]] || [[Credit Default Swap]]
|-
| [[Forderung]]en in [[Fremdwährung]]
| [[Währungsrisiko]] || [[Termingeschäft|Terminverkauf]], [[Währungsswap]]
|-
| [[Verbindlichkeit]]en in [[Fremdwährung]]
| [[Währungsrisiko]] || [[Termingeschäft|Terminkauf]], [[Währungsswap]]
|}


Nach dem ''Umfang'' der Absicherung wird unterschieden:<ref>{{BT-Drs|16|10067}} vom 30. Juli 2008, ''Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG)'', S. 58</ref><ref>[https://books.google.de/books?id=Uv7YQ610w14C&pg=PA184&dq=Devisenswap&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwia7Iu5rM7nAhVE_KQKHd8PBZIQ6AEIOjAC#v=onepage&q=Devisenswap&f=false Norbert Horn/Ernst Heymann (Hrsg.), ''Handelsgesetzbuch (ohne Seerecht): Kommentar'', Band 3, 1999, S. 183 f.]</ref>
Um sich gegen diese Schwankungen abzusichern, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zwei einfache Beispiele werden hier vorgestellt:
* Absicherung eines ''einzelnen'' Grundgeschäfts durch ein ''einzelnes'' Sicherungsgeschäft ({{enS|micro hedging}});
* Absicherung ''mehrerer'' gleichartiger Grundgeschäfte durch ein oder mehrere Sicherungsgeschäfte ({{enS|portfolio hedging}}) oder
* Absicherung ganzer Gruppen von Grundgeschäften ({{enS|macro hedging}}).
Sämtliche Arten werden beim [[Hedge Accounting]] von den [[Rechnungslegungsstandard]]s des [[Handelsgesetzbuch|HGB]] und [[IFRS]] anerkannt. ''Portfolio-Hedges'' oder ''Macro-Hedges'' sind bei [[Hedgefonds]] üblich.


Im Hinblick auf veränderliche externe [[Marktdaten]] wird unterschieden:
=== Sicherer Wechselkurs ===
* [[Preisniveau]]: Es ändert sich durch [[Inflation]] oder [[Deflation]]. Hiergegen kann man sich bei [[Commodities]] durch [[Warentermingeschäft]]e ([[Terminkontrakt]]e an [[Warenbörse]]n) absichern.
Das Unternehmen kann heute schon einen fixen Wechselkurs erhalten und daher mit Sicherheit einen bestimmten Betrag erlösen.
* [[Zinsniveau]]: Gegen Schwankungen des [[Zinssatz]]es können [[Collar (Finanzwesen)|Collars]], [[Forward Rate Agreement]]s, [[Zinscap und Zinsfloor]], [[Zinsoption]]en oder [[Zinsswap]]s abgeschlossen werden.
* [[Kursniveau]]: [[Volatilität]]en an den [[Devisenmarkt|Devisen-]], [[Geldmarkt|Geld-]] und [[Wertpapier]]märkten ([[Wertpapierbörse]]n) begegnet man durch [[Devisenoptionsgeschäft|Devisenoptionen]], [[Devisentermingeschäft]]e, [[Swap (Wirtschaft)|Swapgeschäfte]] ([[Devisenswap]]), [[Option (Wirtschaft)|Optionen]], [[Equity Swap]]s oder [[Futures]].
Beim Hedging durch Optionen bestehen weiterhin [[Gewinnchance]]n aus dem Grundgeschäft, während bei Futures ein Verzicht hierauf vorgesehen ist. [[Länderrisiko|Länderrisiken]] können bei [[Nichtbank]]en durch [[Exportkreditversicherung]]en abgesichert werden und gehören deshalb nicht zu den Hedgeschäften im engeren Sinne.


Ein Terminkauf zur Absicherung von Preissteigerungen heißt ''Long-Hedge'', ein entsprechender Terminverkauf zur Absicherung gegen Preisverfall ist ein ''Short-Hedge''.
Mit Hilfe von Futures kann das Unternehmen heute schon die 10.000 $, die es am Ende des Jahres erhält, zu einem bestimmten Kurs verkaufen. Dies nennt man [[Leerverkauf]] oder ''short gehen''. Der Kurs dieses Futures für Dollar am Jahresende ist beispielsweise 0,99 € pro US-Dollar. Indem die Unternehmung eine entsprechende Anzahl von [[Kontrakt]]en verkauft, bekommt sie aus dem Geschäft mit Sicherheit 9.900 €.


== Bilanzierung ==
=== Minimaler Wechselkurs ===
Grund- und Sicherungsgeschäfte sind verschiedene Finanzkontrakte, die rechtlich voneinander unabhängig sind, aber wirtschaftlich zusammengehören. Sicherungsgeschäften liegen mindestens ein Finanzinstrument, Finanzierungstitel oder Finanzprodukt als Grundgeschäft zugrunde, die in einem wirtschaftlichen – und manchmal auch in einem rechtlichen – Zusammenhang zum Grundgeschäft stehen. Diese Geschäfte werden beim [[Hedge Accounting]] nicht jedes für sich einer [[Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung#Grundsatz der Einzelbewertung|Einzelbewertung]] unterzogen, sondern als ''Bewertungseinheit'' betrachtet.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Hedge_Accounting_nach_IAS_IFRS/CXwkBAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=%22Risk+Accounting%22&pg=PA7&printsec=frontcover Dana Doege, ''Hedge Accounting nach IAS/IFRS'', 2013, S. 36]</ref> Die Zusammenfassung von Grund- und Sicherungsgeschäft zu einer Bewertungseinheit erlaubt die erfolgsneutrale Bilanzierung von gegenläufigen Risiken aus diesen Geschäften. Nach {{§|254|hgb|juris}} [[Handelsgesetzbuch|HGB]] und [[IFRS 9]] wird auf den Ausweis nicht realisierter Verluste verzichtet, wenn diesen in gleicher Höhe nicht realisierte Gewinne gegenüberstehen, soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist.<ref>{{BT-Drs|16|10067}} vom 30. Juli 2008, ''Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG)'', S. 58</ref>
Die Unternehmung kann mit Hilfe von Optionen einen minimalen Wechselkurs absichern und erhält daher einen Mindestbetrag mit der Möglichkeit auf Steigerung.


== Wirtschaftliche Aspekte ==
Sie kauft dazu eine entsprechende Anzahl von Kontrakten mit dem Recht, am Ende des Jahres 10.000 $ zum Kurs von 0,99 € zu verkaufen. Diese Option kostet 100 €. Liegt der Kurs am Jahresende bei 1,1 €, verfällt die Option wertlos und das Unternehmen erhält am Markt 11.000 € aus dem Verkauf der Bleistifte. Das Geschäft bringt dem Unternehmen daher 10.900 € - das Geld aus dem Verkauf der Bleistifte, abzüglich der Kosten zum Kauf der Option. Liegt der Kurs am Jahresende bei 0,95 €, nimmt das Unternehmen das Recht zum Verkauf wahr und erhält mittels Ausübung der Option 9.900 €. Das Geschäft bringt daher abzüglich der Kosten für die Option 9.800 €.
Dem Hedgegeschäft liegt die Absicht zugrunde, einen gegenwärtig als annehmbar empfundenen [[Preis (Wirtschaft)|Preis]], wie etwa den [[Börsenkurs]] eines [[Wertpapier]]s, den [[Wechselkurs]] einer [[Währung]] oder einen [[Zinssatz]], für die Zukunft mittels [[Risikokompensation]] festzulegen. Stets sind Geschäfte, die zu Beständen führen ([[Aktiva]] wie [[Lagerbestand]] oder [[Forderung]]en und [[Passiva]] wie [[Verbindlichkeit]]en in der [[Bilanz]]) von einem Finanzrisiko bedroht. Die [[Kaufpreis]]forderungen an einen inländischen [[Debitor]] beispielsweise unterliegen einem Zahlungsrisiko, das durch Kreditversicherung eliminiert wird. Nimmt ein Unternehmen [[Fremdwährungskredit]]e auf, so unterliegen diese einem Kursrisiko (die betreffende Fremdwährung könnte [[Aufwertung (Währung)|aufwerten]]) und einem Zinsrisiko (der Fremdwährungszins könnte steigen); beide Risiken können „gehedged“ werden.


Die Absicherung wird erreicht, indem entgegengesetzte, also ausgleichend wirkende Risiken eingegangen werden. Dadurch wird die mögliche [[Wertminderung]] durch die mögliche Wertsteigerung der kompensatorischen Gegenposition ausgeglichen.<ref>[https://books.google.de/books?id=DyIkBgAAQBAJ&pg=PA397&dq=hedging+lexikon&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwivhPiFrc_nAhXzlFwKHY4uC7oQ6AEIMTAB#v=onepage&q=hedging%20lexikon&f=false Wolfgang Gerke, ''Gerke Börsen Lexikon'', 2002, S. 397]</ref> Eine möglicherweise notwendige Anpassung eines Hedgeschäfts ist je nach [[Marktentwicklung]] durch [[Delta-Hedging]] möglich. Der ''perfekte Hedge'' ({{enS|perfect hedge}}) deckt Risiken aus einem Grundgeschäft vollständig ab, ansonsten besteht ein [[Restrisiko]] ({{enS|uncovered [[Exposure (Finanzwirtschaft)|exposure]]}}).<ref>Wolfgang Gerke, ''Gerke Börsen Lexikon'', 2002, S. 397</ref> Ein ''perfekter Hedge'' als theoretisches Konstrukt würde jegliches [[systematisches Risiko]] eliminieren. Aus ökonomischer Sicht geht es beim Sicherungsgeschäft um die [[Pareto-Effizienz|effiziente]] [[Risikoallokation]].
Wie dieses Beispiel verdeutlicht, besteht die Möglichkeit, aus unsicheren zukünftigen 10.000 € entweder sichere heutige 9.900 € oder eine Kombination aus sicheren zukünftigen 9.800 € und unsicheren 11.000 € (-100 €) und mehr zu machen.


Ein faires Sicherungsgeschäft mindert die Risiken und Renditechancen des abgesicherten Finanzgeschäfts in gleichem Maße. Zudem können für das Absicherungsgeschäft zusätzliche [[Transaktionskosten]] entstehen. Nicht bei jedem Geschäft ist daher eine Absicherung („Hedging“) sinnvoll. Es ist jeweils ein Kompromiss zwischen erwarteter [[Rendite]] und akzeptablem [[Risiko]] zu finden. Generell ist Hedging unwirtschaftlich, wenn die zusätzlichen Sicherungskosten höher sind als die aus dem abzusichernden Finanzgeschäft erwartete Rendite.
== Pro und Contra ==
''Hedging'' mindert einerseits das Risiko eines Finanzgeschäfts, verringert andererseits aber aufgrund zusätzlicher Kosten auch dessen Rendite. Nicht bei jedem Geschäft ist daher eine Absicherung durch ''Hedging'' sinnvoll. Es ist jeweils ein Kompromiss zwischen erwarteter Rendite und akzeptablem Risiko zu finden. Generell ist ''Hedging'' nicht sinnvoll, wenn die zusätzlichen ''Hedging''-Kosten höher sind als die aus dem abzusichernden Finanzgeschäft erwartete Rendite.


Zudem ist das Absichern von Geschäften an den Terminmärkten ein komplexer Vorgang und für Ungeübte mit zusätzlichen Risiken verbunden. Ein Beispiel aus der Vergangenheit ist der große Verlust der Metallgesellschaft (heute [[GEA Group]]), der aus Unverständnis über eingegangene ''Hedging''-Positionen im Öltermingeschäft entstand.
Zudem ist das Absichern von Geschäften an den Terminmärkten ein komplexer Vorgang und für Ungeübte mit zusätzlichen Risiken verbunden. Ein Beispiel aus der Vergangenheit ist der große Verlust der Metallgesellschaft (heute [[GEA Group]]), der aus Unverständnis über eingegangene Hedging-Positionen im Öltermingeschäft entstand.


Eine Alternative zum ''Hedging'' kann die Verringerung der [[Volatilität]] eines Wertpapier-[[Portfolio]]s durch [[Diversifikation (Wirtschaft)|Diversifikation]] sein.
Eine Alternative zum Hedging kann die Verringerung der [[Volatilität]] eines Wertpapier-[[Portfolio]]s durch [[Diversifikation (Wirtschaft)|Diversifikation]] ([[Risikodiversifizierung]]) sein.


Es sind Geschäfte mit gegenseitiger Absicherung möglich, bei denen beide [[Vertragspartner]] von der jeweils gegenläufigen Entwicklung eines Kurses profitieren – eine klassische „[[Win-Win]]-Situation“. So können sich beispielsweise ein Rohstoffproduzent und ein Rohstoffkäufer gegenseitig mit Hilfe eines Termingeschäftes absichern: Fällt der Rohstoffpreis, so bedeutet das für den Produzenten Gewinneinbußen und ist für den Käufer günstig; steigt der Preis, ist es jedoch genau umgekehrt. Durch das Wertpapiergeschäft können die Parteien sich eines festen Preises versichern, so dass für beide in gleichem Maße die Chance auf zusätzlichen Gewinn wie auch das Verlustrisiko begrenzt wird. Eine ähnliche gegenseitige Absicherung ist auch bei Wechselkursrisiken denkbar, beispielsweise wenn Käufer und Verkäufer einer Ware ihren Sitz in jeweils unterschiedlichen Staaten haben. Die Organisation eines solchen Geschäftes über ein börsengehandeltes Wertpapier wie ein Future macht es hierbei einfacher, einen Vertragspartner zu finden und den Vertrag zu geringen Kosten abzuschließen.
Kritisch an dem an sich sinnvollen Hedging wird gesehen, dass zum einen das abzusichernde Risiko weitergereicht wird und es letztlich ein Partner definitiv annehmen muss (''hot-potato-trading''). Die Sicherungsgeschäfte trügen zum anderen zur Aufblähung der Kreisläufe auf den Finanzmärkten bei und würden sich gegenüber der Realwirtschaft verselbstständigen<ref>C. Schoder, S. Pirklbauer, ''Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Schieflagen aus dreißig Jahren neoliberaler Finanzmärkte'', in: Attac (Hg.), ''Crash statt Cash'', Wien, OGBVerlag, 2008, S. 15 (20 f.)</ref>.

Allerdings ist über die gleichen Instrumente, die der Risikoabsicherung dienen, auch eine reine [[Spekulation (Wirtschaft)|Spekulation]] mit dem Ziel der Gewinnerzielung möglich. Ein großer Anteil der an den Börsen gehandelten [[Derivat (Wirtschaft)|Derivate]] dient der Spekulation. Dies kann die Preisbildung verzerren und zu [[Spekulationsblase|spekulativen Blasen]] führen.

Kritiker des Hedging führen an, dass das abzusichernde Risiko weitergereicht werde und es letztlich ein Partner definitiv annehmen müsse ({{enS|Hot-Potato-Trading}}). Zudem trügen Sicherungsgeschäfte zur Aufblähung der Kreisläufe auf den [[Finanzmarkt|Finanzmärkten]] bei und würden sich gegenüber der [[Realwirtschaft]] verselbstständigen.<ref>Christian Schoder/Sybille Pirklbauer, ''Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Schieflagen aus dreißig Jahren neoliberaler Finanzmärkte'', in: [[Attac]] (Hrsg.), ''Crash statt Cash. Warum wir die globalen Finanzmärkte bändigen müssen.'' ÖGB-Verlag, Wien 2008, S. 15 (20 f.), ISBN 978-3-7035-1348-0</ref>

== Abgrenzung ==
Hedging ist jede Maßnahme „zur Absicherung offener, einem [[Preisrisiko]] ausgesetzter Kapitalpositionen, indem eine Gegenposition mit spiegelbildlichem Risikoprofil aufgebaut wird“.<ref>Klaus-Dieter Schroth, ''Das kleine Lexikon des Außenwirtschaftsverkehrs'', 1993, S. 229; ISBN 978-3878810810</ref> Die einzelnen Sicherungsgeschäfte müssen tatsächlich der [[Risikokompensation]] dienen, um wirtschaftlich gerechtfertigt zu sein, denn isoliert geschlossene Sicherungsgeschäfte dienen der [[Spekulation (Wirtschaft)|Spekulation]]<ref>{{Rspr|BGHZ 105, 263}}, 266</ref> und sind kein Hedging. Die abgeschlossenen Gegengeschäfte sind im günstigsten Fall mit einem [[Korrelationskoeffizient]]en von <math>-1</math> [[Korrelation|negativ korreliert]].<ref>[https://books.google.de/books?id=QxsgBgAAQBAJ&pg=PA33&dq=Risikokompensation&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiSiojhrODnAhULy6QKHX50AtM4FBDoAQhHMAQ#v=onepage&q=Risikokompensation&f=false Frank Spellmann, ''Gesamtrisiko-Messung von Banken und Unternehmen'', 2002, S. 33]</ref> Echtes „Hedging“ erfordert zudem, dass der „Hedger“ weiterhin [[Risikoträger]] des Grundgeschäfts bleibt und denkbare Finanzrisiken durch Abschluss von Sicherungsgeschäften zu eliminieren versucht. Deshalb gehören [[Kreditversicherung]]en oder [[Exportkreditversicherung]]en streng genommen nicht zu den Sicherungsgeschäften, weil ein [[Risikotransfer]] auf die [[Versicherer]] stattfindet.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Beta-Hedging]]
* [[Beta-Hedging]]
* [[Delta-Hedging]]
* [[Contango]]
* [[Contango]]
* [[Arbitrage]]
* [[Natural Hedging]]
* [[Hedge-Fonds]]
* [[Quanto]]

* [[Hedge Accounting]]
* [[Rohstoff-Hedging]]
* [[Finanzkrise ab 2007]]
== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.deifin.de/fuhedge.htm Hedging mit Futures]
* [https://www.deifin.de/fuhedge.htm Die Finanzseite: Hedging mit Futures]

== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references/>


{{Normdaten|TYP=s|GND=7506052-8}}
[[Kategorie:Optionsgeschäft]]


{{SORTIERUNG:Hedgegeschaft}}
[[ar:التحوط (تمويل)]]
[[Kategorie:Bankwesen]]
[[bn:হেজিং]]
[[Kategorie:Finanzmarkt]]
[[cs:Zajištění]]
[[Kategorie:Finanzmarktgeschäft]]
[[en:Hedge (finance)]]
[[Kategorie:Optionsgeschäft]]
[[es:Cobertura (finanzas)]]
[[Kategorie:Risikomanagement]]
[[fr:Couverture de risque]]
[[he:גידור]]
[[hi:बचाव (वित्त)]]
[[id:Lindung nilai]]
[[it:Hedging]]
[[ko:헤지]]
[[nl:Hedging]]
[[no:Hedging]]
[[pl:Hedging]]
[[pt:Cobertura (finanças)]]
[[ru:Хеджирование]]
[[sv:Hedging]]
[[ta:இடர் மேலாண்மை (நிதி)]]
[[uk:Хеджування]]
[[zh:對沖]]

Aktuelle Version vom 8. April 2024, 11:40 Uhr

Ein Sicherungsgeschäft (auch Absicherungs-, Kurssicherungs- oder Hedgegeschäft genannt; englisch to hedge „absichern“, „mit einer Hecke umzäunen“) ist in der Wirtschaft ein Finanzkontrakt, mit dem Risiken (insbesondere Preis-, Wechselkurs- und Zinsrisiken) aus einer eingegangenen anderen Risikoposition abgesichert werden sollen.

Wirtschaftssubjekte (Unternehmen, Privathaushalte oder der Staat mit seinen Untergliederungen) gehen bei vielen Geschäften Finanzrisiken ein. Räumt beispielsweise ein Exporteur seinem Importeur für Lieferungen ein Zahlungsziel in einer Fremdwährung ein, so unterliegt diese Forderung des Exporteurs sowohl einem Zahlungsrisiko als auch einem Wechselkursrisiko. Während das Zahlungsrisiko mittels Exportkreditversicherung durch Risikoüberwälzung auf einen Versicherer übertragen werden kann, wird das Wechselkursrisiko im Rahmen der Risikominderung von Kreditinstituten als Devisentermingeschäft übernommen. Letzteres ist ein Hedgegeschäft im engeren Sinne und ein Gegengeschäft, das die Risiken aus dem Grundgeschäft (Export) absichert.[1]

Unterschieden wird zwischen dem Grundgeschäft (englisch hedged item), welches das Finanzrisiko bzw. die Risiken begründet hat, und dem Sicherungsgeschäft (oder Hedgegeschäft; englisch hedging instrument), welches das Risiko bzw. die Risiken des Grundgeschäfts absichert. Der Sicherungsnehmer ist ein Wirtschaftssubjekt, das ein Grundgeschäft absichern möchte (englisch hedger), der Sicherungsgeber ist als Kontrahent und Gegenpartei der Anbieter des Sicherungsgeschäfts, meist Kreditinstitute.

Oft schränkt die Fachliteratur das Hedgegeschäft auf die Absicherung von Fremdwährungsrisiken ein,[2] doch sind sämtliche Marktrisiken absicherbar.

Im Hinblick auf die Grundgeschäfte und deren Finanzrisiko werden die Sicherungsgeschäfte wie folgt aufgeteilt:

Grundgeschäft/Bilanzposition Finanzrisiko Sicherungsgeschäfte
Aktien Kursrisiko Aktienoption, Asset-Swap, Terminverkauf
Anleihen Emittentenrisiko
Zinsrisiko
Asset-Swap, Credit Default Swap
Zinsoption, Zinsswap
Forderungen in Inlandswährung Zahlungsrisiko Credit Default Swap, Kreditversicherung[3]
Kreditgeschäft Kreditrisiko Credit Default Swap
Forderungen in Fremdwährung Währungsrisiko Terminverkauf, Währungsswap
Verbindlichkeiten in Fremdwährung Währungsrisiko Terminkauf, Währungsswap

Nach dem Umfang der Absicherung wird unterschieden:[4][5]

  • Absicherung eines einzelnen Grundgeschäfts durch ein einzelnes Sicherungsgeschäft (englisch micro hedging);
  • Absicherung mehrerer gleichartiger Grundgeschäfte durch ein oder mehrere Sicherungsgeschäfte (englisch portfolio hedging) oder
  • Absicherung ganzer Gruppen von Grundgeschäften (englisch macro hedging).

Sämtliche Arten werden beim Hedge Accounting von den Rechnungslegungsstandards des HGB und IFRS anerkannt. Portfolio-Hedges oder Macro-Hedges sind bei Hedgefonds üblich.

Im Hinblick auf veränderliche externe Marktdaten wird unterschieden:

Beim Hedging durch Optionen bestehen weiterhin Gewinnchancen aus dem Grundgeschäft, während bei Futures ein Verzicht hierauf vorgesehen ist. Länderrisiken können bei Nichtbanken durch Exportkreditversicherungen abgesichert werden und gehören deshalb nicht zu den Hedgeschäften im engeren Sinne.

Ein Terminkauf zur Absicherung von Preissteigerungen heißt Long-Hedge, ein entsprechender Terminverkauf zur Absicherung gegen Preisverfall ist ein Short-Hedge.

Grund- und Sicherungsgeschäfte sind verschiedene Finanzkontrakte, die rechtlich voneinander unabhängig sind, aber wirtschaftlich zusammengehören. Sicherungsgeschäften liegen mindestens ein Finanzinstrument, Finanzierungstitel oder Finanzprodukt als Grundgeschäft zugrunde, die in einem wirtschaftlichen – und manchmal auch in einem rechtlichen – Zusammenhang zum Grundgeschäft stehen. Diese Geschäfte werden beim Hedge Accounting nicht jedes für sich einer Einzelbewertung unterzogen, sondern als Bewertungseinheit betrachtet.[6] Die Zusammenfassung von Grund- und Sicherungsgeschäft zu einer Bewertungseinheit erlaubt die erfolgsneutrale Bilanzierung von gegenläufigen Risiken aus diesen Geschäften. Nach § 254 HGB und IFRS 9 wird auf den Ausweis nicht realisierter Verluste verzichtet, wenn diesen in gleicher Höhe nicht realisierte Gewinne gegenüberstehen, soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist.[7]

Wirtschaftliche Aspekte

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Dem Hedgegeschäft liegt die Absicht zugrunde, einen gegenwärtig als annehmbar empfundenen Preis, wie etwa den Börsenkurs eines Wertpapiers, den Wechselkurs einer Währung oder einen Zinssatz, für die Zukunft mittels Risikokompensation festzulegen. Stets sind Geschäfte, die zu Beständen führen (Aktiva wie Lagerbestand oder Forderungen und Passiva wie Verbindlichkeiten in der Bilanz) von einem Finanzrisiko bedroht. Die Kaufpreisforderungen an einen inländischen Debitor beispielsweise unterliegen einem Zahlungsrisiko, das durch Kreditversicherung eliminiert wird. Nimmt ein Unternehmen Fremdwährungskredite auf, so unterliegen diese einem Kursrisiko (die betreffende Fremdwährung könnte aufwerten) und einem Zinsrisiko (der Fremdwährungszins könnte steigen); beide Risiken können „gehedged“ werden.

Die Absicherung wird erreicht, indem entgegengesetzte, also ausgleichend wirkende Risiken eingegangen werden. Dadurch wird die mögliche Wertminderung durch die mögliche Wertsteigerung der kompensatorischen Gegenposition ausgeglichen.[8] Eine möglicherweise notwendige Anpassung eines Hedgeschäfts ist je nach Marktentwicklung durch Delta-Hedging möglich. Der perfekte Hedge (englisch perfect hedge) deckt Risiken aus einem Grundgeschäft vollständig ab, ansonsten besteht ein Restrisiko (englisch uncovered exposure).[9] Ein perfekter Hedge als theoretisches Konstrukt würde jegliches systematisches Risiko eliminieren. Aus ökonomischer Sicht geht es beim Sicherungsgeschäft um die effiziente Risikoallokation.

Ein faires Sicherungsgeschäft mindert die Risiken und Renditechancen des abgesicherten Finanzgeschäfts in gleichem Maße. Zudem können für das Absicherungsgeschäft zusätzliche Transaktionskosten entstehen. Nicht bei jedem Geschäft ist daher eine Absicherung („Hedging“) sinnvoll. Es ist jeweils ein Kompromiss zwischen erwarteter Rendite und akzeptablem Risiko zu finden. Generell ist Hedging unwirtschaftlich, wenn die zusätzlichen Sicherungskosten höher sind als die aus dem abzusichernden Finanzgeschäft erwartete Rendite.

Zudem ist das Absichern von Geschäften an den Terminmärkten ein komplexer Vorgang und für Ungeübte mit zusätzlichen Risiken verbunden. Ein Beispiel aus der Vergangenheit ist der große Verlust der Metallgesellschaft (heute GEA Group), der aus Unverständnis über eingegangene Hedging-Positionen im Öltermingeschäft entstand.

Eine Alternative zum Hedging kann die Verringerung der Volatilität eines Wertpapier-Portfolios durch Diversifikation (Risikodiversifizierung) sein.

Es sind Geschäfte mit gegenseitiger Absicherung möglich, bei denen beide Vertragspartner von der jeweils gegenläufigen Entwicklung eines Kurses profitieren – eine klassische „Win-Win-Situation“. So können sich beispielsweise ein Rohstoffproduzent und ein Rohstoffkäufer gegenseitig mit Hilfe eines Termingeschäftes absichern: Fällt der Rohstoffpreis, so bedeutet das für den Produzenten Gewinneinbußen und ist für den Käufer günstig; steigt der Preis, ist es jedoch genau umgekehrt. Durch das Wertpapiergeschäft können die Parteien sich eines festen Preises versichern, so dass für beide in gleichem Maße die Chance auf zusätzlichen Gewinn wie auch das Verlustrisiko begrenzt wird. Eine ähnliche gegenseitige Absicherung ist auch bei Wechselkursrisiken denkbar, beispielsweise wenn Käufer und Verkäufer einer Ware ihren Sitz in jeweils unterschiedlichen Staaten haben. Die Organisation eines solchen Geschäftes über ein börsengehandeltes Wertpapier wie ein Future macht es hierbei einfacher, einen Vertragspartner zu finden und den Vertrag zu geringen Kosten abzuschließen.

Allerdings ist über die gleichen Instrumente, die der Risikoabsicherung dienen, auch eine reine Spekulation mit dem Ziel der Gewinnerzielung möglich. Ein großer Anteil der an den Börsen gehandelten Derivate dient der Spekulation. Dies kann die Preisbildung verzerren und zu spekulativen Blasen führen.

Kritiker des Hedging führen an, dass das abzusichernde Risiko weitergereicht werde und es letztlich ein Partner definitiv annehmen müsse (englisch Hot-Potato-Trading). Zudem trügen Sicherungsgeschäfte zur Aufblähung der Kreisläufe auf den Finanzmärkten bei und würden sich gegenüber der Realwirtschaft verselbstständigen.[10]

Hedging ist jede Maßnahme „zur Absicherung offener, einem Preisrisiko ausgesetzter Kapitalpositionen, indem eine Gegenposition mit spiegelbildlichem Risikoprofil aufgebaut wird“.[11] Die einzelnen Sicherungsgeschäfte müssen tatsächlich der Risikokompensation dienen, um wirtschaftlich gerechtfertigt zu sein, denn isoliert geschlossene Sicherungsgeschäfte dienen der Spekulation[12] und sind kein Hedging. Die abgeschlossenen Gegengeschäfte sind im günstigsten Fall mit einem Korrelationskoeffizienten von negativ korreliert.[13] Echtes „Hedging“ erfordert zudem, dass der „Hedger“ weiterhin Risikoträger des Grundgeschäfts bleibt und denkbare Finanzrisiken durch Abschluss von Sicherungsgeschäften zu eliminieren versucht. Deshalb gehören Kreditversicherungen oder Exportkreditversicherungen streng genommen nicht zu den Sicherungsgeschäften, weil ein Risikotransfer auf die Versicherer stattfindet.

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Becker/Stefan Lutz, Gabler Kompakt-Lexikon Modernes Rechnungswesen, 2007, S. 103
  2. Wolfgang Grill (Hrsg.), Gabler Bank Lexikon, Band I, 1995, S. 822
  3. streng genommen kein Sicherungsgeschäft, sondern ein Risikotransfer, weil bei Forderungsausfall der Forderungsverlust durch einen Versicherer getragen wird
  4. BT-Drs. 16/10067 vom 30. Juli 2008, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), S. 58
  5. Norbert Horn/Ernst Heymann (Hrsg.), Handelsgesetzbuch (ohne Seerecht): Kommentar, Band 3, 1999, S. 183 f.
  6. Dana Doege, Hedge Accounting nach IAS/IFRS, 2013, S. 36
  7. BT-Drs. 16/10067 vom 30. Juli 2008, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), S. 58
  8. Wolfgang Gerke, Gerke Börsen Lexikon, 2002, S. 397
  9. Wolfgang Gerke, Gerke Börsen Lexikon, 2002, S. 397
  10. Christian Schoder/Sybille Pirklbauer, Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Schieflagen aus dreißig Jahren neoliberaler Finanzmärkte, in: Attac (Hrsg.), Crash statt Cash. Warum wir die globalen Finanzmärkte bändigen müssen. ÖGB-Verlag, Wien 2008, S. 15 (20 f.), ISBN 978-3-7035-1348-0
  11. Klaus-Dieter Schroth, Das kleine Lexikon des Außenwirtschaftsverkehrs, 1993, S. 229; ISBN 978-3878810810
  12. BGHZ 105, 263, 266
  13. Frank Spellmann, Gesamtrisiko-Messung von Banken und Unternehmen, 2002, S. 33