Benutzer:Bleckneuhaus/Sandkasten

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der folgende Text soll den Abschnitt Schrödingers Katze verbessern:

Schrödingers Katze im Kasten: Tot? Lebendig? Sowohl als auch?

Schrödingers Katze bezeichnet ein populär gewordenes Gedankenexperiment aus der Modernen Physik.[1] Erwin Schrödinger, einer der Schöpfer der Quantenmechanik, wollte 1935 damit verdeutlichen, wie absurd das hierbei grundlegende Superpositionsprinzip erscheinen muss, wenn man es auf makroskopische Objekte anwendet.[2] Das Superpositionsprinzip gilt für alle physikalischen Objekte, unabhängig von ihrer Art und Größe, wenn man sie mit der Quantenmechanik beschreibt. Es besagt, dass man verschiedene Zustände des Objekts kohärent überlagern kann und dass auch diese Überlagerung ein möglicher Zustand des Objekts ist. Befindet sich das Objekt in solch einem kohärenten Superpositionszustand, dann befindet es sich auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gleichzeitig in jedem der überlagerten Zustände. So könnte z. B. der Aufenthaltsort eines punktförmigen Elektrons über das ganze Atom „verwaschen“ sein. Das ist im atomaren Maßstab schon schwer vorstellbar, bei den materiellen Objekten der klassischen Physik aber ausgeschlossen. Obendrein kann das Entstehen einer kohärenten Überlagerung, wenn sie nach den Gesetzen der Quantenmechanik abläuft, nach denselben Gesetzen auch vollständig rückgängig gemacht werden.

In Schrödingers Gedankenexperiment überträgt sich die Superposition von einem Quantenobjekt auf eine Katze. Sie ist in einer Stahlkammer eingesperrt, zusammen mit einer „Höllenmaschine“ bestehend aus einem radioaktiven Atomkern, einem Geigerzähler, einem Hämmerchen und einem Fläschchen Giftgas. Das Giftgas tötet die Katze, sobald der Zerfall des Atomkerns über den Geigerzähler einen Schlag mit dem Hämmerchen auslöst, der das Fläschchen zertrümmert. Zu Beginn lebt die Katze, aber im Laufe einer Stunde gerät der Atomkern in einen kohärenten Überlagerungszustand, der zu gleichen Teilen die Zustände „zerfallen“ und „nicht zerfallen“ enthält, und entsprechend müsse die Katze sich dann in einem genauso „verwaschenen“ Überlagerungszustand befinden, in dem sie je zur Hälfte sowohl „tot“ als auch gleichzeitig „lebendig“ ist.

Der deutliche Widerspruch zwischen dieser Schlussfogerung und der gesicherten Anschauung hat jahrzehntelang für Diskussionen gesorgt, auch außerhalb der Physik.[3] Innerhalb der Physik ist das Problem spätestens seit den 1980er Jahren mit der Theorie der quantenmechanischen Dekohärenz geklärt worden. Demnach ergibt sich der paradox erscheinende Überlagerungszustand nur, solange das Systemen nahezu perfekt von äußeren EInflüssen abgeschirmt ist. Beispiele sind ein einzelnes Teilchen in einer Atom- oder Ionenfalle, ein Qbit oder in gewissen Fällen Ströme in Supraleitern. Für die Katze sagt die Quantenmechanik nach einer Stunde aber nicht den Zustand „Katze ist sowohl tot als auch lebendig“ vorher, sondern die „Katze ist entweder tot oder lebendig“. Denn für makroskopische Körper geht eine anfänglich kohärente Überlagerung aufgrund unausweichlicher Wechselwirkungen mit der Umgebung in unmessbar kurzer Zeit in die inkohärente Überlagerung über. Diese entspricht einer Überlagerung der beiden möglichen Zustände, wie sie schon aus der klassischen statistischen Physik bekannt ist, wenn es an genauer Kenntnis des Zustands mangelt. Beispiele sind Ort und Geschwindigkeit eines beliebigen Teilchens in einem Gas oder die Augenzahl auf dem Würfel, bevor der Würfelbecher aufgehoben wird. In solchen Fällen macht auch die klassische Physik nur Wahrscheinlichkeitsaussagen.[4][5] Die Vorhersage für den Zustand der Katze ist daher mit der Anschauung ebenso verträglich wie die ganz ähnlichen Aussagen der klassischen Physik,

Während es bei Schrödingers Gedankenexperiment wichtig ist, dass es sich bei der Katze um ein komplexes makroskopisches System handelt, spricht man in Anlehnung daran auch bei einem mikroskopischen quantenmechanischen System von einem Katzenzustand, wenn man verschiedene seiner Zustände kohärent überlagert hat und das System erst später durch eine Messung auf einen von ihnen festlegt.[6]

Superpositionsprinzip der Quantenmechanik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Anm.: Der folgende Text ist möglichst leicht zugänglich gehalten und verzichtet deshalb auf manche Einzelheiten. Eine genaue Darstellung ist in den entsprechenden Hauptartikeln zu finden.)

Das Superpositionsprinzip der Quantenmechanik drückt aus, dass zwei Zustände eines Quantensystems sich so addieren lassen wie zwei Wellenfelder oder zwei Vektoren, und dass die Summe einen neuen Zustand bzw. Wellenfeld bzw. Vektor darstellt. In dem Superpositionszustand sind beide Ausgangszustände als Komponenten in derselben Weise präsent, wie zwei Vektoren in dem resultierenden Vektor, wenn man sie addiert (vgl. etwa Kräfteparallelogramm). Vor dem Addieren können sie noch mit Faktoren versehen werden, weshalb die Superposition auch als Linearkombination bezeichnet wird. Die Faktoren, die bei den quantenmechanischen Zuständen komplexe Zahlen sind, werden hier auch als Amplituden bezeichnet, denn ihre Betragsquadrate geben an, wie stark die Ausgangszustände im Superpositionszustand vertreten sind. Die Superposition heißt auch kohärente Überlagerung, weil es nicht nur von den Betragsquadraten der Faktoren bestimmt wird, welchen physikalischen Zustand das System einnimmt, sondern auch von ihren komplexen Phasen.

Wenn ein Zustand sich zeitlich verändert, geschieht das nach der Grundgleichung der Quantenmechanik (Schrödingergleichung) dadurch, dass ein anderer Zustand mit ihm superponiert wird, wobei dessen Amplitude vom Wert Null an zeitlich anwächst. Kohärente Superpositionen entstehen daher zwangsläufig bei jeder Veränderung eines Anfangszustands.

Der Anfangszustand eines radioaktiven Atomkerns, der in ein hochenergetisches Alphateilchen und einen Tochterkern zerfallen kann, ist das Alphateilchen mit dem Tochterkern verschmolzen. Diesem Zustand wird mit zeitlich allmählich anwachsender Amplitude ein Zustand superponiert, in dem sich das Alphateilchen entfernt. Gleichzeitig reduziert sich der Beitrag des Anfangszustands, so dass das Betragsquadrat seiner Amplitude vom Anfangswert 1 gemäß dem exponentiellen Zerfallsgesetz abnimmt (die radioaktive Halbwertszeit ist ). Der Atomkern befindet sich dann in einem kohärenten Überlagerungszustand der beiden Zustände „zerfallen“ und „nicht zerfallen“.

Wahrscheinlichkeitsdeutung der Quantenmechanik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine physikalische Größe hat in einem bestimmten Zustand eines Systems im Allgemeinen keinen bestimmten Wert, denn bei wiederholten identischen Messungen zeigt sich diese Größe mit verschiedenen Werten. Ausgenommen sind nur bestimmte Zustände des Systems, nämlich die zu dieser physikalischen Größe gehörenden Eigenzustände. Die betreffenden Messwerte sind die Eigenwerte dieser Größe. Jeder beliebige Zustand des Systems lässt sich mithilfe der Eigenzustände einer messbaren Größe als eine kohärente Superposition darstellen. Dabei gibt das Betragsquadrat der Amplitude, mit der ein bestimmter Eigenzustand in der Superposition vorkommt, die Wahrscheinlichkeit an, mit der sich bei einer Messung der zugehörige Eigenwert zeigt.

Dies gilt nicht nur für zahlenmäßige Messwerte, sondern auch für andere beobachtbare Eigenschaften, beim Atomkern z. B. für die Beobachtung „zerfallen oder nicht?“ mit den beiden entsprechenden Eigenzuständen. Die mit der Zeit exponentiell abnehmende Wahrscheinlichkeit, den Atomkern unzerfallen vorzufinden, drückt sich im Experiment mit einer großen Anzahl gleicher Atomkerne darin aus, dass ein Bruchteil der anfänglichen Anzahl noch unverändert vorzufinden ist, nach einer Halbwertszeit also genau die Hälfte. Dies ist die exakte Vorhersage eines reproduzierbaren und in zahllosen Experimenten bestätigten Messergebnisses. Ob aber ein einzelner herausgegriffener Atomkern zu einem bestimmten Zeitpunkt zerfallen sein wird, ist dagegen unmöglich vorherzusagen. Diese Frage kann nur dadurch entschieden werden, dass man ihn zu diesem Zeitpunkt beobachtet, und muss bis dahin offen bleiben.

Kohärente und inkohärente Überlagerung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn ein Anfangszustand sich gemäß der Schrödingergleichung in eine kohärente Überlagerung mit anderen Zuständen entwickelt, dann ist das ein umkehrbarer („reversibler“) Vorgang. Die Reversibilität ist nicht nur theoretisch möglich, sondern wird wird sogar schon technisch angewendet, etwa bei der Manipulation der Kernspins in der medizinischen MRT-Diagnostik. Daher deutete das Paradoxon von Schrödingers Katze im „verwaschenen“ Zustand zwischen ganz tot und ganz lebendig auf das weitere Paradoxon hin, dass es (mindetens theoretisch) nach den Regeln der Quantenmechanik möglich sein müsste, die Katze aus diesem Zustand heraus wieder in ihren Anfangszustand zurück zu versetzen, unabhängig davon, wie gering die Wahrscheinlichkeit für die Komponente „lebendig“ schon geworden wäre.

Von entscheidender Bedeutung für die Reversibilität ist, dass die komplexen Phasen der Faktoren von keinen zufälligen Störungen verändert werden. Genau dies bei den Qbits zu verhindern ist die größte technische Hürde bei der Verwirklichung von Quantencomputern. Für eine Katze kann man diese Störungsfreiheit ausschließen. Beim Zerfall des Atomkern in Schrödingers Gedankenexperiment tritt als zweite Komplikation auf, dass es für die Superposition mit dem Anfangszustand nicht nur einen Zustand nach dem Zerfall gibt, sondern unendlich viele. Sie unterscheiden sich in der genauen Aufteilung der Energie im Rahmen der natürlichen Linienbreite.[7] Beide Effekte machen die Reversibilität des Gedankenexperiments zunichte, werden aber von Schrödinger nicht angesprochen. Er geht davon aus, dass die kohärente Superposition bis zum Moment der Beobachtung beim Öffnen der Stahlkammer anhält.[8]

Nach der in den 1980er Jahren entwickelten Dekohärenztheorie[9][4] gehen die stabilen Phasenbeziehungen in makroskopischen Objekten wie eine Katze und in einer Umgebung bei Normalbedingungen in unmessbar kurzer Zeit verloren. Abschätzungen ergeben z. B. 10−30s. Dadurch entwickelt sich die kohärente Superposition zu einer inkohärenten, die man auch als Zustandsgemisch (früher als Gemenge) bezeichnet. Ein Zustandsgemisch wird in der Quantenmechanik nicht durch eine Wellenfunktion oder einen Zustandsvektor mathematisch dargestellt, sondern durch einen Dichteoperator (oder Dichtematrix). In diesem Zustand darf man das Quantenobjekt so behandeln, als ob es mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit entweder in dem einen der beiden überlagerten Zustände sei, oder mit der Wahrscheinlichkeit in dem anderen. Phasenfaktoren tauchen nicht mehr auf. Die Wahrscheinlichkeiten p_1 und p_2 sind die Betragsquadrate der Amplituden, mit denen die beiden Zustände vor der Dekohärenz eine kohärente Überlagerung gebildet hatten. So ein Zustandsgemisch entspricht daher in allen beobachtbaren Konsequenzen dem aus der klassischen Physik (und dem Alltag) bekannten Fall. Das System in der Stahlkammer befindet sich nach kürzester Zeit in einem Zustand wie die Münze nach einem Münzwurf, bevor jemand durch Beobachtung feststellt, ob sie Kopf oder Zahl zeigt. Schrödinger drückt sich hierzu in seiner Veröffentlichung[2] nicht klar aus. Er bezeichnet diese klassische Art der Unbestimmtheit an anderer Stelle als "Boltzmannisch", in Erinnerung an die Leistungen Ludwig Boltzmanns in der Entwicklung der klassischen statistischen Mechanik. Bei seinem Gedankenexperiment sei es ihm aber darum gegangen, die paradox erscheinenden Konsequenzen einer "Heisenbergischen" Unbestimmtheit zu demonstrieren, die einem Zustand der kohärenten Superposition eigen ist.[10]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Arroyo Camejo, Silvia.: Skurrile Quantenwelt. 1. Auflage. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-29720-8. Kap. 12
  2. a b Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik. In: Naturwissenschaften (Organ der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte – Berlin, Springer), Band 23, 1935; Teil 1: doi:10.1007/BF01491891, Teil 2: doi:10.1007/BF01491914, Teil 3: doi:10.1007/BF01491987. Die Katze wird am Ende des ersten Teils auf S. 812 beschrieben und wird im zweiten Teil nochmal in Klammern erwähnt (S. 827: „Man erinnere sich der vergifteten Katze!“)
  3. siehe z. B. Ergebnis einer google Buchsuche am 04.11.2024
  4. a b Rainer Müller, Franziska Greinert: Quantentechnologien. De Gruyter Studium, Berlin 2023, ISBN 978-3-11-071719-8. Eine leicht zugängliche Darstellung des gesamten Messprozesses.
  5. Wojciech H. Zurek: Decoherence and the transition from quantum to classical-revisited. In: Los Alamos Science. Band 27, 2002, S. 86—109.
  6. D. Leibfried, C. Monroe, D. J. Wineland: Schrödingers Katze in die Falle gelockt. In: Physikalische Blätter. Band 53, Nr. 11, S. 1117–1119, doi:10.1002/phbl.19970531111.
  7. J. Bleck-Neuhaus: Elementare Teilchen. 2. Auflage, Springer Verlag 2013, ISBN 978-3-642-32578-6, Seite 167f.
  8. Hans Primas: Zur Quantenmechanik makroskopischer Systeme. In: Klaus Mainzer, Jürgen Audretsch, (Hrsg.): Wieviele Leben hat Schrödingers Katze ? BI Wissenschaftsverlag, Mannheim 1990, ISBN 3-411-14281-2, S. 214.
  9. Rainer Müller (1995): Dekohärenz – vom Erscheinen der klassischen Welt (Einführung in die Dekohärenztheorie), [1] Eine sehr gut lesbare Erklärung zum Messprozess (Frühjahrstagung Didaktik der Physik, Duisburg, S. 148 (1995)).
  10. Brief an Albert Einstein vom 19.08.1935, Karl von Meyenn: Eine Entdeckung von ganz außerordentlicher Tragweite – Schrödingers Briefwechsel zur Wellenmechanik und zum Katzenparadoxon, Springer Verlag, 2011, S. 566.

___________________________________________________________________________

Ablauf des Gedankenexperiments

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ohne Wechselwirkung mit der Außenwelt befindet sich Schrödingers Katze, quantenmechanisch beschrieben, in einem überlagerten Zustand. Sie ist sowohl lebendig als auch tot.

In Schrödingers Gedankenexperiment befinden sich eine Katze und ein instabiler Atomkern in einem geschlossenen Stahlkasten, dazu ein Geigerzähler, ein Hammer und ein Fläschchen mit Blausäure. Der Atomkern zerfällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% innerhalb einer Stunde. Falls er zerfällt, löst er den Geigerzähler aus, der über das Relais den Hammer auf das Fläschchen fallen lässt, so dass die austretende Blausäure die Katze tötet. Falls er nicht zerfällt, lebt die Katze noch.

Nach der Quantenmechanik befindet sich der Atomkern nach einer Stunde in einem Überlagerungszustand. Wenn die Quantenmechanik auch auf makroskopische Systeme anwendbar wäre – dann müsste auch die Katze in einen Zustand der Überlagerung geraten müsste. Diese Überlagerung würde erst beendet, wenn jemand den Kasten öffnet und den Zustand der Katze überprüft. Dies stellt eine Messung dar, die entweder das Ergebnis „tot“ oder „lebendig“ feststellt. Bis dahin wäre die Katze also lebendig und gleichzeitig tot. Diese Schlussfolgerung erscheint paradox, weil es solche Überlagerungen makroskopischer Objekte nicht gibt.

Schrödinger selbst formuliert das 1935 in seinem Aufsatz Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik. § 5. Sind die Variablen wirklich verwaschen?

„Man kann auch ganz burleske Fälle konstruieren. Eine Katze wird in eine Stahlkammer gesperrt, zusammen mit folgender Höllenmaschine (die man gegen den direkten Zugriff der Katze sichern muß): in einem Geigerschen Zählrohr befindet sich eine winzige Menge radioaktiver Substanz, so wenig, daß im Laufe einer Stunde vielleicht eines von den Atomen zerfällt, ebenso wahrscheinlich aber auch keines; geschieht es, so spricht das Zählrohr an und betätigt über ein Relais ein Hämmerchen, das ein Kölbchen mit Blausäure zertrümmert. Hat man dieses ganze System eine Stunde lang sich selbst überlassen, so wird man sich sagen, daß die Katze noch lebt, wenn inzwischen kein Atom zerfallen ist. Der erste Atomzerfall würde sie vergiftet haben. Die Psi-Funktion des ganzen Systems würde das so zum Ausdruck bringen, daß in ihr die lebende und die tote Katze (s.v.v.) zu gleichen Teilen gemischt oder verschmiert sind. Das Typische an solchen Fällen ist, daß eine ursprünglich auf den Atombereich beschränkte Unbestimmtheit sich in grobsinnliche Unbestimmtheit umsetzt, die sich dann durch direkte Beobachtung entscheiden läßt. Das hindert uns, in so naiver Weise ein „verwaschenes Modell“ als Abbild der Wirklichkeit gelten zu lassen. An sich enthielte es nichts Unklares oder Widerspruchsvolles. Es ist ein Unterschied zwischen einer verwackelten oder unscharf eingestellten Photographie und einer Aufnahme von Wolken und Nebelschwaden.“

Erwin Schrödinger[1]

__________________________________________________________

Man kann an einem System nicht den Zustand als solchen messen, sondern nur, ob er eine Komponente hat, in der eine bestimmte einen bestimmten Wert hat. Die von Max Born entwickelte Wahrscheinlichkeitsdeutung der Quantenmechanik besagt, dass das Betragsquadrat der Amplitude, mit der ein Zustand in einem Superpositionszustand eines Quantensystems vorkommt, die Wahrscheinlickeit angibt, dass bei einer entsprechenden Messung dies System in dem betreffenden Zustand erscheint.

Zwei Wellenfelder der gleichen Art im selben Raum bilden durch Superposition ein neues Wellenfeld. Sein momentaner Wert ist an jedem Ort durch die Summe der momentanen Werte der superponierten Felder gegeben.

Superposition von zwei Wellenfeldern beutet, dass an jedem Ort die Amplituden beider Felder addiert werden. So entsteht ein weiteres Wellenfeld, das als Superposition der zwei ursprünglichen Felder bezeichnet wird. an jedem Ort durch die Summe der beiden einzelnen Amplituden gegeben ist

In weiten Bereichen der Physik ergeben zwei Wellenfelder, die sich überlagern, wieder ein Wellenfeld, dessen Stärke („Amplitude“) an jedem Ort durch die Summe der beiden einzelnen Amplituden gegeben ist. Analog gilt für zwei Vektoren, dass ihre Summe wieder ein Vektor ist, dessen Komponenten bezüglich einer Basis die Summen der entsprechenden Komponenten der beiden summierten Vektoren sind.

, Felder ist auch Im Allgemeinen ist dieser eine gewichtete Summe (kohärente Superposition) solcher Eigenzustände, in denen eine durch Messung bestimmbare Größe einen jeweils wohldefinierten Messwert hat. Jeden einzelnen dieser Messwerte könnte man bei einer Messung dieser Größe erhalten; d. h., bei einem solchen quantenmechanischen Zustand ist das Ergebnis einer einzelnen Messung nicht eindeutig bestimmt. Eine Serie von identischen Messungen, d. h. Messungen derselben physikalischen Größe an gleichen Systemen mit immer demselben Zustandsvektor, ergibt daher eine Folge von Messergebnissen mit zufällig verschiedenen Werten. Deren Wahrscheinlichkeitsverteilung, aber nicht die Aufeinanderfolge der einzelnen Werte, kann mittels der Quantenmechanik aus dem Zustandsvektor ermittelt werden. Unmittelbar nach einer Messung liegt das System sicher in dem Eigenzustand vor, der zu dem gerade erhaltenen Messergebnis gehört. Dieser Vorgang der Zustandsreduktion wird durch ein eigenes Postulat in die Quantenmechanik (in ihrer Kopenhagener Deutung) eingeführt. Er bezeichnet das quantenmechanische Messproblem und ist auch heute nicht befriedigend verstanden.


Ein einfaches Beispiel ist die Wellenfunktion für ein Elektron, sei es in einem Elektronenstrahl, der auf einen Leuchtschirm trifft (siehe z. B. Doppelspaltexperiment), oder innerhalb eines Atoms (siehe Orbital). Das Elektron ist ein punktförmiges Elementarteilchen, doch in jedem Fall ist seine Wellenfunktion räumlich ausgedehnt und stellt damit eine Überlagerung vieler möglicher Ort dar. Ein Elektron zeigt sich bei Messung des Orts aber immer nur an einem Punkt. An welchem Punkt das sein wird, dafür lässt sich aus der Wellenfunktion nur eine Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnen. Um diese theoretische Voraussage zu testen, muss man im Experiment an vielen einzelnen Elektronen z. B. die Auftreffpunkte auf dem Schirm bestimmen und überprüfen, ob ihre Verteilung der berechneten Verteilung entspricht. Solche Experimente haben ausnahmslos die Richtigkeit der quantenmechanischen Berechnungen bestätigt.

  1. Erwin Schrödinger: Naturwissenschaften. 48, 807; 49, 823; 50, 844, November 1935.

_____________________________________________________________________________________________________________________

Schrödingers Katze: In einer Kiste befinden sich eine Katze, ein radioaktives Präparat, ein Detektor für die beim Zerfall erzeugte Strahlung und ein tödliches Gift, das bei Ansprechen des Detektors freigesetzt wird.

Schrödingers Katze bezeichnet ein grundlegendes Gedankenexperiment aus der Physik, um ein begriffliches Problem der Quantentheorie hinsichtlich ihrer Beziehung zur Realität zu verdeutlichen.[1] Mit dem mathematischen Formalismus der Quantenmechanik kann man nämlich, auch wenn der quantenmechanische Zustand eines physikalischen Systems vollständig mit der größten theoretisch möglichen Genauigkeit bekannt ist, für den Messwert einer physikalischen Größe meist keinen bestimmten Wert berechnen, sondern nur die Vorhersage einer unscharfen oder „verwaschenen“[2] Wahrscheinlichkeitsverteilung verschiedener möglicher Messwerte. Mit allen diesen Werten muss nach der weitverbreiteten Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik die betreffende Größe gleichzeitig im System vorgelegen haben, wobei erst durch den Akt der Messung entschieden wird, welcher Wert nun in der Realität gilt.

Ein einfaches Beispiel ist die Wellenfunktion für ein Elektron, sei es in einem Elektronenstrahl, der auf einen Leuchtschirm trifft (siehe z. B. Doppelspaltexperiment), oder innerhalb eines Atoms (siehe Orbital). Das Elektron ist ein punktförmiges Elementarteilchen, doch in jedem Fall ist seine Wellenfunktion räumlich ausgedehnt und stellt damit eine Überlagerung vieler möglicher Ort dar. Ein Elektron zeigt sich bei Messung des Orts aber immer nur an einem Punkt. An welchem Punkt das sein wird, dafür lässt sich aus der Wellenfunktion nur eine Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnen. Um diese theoretische Voraussage zu testen, muss man im Experiment an vielen einzelnen Elektronen z. B. die Auftreffpunkte auf dem Schirm bestimmen und überprüfen, ob ihre Verteilung der berechneten Verteilung entspricht. Solche Experimente haben ausnahmslos die Richtigkeit der quantenmechanischen Berechnungen bestätigt.

Nach der Quantenmechanik müssen sich aber nicht nur Elektronen oder andere mikroskopische Objekte so verhalten, sondern auch makroskopische Objekte von beliebiger Größe und Komplexität. Das steht im Gegensatz zur alltäglichen Erfahrung und stellt damit für die Quantenmechanik ein Problem dar. Um dieses in „burlesk“ ausgeschmückter Form zu verdeutlichen, veröffentlichte Erwin Schrödinger 1935 ein Gedankenexperiment, in dem eine lebendige Katze in einen Zustand gerät, in dem sie der Quantenmechanik zufolge je zur Hälfte im Zustand „lebendig“ und im Zustand „tot“ sein sollte.[2] Diese Überlagerung der verschiedenen möglichen Zustände wird, wie beim Elektron auch, erst durch eine „Messung“ aufgehoben: beim Elektron durch das Aufblitzen des Schirms am Auftreffpunkt, bei der Katze dadurch, dass jemand nachschaut und das eindeutige Ergebnis feststellt.

Das Gedankenexperiment problematisiert das für die Quantenmechanik grundlegende Superpositionsprinzip, wonach immer, wenn ein Objekt verschiedene Zustände einnehmen kann, auch die Überlagerung dieser Zustände einen möglichen Zustand darstellt. Erst wenn eine Beobachtung oder Messung durchgeführt wird, mit der man zwischen den überlagerten Zuständen unterscheiden kann, nimmt das Objekt einen von ihnen an (Kollaps der Wellenfunktion). Das steht für makroskopische Körper im Gegensatz zur klassischen Physik und zur Anschauung. Schrödinger schlägt für dieses Problem eine Lösung vor, über die bis heute debattiert wird (siehe Erkenntnistheoretische Positionen zur Quantenmechanik): Demnach darf die Wellenfunktion nicht mit einer Beschreibung des Objekts selbst identifiziert werden, sondern ausschließlich mit der Beschreibung dessen, was man über seinen Zustand wissen kann. Dann ist es unproblematisch, dass mehrere Möglichkeiten (auch wenn sie einander ausschließen) eine Zeit lang nebeneinander bestehen, und dass nach der Messung oder Beobachtung nur noch eine der Möglichkeiten real ist. Aufgrund der quantenmechanischen Dekohärenz, die bei makroskopischen Objekten wie der Katze eintritt, entsteht dabei eine Situation wie beim Würfelspiel bis zum Aufheben des Würfelbechers.

Bei Schrödingers Gedankenexperiment ist es wichtig, dass es sich bei der Katze um ein komplexes makroskopisches System handelt. Trotzdem spricht man in Anlehnung daran auch bei einem mikroskopischen quantenmechanischen System von einem Katzenzustand, wenn man erst verschiedene Zustände überlagert und später dann durch eine Messung unterscheidet.

Das Gedankenexperiment

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ohne Wechselwirkung mit der Außenwelt befindet sich Schrödingers Katze, quantenmechanisch beschrieben, in einem überlagerten Zustand. Sie ist sowohl lebendig als auch tot.

In Schrödingers Gedankenexperiment befinden sich eine Katze und ein instabiler Atomkern in einem geschlossenen Kasten. Der Atomkern zerfällt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit innerhalb einer bestimmten Zeitspanne. Der Zerfall löst mittels eines Geigerzählers die Freisetzung von Giftgas aus, welches die Katze tötet.

Schrödinger argumentiert nun, dass – wenn die Quantenphysik auch auf makroskopische Systeme anwendbar wäre – nicht nur der Atomkern, sondern auch die Katze in einen Zustand der Überlagerung geraten müsste. Diese Überlagerung würde erst beendet, wenn jemand den Kasten öffnet und den Zustand der Katze überprüft. Dies stellt eine Messung dar, die entweder das Ergebnis „tot“ oder „lebendig“ feststellt. Bis dahin wäre die Katze also lebendig und gleichzeitig tot. Diese Schlussfolgerung erscheint paradox, wobei die Paradoxie in gewisser Weise durch das Postulat der Überlagerungen mathematisch dargestellt wird.

Schrödinger selbst formuliert das 1935 in seinem Aufsatz Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik. § 5. Sind die Variablen wirklich verwaschen?

„Man kann auch ganz burleske Fälle konstruieren. Eine Katze wird in eine Stahlkammer gesperrt, zusammen mit folgender Höllenmaschine (die man gegen den direkten Zugriff der Katze sichern muß): in einem Geigerschen Zählrohr befindet sich eine winzige Menge radioaktiver Substanz, so wenig, daß im Laufe einer Stunde vielleicht eines von den Atomen zerfällt, ebenso wahrscheinlich aber auch keines; geschieht es, so spricht das Zählrohr an und betätigt über ein Relais ein Hämmerchen, das ein Kölbchen mit Blausäure zertrümmert. Hat man dieses ganze System eine Stunde lang sich selbst überlassen, so wird man sich sagen, daß die Katze noch lebt, wenn inzwischen kein Atom zerfallen ist. Der erste Atomzerfall würde sie vergiftet haben. Die Psi-Funktion des ganzen Systems würde das so zum Ausdruck bringen, daß in ihr die lebende und die tote Katze (s.v.v.) zu gleichen Teilen gemischt oder verschmiert sind. Das Typische an solchen Fällen ist, daß eine ursprünglich auf den Atombereich beschränkte Unbestimmtheit sich in grobsinnliche Unbestimmtheit umsetzt, die sich dann durch direkte Beobachtung entscheiden läßt. Das hindert uns, in so naiver Weise ein „verwaschenes Modell“ als Abbild der Wirklichkeit gelten zu lassen. An sich enthielte es nichts Unklares oder Widerspruchsvolles. Es ist ein Unterschied zwischen einer verwackelten oder unscharf eingestellten Photographie und einer Aufnahme von Wolken und Nebelschwaden.“

Erwin Schrödinger[3]

Die Superposition in der Quantenmechanik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Quantenmechanik beschreibt den Zustand und die Entwicklung eines physikalischen Systems mittels eines Zustandsvektors. Im Allgemeinen ist dieser eine gewichtete Summe (kohärente Superposition) solcher Eigenzustände, in denen eine durch Messung bestimmbare Größe einen jeweils wohldefinierten Messwert hat. Jeden einzelnen dieser Messwerte könnte man bei einer Messung dieser Größe erhalten; d. h., bei einem solchen quantenmechanischen Zustand ist das Ergebnis einer einzelnen Messung nicht eindeutig bestimmt. Eine Serie von identischen Messungen, d. h. Messungen derselben physikalischen Größe an gleichen Systemen mit immer demselben Zustandsvektor, ergibt daher eine Folge von Messergebnissen mit zufällig verschiedenen Werten. Deren Wahrscheinlichkeitsverteilung, aber nicht die Aufeinanderfolge der einzelnen Werte, kann mittels der Quantenmechanik aus dem Zustandsvektor ermittelt werden. Unmittelbar nach einer Messung liegt das System sicher in dem Eigenzustand vor, der zu dem gerade erhaltenen Messergebnis gehört. Dieser Vorgang der Zustandsreduktion wird durch ein eigenes Postulat in die Quantenmechanik (in ihrer Kopenhagener Deutung) eingeführt. Er bezeichnet das quantenmechanische Messproblem und ist auch heute nicht befriedigend verstanden.

Historischer Kontext

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Zeitpunkt von Schrödingers Veröffentlichung waren solche Quanteneffekte nur im mikroskopischen Bereich bekannt. Die Anwendbarkeit der Quantenmechanik auf komplexe makroskopische Prozesse, z. B. auf den Messprozess selbst, war jedoch unklar. Schrödingers Gedankenexperiment dient der Illustration der konzeptionellen Schwierigkeiten, die mit der Anwendung des Begriffs des Quantenzustands auf makroskopische Systeme verbunden sind. Heute ist die Quantentheorie makroskopischer Systeme ein umfangreich untersuchtes Teilgebiet der Physik.

Realisierbarkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Dekohärenz-Effekt

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemäß der Dekohärenztheorie tritt die von Schrödinger beschriebene Situation in der Realität so nicht ein, da es bei makroskopischen Systemen immer zu einer Unterdrückung der Kohärenzeigenschaften des quantenmechanischen Zustands kommt.[4] Selbst durch die Wand des Kastens hindurch steht die Katze im thermischen Kontakt mit der Außenwelt, wodurch permanent mikroskopische Information über den Zustand nach außen gelangt. Dadurch findet nach extrem kurzer Zeit ein effektiver Kollaps der Wellenfunktion im Sinne der Kopenhagener Deutung statt. Die Dekohärenztheorie nimmt damit die realen Umgebungsbedingungen ernst, die sich bei makroskopischen Objekten technisch nicht eliminieren lassen. Die Vergiftungsapparatur und die Katze reagieren daher nicht erst auf den „Messprozess“ durch das Öffnen des Kastens, sondern direkt auf die ersten unmittelbaren Auswirkungen des atomaren Zerfalls.

Reale Experimente

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz des Einflusses der Dekohärenz kann das Gedankenexperiment mit realen Experimenten überprüft werden. Dabei muss die Wechselwirkung mit der Umgebung vollständig abgeschirmt werden. Eine solche Isolation erreicht man sehr gut bei Photonen als Untersuchungsobjekten, da Photonen selbst nicht von anderen Photonen beeinflusst werden und somit von der Dekohärenz wenig betroffen sind. Bei fester Materie ist eine Isolation sehr viel schwieriger und gelang bisher nur bei sehr kleinen Objekten. Zum Beispiel konnte bei einem Experiment mit Fullerenen nachgewiesen werden, dass ein solches aus 60 Kohlenstoffatomen bestehendes einzelnes Molekül gleichzeitig unterschiedliche Wege durch verschiedene Spalte eines Hindernisses nehmen kann.[5] Die experimentellen Bedingungen, die hier ausreichend vor Dekohärenz schützten, waren ein hohes Vakuum, Dunkelheit und eine sehr kurze Zeitspanne zwischen Erzeugung und Überprüfung der Überlagerung. Bei Quantencomputern versucht man die Dekohärenz von Elektronen zu unterdrücken, indem man mithilfe sehr tiefer Temperaturen und Supraleitung deren Freiheitsgrade einschränkt. Die überlagerten Zustände nutzt man dann zur Durchführung von parallelen Rechenoperationen.

Diese Experimente bestätigen die Annahme, dass die Gesetze der Quantenmechanik auch für makroskopische Systeme gelten.

Interpretationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unabhängig von der Dekohärenztheorie werden die Abläufe im hypothetischen perfekt verschlossenen Kasten in den verschiedenen Schulen und Deutungen der Quantenmechanik sehr unterschiedlich interpretiert.

Kopenhagener Deutung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kopenhagener Deutung:
Beim radioaktiven Zerfall erfolgt eine Verzweigung des Zustands. Nach einem Zufallsprinzip kollabiert jedoch einer der beiden Zweige sofort wieder, nachdem die Kohärenz zwischen den Zuständen z. B. aufgrund einer Messung weit genug abgeklungen ist.

In der Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik erfolgt im Moment der Messung ein Kollaps der Wellenfunktion des gemessenen Systems. Beim Öffnen des Raums und Beobachtung seines Inneren (Messung) springt der Atomkern, der sich zuvor im Zustand der Überlagerung befand, in einen der zu diesem Messapparat gehörenden Eigenzustände. Erst bei der Messung (hier durch einen äußeren Beobachter) entscheidet sich also, ob die Katze tot oder lebendig ist. Vor der Messung kann über den Zustand der Katze lediglich eine Wahrscheinlichkeitsaussage getroffen werden. Der Messvorgang selbst wird dabei wie in der klassischen Physik beschrieben.

Spätere Interpreten der Kopenhagener Deutung wie Carl Friedrich von Weizsäcker erkennen an, dass das makroskopische Ansprechen der „Höllenmaschine“ die Entstehung eines irreversiblen „Dokuments“ über den erfolgten Atomzerfall zur Folge hat, mit anderen Worten, eine Messung hat stattgefunden. Die Wellenfunktion kollabiert ohne weiteres menschliches Zutun; die Katze ist entweder lebendig oder tot.

Mit den 50-Prozent-Wahrscheinlichkeiten für die beiden möglichen Eigenzustände beschreibt die Wellenfunktion vor der Messung gewissermaßen nicht wirklich das System, sondern das unvollständige Wissen über das System. Fröhner[6] hat nachgewiesen, dass die quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten widerspruchsfrei als Bayessche Wahrscheinlichkeiten aufgefasst werden können. Diese ändern sich, indem die Messung den Informationsstand des Beobachters verändert. Dazu wird keine Zeit benötigt; was kollabiert („zusammenbricht“), ist nichts Physikalisches, sondern nur der Informationsmangel des Beobachters. Ganz entsprechend haben sich hierzu Heisenberg 1960 in einer brieflichen Diskussion (siehe Zitat bei Fröhner) und Styer[7] geäußert.

Viele-Welten-Interpretation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Viele-Welten-Interpretation:
Hier verzweigt sich beim Zerfall das gesamte Universum. Gemäß der Theorie bleiben beide Zweige als gleichberechtigte Realitäten erhalten und entwickeln sich von nun an unabhängig voneinander weiter.

Die Viele-Welten-Interpretation geht auf den Physiker Hugh Everett zurück. Sie ist keine neue oder zusätzliche Theorie, sondern eine alternative Interpretation der Quantenmechanik. Die Viele-Welten-Interpretation spricht allen möglichen Zuständen (also hier „Katze tot“ und „Katze lebendig“) gleichermaßen physikalische Realität zu. Es gibt dann tatsächlich ein Universum, in dem das Atom zerfallen ist, und eines, in dem das Atom noch nicht zerfallen ist. Im ersten Universum öffnen wir den Kasten und finden die Katze tot, im zweiten Universum ist die Katze lebendig.

Unsere Erinnerungen und das, was wir als Realität wahrnehmen, entsprechen dann nur einer von unzähligen möglichen (und gleichermaßen realisierten) Geschichten des Universums.

Ensembletheorie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vertreter der Ensembletheorie würden das Gedankenexperiment auf eine Gesamtheit von Systemen beziehen (also mehrere Kästen mit Katzen): Nach einem bestimmten Zeitintervall sind dann die Hälfte aller Katzen tot und die andere Hälfte lebendig. Hier greift das empirische Gesetz der großen Zahlen, d. h., je öfter man dieses Experiment durchführt, desto sicherer ist es, dass die relative Häufigkeit sich der theoretischen Wahrscheinlichkeit annähert.

Bohmsche Mechanik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bohmsche Mechanik:
Auch diese Theorie berücksichtigt beide Zweige. Jedoch markiert ein deterministischer Mechanismus einen der Zweige als Realität, während alle anderen Zweige als sogenannte Pilotwellen nur die möglichen Quanteninterferenzen auskundschaften.

Die bohmsche Mechanik ist eine alternative Formulierung der Quantenmechanik. Sie fügt der Quantenmechanik eine zusätzliche Bewegungsgleichung hinzu, die den Ort sämtlicher Teilchen zu jeder Zeit festlegt. Die Beschreibung wird dadurch deterministisch. Die Bohmsche Mechanik legt also zu jeder Zeit genau fest, ob die Katze tot oder lebendig ist. Man kann den Anfangszustand des Systems jedoch nicht genau messen, ohne das System zu stören. Daher kann man für das Ergebnis nur Wahrscheinlichkeiten für den Fall einer toten oder einer lebendigen Katze angeben.

Allgemeine Überlegung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einem allgemeineren Sinn wird in der Quantenmechanik eine Überlagerung zweier kohärenter Zustände, die hinreichend unterschiedlich und klassischen Zuständen ähnlich sind, als Katzenzustand bezeichnet. Um einen solchen Zustand zu präparieren, ist es notwendig, das System von der Umgebung abzuschirmen. Typische experimentelle Realisierungen sind Spin-Ausrichtungen oder Teilchenpositionen. Erste mesoskopische Katzenzustände wurden mit Elektronenstrahlen und Strahlteilern erzeugt, bei denen eine Überlagerung der Zustände darin bestand, dass ein Elektron in dem einen oder dem anderen Teilstrahl ist. Mitte der 1990er Jahre ist es gelungen, einen mesoskopischen Katzenzustand für ein einzelnes Atom bezüglich seiner Position zu erzeugen.[8] Darauf aufbauend wurden größere Systeme aus einzelnen Atomen erzeugt, bei denen zum Beispiel mit sechs Atomen die Überlagerung der beiden Zustände, bei denen alle Atome Spin-Up. oder alle Atome Spin-Down. untersucht wurden.[9] Diese Formulierung wurde von David Bohm vorgeschlagen, der den Spin als Observable 1935 in einem Gedankenexperiment zum Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon formulierte.[10]

Katzenzustand beim Quantencomputer

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Konkreter Spezialfall ist der Katzenzustand als Zustand in einem Register eines Quantencomputers, der aus der Überlagerung der beiden Zustände besteht, bei denen alle Qubits |0⟩ bzw. alle |1⟩ sind. In der Bra-Ket-Notation wird er als proportional zu |00…0⟩ +|11…1⟩ geschrieben. Diese Art von Katzenzustand wird auch als Greenberger–Horne–Zeilinger (GHZ) Zustand bezeichnet.

Katzenzustand in der Quantenoptik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wignerfunktion eines quantenoptischen Katzenzustandes mit α=2,5. Neben den beiden Hügeln für und enthält der Katzenzustand eine Interferenzstruktur in der Mitte.

In der Quantenoptik wird ein Katzenzustand als kohärente Überlagerung von zwei bestimmten kohärenten Zuständen mit entgegengesetzten Phasen definiert:

,

wobei

,

und

als kohärente Zustände in der Zahlenbasis (Fock-Zustand) definiert sind. Die Bezeichnung Katzenzustand ergibt sich daraus, dass α prinzipiell beliebig große Werte annehmen kann, und die beiden Anteile somit makroskopisch unterscheidbar werden, wie die tote oder lebendige Katze. Die vergleichsweise einfache Struktur des Zustandes erlaubt dann systematische theoretische und experimentelle Untersuchungen.

Wenn man die beiden entgegengesetzten Zustände addiert, enthält der Katzenzustand nur gerade Fock-Zustands-Terme:

.

Als Ergebnis dieser Eigenschaft wird der obige Zustand oft als gerader Katzenzustand bezeichnet. Alternativ kann man einen ungeraden Katzenzustand mit

definieren, der nur ungerade Fock-Zustände enthält

.
  • Wigners Freund stellt eine Erweiterung dieses Gedankenexperiments dar.
  • Der sogenannte Quantenselbstmord zieht andere Schlüsse aus einem vergleichbaren Experiment.
  • Karl von Meyenn (Hrsg.): Eine Entdeckung von ganz außerordentlicher Tragweite: Schrödingers Briefwechsel zur Wellenmechanik und zum Katzenparadoxon. Springer, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-04334-5.
  • John Gribbin: Auf der Suche nach Schrödingers Katze: Quantenphysik und Wirklichkeit. Aus dem Englischen von Friedrich Griese. Piper, München/Zürich 2004, ISBN 3-492-24030-5.
Commons: Schrödingers Katze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Bleckneuhaus/Sandkasten – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Arroyo Camejo, Silvia.: Skurrile Quantenwelt. 1. Auflage. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-29720-8. Kap. 12
  2. a b Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik. In: Naturwissenschaften (Organ der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte – Berlin, Springer), Band 23, 1935; Teil 1: doi:10.1007/BF01491891, Teil 2: doi:10.1007/BF01491914, Teil 3: doi:10.1007/BF01491987. Die Katze wird am Ende des ersten Teils auf S. 812 beschrieben und wird im zweiten Teil nochmal in Klammern erwähnt (S. 827: „Man erinnere sich der vergifteten Katze!“)
  3. Erwin Schrödinger: Naturwissenschaften. 48, 807; 49, 823; 50, 844, November 1935.
  4. H. P. J. Haken, H. H. C. Wolf: The Physics of Atoms and Quanta: Introduction to Experiments and Theory (Advanced Texts in Physics). 6. Auflage. Springer, 2000, S. 406. (google books)
  5. Markus Arndt, Olaf Nairz, Julian Vos-Andreae, Claudia Keller, Gerbrand Van Der Zouw, Anton Zeilinger: Wave–particle duality of C60. In: Nature. 401. Jahrgang, Nr. 6754, 1999, S. 680–2, doi:10.1038/44348, PMID 18494170, bibcode:1999Natur.401..680A.
  6. F. H. Fröhner: Missing Link between Probability Theory and Quantum Mechanics: the Riesz-Fejér Theorem. In: Zeitschrift für Naturforschung, 1998, 53a, S. 637–654; doi:10.1515/zna-1998-0801
  7. Daniel F. Styer: The Strange World of Quantum Mechanics. Cambridge University Press, 2000, ISBN 0-521-66780-1, S. 115
  8. C. Monroe, D. M. Meekhof, B. E. King, D. J. Wineland: A “Schrödinger cat” superposition state of an atom. In: Science. 272(5265), 1996, S. 1131–1136.
  9. D. Leibfried, E. Knill, S. Seidelin, J. Britton, R. B. Blakestad, J. Chiaverini, D. Hume, W. M. Itano, J. D. Jost, C. Langer, R. Ozeri, R. Reichle, D. J. Wineland: Creation of a six atom ‘Schrödinger_cat’ state. In: Nature, 1. Dezember 2005, S. 639–642; qudev.phys.ethz.ch (PDF; 213 kB)
  10. Amir D. Aczel: Entanglement: the unlikely story of how scientists, mathematicians, and philosophers proved Einstein’s spookiest theory. Penguin, 2001, ISBN 0-452-28457-0 (englisch).