Curd Jürgens

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Curd Jürgens 1976

Curd Gustav Andreas Gottlieb Franz Jürgens (* 13. Dezember 1915 in Solln, heute Stadtteil von München; † 18. Juni 1982 in Wien) war ein deutsch-österreichischer Bühnen- und Film-Schauspieler, der auch in zahlreichen internationalen Filmen zu sehen war. Zeitweise war er auch als Sänger tätig.

Curd Jürgens, Ausschnitt aus dem Porträt von Günter Rittner (1980)

Als Sohn des wohlhabenden Import-Export-Kaufmanns Curd Jürgens, eines Hamburgers dänischer Herkunft, und der südfranzösischen Lehrerin Marie-Albertine, geb. Noir, aus Évian-les-Bains (Département Haute-Savoie) wuchs Jürgens zweisprachig in großbürgerlichen Verhältnissen auf. Er hatte zwei ältere Schwestern, Jeanette und Marguerite.

Jürgens’ Vater hatte sich nach einträglichen Geschäften (die ihn auch noch nach dem Ersten Weltkrieg häufig und lange in fernöstliche Teile des Russischen Kaiserreiches führten), nach einem Intermezzo in München in Berlin niedergelassen.[1] Curd Jürgens verbrachte seine Jugend in dem gehobenen Berliner Ortsteil Neu-Westend (Oldenburgallee 57) und widmete dieser Zeit breiten Raum in seiner Autobiographie … und kein bisschen weise. Unmittelbar nach dem Schulabschluss arbeitete Jürgens zunächst als Journalist beim Berliner „8-Uhr-Abendblatt“, parallel dazu nahm er Schauspielunterricht. Im Jahr 1933 erlitt er einen schweren Unfall.[2] Er konnte aufgrund einer Operation, die zur Behebung der beim Unfall erlittenen Verletzungen an ihm vorgenommen wurde, keine Kinder zeugen.[3] Im Jahr 1935 stellte er sich bei der UFA vor.

Nach Drehschluss des Films Wiener Mädeln legte er sich im September 1944 in einem Wiener Lokal unwissentlich mit Robert Kaltenbrunner, dem Bruder des Gestapochefs Ernst Kaltenbrunner, SS-Obersturmbannführer Otto Skorzeny sowie einem Mitarbeiter Baldur von Schirachs an, erhielt wenige Tage darauf einen Gestellungsbefehl, wurde aber nicht zur Wehrmacht eingezogen, sondern als „politisch unzuverlässig“ in ein Arbeitslager geschickt. Nach einigen Wochen konnte er von dort fliehen und sich der Verfolgung entziehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war er kurze Zeit Intendant des Straubinger Stadttheaters; auch das Pariser Théâtre Hébertot leitete er während einer Spielzeit. Außerdem betätigte er sich – allerdings ohne durchschlagenden Erfolg – als Regisseur und Drehbuchautor, hauptsächlich von österreichischen Unterhaltungsfilmen. (Sein Regiedebüt gab er 1950 mit Prämien auf den Tod.)

1946 entschied sich der damals bereits in Wien lebende und mit Judith Holzmeister verlobte Curd Jürgens, die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen, die er nach einem Telefonat des Burgtheaterdirektors mit Bundeskanzler Leopold Figl noch am selben Tag bekommen haben soll. Der Anlass für sein Ersuchen war, dass er als Deutscher für eine Burgtheater-Tournee in die Schweiz mit Käthe Dorsch, die nur mit ihm auftreten wollte, keine Reisegenehmigung von der sowjetischen Besatzungsmacht erhielt. Als österreichischem Staatsbürger wurde ihm die Reise erlaubt.[4] Nach eigener Aussage hatte Jürgens bereits vor dem Krieg seit 1935 einen österreichischen Pass besessen.[5]

Politisch positionierte sich Jürgens in den 1960er/1970er Jahren als Anhänger Willy Brandts.

Jürgens war fünfmal verheiratet: mit den Schauspielerinnen Lulu Basler (1938), Judith Holzmeister (1947) und Eva Bartok (1955), mit dem Mannequin Simone Bicheron (1958) und schließlich ab 1978 mit Margie Schmitz. Wegen seiner Statur und seines nordischen Charmes erhielt der 1,93 Meter große Schauspieler von seiner Kollegin Brigitte Bardot, die sichtlich von ihm angetan war, den Spitznamen „normannischer Schrank“. Die deutsche Presse machte daraus „normannischer Kleiderschrank“.[6][7]

„Auf alles könne er verzichten“, zitierte Jürgens einmal den Schriftsteller und Dandy Oscar Wilde, „nur auf Luxus nicht.“[8] Er besaß ein Luxus-Appartement an den Pariser Champs-Elysées (Hausnummer 72)[9] und wohnte 1963 in Zürich, wo er auch „ein paar Bürohäuser“ hatte.[5] Er unterhielt mehrere Wohnsitze (jeweils mit eigenem Personal ausgestattet), unter anderem am Franziskanerplatz in der Wiener Innenstadt, in den südfranzösischen Orten Saint-Jean-Cap-Ferrat und später Saint-Paul-de-Vence, im schweizerischen Gstaad, in Neuhaus (Schliersee), auf den Bahamas sowie zuletzt in Enzesfeld-Lindabrunn bei Wien. Zu seinem Wagenpark gehörten ein Steyr-Puch Haflinger[10], ein Bentley „zum Angeben“, zwei Mercedes als Reisewagen, ein Austin als „Einkaufsnetz“, ein Porsche für Sportfahrten, ein Landrover für Gäste und ein Rolls-Royce, wie er sagte, als Begründung für die Höhe seiner Gagen.[7] Seinen Rolls-Royce, einen Silver Cloud III Cabrio, fuhr er selbst,[5] nachdem er seinen Mercedes-Benz 300 SL Roadster verkauft hatte.[5][11]

Jürgens war Gastgeber wie auch Gast unzähliger Partys, insbesondere in seiner Zeit als „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen. Auf die Frage eines Reporters, wie viele Flaschen Whisky er täglich konsumiere, gab er an: „Ich glaube, das ist höchstens eine am Tag.“[5][12] Jürgens musste sich von 1967 an zahlreichen Herzoperationen unterziehen, blieb jedoch seinem Lebensstil – dem üppigen Essen, Trinken und Rauchen – treu.

Im Dezember 1981 hatte Jürgens noch einmal einen großen Moment im deutschen Fernsehen. In der Verfilmung des Romans Collin von Stefan Heym spielte er einen DDR-Schriftsteller, der herzkrank wurde, weil er nie die Wahrheit schreibt.[8] Seine letzte bedeutende Filmrolle hatte er in der internationalen Produktion Teheran 43 als geschäftstüchtiger Anwalt eines ehemaligen Nazi-Mörders. Jürgens starb vor Fertigstellung der deutschen Filmfassung im Alter von 66 Jahren an Multiorganversagen in der Wiener Krankenanstalt Rudolfstiftung. Seine Rolle musste nachsynchronisiert werden.

Grab von Curd Jürgens auf dem Wiener Zentralfriedhof

Seine Beisetzung auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab (Gruppe 32C Nr. 54)[13] der Stadt Wien fand am 22. Juni 1982 in der ersten und einzigen nächtlichen Zeremonie ab 21 Uhr statt. Seine Witwe sowie eine seiner älteren Schwestern mit ihren Söhnen und etwa 3.000 Fans waren am Grab versammelt. Eine Ehrenformation der österreichischen Luftwaffe flog zu seinen Ehren über den Friedhof.[4][14]

Margie Jürgens, die Witwe von Curd Jürgens, übergab den künstlerischen Nachlass im Jahre 1997 an das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt am Main.

Als vielseitiger Schauspieler zeigte sich Curd Jürgens auch auf der Bühne. Jürgens war lange Jahre Mitglied des Ensembles am Wiener Burgtheater, wo er in Tennessee WilliamsEndstation Sehnsucht Erfolge feierte.

Er hatte folgende Engagements:

Bundeskanzler Willy Brandt empfängt Romy Schneider (rechts) und Curd Jürgens mit seiner Ehefrau Simone vor dem Kanzlerbungalow (1971)

Willi Forst erkannte, dass sich das junge Schauspieltalent für den Film eignen könnte. Curd Jürgens spielte über vier Jahrzehnte hinweg in rund 160 Filmen mit. Als Filmschauspieler zählte er ab den späten 1950er Jahren zu den wenigen deutschsprachigen Stars mit weltweitem Ruhm und wirkte bis zu seinem Tod in zahlreichen internationalen Produktionen mit.

Mit dem Film Des Teufels General nach dem gleichnamigen Drama von Carl Zuckmayer gelang Curd Jürgens der internationale Durchbruch, der ihm zahlreiche Rollen in großen US-Produktionen einbrachte. Oft wurde der Typ des smarten Frauenhelden und charmanten Draufgängers mit ihm besetzt. Seine stattliche Gestalt, blonde – später weiße – Haare und blaue Augen prädestinierten ihn auch für die Darstellung leicht unterkühlter, attraktiver Aristokraten und Erfolgsmenschen. Eindrucksvoll agierte er 1977 als Karl Stromberg, Gegenspieler von James Bond, in dem Film Der Spion, der mich liebte (dort unter dem anglisierten Namen Curt Jurgens, wohl da curd auf Englisch Quark bedeutet[17]).

Ferner widmete er sich der Rezitation literarischer Werke u. a. auch im Fernsehen und auf Schallplatten.

Zur politischen Situation und zur Emigration Ende der 1930er-Jahre berichtete Curd Jürgens 1970 in einem Interview für die österreichische ORF-Fernsehreihe „Filmgeschichte(n) aus Österreich“ über sein Engagement bei dem Regisseur Willi Forst für Wiener Mädeln:

„Er (Willi Forst) hat im Jahr 1941 gesagt: ‚Curd, mach nur keinen Film, in dem eine politische Situation zu zeigen ist. Du wirst eines Tages eine Antwort geben müssen.‘ Es gab viele mehr oder weniger reife oder junge Leute, die ununterbrochen mit dem Gedanken gespielt haben zu emigrieren. Es war ja nicht so leicht. Wissen Sie, zu Fuß über die Schweizer Grenze zu gehen ist ja auch eine Sache, die man mit einer gehörigen Portion Mut angehen muss. Und außerdem war es gut, dass wir leben durften, natürlich – wenn Sie wollen – eine Propaganda, aber es war eine sehr gute Überlebensform, und ich glaube, dass diese kleinen Zellen, die in Österreich und in Deutschland geblieben sind, ja, wenn die nicht einmal geblieben wären, ich weiß nicht, wie es um das Nachkriegsdeutschland gestanden wäre. Denn Sie wissen ja, Emigration ist etwas Furchtbares.“

Filmografie (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Schauspieler

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Synchronsprecher

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Single Ferry To Hong Kong, 1959
Single 60 Jahre – und kein bisschen weise, 1975

Curd Jürgens nahm in den 1960er und 1970er Jahren mehrere Schallplatten, zumeist Schlager im Stil von Freddy Quinn oder Hans Albers, auf. Im Film Die Dreigroschenoper (1963) sang Jürgens unter anderem Die Moritat von Mackie Messer und den Kanonen-Song. Der Soundtrack des Films erschien auf einem Album, die genannten Titel als Single. Das 1975 parallel zu seiner Biografie erschienene Chanson 60 Jahre – und kein bisschen weise war außergewöhnlich erfolgreich und erreichte in Deutschland Platz 21 und in der Schweiz Platz neun der Hitparade. Das Lied wurde von Hans Hammerschmid komponiert, den Text verfasste Miriam Frances.[18] Als Sprecher war Jürgens unter anderem 1980 in der Rolle des Journalisten George Herbert in der deutschsprachigen Ausgabe von „Jeff Wayne’s Musical Version of the War of the Worlds“ zu hören.

Diskografie (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Chart­plat­zie­rungen
Erklärung der Daten
Singles[19]
60 Jahre - und kein bisschen weise
 DE2115.12.1975(9 Wo.)
 CH916.01.1976(4 Wo.)
  • Ferry To Hong Kong / Live For Love (1959; Top Rank)
  • Blacky Jones / Majanah-Keh (1961; Ariola)
  • Mackie Messer / Kanonen-Song (1963; Ariola)
  • Ich hab’ Bäume ausgerissen / O Susanna (1969; Philips)
  • Ich hab’ Bäume ausgerissen / Lonesome Traveller (1969; Philips)
  • Auf der Reeperbahn nachts um halb eins / Kleine Möwe, flieg nach Helgoland (1970; Ariola)
  • Überall ist es schön auf dieser Welt („Käpt’n Rauhbein-Song“) / Unter den schmutzigen Sternen der Stadt (1971; Telefunken)
  • 60 Jahre – und kein bisschen weise / Wenn (1975; Polydor)
  • Kalter Kaffee / Wenn man sich so den Tag betrachtet (1976; Polydor)
  • Kopf oder Zahl / Gieß mir kein Wasser in den Wein (1977; Polydor)
  • Waren das noch Zeiten / Winnetou (1981; RCA)

Ehrendes Gedenken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In München-Neuperlach und Neu-Ulm sind Straßen nach Curd Jürgens benannt.

2003 erhielt der beste männliche Nachwuchsschauspieler im Rahmen der Goldenen Kamera die Curd-Jürgens-Gedächtniskamera. Von 2004 bis 2012 ging die mit 20.000 Euro dotierte Lilli Palmer & Curd Jürgens Gedächtniskamera an einen männlichen oder weiblichen Nachwuchsschauspieler.

  • Curd Jürgens – der Koloss auf tönernen Füßen. Dokumentation, 1982.
    • Neufassung 2015 zum 100. Geburtstag von Curd Jürgens. Erstausstrahlung als Ausgabe der Sendereihe ORF-Legenden auf ORF III im Dezember 2015.[22]
Commons: Curd Jürgens – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Eberhard Spiess: Berlin und Wien – Skizzen zu einer Karriere 1935–1945. In: Hans-Peter Reichmann, Deutsches Filmmuseum (Hrsg.): Curd Jürgens (= Kinematograph Nr. 14, Schriftenreihe des Deutschen Filmmuseums). Henschel, Berlin 2007, ISBN 978-3-89487-587-9, S. 15.
  2. Heike Specht: Curd Jürgens: General und Gentleman. Die Biographie, Aufbau Digital, 2015.
  3. Deana Jürgens - Biography - IMDb. In: imdb.com. Abgerufen am 25. März 2023.
  4. a b „Normannischer Kleiderschrank, Wiener Bürger“ – Teddy Podgorsky erinnert an den legendären Filmstar Curd Jürgens. In: Österreich-Bild aus dem Landesstudio Wien, 3. April 2001, 18:25, ORF2.
  5. a b c d e f Freud und Leid von Curd Jürgens. In: Stern. Nr. 19, 12. Mai 1963, ISSN 0039-1239, S. 40–44.
  6. Vor 90 Jahren: Curd Jürgens wird geboren „Der normannische Kleiderschrank“. In: wdr.de. 13. Dezember 2005, abgerufen am 5. April 2012.
  7. a b Curd Jürgens: Mein verrücktes Leben. In: Stern. Nr. 51, 13. Dezember 1970, ISSN 0039-1239, S. 34–44.
  8. a b Kultur: Curd Jürgens – Nachruf. In: Der Spiegel. Nr. 25, 21. Juni 1982, ISSN 0038-7452, S. 204 (Spiegel-Archiv [abgerufen am 27. April 2012]).
  9. Personalien – Curd Jürgens. In: Der Spiegel. Nr. 52, 20. Dezember 1961, ISSN 0038-7452, S. 91 (Spiegel-Archiv [abgerufen am 27. April 2012]).
  10. Curd Jürgens fährt Haflinger, Sammelwerk=St. Hubertus, Nummer 7, Juli 1966 (Memento vom 25. Januar 2013 im Webarchiv archive.today)
  11. Personalien – Curd Jürgens. In: Der Spiegel. Nr. 32, 8. August 1962, ISSN 0038-7452, S. 65 (Spiegel-Archiv [abgerufen am 27. April 2012]).
  12. Personalien – Curd Jürgens. In: Der Spiegel. Nr. 20, 15. Mai 1963, ISSN 0038-7452, S. 87 (Spiegel-Archiv [abgerufen am 27. April 2012]).
  13. Hedwig Abraham: Kunst und Kultur in Wien – Zentralfriedhof, Ehrengräber. In: viennatouristguide.at. Abgerufen am 27. April 2012.
  14. 23.2.1955: Filmpremiere von „Des Teufels General“. In: KalenderBlatt DW-World.de. 23. Februar 2010, abgerufen am 23. Februar 2010.
  15. Fiches personnalités: Curd Jürgens. In: cineressources.net. Abgerufen am 28. Januar 2018.
  16. Fritz Rumler: Koloß auf tönernen Füßen. In: Der Spiegel. Nr. 50, 8. Dezember 1975, ISSN 0038-7452, S. 162–163 (Spiegel-Archiv [abgerufen am 27. April 2012]).
  17. Trailer zu Der Spion, der mich liebte. Abgerufen am 22. Februar 2020.
  18. Etikett der Original-Single Polydor 2041 689 (1975)
  19. Chartquellen: DE CH
  20. Prosit, Herr Professor Jürgens. (Foto). In: Arbeiter-Zeitung. Wien 2. September 1976, S. 13.
  21. Bundespräsidialamt
  22. Zum 100. Geburtstag: Curd Jürgens – der Koloss auf tönernen Füßen. (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Dokumentation 1982, in der Neufassung 2015. Erstausstrahlung am 19. Dezember 2015 als ORF-Legenden im Rahmen Hauptabendformats zeit.geschichte auf ORF III.