Dienstbarkeit

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Die Dienstbarkeit (in Österreich und der Schweiz auch Servitut) ist im Sachenrecht ein dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache.

Eine Dienstbarkeit setzt mithin voraus, dass der Eigentümer die Nutzung vertraglich vereinbart einem anderen überlässt. Das kann einerseits obligatorisch erfolgen, oder aber durch eine dinglich wirkende Dienstbarkeit. Mit der Nutzung durch Dritte ist meist ein wirtschaftlicher Zweck verbunden, denn der Eigentümer kann grundsätzlich eine Gegenleistung (als Nutzungsentgelt) verlangen.

Bereits das römische Recht regelte, dass Sachen (res) als Dienstbarkeiten (servitutes) dienten.[1] Dienstbarkeiten unterteilten sich in Feldservituten (iura praediorum rusticorum) und städtische Grunddienstbarkeiten (iura praediorum urbanum).[2] Zu den Feldservituten gehörten das Durchgangsrecht (iter), das Viehtriebrecht (actus), das diese Rechte umfassende und weitergehende Wegerecht (via)[3] sowie das Wasserleitungsrecht (aquae ductus).[4] Das Durchgangsrecht betraf das Recht, über ein fremdes Grundstück zu gehen (beladen oder unbeladen), Vieh darüber zu treiben, zu reiten oder sich von Tragtieren tragen zu lassen. Das Wegerecht konnte auch die Befugnis enthalten, den Weg selbst anzulegen und zu pflegen.[5] Auch das vom Wegerecht begünstigte herrschende Grundstück (praedium dominans) und das vom Wegerecht belastete dienende Grundstück (praedium serviens) waren damals bekannt.

Die 1356 verkündete Goldene Bulle verstand unter der „dinstbarkeit“ noch die Knechtschaft, in heutiger Schreibweise erschien die Dienstbarkeit ersichtlich erstmals 1541 als „freie leute von geburt, oder die von der dienstbarkeit entlediget“.[6] Das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 ging ausführlich – auf der Grundlage des römischen Rechts – auf die Dienstbarkeiten ein. Der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (1756) erwähnte erstmals die Grunddienstbarkeit,[7] die Anton Friedrich Justus Thibaut 1814 wieder aufgriff.[8] Das 1900 in Kraft getretene Bürgerliches Gesetzbuch übernahm das römische Recht der Dienstbarkeit weitgehend.

Im deutschen Sachenrecht können alle Sachen mit Dienstbarkeiten belastet werden. Als Belastungsobjekte (Rechtsobjekte) kommen in Frage:[9]

Die Art der Sachen entscheidet darüber, welche Art der Dienstbarkeit hierfür verwendet werden darf. So kann an beweglichen Sachen oder Forderungen keine Grunddienstbarkeit, an Grundstücken jedoch jede Art der Dienstbarkeit bestellt werden. Die Art der Nutzung ist im deutschen Sachenrecht dagegen nicht vorgeschrieben, so dass bei Grundstücken neben dem Wegerecht auch die verschiedenen Leitungsrechte zulässig sind.

Es gibt folgende Arten von Dienstbarkeiten:[10]

Dem Nießbraucher stehen sämtliche Nutzungen zu (§ 100 BGB), dem Rechtsinhaber sonstiger Dienstbarkeiten lediglich Rechte „in einzelnen Beziehungen“.[11] Eine Grunddienstbarkeit oder beschränkte persönliche Dienstbarkeit gewährt dagegen dem Berechtigten das Recht auf inhaltlich begrenzte Nutzung des belasteten Grundstücks und erlegt dem Eigentümer dieses Grundstücks (Belasteten) ein Dulden oder Unterlassen auf (§§ 1018, 1090 BGB). Betrifft die Dienstbarkeit Grundstücke, ist sie notariell zu beurkunden.

In den Staaten, deren Recht wie in Deutschland auf römischem Recht beruht, sind die Dienstbarkeiten ähnlich wie in Deutschland geregelt. Hierzu gehört neben Österreich und der Schweiz auch Frankreich.

Im österreichischen Sachenrecht findet sich die Dienstbarkeit (oder mit derselben Bedeutung Servitut) in den §§ 472 ff. ABGB wieder. Im österreichischen Rechtsverständnis zeichnet sich die Dienstbarkeit durch ihre passive Natur aus (Duldung oder Unterlassung). Sofern eine aktive Leistung von einer rechtlichen Partei gefordert, wird von einer Reallast gesprochen. In Österreich wird zwischen Grunddienstbarkeiten (auf eine Liegenschaft bezogen welche nicht erlöschen) und Personaldienstbarkeiten (auf eine Person bezogen und erlöschen mit deren Tod) unterschieden.[12][13]

Die verwandt klingenden Legalservitute zählen nicht zu den Servituten beziehungsweise Dienstbarkeiten.

In der Schweiz unterscheidet man zwischen Personal- und Grunddienstbarkeiten. Die Personaldienstbarkeiten unterteilen sich in reguläre Personaldienstbarkeiten (Nutzniessung, Wohnrecht) und irreguläre Personaldienstbarkeiten (Baurecht, Quellenrecht). Sie sind geregelt in Art. 730 ff. ZGB. Außerdem kennt man das Popularservitut, eine Dienstbarkeit zugunsten der Öffentlichkeit (etwa Fuß- und Fahrwegrecht).

In Frankreich sind die Dienstbarkeiten (französisch servitudes) in Art. 690 ff. Code civil geregelt und können danach durch Eigentum oder durch Besitz (nach 30 Jahren) erworben werden.

Wiktionary: Dienstbarkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Max Kaser: Römisches Privatrecht, 1960, S. 130.
  2. Gaius, Institutiones Gai 2, 14.
  3. Schahin Seyed-Mahdavi Ruiz: Die rechtlichen Regelungen der Immissionen im römischen Recht und in ausgewählten europäischen Rechtsordnungen, 2000, S. 62 f.
  4. Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, 2001, S. 172 f.
  5. Friedrich Ludwig von Keller, Emil Albert von Friedberg: Digesten 1861, S. 319 f.
  6. Kilian König: Processus und Practica der Gerichtsleuffte, 1541, S. 12.
  7. Ulrike Köbler: Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010, S. 408 f.
  8. Anton Friedrich Justus Thibaut: Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts, 1814, S. 456.
  9. Alpmann Brockhaus: Fachlexikon Recht, 2005, S. 340
  10. Alpmann Brockhaus: Fachlexikon Recht, 2005, S. 340.
  11. Wolfgang Brehm, Christian Berger: Sachenrecht, 2006, S. 337 f.
  12. Dienstbarkeiten und Servituten Universität Innsbruck - abgerufen am 3. Juli 2019
  13. Dienstbarkeit (Memento des Originals vom 26. September 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kommunal.at Kommunal - abgerufen am 3. Juli 2019