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Kastell Wimpfen im Tal

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Kastell Wimpfen im Tal
Limes ORL 54/55 (RLK)
Strecke (RLK) Neckar-Odenwald-Limes
Datierung (Belegung) a) Kastell um 90 (evtl. etwas früher) bis max. 159
b) Vicus bis etwa 260 n. Chr.
Typ Kohortenkastell
Einheit a) Cohors II Hispanorum
b) Cohors I Germanorum (?)
c) unbek. Cohors Br(ittonum) (evtl.)
Größe unbekannt, wohl zwischen 2,6 und 3 ha
Bauweise Steinkastell
Erhaltungszustand vollständig überbaut
Ort Bad Wimpfen-Wimpfen im Tal
Geographische Lage 49° 13′ 53″ N, 9° 10′ 44″ O
Höhe 152 m ü. NHN
Vorhergehend Kleinkastell Duttenberg (nördlich)
Kleinkastell Kochendorf (östlich)
Anschließend ORL 56 Kastell Heilbronn-Böckingen (südlich)

Das Kastell Wimpfen im Tal war ein römisches Militärlager, dessen Besatzung für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben an der Neckarlinie des Neckar-Odenwald-Limes zuständig war. Seine baulichen Überreste wurden im westlichen Teil des heutigen Ortes Wimpfen im Tal entdeckt, einem Stadtteil der Kurstadt Bad Wimpfen im baden-württembergischen Landkreis Heilbronn. Die von etwa 90 n. Chr. bis spätestens 159 n. Chr. belegte Garnison besaß ein Lagerdorf (Vicus), das bis zum Limesfall um 259/260 n. Chr. bestand.

Lage und Forschungsgeschichte

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Der Bereich des heutigen Ortes Wimpfen im Tal war in römischer Zeit durchaus von einer gewissen strategischen Bedeutung. Dort wo die Jagst in den Neckar mündet kreuzten sich damals zwei Fernstraßen. Die eine führte vom Rhein kommend weiter ostwärts nach Germanien hinein, die zweite verlief in annähernder Nord-Süd-Richtung parallel zum Neckar.

Erste systematische Ausgrabungen führte die Reichs-Limeskommission zwischen 1894 und 1898 durch. Seitdem fanden bis in unsere Zeit immer wieder archäologische Untersuchungen im Bereich des an römischen Funden und Befunden reichen Bad Wimpfen statt, oft als Notgrabungen im Zusammenhang mit städte- oder straßenbaulichen Maßnahmen. So konnten 1957 Reste einer römischen Neckarbrücke und in den 1980er Jahren ein Kultbezirk im Bereich des Vicus lokalisiert werden.

Die Lage des Kastells südlich des Odenwaldlimes
Lageplan
(Grabungen 1894–1898)
Architektonische Details
(Grabungen 1894–1898)
Funde
(Grabungen 1894–1898)

Das Kohortenkastell Wimpfen im Tal liegt im Bereich des westlichen Ortskerns direkt am Neckar, unmittelbar gegenüber der Jagstmündung. Die Größe des Kastells konnte nicht mehr präzise ermittelt werden, nur die Länge der West-Ost-Ausdehnung steht mit 160 bis 170 m halbwegs zuverlässig fest. Auf der Grundlage von Vergleichen mit bauähnlichen Lagern muss von einer Kastellgröße zwischen 2,6 und 3 Hektar ausgegangen werden. Die ehemalige Nordmauer befindet sich unmittelbar unter der spätmittelalterlichen Stadtmauer. Das Kastell war von einem etwa zehn Meter breiten und drei Meter tiefen Graben umgeben. Von der Innenbebauung ist kaum etwas bekannt.

Das Auxiliartruppen-Kastell Wimpfen im Tal entstand in domitianischer Zeit, wohl gegen das Jahr 90 unserer Zeitrechnung. Vereinzelte Funde lassen auch die Vermutung zu, dass das Lager möglicherweise schon um etwa 85 gegründet worden sein könnte. Das Kastell Wimpfen im Tal wurde in der Anfangsphase von der Cohors II Hispanorum equitata („2. Teilberittene Spanierkohorte“) belegt.[1] Nach deren Verlegung ins Kastell Stockstadt (ORL 33) folgte vielleicht die möglicherweise teilberittene Cohors I Germanorum. Diese Einheit ist dann allerdings erst mit der Verschiebung des Limes um 159 im neuen Kastell Jagsthausen (ORL 41) eindeutig belegt. Über eine dritte, durch Funde nachgewiesene Cohors Br(ittonum) („Brittonische Kohorte“) ist nichts Weiteres bekannt.

Insgesamt ist das Kastellareal durch Überlagerung mit jüngeren römischen und nachrömischen Befunden stark gestört. Das Kastell liegt heute vollständig unter dem mittelalterlichen Ortskern, so dass von ihm nichts mehr sichtbar ist.

Vor ihrer möglichen Stationierung in Bad Wimpfen lässt sich die Cohors I Germanorum in der römischen Provinz Moesia inferior (Niedermösien) im Kastell Capidava auf heute rumänischen Boden nachweisen.[2][3] Bekannt wurde ihr dortiger Kommandant, Marcus Sulpicius Felix, der später als Präfekt der Ala II Syrorum von der mauretanischen Stadt Sala 144 ein Ehrenmonument erhielt, da er unter anderem die Mauern der Stadt verstärkt hatte.[4]

Im Jahr 1968 wurde von dem Zahnarzt Hans-Heinz Hartmann das Fragment eines gestempelten Militärziegels gefunden, der in der Schuttverfüllung eines römischen Kellers im Vicus des Kastell Wimpfen lag. Das Stück gehörte möglicherweise zu einem zweifüßigen Suspensura-Deckziegel und wies noch einen Teil der Stempelinschrift auf: CHO BR…, wobei die Lesung des Buchstaben „B“ schwierig, aber für den Archäologen Dietwulf Baatz (1928–2021) doch einleuchtend war, wobei er auch ein „P“ nicht ausschloss. Baatz las C(o)ho(rtis) und konnte sich vorstellen, in der Abkürzung die Namen Cohors Breucorum, Cohors Brittonum oder Cohors Britannorum zu lesen. Wäre das „B“ jedoch als „P“ zu lesen, konnte er sich vorstellen den Text als C(o)ho(rtis) pr(imae) … zu lesen, was auf die Cohors I Germanorum hindeuten könnte.[5]

Ob die Cohors I Germanorum eine teilberittene Einheit war, gilt als nicht gesichert, jedoch existieren starke Anhaltspunkte für diese These.

siehe Hauptartikel: Vicus von Bad Wimpfen

Durch die überaus verkehrsgünstige Lage des Kastells entwickelte sich der dazugehörende Vicus zu überdurchschnittlicher Größe und Bedeutung als Hauptort der Civitas Alisinensium. Über den antiken Namen der Siedlung ist jedoch nichts bekannt. Der längsovale Vicus erstreckte sich über eine Fläche von rund 760 mal 330 Metern und war damit dreimal so groß wie das mittelalterliche Wimpfen. Er war von einer Mauer mit Türmen und einem Graben umwehrt.

Bemerkenswert ist im durch Funde und Befunde ohnehin beeindruckenden Vicus ein Kultbezirk, der bei den Grabungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg in den 1980er Jahren erforscht werden konnte. Hierbei wurden über 60 Fragmente von sandsteinernen Götterskulpturen geborgen, die unter anderem Jupiter, Minerva, Merkur, Fortuna, Victoria und Mithras darstellen.

Die späteste Fundmünze aus dem Vicusareal datiert auf das Jahr 257. Da keine Brandschichten nachgewiesen werden konnten, kann wohl von einem relativ friedlichen Ende des Vicus ausgegangen werden. Die bis heute in großen Teilen erhaltene mittelalterliche Ummauerung von Wimpfen im Tal, das bis ins 20. Jahrhundert nicht die Größe des römischen Vicus erreichte, folgt im Norden noch einem Teilstück der römischen Ummauerung.

Innerhalb der Grenzen der römischen Besiedlung stehen heute unter anderem die Cornelienkirche und die Stiftskirche St. Peter. Die Cornelienkirche beim Osttor der Römersiedlung hat ihren Namen von der ab 1300 in der Chronik des Dekans Burkard von Hall verbreiteten Behauptung, der Name der römischen Siedlung sei Cornelia gewesen. Beide Kirchen sind an Orten errichtet worden, wo zuvor möglicherweise römische Tempelbauten standen.

Die römische Geschichte von Bad Wimpfen sowie Funde werden im Museum im Steinhaus präsentiert.

Das Bodendenkmal „Kastell Wimpfen im Tal“ ist geschützt als eingetragenes Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes des Landes Baden-Württemberg (DSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0.
  • Dietwulf Baatz: Eine neue Kohorte am Obergermanischen Limes? In: Archäologisches Korrespondenzblatt. 4, 1974, S. 353f.
  • Sigrid Bemetz: Osteologische Untersuchungen an Schlacht- und Siedlungsabfällen aus dem römischen Vicus von Bad Wimpfen. (Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg), Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1991. ISBN 978-3-8062-0853-5.
  • Meinrad N. Filgis: Holzfachwerkbauten im Kastelvicus von Wimpfen, Neckar-Odenwaldlimes: Topographie, Siedlungsstruktur, Nutzungszonen, Grundrißtypen sowie belegbare Nutzungen. In: Limes XVIII. Proceedings of the XVIIIth Congress of Roman Frontier Studies. British Archaeological Reports International Series 1084. Archaeopress, Oxford 2002. S. 395–402.
  • Meinrad N. Filgis: Ausgewählte Baubefunde des Handwerks und Gewerbes im römischen Vicus von Wimpfen. In: The impact of Rome on Settlement in the Northwestern and Danube Provinces. British Archaeological Reports International Series 921. Oxford 2001. S. 19–36.
  • Meinrad N. Filgis: Umnutzung eines luxuriös ausgestatteten Streifenhauses für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte im Vicus von Wimpfen. In: Roman frontier studies 1995. Proceedings of the XVIth Congress of Roman Frontier Studies. Oxbow Monograph 9, Oxford 1997. S. 205–213.
  • Meinrad N. Filgis: Baubefunde von Metallhandwerkern und Kalkbrennern im römischen Wimpfen, Kreis Heilbronn. In: Bautechnik der Antike. Mainz 1991. S. 47–52.
  • Meinrad N. Filgis, Martin Pietsch: Die römische Stadt von Wimpfen im Tal, Kr. Heilbronn. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 14. Jg. 1985, Heft 3, S. 168–177. (PDF; 10,0 MB)
  • Philipp Filtzinger, Dieter Planck, Bernhard Cämmerer (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Auflage. Theiss, Stuttgart 1986, ISBN 3-8062-0287-7.
  • Claus-Michael Hüssen: Die römische Besiedlung im Umland von Heilbronn. Theiss, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1493-X. (Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg, 78)
  • Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 148–150.
  • Egon Schallmayer (Hrsg.): Der Odenwaldlimes. Neueste Forschungsergebnisse. Beiträge zum wissenschaftlichen Kolloquium am 19. März 2010 in Michelstadt. Saalburgmuseum, Bad Homburg 2012, ISBN 978-3-931267-07-0 (Saalburg-Schriften, 8).
  • Karl Schumacher in Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches (Hrsg. Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey): Abteilung B, Band 5, Kastell Nr. 54/55 (1900)
  • Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches, Abteilung A, Band 5: Strecke 10 (Der Odenwaldlimes von Wörth am Main bis Wimpfen am Neckar), 1926, 1935
  1. Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0, S. 208, vermutet eine andere Einheit für die Frühzeit des Kastells, da die Cohors II Hispanorum gegen Ende des 1. Jahrhunderts noch in Rottweil oder Heddesdorf gestanden habe.
  2. Gabriella Bordenache: Römer in Rumänien, Römisch-Germanisches Museum, Köln 1969. S. 48.
  3. Zaharia Covacef: Cohors I Germanorum a Capidava. In: Army and Urban Development in the Danubian Provinces of the Roman Empire. Alba Iulia, 2000. S. 285–291.
  4. Rudolf Haensch, Johannes Heinrichs (Hrsg.): Herrschen und Verwalten. Der Alltag der römischen Administration in der Hohen Kaiserzeit . Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2007, S. 290.
  5. Dietwulf Baatz: Eine neue Kohorte am Obergermanischen Limes? In: Archäologisches Korrespondenzblatt. 4, 1974, S. 353f.; hier: S. 353.